BGR und Staatliche Geologische Dienste kritisieren „Fracking“-Studien zum Teil harsch

Schon vor einiger Zeit wurde publik, dass die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) die im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) erstellte Studie zum Thema „Fracking“ in wesentlichen Teilen in einer Stellungnahe scharf kritisierte. Kurz darauf schlossen sich auch die Staatlichen Geologischen Dienste der Bundesländer (SGD) dieser Kritik an. Letztere beurteilten auch entsprechende Studien im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) sowie im Auftrag von ExxonMobil. Lediglich die Ergebnisse letzterer wurden als nicht unplausibel angesehen. Nun haben BGR und SGD eine gemeinsame Stellungnahme zu den genannten Studien veröffentlicht, wobei sich auf geologische Fragestellungen, die also den Kompetenzbereich der Behörden abdecken, beschränkt wird. Teiweise fiel die Kritik harsch aus.

So ist bereits in der Zusammenfassung zu lesen, dass BGR und SGD, die die Stellungnahme im Auftrag des Bund/Länder-Ausschusses Bodenforschung verfasst haben, in allen drei Studien „deutliche Schwächen bei der Darstellung und Beurteilung der geowissenschaftlichen Sachverhalte“ sehen. Daher könnten die aus den Studien abgeleiteten Gefahren und Risiken sowie Empfehlungen als nur eingeschränkt gerechtfertigt angesehen werden. Dementsprechend können die geowissenschaftlichen Defizite zu einer allgemeinen „Überschätzung der der Unsicherheiten in der Beurteilung von geowissenschaftlich begründbaren Gefahren und Risiken der Frac-Technologie führen“.

Auf Seite 4 der Stellungnahme wird darauf hingewiesen, dass bezüglich der Erschließung von Tightgas-Reserven, wofür auch das Fracverfahren notwendig ist, weshalb auch diese zm Teil Gegenstand der Studien sind, in Deutschland bereits jahrzehntelange Erfahrungen vorliegen (Anm. Istvan Adler: Umso unverständlicher ist, dass auch dagegen Widerstand herrscht, obwohl der Nachweis erbracht wurde, dass das Verfahren mindestens in diesen Formationen ohne Umweltbeeinträchtigungen durchführbar ist). Weiterhin wird klargestellt, dass sich sämtliche Erkundungsmaßnahmen bezüglich Schiefergas und Kohleflözgas noch in einer sehr frühen Phase befinden und nirgendwo technisch-wirtschaftlich gewinnbare Vorkommen in Deutchland nachgewiesen worden sind (Anm. Istvan Adler: Vor diesem Hintergrund ist mir nicht klar, dass sogar bereits gegen Projekte, die das Potenzial erforschen sollen, protestiert wird und im Zuge dessen schon Horrorszenarien, basierend auf Medienberichten oder „Informationen“ aus dem Netz an die Wand gemalt werden.). Zudem wird in den Vorbemerkungen kritisiert, dass die Autoren der Studien sich über Nachweisdatenbanken der SGD ein Bild des tieferen geologischen Untergrundes hätten machen können, dieses aber nur begrenzt geschehen ist und wichtige freizugängliche Fachliteratur nicht oder lediglich unzureichend hinzugezogen wurde.

Im Folgenden sollen Anmerkungen zu den jeweiligen Studien kurz zusammengefasst werden.

1) UBA-Gutachten: Hier bemängeln BGR und SGD bereits eingangs, dass das Ziel der Studie, die vorhandene breite Wissensbasis sowie die geowiisenschaftliche Methoden herauszuarbeiten, nicht erreicht wurde. Es wird kritisiert, dass postulierte Methodendefizit hinsichtlich der Erkundung des tieferen geologischen Untergrundes nicht existieren, sondern dass stattdessen umfangreiche Kenntnisse bei den Fachbehörden vorliegen und entsprechende Methoden Stand der Technik seien.
Auch können angebliche fehlende Datengrundlagen für die Bewertung regionalgeoloischer Fragestellungen nicht bestätigt werden. Diese seien u.a. aus Standardwerken der Geologie Norddeutschlands zu entnehmen.

Die Auswahl der Typlokalitäten zu Schiefergasvorkommen (süddeutsche Molassebecken und Harz) sind weniger relevant oder geologisch nicht repräsentativ, da sie nur ein geringes bzw. kein Schiefergaspotenzial aufweisen, was die Autoren der Stdie erstaunlicherweise selbst aussagen (!!!). Die wichtigste Schiefergasregion, das Norddeutsche Becken, wird bur marginal betrachtet und zudem geologisch/lagerstättenkundlich inkorrekt bewertet.

Bezüglch der Hydrogeologie möchte ich nur den Aspekt betrachten, dass hydrologische Barrieren oberhalb des Zechsteinsalinars, die für Schiefergaslagerstätten im Norddeutschen Becken von Bedeutung sind, NICHT beachtet werden!

Abschließend soll zur UBA-Studie gesagt werden, dass auch die Fractechnologie unzureichend betrachtet wurde, indem zum einen Aussagen zur angeblichen Unsicherheit oder Wissensdefizite nicht belegt werden, zum anderen Fachliteratur und Erfahrungswerte hinsichtlich der Rissausbreitung nicht beachtet wurde und schließlich die geomechanischen Vorgänge beim Fracvorgang nicht richtig dargestellt worden sind.

2) NRW-Studie: Hier wird eingangs darauf hingewiesen, dass Aussagen zwischen der Lang- und der Kurzfassung variieren (!) und dass die Kurzfassung die Thematik deutlich stärker dramatisierend darstellt als die Langfassung.

Es wird kritisiert, dass zwischen den unterschiedlichen in NRW zu erwartenden Gasvorkommen (Kohleflözgas, Schiefergas) nicht ausreichend differenziert wird und das Alternativen zum Hydraulic Fracturing, das bei Kohleflözgasvorkommen n icht zwingend erforderlich ist, nicht thematisiert werden.

Es wird bestätigt, dass Wissensdefizite hinsichtlich geologischer und technischer Parameter bezüglich der konkreten Erschließung unkonventioneller Erdgasvorkommen herrschen. Daraus abgeleitete Aussagen, dass für alle Geosysteme Informations- sowie Wissensdefizite zu geologischen Gegebenheiten (z.B. Durchlässigkeiten, Lage und Funktion geologischer Störungen) vorhanden seien, werden hingegenmit dem Hinweis, dass entsprechende Erkenntnisse bei den SGD sowie der BGR rliegen, zurückgewiesen.

SGD und BGR merken an, dass Bohrungen zur Exploration von Steinkohlelagerstätten als Bohrungen in die Kohleflözgaslagerstätten zu betrachten seien und somit die Aussage der Studienautoren, es gebe keine frei verfügbaren belastbaren statistischen Daten zu Bohrungen in unkonventionelle Lagerstätten nicht korrekt sei.

Weiterhin wird kritisiert, dass für den Grundwasserschutz entscheidende hydraulische Barrieren iGeosystem „Münsterland“ nur marginal oder gar nicht beachtet werden. Auch die Darstellung des Geosystems „Linker Niederrhein“ ist nicht korrekt und entspricht nicht den Erkenntnissen des SGD.

Hinsichtlich der Anwendung des Fracverfahrens wird vor allem kritisiert, dass aufgrund der noch nicht vorhandenen Kenntnisse über die Lagerstättenverhältnisse im Detail eine konkrete bennenung der Anzahl der benötigten Fracs nicht realistisch und daraus abgeleitete Aussagen nicht belastbar seien. Eine direkte Übertragung von Daten aus anderen Lagerstätten, wie z.B. in den USA, mit anderen Parametern hinsichtlich Drucks, der Gesteine, Tiefenlagen usw. sei nicht sachgerecht.

Quintessenz der Kritik ist, dass nach Ansicht von SGD und BGR zahreiche Aussagen der Studie zu pauschal seien und somit der Komplexität des Sachverhaltes nicht gerecht werden.

3) Risikostudie-Fracking: Bezüglich dieser Studie wird zunächst hervorgehoben, dass sie auf eine an die Realität angelehnte theoretische Betrachtung zu Risiken im Geologischen System aufbaut. Da sich die Studie vornehmlich auf das Fracverfahren konzentriert, wird kritiert, dass die Betrachtung von Kohleflözgasvorkommen sehr viel Platz einnimmt, obwohl bislang noch offen ist, ob dieses Verfahren in diesem Lagerstättentyp überhaupt angewendet werden muss.

Geologische Verhältnisse werden an den Beispielstandorten so dargestellt, wie es für eine Einzelfallbetrachtung hinsichtlich der geologischen Prüfung einer Fracmaßnahme erwartet werden kann.
Die Darstellung hydrogeologischer Verhältnisse bei den Standortmodellen wird als nachvollziehbar und gut bewertet. Allerdings wird bemängelt, dass die Wahl hydraulischer Parameter für die Wirksamkeit der Barrieren oberhalb des Frachorizontes nicht durchgängig nachvollziehbar geologisch begründet wird.

Bezüglich der Fractechnologie haben sich die Auoren der Studie mit einschlägiger Fachliteratur auseinandergesetzt. Dennoch wird seitens BGR und SGD bemängelt, dass z.B. Daten aus der mit umfangreichen Untersuchungen, Modellierungen und Monitorings begleiteten und in Deutschland bisher einzigen Fracmaßnahme in einer potenziellen Schiefergaslagerstätte (Bohrung „Damme 3“) nahezu nicht betrachtet worden sind.

Im Fazit wird der Studie bescheinigt, dass ihre Ergebnisse insgesamt nicht unplausibel seien, aber dennoch einige Defizite aufweist, wie z.B. die unklare und nicht belegte Herleitung und der Bezug der Ergebnisse zu den in der Praxis an bestimmten Standorten zu erwartenden geologischen Gegebenheiten.

Zusamenfassung/Fazit:

Im Auftrag des Bund/Länderausschusses Bodenforschung wurden die bisher in Deutschland publizierten Studien zum Thema „Fracking“ seitens der BGR und der SGD einer kritischen Überprüfung hinsichtlich geowissenschaftlicher Aussagen unterzogen.

Dabei kommen die Prüfer in einer Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass alle drei Studien z.T. erhebliche Defizite bei Darstellung und Beurteilung der geowissenschaftlichen Sachverhalte aufweisen und die daraus abgeleiteten Ergebnisse und Empfehlungen zu einer Überbewertung der geowissenschaftlich begündbaren Gefahren und Risiken der Fractechnologie führen können.
Insbesondere die im Auftrag des Umweltbundesamtes sowie die im Auftrag der rot-grünen Regierung des Landes NRW in Auftrag gegebenen Studien mussten harsche Kritik einstecken. So blieben im UBA-Gutachten bekannte geologische Informationen unberücksichtigt und es wurden nicht repräsentative Geosysteme zur Beurteilung der Fractechnologie ausgewählt. Ähnliches gilt für die NRW-Studie, deren Ergebnisse als zu pauschal und dem komplexen Sachverhalt nicht gerecht werdend bewertet werden. Dass ausgerechnet diese beiden Studien erhebliche Defizite aufweisen ist als fatal anzusehen, da diese besonders im öffentlicen Diskurs beachtet werden und zudem Grundlage für politische Entscheidungen (NRW) darstellen.

Im Gegensatz dazu werden die Ergebnisse der von ExxonMobil in Auftrag gegebenen und von „Fracking“-Gegnern als nicht unabhängig diffamierten Risikostudie als nicht unplausibel angesehen. Allerdings ist auch diese nicht vor Kritik gefeit. So wird u.a. bemängelt, dass z.B. Daten der bisher einzigen Fracmaßnahme in Schiefergestein in Deutschland (Bohrung „Damme 3“) nicht hinzugezogen worden sind. Meiner Meinung nach unterstreicht dieses Vorgehen jedoch die angezweifelte Unabhängigkeit, da diese Maßnahme von ExxonMobil durchgeführt worden ist.

Es bleibt zu hoffen, dass die hier angerissene Stellungnahme an politischen Entscheidungszentren entsprechend gewürdigt wird und zu einer längst überfälligen Versachlichung in der völlig aus dem Ruder gelaufenen Debatte um die inländische Kohlenwasserstoffexploration und -produktion beiträgt.

Die vollständige Stellungnahme gibt es hier zu lesen: Stellungnahme BGR und SGD

Ein Kommentar zu BGR und Staatliche Geologische Dienste kritisieren „Fracking“-Studien zum Teil harsch

  • hydropower99 sagt:

    Der BGR/SDG Stellungnahme kann ich ebenfalls eine gebührende Würdigung im politischen Raum wünschen, allein glaube ich nicht, dass das passieren wird.

    Allerdings geht mir die harsche Kritik der Kollegen aus den staatlichen GD gelegentlich etwas zu weit. Die Stellungnahme scheint geologisch und lagerstättenkundlich fundiert zu sein und bringt die sachliche Bewertung der Lage sicher nach vorne. Die hydrogeologische Sichtweise der Stellungnahme ist aus meiner Sicht nicht wirklich prickelnd und an manchen Stellen zu pauschal. Beispiele möchte ich nicht nennen, um nicht ohne Not Futter für die liebe Anti-Sachkunde-Fraktion zu liefern.

    Mir ist aber immer noch eine stellenweise schwächelnde sachliche Auseinandersetzung vom Schlage der UBA-/NRW-/Neutraler Expertenkreis-/BGR/SDG-Gutachten und Stellungnahmen lieber als das sachbefreite, polemische Zeugs auf leider zu vielen Anti-Fracking-Seiten.

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