CDU-Lokalpolitiker fordert sofortigen Stopp der Lagerstättenwasserversenkung

Es ist Wahlkampfendspurt und so versucht jeder, so gut er kann, sich oder siner Partei potenzielle Wählerstimmen zu sichern. Dass dabei vor populistischen Forderungen nicht zurückgeschreckt wird, ist nicht ungewöhnlich. Und einer solchen populistischen Forderung bediente sich der Wittorfer Bürgermeister Willi Bargfrede (CDU), indem er den sofortigen Stopp der Lagerstättenwasserversenkung fordert, ohne dabei an die damit verbundenen Konsequenzen zu denken.

Lagerstättenwasser (LAWA) fällt bei jeder Gewinnung von Erdöl und Erdgas an. Die Beschaffenheit (Zusammensetzung) ist dabei abhängig von den Lagerstättenbedingungen. Grundsätzlich gilt für Rotliegend-Lagerstätten, dass der Salzgehalt der Wässer sehr hoch ist und deutlich über dem von Meerwasser liegt. Nach Angaben von RWE-Dea beträgt dieser 260g/l gegenüber dem von 35 g/l im Meerwasser (Ozeane) (Quelle). Zudem kommen im LAWA je  nach Lagerstätte wie auch im Erdgas selbst unterschiedlich hohe Gehalte an Schwermetallen, wie z.B. Quecksilber, und  aromatischen Kohlenwasserstoffen (z.B. Benzol),  vor. Aufgrund dieser Beschaffenheit wird das LAWA nach Vorreinigung wieder in tiefe, ebenfalls salzwasserführende Horizonte oder auch ehemalige Erdöl- und Erdgaslagerstätten versenkt.

Dieses seit Jahrzehnten angewendete Verfahren würde Herr Bargfrede möglichst umgehend unterbunden sehen wollen. Deshalb brachte er laut „Rotenburger Rundschau“ einen entsprechenden Antrag in den „Ausschuss für Landwirtschaft, Umwelt und Energie“ der Stadt Visselhövede ein. Dieser stimmte einstimmig dem Antrag zu, „um ein Zeichen zu setzen“, denn dass der Beschluss Wirkung zeigt, daran glauben die Politiker selbst nicht. Bargfredes Ansinnen wird damit begründet, dass er der Ansicht sei, dass die über dem Versenkhorizont liegende mehrere 100 Meter mächtige abdichtende Tonschicht „durch frühere Bohrungen schon stark in Mitleidenschaft gezogen wurde“ und deshalb nicht mehr die von Seiten der Verantwortlichen hervorgehobene Dichtigkeit aufweist. Offensichtlich ist Herrn Bargfrede zum einen nicht bekannt, dass ehemalige Bohrlöcher wieder verfüllt werden und zum anderen Ton die Eigenschaft hat, unter Druck sowie unter dem Zutritt von Wasser sich auszudehnen und infolge dessen Hohlräume wieder zu schließen. Dadurch ist es entgegen Bargfredes Meinung eben nicht möglich, dass versenktes Lagerstättenwasser durch diese aufgegebenen Bohrungen wieder aufsteigt und für die Trinkwassergewinnung nutzbares Grundwasser verschmutzt. Zudem liegen die nächstgelegenen Bohrungen, die die Tonschicht sowie den Versenkhorizont durchörterten, jeweils ca. 2,2 km von den genannten Bohrungen „Wittorf Z1“ (Betreiber RWE-Dea) sowie „Gilkenheide Z1“ (Betreiber ExxonMobil) entfernt. Beide Unternehmen geben für die horizontale Ausdehnung des LAWA im selben Versenkhorizont für die Versenkbohrungen „Sottrum Z1“ (ExxonMobil) sowie „Völkersen H1“ (RWE-Dea) 150 m bis 200 m rund um das Bohrloch an, was die Unmöglichkeit der Grundwasserkontamination über alte Bohrlöcher unterstreicht (Quelle1, Quelle2).

Da es nach Ansicht Bargfredes technisch möglich sei, LAWA aufzubereiten, müsse die Versenkung wegen des Schutzes und der Fürsorgepflicht gegenüber den Bürgern sofort gestoppt werden. Zunächst sollte Herrn Bargfrede mitgeteilt werden, dass LAWA vor der Versenkung aufbereitet wird. So werden z.B. flüssige Kohlenwasserstoffe und damit auch die Aromate durch Schwerkraft in Separationstanks vom Wasser abgetrennt und Raffinerien zugeführt. Der Anteil dieser Stoffe sinkt dadurch im LAWA. Das Hauptproblem der Aufbereitung ist aber der hohe Salzgehalt. Es ist zwar möglich, Salz aus dem Wasser zu entfernen, nur erfordert dies nicht nur den Einsatz korrosionsbeständiger Materialien, sondern auch einen extrem hohen Energieaufwand. Das sollte allgemein aus der Meerwasserentsalzung bekannt sein. Letzten Endes dürfte der Aufwand in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Ertrag, aber auch zum energetischen Nutzen haben. Zudem würde ein sofortiger Stopp der Versenkung mangels vorhandener Alternativen zur sofortigen Einstellung de Erdgasförderung führen. Damit gingen nicht nur enorme fiskalische Einnahmen für die Gemeinden sowie das Land Niedersachsen einher, sondern auch z.T. hochspezialisierte und hochqualifizierte Arbeitnehmer verlören ihren Job. Und das ist der Beleg für den Populimus der Forderung Bargfredes: Eine dem gegenwärtigen Zeitgeist entsprechende Forderung jenseits wissenschaftlichen Kenntnissen sowie der Sachlage, nämlich jahrzehntelange Versenkung von LAWA ohne Kontaminierung von Grundwasser, wird formuliert, ohne die Tragweite hinsichtlich der schwerwiegenden negativen Auswirkungen zu bedenken. Zu diesen Auswirkungen zählen auch, dass die bei der Aufbereitung des LAWA auf „unbedenkliche“ Wasserqualität (also mindestens einer den Anforderungen an Oberflächengewässer entsprechenden,) anfallenden Salze, Schwermetalle und auch aromatischen Kohlenwasserstoffe entsorgt werden müssten. Diese in Reinform z.T. gefährlichen Stoffe müssten dann mit zahlreichen Transporten über etliche, teils hunderte Kilometer den Entsorgern zugeführt werden. Die Stoffe lösen sich beim Aufbereingsprozess schließlich nicht auf. Daran hat Herr Bargfrede aber sicherlich auch nicht gedacht.

Link zum Artikel: Stopp gefordert für die Verpressung

4 Kommentare zu CDU-Lokalpolitiker fordert sofortigen Stopp der Lagerstättenwasserversenkung

  • Detlef Merten sagt:

    ohne sinn und verstand solche ansichten des herrn b.

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Gratulation, Herr Bargfrede, mit dieser Stellungnahme können Sie sich auch bei den LINKEN einreihen. Die fordern nämlich auch das Verbot der Lagerstättenwasserversenkung.

    Eine Frage lässt der selbsternannte Experte für Lagerstättenwasser jedoch offen:

    Wohin mit den bei der geforderten Behandlung des Lagerstättenwassers extrahierten Elementen Radium und Uran? Da ja angeblich soviel davon drin ist, müsste logischerweise eine Deponierung dieser „Mengen“ in einen zukünftigen nuklearen Endlager erfolgen. Da dieses aber auf sich warten lässt, kann einem solchen Vorschlag nur die Zielsetzung „Verbot der Erdöl-Erdgasförderung in Deutschland“ zugrunde liegen.

    Kümmern Sie sich lieber um den Betrieb der umweltvergiftenden Biogasanlagen und ihre Folgewirkungen, Herr Bargfrede! Oder erlauben Ihnen ihre Parteifreunde aus der Landwirtschaft dies nicht?

    1. istvanadler sagt:

      Hallo Herr Weißenborn,

      ich komme gerade nach Hause und schaue, was er Blog so treibt und finde Ihren saftigen Kommentar, dem nicht das Geringste zuzufügen ist. Wieder einmal vielen Dank dafür!

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Hallo Herr Adler,

    danke für Ihre kurze Anmerkung!

    Gerade auch im Fall von Herrn Bargfrede fällt auf, dass die Politik sich auf einigen Feldern völlig von jeder sachlichen Grundlage entfernt hat.

    Demnächst werden uns diese „Experten“ wahrscheinlich noch das Auftreten von Albinos bei verschiedenen Tierarten als Folge des „Gifteinsatzes“ beim Fracking verkaufen.

    Wir bleiben dran. Sehr anerkennenswert, dass Sie sich die Mühe machen, auf solche Meldungen, wie die von Herrn Bargfrede, hinzuweisen.

    mfG

    Dirk Weißenborn

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