Hydraulic Fracturing in Deutschland – 2 Jahre Stillstand

Seit Juli 2011 wurde in deutschen Erdgaslagerstätten keine Fracmaßnahme mehr durchgeführt,  Hintergrund des Stillstandes ist die Debatte um das Fracverfahren, die hierzulande durch den vor Tatsachenverdrehungen strotzenden „Dokumentarfilm“ „Gasland“ ausgelöst wurde. Zahlreiche Medien übernahmen unkritisch das dort Gezeigte, besorgte Mitbürger ließen sich beeindrucken und die Dinge nahmen ihren Lauf, wobei permanente Desinformation seitens Bürgerinitiativen und genannter Medien zur Unsachlichkeit der Debatte beitrugen.

Vor nunmehr fast zwei Jahren wurde in Deutschland die letzte Fracmaßnahme in einer Erdgaslagerstätte durchgeführt. Diese fand in der Bohrung „Buchhorst T12“ im Landkreis Diepholz statt. Hier wird aus dem triassischen Buntsandstein Erdgas gefördert. Und obwohl in Sandsteinen dieser Formation als auch in Sandsteinen des Rotliegend sowie des Karbon zuvor schon seit 1961 über 300 Fracmaßnahmen, verschiedenen Quellen zufolge ohne umweltrelevante Vorkommnisse, durchgeführt worden sind, sind auch diese von der kontroversen Diskussion, bei der es eigentlich um die Erkundung sowie eventuelle Erschließung von Schiefergas und Kohleflözgas geht, betroffen. Maßnahmen in den genannten Formationen dienten dazu, in dichten Gesteinen wirtschaftliche Förderraten zu erzielen oder eine stabile Förderung aufrecht zu erhalten sowie die Erschließung von Restgas zu ermöglichen.

Auch die bekannten Formationen sind betroffen

Doch warum sind von der Debatte auch die Formationen betroffen, in denen das Fracverfahren schon seit Jahrzehnten erfolgreich angewendet wurde, obwohl „Gasland“ die Erschließung von Schiefergas thematisiert, welches in der Vergangenheit ökonomisch nicht zu gewinnen war. Die Antwort ist meiner Ansicht nach recht simpel: Es wird nicht ausreichend zwischen Bewährtem und Neuem differenziert, was auf die verbreitete Unkenntnis zurückzuführen ist, dass das Fracverfahren seit fünf Jahrzehnten im Inland angewendet wurde. Anders sind bis heute zu lesende Behauptungen in Artikeln oder Reportagen nicht zu erklären, dass es sich beim Hydraulic Fracturing um eine neue „Technologie“ (besser wäre der Begriff „Technik“) handelt.

Warum gibt es die Debatte überhaupt?

Auch hier ist die Antwort recht einfach: Es ist der Film „Gasland“, der die vermeintlichen Folgen von Hydraulic Fracturing aufzeigte, wie z.B. die entzündbaren Wasserhähne, die angeblich deshalb entflammbar waren weil durch Fracmaßnahmen in den Grundwasserleiter aufsteigendes Erdgas in den Trinkwasserbrunnen enthalten war. Dieses spektakuläre Bild war natürlich ein gefundenes Fressen für unsere sensationslüsternen Medien, die diese Aufnahmen kritiklos unters Volk streuten. Und obwohl der Filmemacher Josh Fox mittlerweile eingestehen musste, dass er wusste, dass die Wasserhähne durch natürliche Methanzutritte schon vor der Erdgasförderung entflammbar waren (Quelle), hält sich diese Legende bis heute. Weiterhin sind es die dem Fracfluid beigemengten Additive, vereinfachend als „Chemikalien“ bezeichnet, die für Besorgnis sorgen. Das liegt zum einen daran, dass Fox in „Gasland“ behauptet, dass das Fracfluid aus 500 Chemikalien bestünde und zum anderen daran, dass Chemikalien allgemein gerne mit „schädlich“ bis „giftig“, gerne auch „hochgiftig“ gleichgesetzt werden. tatsächlich werden kaum mehr als 15 Zusätze bei tiefliegenden Sandsteinformationen eingesetzt. Bei flacheren Schiefergasformationen sind es sogar noch weniger. Die Gesamtkonzentration liegt dabei bei 1 % – 5 % bei ersterem sowie bei < 0,5 % bei letzterem. Weiterhin wurden genauso unreflektiert andere Schreckensbilder aus „Gasland“ übernommen, wie z.B. offene Abwassergruben, die in der Form in Deutschland nicht genehmigungsfähig sind.

Welche Rolle spielen die Medien?

Eine Entscheidende! Schließlich werden sie nicht umsonst die „Vierte Macht (Gewalt) im Staat“ genannt. Wie schon eingangs erwähnt, nahmen sie die Darstellungen aus „Gasland“ im Regelfall recht unreflektiert auf und streuten sie unters Volk. Am Beispiel der genannten Fracmaßnahme in der „Buchhorst T12“ wird dabei deutlich, wie sehr Tatsachen verdreht werden. Diese Maßnahme wurde übrigens zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als die Diskussion ums „Fracking“ gerade so richtig Fahrt aufnahm. So war in der „Sulinger Kreiszeitung“ vom 11.02.2011 zu lesen: „Der Wasser-Chemie-Cocktail, der in das Bohrloch gepumpt wird, enthält zum Teil hochgiftige Stoffe“. Tatsächlich ist gerade einmal ein einziger Stoff als „giftig“ (nicht „hochgiftig“) eingestufter Stoff, nämlich 5‐Chloro‐2‐Methyl‐2H‐Isothiazol‐3‐On and 2‐Methyl‐2H‐Isothiazol‐3‐On als Bestandteil eines Biozids eingesetzt worden. Und zwar mit einer Gesamtmasse von 1,7 kg, was einem Anteil von 0,001 Masse-Prozent am Gesamtfluid entspricht (Quelle). Übertrumpft wurde diese falsche Darstellung dann noch von der „TAZ“, die nach Durchführung der Maßnahme behauptete (03.08.2011), dass die Fracmaßnahme für die „Testförderung“ von Erdgas eingesetzt wurde und mittels „Fracking nach Erdgas gesucht worden [sei]“. Dieses hätte angeblich die Sprecherin von ExxonMobil, Frau Dr. Westendorf-Lahouse so gesagt (Quelle). Tatsächlich geht aus der Pressemitteilung des Unternehmens hervor, das die Maßnahme der Wiederherstellung der Förderung aus der Bohrung dienen sollte (Quelle). Solche falschen Behauptungen der Medien durchziehen die Diskussion von Beginn an wie ein roter Faden. Selbst öffentlich-rechtliche Anstalten bzw. Vertreter von ihnen scheuen nicht davor zurück, Desinformationen zu streuen, wie zuletzt Jürgen Döschner vom WDR unter Beweis stellte: Link Aber auch renommierte Blätter, wie z.B. „Die Zeit“ streuen via Online-Portal falsche Behauptungen unters Volk. Ein entsprechender Artikel vom 21.05.2013 liest sich wie die Aneinanderreihung gängiger Klischees und gipfelt in der Behauptung, dass die Firmen die eingesetzten Chemikalien unter Verschluss hielten. Dass sich die Autorin Dagmar Dehmer zu dieser Aussage versteigen konnte ist nur damit zu erklären, dass sie nicht umfassend recherchiert hat. Ein Blick auf die Seite der Firmen hätte genügt, um festzustellen, dass diese verbreitete Mär unhaltbar ist. Verschiedene Quellen, nicht nur von Firmen sind unter Hydraulic Fracturing auf diesem Blog zu finden.

Was ist das zwischenzeitliche Ergebnis der Debatte?

Im Zuge der Debatte haben die Firmen reagiert und stellen sich der Diskussion, indem sie verstärkt die Bevölkerung versuchen zu informieren und in die Prozesse zu integrieren. Das haben sie auch schon davor getan, wie aus zahlreichen Berichten der „Rotenburger Rundschau“ hervorgeht (Suchbegriff „Exxon“). Leider scheint das Bemühen wenig von Erfolg gekrönt zu sein, stattdessen werden solche Bemühungen als „Alibiveranstaltung“ diffamiert (Quelle 1, , Quelle 2). Betrachtet man Kommentare unter Online-Artikeln, offenbart sich, dass regelmäßig die gleichen Klischees als Argumentationsgrundlage dienen. Es wird immer wieder behauptet, dass durch Hydraulic Fracturing schwerwiegende Beeinträchtigungen der Umwelt und des Grundwassers quasi unvermeidbar sind. Weiterhin ist immer wieder zu lesen, dass entweder die Additive oder sogar das Fracfluid insgesamt giftig oder gar hochgiftig seien. Verwunderlich ist dabei, dass entweder im gleichen Atemzug oder durch andere Foristen/Kommentatoren behauptet wird, dass die Zusätze geheim gehalten würden. Nur wenn dem so wäre, warum meinen dann die Kommentatoren zu wissen, dass „giftige“ oder gar „hochgiftige“ Substanzen verwendet werden? Der offensichtliche Widerspruch fällt  ihnen offensichtlich nicht auf. Leider lässt sich die Politik zu sehr von diesen unsachlichen Argumenten beeinflussen, was letzten Endes zur Antwort auf die Frage zum zwischenzeitlichen Ergebnis der Debatte führt: Es herrscht Stillstand! Sowohl in der Fortsetzung von bewährten Fracmaßnahmen in den Sandsteinlagerstätten des Karbon, des Rotliegend als auch des Buntsandstein, als auch in der Erkundung von Kohleflözgas- und Schiefergaslagerstätten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die anstehende Bundestagswahl auf die Debatte auswirkt, ebenso wie mahnende Worte seitens der Industrie, der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie oder auch, wie zuletzt, die von EU-Energiekommissar Günther Öttinger (CDU).

(Bild: Erdgasfördersonde Buchhorst T12, acht Monate nach der Reaktivierung mittels Fracbehandlung © chef79)

3 Kommentare zu Hydraulic Fracturing in Deutschland – 2 Jahre Stillstand

  • Barney Gumble sagt:

    Tatsachenverdrehungen und dreiste Lügen von NDR, arte, Bild, TAZ etc. gibt es schon seit Jahrzehnten bei allem was mit Naturwissenschaften und insbesondere mit Chemie zu tun hat.

    Manchmal ging es dabei um Pflanzenschutzmittel, irgendwelche angeblich gefährlichen Lebensmittelzusatzstoffe oder andere Konsumprodukte.
    Das ist wie bei der „Chrystal-Meth“-Kuh, die alle fünf Jahre durchs Dorf getrieben wird
    Sogar Eisendünger ( II-Sulfat, wenn ich mich richtig erinnere), würde „skandalöserweise“
    als falsch deklarariertes Herbizid verkauft und behandelter Rasen müsste „als Sondermüll entsorgt werden“.

    Ich will eigentlich nicht so abschweifen, will aber darauf hinweisen:
    Früher oder später trifft es bei immer mehr Leuten ein Thema, von dem sie selbst etwas Ahnung haben, zu Beispiel durch den Beruf bei z.B.Gärtnern, Feuerwehrleuten, KFZ-Mechanikern, Bierbrauern.

    Wenn das passiert, fällt auf, wie stümperhaft oder mutwillig gefälscht die Berichterstattung ist, und immer Menschen glaubrn nicht mehr alles, was sie in ÖR-Krawallmagazinen sehen.
    Deshalb habe ich die Hoffnung, dass die Medien zu Recht ihre Glaubwürdigkeit verspielen, wenn sie es zu weit treiben.

    1. istvanadler sagt:

      Hallo Barney,

      ich kann mich noch recht gut an einen Beitrag bei „Markt 3“, heute „markt“ beim NDR (damals N3) erinnern, der ungefähr (ziemlich sicher) ins Jahr 1992 datiert. Damals, ich noch ein Kind, aber schon angetan von Bohr- und Fördertechnik, war erfreut darüber, dass über die Entdeckung einer Erdgaslagerstätte unaufgeregt berichtet wurde. Es muss sich um „Völkersen“ gehandelt haben, weil direkt nebenan die Folgebohrung geplant wurde (die dann auch stattfand) und ansonsten 1992 keine weitere Lagerstätte entdeckt wurde.
      Heute, 20 Jahre später berichten „markt“ und co. unverhältnismäßig über die im Umfeld aufgetretenen Benzolkontaminationen. Letzten Endes ohne Folgen für Mensch und Natur, im Gegensatz zu den Kontaminationen durch Biogasanlagen, die dann doch schon die gesamte Fischfauna ins Jenseits befördern!

      Prost in Moe’s Taverne!

  • Barney Gumble sagt:

    Ja die frühen Neunziger…
    Da waren auch die Simpsons noch viel besser.
    Deren Niveau ging zusammen mit dem deutschen Journalismus den Bach hinunter. ( Barney ist seit einigen Staffeln trocken :))
    Trotzdem, so langsam gibt es immer mehr Leute, die die von den Medien gehypten „Skandale“ nichtmehr sehen und hören können. Unabhängige Information ist ja genügend verfügbar, wenn man nur auf die Suche geht.
    Ich hab in letzter Zeit das Gefühl, dass sich das Blatt langsam aber sicher wendet, dass ab zu wieder inhaltlich über Technik diskutiert wird, manchmal sogar die Chancen im Vordergrund stehen.

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