„Gegen Gasbohren“ stellt 10 seltsame Antithesen gegen die inländische Erdgasförderung auf

„Gegen Gasbohren“ versucht wieder einmal in der gewohnten „Wir wissen alles (besser)!“-Manier gegen die inländische Förderung von Erdgas zu agitieren. Dieses Mal hat man sich eines Thesenpapiers von ExxonMobil Production Germany (EMPG) angenommen, und zu den 10 Thesen „Gegenargumente“ verfasst. Ebenfalls wie gewohnt wird im Grunde nicht viel mehr als heiße Luft abgesondert, in dem an den Haaren herbeigezogene Äußerungen getätigt werden und in einigen Fällen, ebenfalls wie gewohnt, wieder einmal unwahres behauptet wird. Die 10 Thesen der EMPG gibt es hier.

Auf These Nr. 1 wird geantwortet, dass es gar keinen „deutschen Energiebedarf“ gäbe. Hm, interessant. Die über 80 Millionen Einwohner Deutschlands benötigen also keine Energieträger zum Heizen oder zur Stromversorgung? Als Begründung wird angegeben, dass viel Energie exportiert wird, einerseits in Form von Strom, aber, um beim Thema zu bleiben, auch in Form von Erdgas. „Der Export von Erdgas stieg von 2003 bis 2010 von 7,7 auf 16,2 Mrd. m³, obwohl im gleichen Zeitraum die inländische Erdgas-Produktion von 21Mrd. auf 12,6 Mrd. m³ sank.“, heißt es dort. Der Widerspruch, dass mehr exportiert als gefördert wird, somit also kein Nettoexport vorliegt, ist dem Verfasser offensichtlich nicht aufgefallen. Und auch dass die Mengenangabe nur bedingt tauglich ist, da es nicht DAS Erdgas gibt, sondern Erdgase unterschiedlicher Qualität und somit mit unterschiedlichem Heizwert, ist diesem „Experten“ wohl nicht bekannt. Zudem hätte es geholfen, Fachliteratur, wie z.B. den LBEG-Jahresbericht hinzuzuziehen, aus dem hervorgeht, dass die importierte Menge (bezogen auf den Heizwert) höher liegt als der Verbrauch und somit importiertes Gas wieder ausgeführt wird. Einen solchen Vorgang nennt man „Transit“.

These Nr. 2 besagt, dass Erdgas bei der Umsetzung der Energiewende bzw. zum Erreichen von Klimaschutzzielen unterstützend wirken kann. Das wird negiert, da nur das endgültige Ziel, 100 % „erneuerbare“ Energien vom Verfasser der Antithese betrachtet wird, nicht aber der Weg dorthin. Es ist zudem in der These auch nicht die Rede von mehr fossiler Energie, sondern von mehr Erdgas, dass ja eine bessere CO2-Bilanz aufweist, als Kohle. Das ist anhand der chemischen Formel von Methan, dem Hauptbestandteil von Erdgas, leicht nachvollziehbar. Aber diese dritte These wird angezweifelt und es wird behauptet, dass „unkonventionelles Erdgas“ viel „klimafeindlicher“ (interessanter Ausdruck) sei als „konventionelles“, was mit hohen Leckageraten bei „dieser Art der Förderung“ (gemeint ist wahrscheinlich das fördervorbereitende bzw. förderoptimierende Hydraulic Fracturing) begründet wird. Warum dabei die Leckagerate höher sein soll als bei Förderung von Erdgas aus konventionellen Lagerstätten, verschweigt der Autor. Stattdessen behauptet er: „US-Experten sagen, es sei dadurch sogar schädlicher als Kohleverbrennung.“ ohne die Experten zu benennen oder eine Studie anzuführen. Abgesehen davon geht es in dem Thesenpapier um Erdgas aus Deutschland ganz allgemein und nicht um Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten. Tatsächlich befindet sich dieses Thema in der wissenschaftlichen Debatte und Hydraulic Fracturing ist wohl nicht für höhere Methanemissionen verantwortlich: „Die Produktion von Schiefergas, und speziell die damit verbundenen Hydraulic Fracturing Maßnahmen, haben nicht wesentlich die Treibhausgas-Emissionen des Erdgassektors verändert.“ (Quelle).

Auch an These 4, dass Erdgas flexibel ensetzbar und gut speicherbar sei, wird nicht unkommentiert stehengelassen. Stattdessen wird gesagt, dass das auch für Importgas gilt, was ja grundsätzlich richtig ist. Aber es wird dabei der volkswirtschaftliche Nutzen inländischer Förderung ignoriert und wie der weitere Verlauf aufzeigt, sogar bestritten! Die hohen energetischen Verluste aufgrund der langen Transportwege für Importgas blendet der Verfasser der Antithesen vollkommen aus.

Denn schon in der Antwort auf These 5 heißt es, dass ExxonMobil ein international tätiger US-Konzern sei mit weltweiten Produktionsstätten und daher es „Unsinn“ sei, von heimischer Produktion zu sprechen, auch in Anbetracht vermeintlicher weltweiter Produktions- und Vertriebswege. Dem Verfasser ist nicht bekannt, dass die EMPG ein deutsches Tochteruternehmen von ExxonMobil ist und ausschließlich in Deutschland operiert.  Offenbar ist dem Verfasser ebensowenig bekannt, dass für das in Ostniedersachsen geförderte Erdgas ein eigenes, verbrauchernahes Netz existiert, was auf den geringeren Brennwert des Gases gegenüber z.B. Nordseegas oder Russlandgas zurückzuführen ist. Siehe hierzu auch “Gegen Gasbohren” – Ein eigenwilliges Verständnis von Wahrheit.

These 6 besagt lediglich, dass derzeit fast die gesamte deutsche Erdgasförderung aus Niedersachsen stammt, was zunächst mit einem „Na und?“ kommentiert wird, aber in der folgenden Antwort die Bedeutung, wenn auch unabsichtlich unterstreicht, indem auf die zahlreichen u.a. in Celle ansässigen Servicefirmen, die mitnichten Tochterunternehmen von US-Konzernen sind, hingewiesen wird. Die wären bestimmt nicht dort, wäre die Region nicht traditionelles Kohlenwasserstoffland. Ähnliches gilt für die in der Region Vechta ansässigen Servicefirmen.

Dass Erdgas subventionsfrei zur Verfügung steht, wird natürlich auch bestritten. Begründet wird das ganze folgendermaßen: „Pro erfolgloser Erkundungsbohrung erhalten die Konzerne 2 Mio. € indirekter staatlicher Subvention durch eine Verringerung der Förderabgabe.“ Das ist interessant, denn vor einem Jahr hieß es bei „Gegen Gasbohren“ noch: „Ist dem Vice-Chef von ExxonMobil bekannt, dass der Konzern für jede durchgeführte Erdgasbohrung in unkonventionellen Lagerstätten eine Subvention bekommt?“ (Quelle) während 3 Monate später das zu lesen war: „In Niedersachsen wird jede erfolglos gebliebene Bohrung mit bis zu 2 Millionen Euro gefördert!“ (Quelle) Aha, aus „jede durchgeführten Erdgasbohrung in unkonventionellen Lagerstätten“ wird „jede erfolglos gebliebene Bohrung“ und schließlich „jede erfolglose Erkundungsbohrung“, wobei man der Wahrheit jedesmal ein Stückchen näher kommt, aber dennoch falsch liegt. Die korrekte Regelung ist in folgender Rechtsnorm zu finden: Förderabgabe Niedersachsen Dort ist zu entnehmen, dass jeder nicht fündigen Aufschluss- und Teilfeldsuchbohrung tiefer 2500 Meter ein Abschlag auf die Förderabgabe von maximal bis zu 2 Mio. € (800 € je Bohrmeter, so dass erst 5000 Meter tiefe Bohrungen den Maximalsatz erhalten können) gewährt werden KANN und nicht wird. Dass der Förderzins mit bis zu 36 % mehr als dreieinhalbfach über dem Mindestsatz von 10 % liegt und in Anbetracht aufwändiger zu fördernder Restreserven eine Belastung der Industrie darstellt, scheint den Verfasser der Antithesen nicht zu interessieren.

Auf das Profitieren der Bundesländer infolge der Förderabgabe sowie der Kommunen aufgrund der Gewerbesteuer wird eingegangen, indem ohne den Anflug eines Beweises behauptet wird, dass „die enormen Kosten für kurz- und langfristige Umwelt, Gesundheits- und Infrastrukturschäden durch die Erdgasförderung werden der Allgemeinheit aufgebürdet.“ Welche Schäden das sein sollen und inwiefern sie der Allgemeinheit aufgebürdet werden, unterschlägt der Verfasser. Das könnte daran liegen, dass er sie nicht benennen kann. Tatsache ist, dass selbst nach fast zwei Jahrzehnten nach Einstellung der Förderung von Erdöl die EMPG die Verantwortung für Kontaminationen übernimmt, wie z.B. im 1994 aufgegebenen Erdölfeld „Suderbruch“ (Quelle). Weiterhin heißt es, dass international tätige Konzerne keine oder nur in geringem Umfang Gewerbesteuern bezahlen müssen. Seltsam, denn mit minimaler Recherche findet man solche Aussagen und Feststellungen: „Exxon war stets der mit Abstand größte Gewerbesteuerzahler der Kommune.“ (Quelle), „Die volle Gemeindekasse hat die Gemeinde der Firma Exxon Mobil zu verdanken.“ (Quelle), Und ebenfalls Bothel: „Die Samtgemeinde Bothel ist so reich, dass sie Geld ans Land bezahlen muss. Das gilt jedenfalls für das Jahr 2008 und hat in erster Linie mit Erdgas zu tun.“ (Quelle). Und ein Beispiel, wenn auch inhaltlich nicht wirklich korrekt bis abgrundtief polemisch, aus  dem nördlichen Sachsen-Anhalt, wo der international tätige Konzern GdF-Suez als Erdgasförderer aktiv ist: „Aber einige wenige Erdgasquellen gibt es doch in Deutschland! Über diesen natürlichen Reichtum verfügt die Gemeinde Steinitz im nördlichen Teil des Altmarkkreises von Sachsen-Anhalt. Dort sprudeln nicht nur die Gasquellen, auch enorme Steuerquellen lassen das Gemeindesäckel oft bis um Überlaufenanschwellen.“ (Quelle). Also entweder hat der Antithesenautor Volker Fritz schlecht recherchiert, oder er lügt ganz dreist, um gegen die einheimische ErdgasförderindustrieStimmung zu machen.

Auf These 9 geht der Antithesenautor nur zur Hälfte ein, indem er nichts zu den CO2-intensiven (ich würde energieintensiven) Transportwegen von Importgas äußert, stattdessen behauptet, dass es nicht um Importabhängigkeit geht, da ja angeblich die 14 Mrd. m³ exportiert würden. Seltsam. Bei seiner Erwiderung sprach er noch davon, dass die Exporte die Eigenförderung deutlich überstügen (16,2 Mrd. m³/12,6 m³ versus 14 Mrd. m³/14 Mrd. m³) Nun hat ja „Gegen Gasbohren“ schon häufiger Aussagen „angepasst“ (siehe angebliche Subvention), aber niemals innerhalb eines Beitrages. Grandioses Eigentor!

Und auf These 10, die sich auf die hohen Umweltstandards bei der Förderung im Inland bezieht, folgt eine Aneinanderreihung von Behauptungen, ohne jegliche Anführung von Beweisen/Belegen. Stattdessen heißt es zum Schluss fett vorgehoben: Fracking widerspricht allen Umweltstandards! Nochmal zur Erinnerung: Die 10 Thesen beziehen sich auf die Erdgasförderung in Deutschland im Allgemeinen und nicht auf die Schiefergasförderung im Speziellen.

Nun wollte „Gegen Gasbohren“ wieder einmal in Selbstüberzeugung auftrumpfen und ist anhand von nachweislich falschen Behauptungen aufgrund mangelhafter Recherche, ideologischer Verblendung oder eventuell gar bewusster Täuschung erneut unangenehm unseriös aufgefallen.

Originalquelle hier: 10 Exxon-Argumente pro Fracking – und unsere Argumente dagegen!