Anti-„Fracking“-Bürgerinitiativen: Lügen-Diffamieren-Ängste schüren-Tatsachen verdrehen

In den vergangenen zwei Wochen wurde in verschiedenen Medien thematisiert, dass die Firma ExxonMobil Production Germany sich eventuell Zustimmung zur in der Bohrung „Bötersen Z11“ geplanten Fracmaßnahme in der Region Rotenburg (Wümme) durch Spenden erkaufen will. Hintergrund dieser Diskussion sind entsprechende Unterstellungen der dort ansässigen Bürgerinitiative „Frackloses Gasbohren“. Dies bewog mich, über das unseriöse Verhalten der „Gegen Gasbohren“-Initiativen einen Artikel zu verfassen. Jeweils drei Beispiele nehmen Bezug auf die in der Überschrift genannten Stichpunkte.

Die Lügen

Anhand folgender  Beispiele sollen exemplarisch Lügen dargestellt werden:

  1. „Gegen Gasbohren“ behauptete im Mai 2012 folgendes: Ist dem Vice-Chef von ExxonMobil bekannt, dass der Konzern für jede durchgeführte Erdgasbohrung in unkonventionellen Lagerstätten eine Subvention bekommt? Wahrscheinlich nicht, warum sonst so eine Aussage wie diese! Einen Beleg für die vermeintliche Subvention führt „Gegen Gasbohren“ nicht an (Quelle). Das ist auch nicht möglich, weil man etwas , was nicht existiert, nicht belegen kann. Basis dieser unhaltbaren Behauptung dürfte eine Anfrage von Stafan Wenzel (inzw. niedersächsischer Umweltminister) sowie Hans-Jürgen Klein (beide B’90/Grüne) sein:Um bis zu 2 Millionen Euro dürfen die in Niedersachsen tätigen Gasförderunternehmen ihre Gas- und Ölförderabgabe bei jeder nicht erfolgreichen Aufschluss- oder Teilfeldsuchbohrung verringern. So sieht es § 23 der Niedersächsischen Verordnung über die Feldes- und Förderabgabe vom 10. Dezember 2010 vor. Die Vorgängerverordnung vom 14. Dezember 2005 sah eine solche Regelung nicht vor. Ebenfalls neu ist die Regelung gemäß § 14 Abs. 5 der Verordnung vom 10. Dezember 2010, die Folgendes beinhaltet: „Vom 1. Januar bis 31. Dezember 2011 wird auf Naturgas, das aus Tonsteinen gefördert wird, in denen es sich gebildet hat, keine Förderabgabe erhoben.“ Zunächst einmal ist die Behauptung, dass die Förderfirmen die Förderabgabe „bei jeder nicht erfolgreichen Aufschluss- oder Teilfeldsuchbohrung verringern [dürfen]“, falsch. Einerseits handelt es sich hierbei um eine „Kann“-Bestimmung, andererseits, und das ist bedeutsamer, würde auch nicht jede entsprechende Bohrung unter diese Regelung fallen, sondern lediglich Bohrungen tiefer 2500 m. Von einer „Subvention“ „für jede durchgeführte Erdgasbohrung in unkonventionellen Lagerstätten“, wie „Gegen Gasbohren“ daherlügt, ist schon gar keine Rede. Und was die Befreiung von Schiefergas von der Förderabgabe betrifft: Dieses wird kommerziell nicht gefördert, sondern bisher zu Testzwecken lediglich in der Bohrung „Damme 3“. Näheres hier und in der entsprechenden Verordnung.
  2. Ebenfalls im Mai 2012 verbreitete „Gegen Gasbohren“ eine Meldung von „Bild.de“, wo folgendes behauptet wurde: „Fracking-Schäden in Völkersen größer als erwartet“ Gemeint sind hiermit Benzolverunreinigungen im näheren Umfeld von Lagerstättenwasserleitungen. Lagerstättenwasser fällt bei nahezu jeder Erdgasförderung an, egal ob das Fracverfahren angewendet wir oder nicht.
  3. Eine oft zu lesende, aber ebenfalls unhaltbare, da unwahre Behauptung (vulgo „Lüge“) ist, dass die Firmen die Zusammensetzung der Fracfluide geheim halten. Sicherlich wurde diese mangels Interesse in der Vergangenhei (bis ca. 2011) nicht an die große Glocke gehängt, dennoch hält sich diese Behauptung bis heute, obwohl im Internet zahlreiche Quellen abrufbar sind, auf denen die konkreten Rezepturen oder zumindest etwaige Zusätze abrufbar sind. Siehe hierzu: Hydraulic Fracturing

Diffamieren

Im Diffamieren tun sich die Bürgerinitiativen ebenfalls hervor.

  1. Ein besonders krasses Beispiel ist der Vorwurf gegenüber Klaus Söntgerath (LBEG), dem Interessenvermischung zwischen seinem regulären Beruf als Bergdirektor beim LBEG und einer Prokura bei einem Unternehmen, das mit Rohstoffen handelt, vorgeworfen wird. Als Beweis wird angeführt: Angeblich soll das Unternehmen auch mit Stoffen handeln, die zum „Fracking“ eingesetzt werden. Es werden Quarzsand sowie Bentonit genannt. Während ersteres tatsächlich als Stützmittel Anwendung finden kann, wird zweiteres nicht für Hydraulic Fracturing eingesetzt. Neben einer unverschämten subjektiven Behauptung „„Machen Sie Menschen glücklich oder zufrieden?“Antwort Herr S. aus G.: “Nein, die meisten Menschen mache ich wütend, so ist es mir letztens wieder in Bad Laer ergangen. Nur wenige sind erfreut, wenn ich sie besuche. “   gesteht  „Gegen Gasbohren“ am Ende dieser Pseudosatire kleinlaut ein:
    Übrigens hat man auf der HP bereits reagiert und  alle Geschäftsbereiche aufgeführt, mit denen man zu tun hat.
    Die Bergbauindustrie ist hier nicht genannt. Trotzdem finden wir das zumindest sehr seltsam!

    Hier die Quelle: Welches Schweinderl hätten S’ denn gern?

  2. Die Bürgerinitiative „Frackloses Gasbohren“ bezichtigte schon vor einigen Monaten (Oktober 2012) Kommunalpolitiker in der Region Rotenburg (Wümme) der Korruption. Aus der „Rotenburger Rundschau“ ist folgendes zu entnehmen: „Nicht akzeptieren könne er (Anmerkung Istvan Adler: gemeint ist der Hassendorfer Bürgermeister Klaus Dreyer) jedoch, wenn falsche Behauptungen gemacht würden, wie die Aussage des Hassendorfers Jochen Richert, die Volksvertreter in den Gemeinden würden beide Hände aufhalten, wenn exxon mit dem Spendenscheck wedelt und die Lebensqualität an einen Großkonzern verscherbeln“(Rotenburger Rundschau).
    Völlig kritiklos, aber eigentlich auch nicht anders zu erwarten, griff der NDR jüngst (28.02.2013) die Thematik „Spenden“ auf  und titelte: „Erkauft sich ExxonMobil Gunst fürs Fracken?“ So kommt bereits o.g. Jochen Richert zu Wort und ein von der BI zusammengestellter „Spendenatlas“ wird verlinkt (genaugenommen ist es ein Link zur Seite der BI, einen Link zum Spendenatlas gibt es nur indirekt und tlw. sind dort aufgeführte Spenden zwar ExxonMobil, aber nicht der Fördergesellschaft EMPG zuzuordnen). Immerhin wird erwähnt, dass es Spenden seitens EMPG schon lange gibt, dennoch wird mit folgender rhetorischer Frage suggeriert, dass die EMPG sich Sympathien erkaufen will, um die geplanten Facmaßnahmen in der „Bötersen Z11“ durchführen zu können: „Aber erkauft sich der Konzern so die Zustimmung für das umstrittene Fracking-Projekt?“ Ein klares „Ja“ oder „Nein“ wird nicht genannt, lediglich dass der Bürgermeister Markus Luckhaus (CDU) eine „angebotene Spende“ zurückweist, um nicht in den Verdacht der Bestechlichkeit zu geraten. Traurig! Denn mit einfacher Recherche (die dem NDR wohl zu kompliziert ist, stattdessen scheint man sich mit der BI zu solidarisieren) hätte herausgefunden werden können, dass a) Spenden schon seit Jahren den Gemeinden durch die EMPG zukommen und b) diese nicht angeboten, sondern angefordert/um diese gebeten werde: „Mit 3.600 Euro schlägt die neue Rutsche des Kindergartens zu Buche, ein großer Happen in Zeiten knapper Haushaltskassen. So griff Ortsbürgermeister Willi Bargfrede zum Hörer und rief einen großen Nachbarn an: die Exxon Mobil, Standort Bellen. Dort gab es das Okay für eine Spende in Höhe von 2.000 Euro die nun übergeben wurde.“ Das Unternehmen schreibt selbst dazu: „ExxonMobil fördert eine Reihe von gemeinnützig anerkannten Projekten im sozialen, karitativen und kulturellen Bereich in den rund 70 Gemeinden, in denen das Unternehmen zumeist über einen längeren Zeitpunkt, teilweise über Jahrzehnte, als Nachbar vor Ort tätig ist.
    Und weiter: „[…]sämtlichen Spenden geht eine entsprechende Spendenanfrage der Begünstigten voraus.“ Das deckt sich 1:1 mit oben erwähnter Anfrage des Ortsbürgermeisters W. Bargfrede und ist ein krasser Widerspruch zur Aussage des NDR, dass Spenden „angeboten“ würden!
  3. Und um in der Region zu bleiben: Vor wenigen Tagen berichtete die „Rotenburger Rundschau“ (12.03.2013) vom 2. Runden Tisch bezüglich Wassermonitoring im Rahmen der geplanten Fracmaßnahmen in der Bohrung „Bötersen Z11“. Laut Presse demonstrierten „einige wenige Mitglieder der BI Frackloses Gasbohren“ dagegen. Einer der Demonstranten, in Atemschutzmaske verkleidet, wurde folgendermaßen beschrieben: „Besonders lautstark äußerte sich Peter Paulitsch, der eine Sauerstoffmaske zur Demo mitgebracht hatte, gegenüber Stadtwerkechef David. Paulitsch bezeichnete die exxon-Vertreter mehrfach als Gnome und sagte: „Das ist ekelig, wenn die sich da zusammensetzen und zwei Stunden rumblubbern.““Na das grenzt ja wohl schon knallhart an den Straftatbestand der Üblen Nachrede. Zu seinem Glück nannte Herr Paulitsch keine Namen. Eine Strafanzeige wäre ihm gewiss.

Ängste schüren

Das Schüren diffuser Ängste ist ein weiteres Talent der Bürgernitiativen. So wird regelmäßig behauptet, dass durch Fracturing das Grundwasser/Trinkwasser, was gerne fälschlicherweise gleichgesetzt wird, kontaminiert werden könnte oder sogar bereits kontaminiert wurde.

  1. Aktuell läuft eine Kampagne der bezüglich Umweltschutz (den ich grundsätzlich befürworte) radikal auftretenden Vereinigung „Campact“ gegen Hydraulic Fracturing, deren Aktion mit „Fracking stoppen-keine Chemie ins Grundwasser!“ betitelt ist. Allein diese Parole, die in ihrem Stil stark an andere radikale Gruppen, wie z.B. Autonome (egal ob „links“ oder „rechts“) erinnert, schürt Angst, indem sie unterstellt, das ins Grundwasser „Chemie“ (gemeint sind wahrscheinlich Chemikalien, Naturschützer sind jedoch oft in Bezug auf Naturwissenschaften wenig bewandert), die zudem auch noch grundsätzlich gefährlich ist (nach meiner Ansicht werden Chemikalien als Synonym für „Gift“ benutzt) durch Hydraulic Fracturing eingebracht wird. Tatsächlich ist seit der Erstanwendung des Verfahrens vor 65 Jahren kein einziger Fall dokumentiert, indem Hydraulic Fracturing zu einer Trinkwasserkontamination führte. Das bestätigen verschiedene Behörden in den USA, wie z.B. die Oberste Umweltshutzbehörde der USA, die Environmental Protection Agency (EPA). Die EPA-Chefin Lisa Jackson wurde bei einer offiziellen Anhörung wie folgt im Jahre 2011 zitiert, als schon Behauptungen gestreut wurden, das dass Verfahren zu Kontaminationen geführt hätte: “I am not aware of any proven case where the fracking process itself affected water.” Quelle. Diese Ausage wurde in ähnlicher Form 2012 von L. Jackson bestätigt: „In no case have we made a definitive determination that the fracking process has caused chemicals to enter groundwater.“ Quelle. Und wenn das noch nicht genug ist, es gibt zahlreiche weitere offizielle Quellen ähnlichen Inhalts.
  2. Oftmals wird gerne auch das Lagerstättenwasser sowie dessen Entsorgung in aufnahmefähige geologische Horizonte thematisiert, um gegen Hydraulic Fracturing zu „argumentieren“. Nur hat das Anfallen von Lagerstättenwasser mit Hydraulic Fracturing rein gar nichts gemein. Denn dieses Wasser, eigentlich ein im Regelfall hochsalinare Sole, fällt bei jeder Erdgasförderung an. Dieses Lagerstättenwasser wird entweder in ehemalige Erdöl-oder Erdgaslagerstätten verbracht oder in andere aufnahmefähige Horizonte. Befürchtet wird, dass dieses Wasser in Trinkwasserhorizonte aufsteigen könnte. Eine plausible Antwort, wie das geschehen könnte, können die Bürgerinitiativen allerdings nicht anbieten.
  3. Erdbeben: Es wird häufig behauptet, dass die Gefahr bestünde, dass Hydraulic Fracturing Erdbeben auslösen könnte. Als Beweis wird gerne das Beben von Blackpool 2011 in Großbritannien angeführt, welches eine Magnitude von max. 2,3 auf der Richterskala aufwies. Der „British Geological Survey“ äußert sich dazu: „The BGS are unable to conclusively say if the magnitude 2.3 ML earthquake that occurred near Blackpool on 1 April 2011 at 02:34 was related to ongoing hydraulic fracturing“ und: „We would not expect an earthquake of this size to cause any damage.“ Quelle. Trotz dieser Aussage werden gerne die im Inland im Umfeld von Erdgaslagerstätten aufgetretenen Beben dem Hydraulic Fracturing zugeschrieben, obwohl zum entsprechenden Zeitpunkt kein Hydraulic Fracturing durchgeführt wurde. Dass mit der Erdgasförderung in großen und sehr großen Lagerstätten Beben aufgrund der Druckentlastung induziert werden können, ist bekannt (Erdgasfeld Groningen, die NAM hat ein entsprechendes „Schadeformulier“ eingerichtet), hat aber mit Hydraulic Fracturing rein gar nichts zu tun.

Tatsachen verdrehen

Ja, in diesem Bereich sind die Gegner des Hydraulic Fracturings, genaugenommen der inländischen Erdgasförderung, was ja gerne gleichgesetzt wird, ganz groß.

  1. Seit einigen Monaten werden Aufsuchungserlaubnisse z.B. an das kanadische Unternehmen PRD Energy mit Dependance in Berlin vergeben. Diese Gebiete werden gerne zu „Fackinggebieten“ umgewidmet, obwohl sie erdölhöffige Strukturen (Doggertröge) überdecken oder aber auch direkt ehemalige Erdölfelder. Das Unternehmen PRD Energy stellt diesbezüglich ganz klar heraus, dass es in entsprechenden Gebieten Erdöllagerstätten (wieder-)erschließen will. Das hindert aber z.B. den „Arbeitskreis Fracking Braunschweiger Land“ nicht daran folgendes zu behaupten: „Das kanadische Unternehmen PRD Energy will ab 2013 vor unserer Braunschweiger Haustür Öl und Erdgas unter Einsatz von Fracking-Technologie fördern!“ Als Beleg wird die Firmenpräsentation mit den Seiten 5 und 8 angeführt. Nur geht daraus nicht hervor, das „Fracking“ angewendet werden soll. Stattdessen wird sowohl  auf Seite 6 Broad spectrum of opportunities do not require fracturing“ sowie Seite 15 PRD fields examined do not require fracture stimulation to be economic“ herausgestellt, dass Hydraulic Fracturing nicht geplant ist. Völlige Tatsachenverdrehung! Quelle.
  2. Ein sehr extremes Beispiel der Tatsachenverdrehung fand in den letzten Monaten in Bayern statt. Dort sollten in unmittelbarer Nähe zur Lagerstätte „Breitbrunn-Eggstätt“, die mittlerweile als Erdgasspeicher genutzt wird, zwei Bohrungen zur Untersuchung des „Burdigal“ und des „Chatt“ auf eventuelle Gasführung durchgeführt werden. Letzten Endes zog sich die dort explorierende Firma, die RAG aus Österreich, vom Standort zurück. Interessant dabei ist, dass die RAG ihren ursprünglichen Standort der Bohrung aufgrund von Bürgerprotesten aufgegeben hat und einen alternativen Standort wählte. Aber auch der zweite Standort, weit außerhalb jeglicher Schutzgebiete, wurde abgelehnt. Es wurde als Begründung des Protestes u.a. Hydraulic Fracturing angeführt, obwohl dieses nicht zur Debatte stand. Weiterhin wurde behauptet, dass „im Naturschutzgebiet“ gebohrt werden soll. Tatsächlich befand sich der geplante Aufschlagpunkt der Bohrung 2 km unterhalb des Sees (NSG), der Ansatzpunkt jedoch deutlich außerhalb. Belege können anhand von Tante Gugel selbst gesucht werden (Stichworte: „Erdgasbohrung Mauerkirchen“). Es gibt genug Belege dazu.
  3. Man könnte es auch unter der Teilüberschrift „Lügen“ anführen, es passt aber auch gut in diese Rubrik: Eine ganze Reihe unbelegter bzw. bereits widerlegter Aussagen hat der „Arbeitskreis Fracking Braunschweiger Land“ in einem Pamphlet zusammengefasst „Fracking-Umstrittenes Verfahren zur Gewinnung von Erdgas“Allein der Titel ist schon falsch, da „Fracking“ kein Verfahren zur Gewinnung von Erdgas ist, sondern darunter lediglich das hydraulische Aufbrechen von Gestein zu verstehen ist. Insgesamt würde es den Rahmen dieses Artikels sprengen, sämtliche und oftmals ohne Beleg angeführten Behauptungen zu behandeln. Ich möchte mich daher nur auf drei Beispiele, die an Unseriösität und/oder mangelhafter Sachkenntnis kaum zu übertreffen sind, beschränken. „Bereits seit ca. 35 Jahren werden in Deutschland sogenannte Bohrlochbehandlungen mit Wasser und Chemikalien bei konventionellen Gas­ und Ölbohrungen durchgeführt. Diese Stimulierungen erfolgen ausschließlich an vertikalen Bohrungen,[…]“ (Abschnitt 1.1 der „infobroschüre“). Diese Behauptung ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Zunächst einmal fanden erste Fracmaßnahmen bereits in den 1950er Jahren in Ölbohrungen statt und die eingesetzte Fracflüssigkeit war dabei mitnichten ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien (Wasser ist übrigens auch eine Chemikalie!), sondern Öl (siehe dazu Hydraulic Fracturing). Bereits 1961, also ebenfalls weit vor 35 Jahren, wurde die erste Erdgasbohrung gefract („Rehden 15“, 26.07.1961, Quelle). Zudem entspricht es nicht den Tatsachen, dass bisher nur in vertikalen Bohrungen gefract wurde. Die erste horizontale Bohrung, in der mehrere Fracmaßnahmen durchgeführt wurden, war die „Söhlingen Z10“ aus dem Jahr 1995 (Quelle). Quellen als Beleg für die vom „AK Fracking“ getätigten Äußerungen werden nicht genannt.„Dort (Erdgasfeld Söhlingen) war Benzol über ungeeignete Leitungen in Boden und Grundwasser entwichen. Blutuntersuchungen zweier Anwohner zeigten deutlich erhöhte Quecksilber­ und Benzolwerte.“ heißt es in Abschnitt 2.6. Als Beleg wird ein Beitrag der Sendung „Markt“ des NDR vom 21.02.2011 angeführt. Die angeblich „deutlich“ erhöhten Werte sowie die Durchschnittswerte, die diese Behauptung untermauern werden nicht angeführt und wurden nach meiner Erinnerung auch nicht in der Sendung genannt. Tatsächlich ließen die Anwohner ihr Blut von zwei Toxikologen, u.a. der gerne vom NDR hinzugezogene Dr. Hermann Kruse (Kiel), untersuchen. Die Untersuchung ergab weder für Benzol noch für Quecksilber eine erhöhte oder gar deutlich erhöhte Konzentration im Blut der Anwohner (Quelle). Hier offenbart sich ein typisches Verhalten hinsichtlich der Debatte ökologischer Problemstellungen. Inhalte aus TV-Sendungen werden ungeprüft übernommen und als Argumentationshilfe hinzugezogen. Wissenschaftliche Auswertungen werden hingegen ignoriert.Und in Abschnitt 2.7 heißt es dann: „In vielen Fällen wurden Brunnen auch durch aufsteigende Frac-­Flüssigkeiten vergiftet.“ und weiter: „Eine erdrückende Beweislast widerspricht jedoch den Behauptungen der Fracking-­Unternehmen.“ Als Beweis wird eine Zusammenstellung von Abraham Lustgarten genannt (Quelle), aus der jedoch hervorgeht, dass es zwar Leckagen an Injektionsbohrungen kam, ein direkter Zusammenhang mit Fracaktivitäten oder gar eine „Vergiftung“ von Brunnen durch Fracflüssigkeiten und somit eine „erdrückende Beweislast“ ist daraus jedoch nicht ableitbar sondern eher der Phantasie des Verfassers dieser Desinformationsbroschüre des „AK Fracking“ entsprungen. Die übrigen Ausführungen dieses Pamphlets sind von ähnlicher zweifelhafter Qualität.

Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die gegen die inländische Erdgasförderung agierenden Bürgerinitiativen sich äußerst fragwürdiger bis nicht tolerierbarer Methoden bedienen, um ihr Anliegen in die Öffentlichkeit zu bringen und dieses Anliegen durchzusetzen. Was erschreckenderweise noch dazukommt ist, dass diesem Verhalten durch öffentlich-rechtliche Sendeanstalten wie z.B. dem NDR ein Forum geboten wird.

8 Kommentare zu Anti-„Fracking“-Bürgerinitiativen: Lügen-Diffamieren-Ängste schüren-Tatsachen verdrehen

  • Christian Manke-Hensel sagt:

    Hallo Istvan,
    Erst einmal wieder einen schönen Dank für diesen tollen Artikel!
    Hätte da noch ein ganz kleines Schmankerl für dich:unlängst,ich meine es war der 19.03.,berichtete das Diepholzer Kreisblatt über Trink-und Grundwasserverseuchung durch Hausabwasser.Bezogen wurde sich auf Waschmittelreste(!!!) etc.
    Nun ja,wir wissen ja daß der Weg von „oben“ kürzer ist wie von „ganz unten“……..

    1. istvanadler sagt:

      Hallo Christian,

      habe mir aus dem LK DH berichten lassen, dass dort Dioxin im Klärschlamm gefunden wurde, der zuvor in die Kanalisation eingeleitet worden ist (Wagenfeld, wo auch eine BI gegen Erdgasförderung zu Hause ist). Tja, dass sind die realen Gefahren und nicht die unwahrscheinlichen in 4 km Tiefe („Düste Z10“ z.B.). Ansonsten schicke ich mal eine Mail an angegebene Adresse mit nachvollziehbarem Betreff.

  • kellyspinner sagt:

    Die Dioxinquelle soll eine Firma sein die Wolle färbt und spinnt. ,,Wir mussten die Färberei stoppen“ wird der Geschäftsführer in der ,,Sulinger Kreiszeitung“ zitiert.

  • kellyspinner sagt:

    Gegen Gasbohren hat Kommentare gesperrt. Warum? Scheuen sie die Gegenöffentlichkeit?

    1. istvanadler sagt:

      Ja, scheuen sie. Genauso wird man auf deren Facebook-Seite „Stopp Fracking“ gesperrt, wenn man unbequeme Fragen stellt.
      Einer tiefgründigen Diskussion sperren sie sich, wie auch anhand der Kommentare unter https://.wordpress.com/impressum/ ersichtlich. Auf meine Frage nach der Unterstellung, die „Gasindustrie“ beziehe Subventionen, wurde von „Der Bäckermeister“ nicht eingegangen.

      Ich hingegen lasse jeden Kommentar durchgehen, sofern er nicht beleidigend ist und versuche auch, jeden zu beantworten und dabei sachlich zu bleiben.

  • Lilu Luxemburg sagt:

    Eine Debatte ist immer gut, und zeugt doch davon das es noch keine klare Antwort gibt… zumindest nicht eine die schlüssig ist.
    Allerdings… halbe, verzogene, unsichere Quellen und Aussagen einfach immer wieder zu wiederholen, macht sie nicht automatisch wahr… was natürlich für beide Seiten (pro&contra) gilt.

    Vielleicht sollten wir uns auch einfach daran erinnern, das Vorsicht die Mutter der Porzellankiste ist, und es hier ja schliesslich um unser Trinkwasser geht und es doch eh sinnvoller wäre unseren kollektiven Verstand und Energie in langfristige Energielösungen zu stecken… oder gibt es irgendeinen Zweifel das wir eine längerfristige Lösung für unser Energieproblem in Zeiten des Klimawandels finden müssen?!

    Zum stets wiederholten Kommentar von Lisa Jackson…
    Was genau in der EPA passiert ist, werden wir wohl erst in Jahrzenten erfahren, aber es gibt Informationen von whistleblowern, die berichten das Lisa Jackson als Zentrum eines cover-ups zu betrachten ist, und das die EPA Studien unterdrückt wurden „aus Angst tiefergehende Untersuchungen würden Obama´s Wiederwahl gefährden“ (https://mic.com/articles/58155/the-epa-tried-to-cover-up-this-fracking-report#.UcxYw7eGQ – hier finden sie auch eine von der Obama Administration unterdrückte PP Präsentation über die Ergebnisse der Dimock Untersuchungen. Wissenschaflter unter ihnen können sich da gerne ein eigenes Bild machen)

    Weil hier ja auch so gerne gesagt wird, das es fracking ja schon so lange gibt… was ja auch stimmt… hier ein Bericht über eine EPA Studie von 1987, die Fracking für Grundwasserverseuchung n Wyoming verantwortlich macht (http://thinkprogress.org/climate/2011/08/03/287105/fact-check-contamination-of-groundwater-by-fracking-was-documented-in-1987/).
    Und relativ aktuell (https://insideclimatenews.org/news/29032016/fracking-study-pavillion-wyoming-drinking-water-contamination-epa)

    “Risiken für das Grundwasser bestehen durch die Lagerung wassergefährdender Chemikalien, durch die Bohrung selbst, durch die Erzeugung von Wegsamkeiten im Untergrund (Gebirge) und – letztendlich ebenso für Böden und Oberflächengewässer – bei der Entsorgung der Fracking-Fluide und des zu Tage geförderten Lagerstättenwassers.”
    (Auszug aus der Stellungnahme vom Umwelt Bundes Amt, “Einschätzung der Schiefergasförderung in Deutschland” – Stand Dezember 2011)

    Es gibt bereits Berichte von Störfällen in Deutschland/ Rotenburg http://frack-loses-gasbohren.de/fracking-regional/#stoerfaelle

    Wie gesagt es gibt realistische Bedenken und Gründe zur Annahme das fracking Trinkwasser verseucht… und das wäre dann wahrscheinlich nicht oder nur sehr schwierig und finanziell aufwendig rückgängig zu machen (wobei die Verursacher da sicher nicht komplett für aufkommen werden, das macht dann der Steuerzahler)… macht es da nicht wirklich Sinn, etwas genauer hinzuschauen, zu hinterfragen, unabhängige Studien anzufordern… eh das Kind in den Brunnen gefallen ist??

    1. SAR sagt:

      Sehr geehrte Frau Luxemburg,

      zunächst vielen Dank für Ihren ausführlichen, sachlichen Kommentar, auf den wir gerne ausführlich antworten möchten.

      Es sei darauf hingewiesen, dass der Artikel sich mit Aussagen/Behauptungen befasste, die teils frei erfunden waren, den eigenen zitierten Quellen widersprachen etc.

      Darauf habe ich als Autor mit diesem Artikel reagiert, um die interessierte, neutrale Allgemeinheit darüber zu informieren, dass „Gegen-Gasbohren“ und Co. mit unseriösen Methoden arbeitet. Dazu bediente ich mich der seinerzeit (Artikel ist über 3 Jahre alt!) verfügbaren Quellen, die teilweise von „Gegen-Gasbohren“ & Co. selbst geliefert wurden, deren Inhalt sie nachgewisernermaßen aber falsch widergaben, oder selbst recherchierter Quellen.

      Nun zu Ihrem Kommentar:

      Hinsischtlich der Fractechnik ist zu sagen, dass aufgrund ihrer jahrzehntelangen Anwendung ziemliche Klarheit über ihr Wirkungsprinzip und somit über ihre Auswirkungen besteht. Trinkwasserverunreinigungen, die unmittelbar auf ihren Einsatz zurückzuführen sind, sind bis heute nicht bekannt. Das, was an Grundwasserkontaminationen bislang bekannt ist, ist auf unzureichende, teilweise nicht einmal vorhandene Bohrlochsicherung (Mehrfachverrohrung im Bereich von süßwasserführenden Aquiferen) zurückzuführen.

      Zu Ihrer ersten Quelle, die eine angeblich unsaubere Arbeit der EPA nachweisen will: In der damaligen Diskussion um Trinkwasserverschmutzung ging es um Stoffe wie Arsen, Barium, Magnesium etc. In der angeblich unterdrückten PowerPoint-Präsentation ist aber Methan das Thema. Zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte.

      Zur Angelegenheit in Wyoming: Nicht nachvollziehbarer Weise aus deutscher Sicht war es in den USA selbst in der jüngeren Vergangenheit nicht verboten, Erdöl-Erdgasbohrungen bis in große Tiefen unvollständig zu verrohren. Dass es in der Folge zu Verunreinigungen kommen kann, ist dann wenig verwunderlich. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe schrieb bereits 2012 zu Pavillion, Wyoming:

      Hier wird Gas aus sehr geringen Tiefen von ca. 370 m unter Geländeoberkante produziert, während für die Trinkwasserversorgung Aquifere aus bis zu 250 m genutzt werden.Vermutet wird in diesem Fall, dass unter anderem aufgrund unzureichender Verrohrungen bis in nur etwa 110 m Tiefe Frackfluide und Gas ins Trinkwasser gelangen konnten (di Giulio et. al 2011). Eine Schiefergasförderung wi im dortigen Fall wäre in Deutschland nicht genehmigungsfähig.

      Zur Einschätzung des Umweltbundesamtes: Das UBA hat mit seiner ersten Risikostudie ein Unternehmen sowie Wissenschaftler beauftragt, die über keinerlei Expertise auf dem Gebiet Tiefbohrtechnologie, Lagerstättengeologie usw. verfügen. Dass im Egebnis solch seltsame Schlussfolgerungen herauskommen, ist wenig verwunderlich.

      Nur zwei Punkte: Eine Tiefbohrung unterscheidet sich im Bereich der Grundwasserschichten nicht oder nur wenig von einer Trinkwasserbohrung. Um aus dem tieferen Untergrund heraus flachliegende Süßwasserschichten zu erreichen, müsste Fracfluid a) mehrere fluiddichte Barrieren überwinden bzw. b) mehrere Salzwasserleiter. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.

      Zu Ihrem Link zu Störfällen, die durch Hydraulic Fracturing verursacht wurden:

      Keiner der aufgelistetetn Fälle steht in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Technik. Mit der Erdgasgewinnung und -aufbereitung ja, aber das diskutieren wir hier ja nicht, sondern „Fracking“, also die Erzeugung künstlicher Risse (Fracs) in Festgestein.

      Im Übrigen beweist die Auflistung der Störfälle sehr gut das Umweltmanagement in Deutschland, sollte ein solcher Störfall eintreten. Ferner hat die jahrzehntelange Erdgasproduktion im Landkreis Rotenburg nicht ansatzweise solchen Umweltschaden verursacht, wie die Havarie einer Biogasanlage in selbigem Landkreis 2012: http://www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/fischsterben-nach-panne-biogasanlage-2263396.html

      Doch nach einem Verbot von Biogasanlagen, nach unabhängigen Risikostudien höre ich niemanden rufen.

      Zum Abschluss: Nein, es ist nicht sinnvoll, etwas genauer hinzuschauen oder etwas zu hinterfragen. Doch wenn sämtliche, im Auftrag der Politik durchgeführte Studien, wenn langjährige Erfahrungen belegen, dass die Anwendung des Hydraulic Fracturing bei Einhaltung der geltenden Bestimmungen sicher durchführbar ist, dann sollten das auch die schärfsten Kritiker einfach mal akzeptieren und nicht permanent irgendwelche Nebenbaustellen eröffnen, die mit dem Verfahren, wenn überhaupt, indirekt zusammenhängen.

  • Dirk Weißenborn sagt:

    „Vielleicht sollten wir uns auch einfach daran erinnern, das Vorsicht die Mutter der Porzellankiste ist, und es hier ja schliesslich um unser Trinkwasser geht und es doch eh sinnvoller wäre unseren kollektiven Verstand und Energie in langfristige Energielösungen zu stecken…“

    Das geschieht auch, nur nicht in Deutschland.

    In einigen Jahrzehnten wird sich in Teilen des Globus ein regenerativ-nukleares Energiemischsystem herausgebildet haben.

    Die nukleare Komponente – technisch komplett anders als die heutigen Reaktoren – kann ausgezeichnet dazu genutzt werden, aus dem CO2 der Atmosphäre oder des Ozeanwassers dieselben Kohlenwasserstoffverbindungen wie aus Erdöl-/Erdgas herzustellen. Aber auch die Herstellung von Wasserstoff (Brennstoffzelle!) ist damit optimal und kostengünstig möglich (Schwefelsäure-Iod-Prozess).

    Das wäre dann eindeutig klimaneutral und wird auch von vielen engagierten Klimaschützern so beurteilt. Nur nicht in Deutschland.

    Dieses Land ist das einzige weltweit, welches auf fossile und nukleare Energieträger zugleich verzichten will. Am Verstand der Verantwortlichen, der Medien, aber auch weiter Teile der Bevölkerung kann eindeutig gezweifelt werden.

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