Anmerkung zu einem juristischen „Fracking“-Gutachten im Auftrag von B’90/Die Grünen

Bei der Recherche nach Informationen zum „Fracking-Gesetz“ der Bundesregierung stieß ich auf einen Artikel, der sich mit einem von B’90/Die Grünen in Auftrag gegebenem juristischem Gutachten befasst. Dieses Gutachten betrachtet dabei den Gesetzesentwurf der Bundesregierung und kommt zu dem von B’90/Die Grünen gewünschten Schluss, das Hydraulic Fracturing verboten werden müsse. Dabei offenbart das Gutachten widersprüchliche Aussagen.

Zunächst wird behauptet, dass die vorgesehenen Gesetzesänderungen (UVP-V Bergbau sowie WHG) den Anforderungen einer Gefahrenabwehr und der Vorsorge vor Umweltgefährdungen gegenüber Fracking-Vorhaben nicht gerecht würden. Aus juristischer Scht mag es stimmen, dass die Änderung der UVP-V Bergbau eine Anpassung der EU-UVP-Richtlinie darstellt, wie dem Gutachten zu entnehmen ist. Eine tiefergehende Begründung, warum diese neue Regelung der Vorsorge einer unterstellten Umweltgefährdung nicht gerecht werde, bleibt dabei aus. Es wird weiterhin behauptet, dass „Fracking-Vorhaben“ erhebliche Umweltauswirkungen haben könnten. Welche das sein sollen, wird nicht erwähnt. Wahrscheinlich wird auf die theoretischen in verschiedenen Studien behandelten Risiken Bezug genommen und dabei die bisherigen Erfahrungen in Deutschland sowie die bestehenden Schutzvorkehrungen ausgeblendet, die ja auch z.B. im Gutachten des Umweltbundesamtes ignoriert wurden (z.B. Ringraumdrucküberwachung zur Identifizierung etwaiger Undichtigkeiten) Stattdessen heißt es, und hier wird eine immer wieder zu lesende Floskel verwendet, die Risiken seien unkalkulierbar. Das sehen Fachleute, wie z.B. die von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) jedoch anders. Sie sind der Ansicht, dass bei Einhaltung der bestehenden Regeln und Vorschriften Fracmaßnahmen sicher durchgeführt werden können. Sie schätzen untertägige Risiken als gering ein, also alles andere als „unkalkulierbar“(Quelle). Im weiteren Verlauf des Gutachtens offenbart sich, dass sich der Gutachter nicht umfassend mit der Materie auseinandergesetzt hat. Anders ist die Behauptung nicht zu erklären, dass „aufgrund der geltenden wasserrechtlichen Vorschriften Frackingmaßnahmen in Wasserschutzgebieten nicht genehmigungsfähig sein dürften.“ Interessant ist dabei der verwendete Konjunktiv, der das Unwissen unterstreicht, denn in Wasserschutzgebieten der Kategorien III (WSG III) hat es bereits Fracmaßnahmen gegeben, stets im Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde. An der Gesetzeslage hat sich bisher nichts geändert, jedoch dürfen nach Runderlass des LBEG keine Fracmaßnahmen mehr in WSG III durchgeführt werden (Quelle). Ebenfalls recht interessant ist die Aussage, dass die Behandlung des Flowbacks unzureichend reglementiert ist. Dazu würde ich dem Herren Gutachter empfehlen, eine Blick ins Bundesberggesetz zu werfen und den § 52 Abs. II Nr. 2 heranzuziehen. Daraus geht hervor, dass für jede noch so kleine Maßnahme Sonderbetriebspläne aufgestellt werden müssen, die selbstverständlich geltende Vorschriften zu beachten haben. Anhand dieser Sonderbetriebspläne muss nachgewiesen werden, was im Zuge dieser Maßnahmen geschieht, was im konkreten Fall bedeutet, dass die Entsorgungswege des Flowbacks en Detail beschrieben werden müssen. Ansonsten gäbe es keine Genehmigung für das Vorhaben. Im Folgenden wird der Pfad der Seriosität dann verlassen, indem behauptet wird, dass ach gegenwärtigem Kenntnisstand Fracmaßnahmen verboten werden müssten. Damit widerspricht der Gutachter offenbar aus dem Bauch heraus oder als Gefälligkeit gegenüber dem Auftraggeber sämtlichen in Deutschland erstellten Studien. Selbst die von den Landesgeologen sowie der BGR heftig kritisierte Studie des Umweltbundesamtes (siehe hier) kommt nicht zu dem Schluss, dass Hydraulic Fracturing grundsätzlich verboten werden müsse. Ansonsten sind Fracmaßnahmen bereits über das BBergG geregelt, nämlich in Form von den bereits genannten Sonderbetriebsplänen. Ein weiterer Beweis, dass sich der Gutachter mit der Thematik unzureichend befasst hat. Und mit dem Beweis ungenügenden Sachverstandes geht es dann gleich weiter. Der Gutachter moniert, dass die neue Regelung Interaktionen zwischen Grundwasser außerhalb der Schutzgebiete mit Grundwasser innerhalb der Schutzgebiete nicht beachtet. Nun, das ist leicht zu erklären. Es gibt keine Interaktionen, denn die Außengrenze eines Wasserschutzgebietes stellt gleichzeitig die Außengrenze des Einzugsgebietes dar (Quelle). Bar jeglicer wissenschaftlicher Grundlage und Logik wird dann noch behauptet, dass es nicht entscheidend ist, wo die Bohrung angesetzt wird, sondern wo sie aufschlägt. Das ist insofern Unsinn, als dass eine Gefährdung durch den Antransport etwaiger wassergefährdender Stoffe sowie beim Durchteufen von Grundwasserleitern möglich ist. Der Aufschlagpunkt ist irrelevant, da er sich kilometerweit unter der Erdoberfläche und 100e bis 1000e Meter unterhalb der zur Trinkwasserversorgung genutzten Grundwasserleiter (GW-Leiter)befindet. Eine Kontaminierung ist somit quasi ausgeschlossen. Denn gäbe es Wirkpfade von der Zielformation in den GW-Leiter, wäre dieser bereits durch salinare Tiefenwässer kontaminiert. Auch die anschließende Behauptung, dass „keine generelle
Sicherstellung der Vermeidung nachteiliger Auswirkungen des Frackings auf das Grundwasser betrieben wird.“ ist so nicht haltbar. Das muss im Rahmen des Sonderbetriebsplanes nachgewiesen werden. Weiter unten wird dann auf die aktuelle Gesetzeslage bezüglich der UVP-V Bergbau eingegangen und in diesem Zusammenhang auf das Wirksamwerden der Regelung ab einem Fördervolumen von 500.000 m³/d. Es wird behauptet, dass bei der Gewinnung von Erdgas unter Anwendung des Fracverfahrens dieses Volumen nicht erreicht wird, was so auch nicht stimmt, denn in Tightgaslagerstätten kann dieser Wert durchaus nach Anwendung einer Fracmaßnahme durchaus erreicht werden. Bei der Schiefergasgewinnung ist das jedoch auch nach Ansicht der BGR nicht zu erwarten. Das Thema „Chemikalien“ wird selbstverständlich auch nicht ausgespart und hier wird wieder einmal Unhaltbares in die Welt gesetzt: „Soweit diesseits ersichtlich, erfolgt eine solche Offenlegung [der eingesetzten Additive] gegenwärtig nicht.“ Oh, doch, die erfolgt, und zwar auf freiwilliger Basis: Hydraulic Fracturing in Deutschland. Abgesehen davon ist die Auflistung und der Zweck des Einsatzes der jeweiligen Additive im Rahmen des Sonderbetriebsplanes der Genehmigungsbehörde beizugeben. Also entweder wurde hier wieder schlecht recherchiert oder im Sinne des Auftraggebers eine Falschbehauptung in die Welt gesetzt. Unglaublich! Letzten Endes bekommt der Gutachter eine Suggestivfrage gestellt und beantwortet diese im Sinne des Mandanten: „Da gegenwärtig eine Beherrschbarkeit der mit der Durchführung von Fracking-Maßnahmen einhergehenden Risiken nicht ersichtlich ist, erscheint es daher geboten
und erforderlich, die Anwendung der Technologie in Deutschland klar und rechtssicher zu verbieten.“ Damit erfüllt er zwar seine anwaltliche Pflicht, nämlich dem Kliente zu dienen, ignoriert dabei jedoch den gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Debatte.
Nicht umsonst heißt es, und diese kleine Spitze sei gestattet: „Er ist Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand“ (leicht abgewandelt nach Ludwig Thoma).

Zur im Artikel angeführten Pressemitteilung von B’90/Die Grünen bleibt nur zu sagen, dass sich hier wieder ihre notorische Besserwisserei offenbart, indem sie schon vor Abschluss der eigentlichen Erkundung der inländischen Vorkommen wissen, dass „der Fracking Boom, den die USA gerade erleben, von kurzer Dauer sein wird und auch in Deutschland die Vorkommen nur wenige Jahre ausreichen dürften„. Und das Hydraulic Fracturing ein „umweltschädigendes Verfahren“ sei, obwohl es in Deutschland trotz hunderter Anwendungen des Fracverfahrens kein einziger Umweltschaden bekannt ist.