LBEG informiert über Beben bei Langwedel – NDR desinformiert

Bereits vor knapp einem Jahr wurde hier über ein leichtes Beben im Bereich der Erdgaslagerstätte „Völkersen“ bei Verden berichtet. Schon damals wurde darauf hingewiesen, dass Beben im Zusammenhang mit der Erdöl- und Erdgasförderung ein bekanntes Phänomen seien. Aufgrund der damals schon herrschenden Diskussion rund ums Thema „Hydraulic ‚Fracking‘ Fracturing“ wurde das Ereignis u.a. vom NDR dem Verfahren zugeschrieben. Nun gab es erneut ein kleines Beben in der Region. Und obwohl kein Zusammenhang zum Hydraulic Fracturing hergestellt werden kann und von Fachleuten (LBEG*) nicht als Ursache erwähnt wird, behauptet der NDR das Gegenteil.

LBEG informiert über seismisches Ereignis

Auf seiner Netzpräsenz informiert das LBEG in einer Pressemitteilung über ein seismisches Ereignis bei Langwedel (Landkreis Verden) in Niedersachsen, dass sich bereist am 1. November 2013 um 21:17:44 Uhr Ortszeit ein leichtes Erdbeben mit der Lokalmagnitude 1,9 (ML) ereignet hatte. Dessen Epizentrum liegt demnach im Bereich des Erdgasfeldes Völkersen. Mit Hilfe seismischer Stationen, die von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) gemeinsam mit geophysikalischen Forschungs- und Hochschuleinrichtungen betrieben werden, konnte der Niedersächsische Erdbebendienst (NED) im LBEG dieses Ereignis registrieren. Weiterhin wurde das Beben nach Angaben des LBEG von einigen Anwohnern wahrgenommen und zudem vom Überwachungssystem des Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG) aufgezeichnet. Weiterhin gibt das LBEG an, dass im Bereich der Erdgaslagerstätte „Völkersen“ 2008; 2010; 2011 sowie 2012 kleinere Beben mit Magnituden zwischen 1,9 bis 2,8 auftraten. Ein Zusammenhang mit der Erdgasförderung wird als „sehr wahrscheinlich“ angesehen. Weiterhin werden die Daten des Erdbebens angegeben:

DATUM: 01.11.2013
HERDZEIT: 21:17:44 Uhr Ortszeit
EPIZENTRUM BREITE: 52,99° Nord
LÄNGE: 9,18°Ost
MAGNITUDE: ML 1,9

Soviel zu den bislang bekannten offiziellen Fakten (Quelle). Doch was macht der NDR daraus?

NDR desinformiert erneut

Wie eigentlich nicht anders zu erwarten, sieht der NDR in einem Artikel auf seinem Online-Portal die Dinge wieder einmal erheblich anders. Bereits im Aufmacher heißt es: „Experten gehen davon aus, dass Fracking in der Region die Ursache ist.“. Als Beleg hier der Screenshot dazu (zum Vergrößern draufklicken):

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Nur haben die Fachleute vom LBEG das nicht behauptet und „Fracking“, also Hydraulic Fracturing als Ursache, wäre auch unlogisch, weil seit 2011 keine Fracmaßnahme mehr in der Lagerstätte stattgefunden hat. Die letzte Fracmaßnahme wurde dort in der Bohrung „Völkersen Nord Z5a“ im Juni 2011 durchgeführt (Quelle). Weiterhin behauptet der NDR, dass in einem Gutachten zum letzten Beben von 2012 das LBEG „sich mit einer eindeutigen Schuldzuweisung zurück [hielt]“, aber dieses Mal „die Experten den Zusammenhang als „sehr wahrscheinlich“ einstufen“. Das ist schlichtweg gelogen! Dem Gutachten zum damaligen Beben (Link) ist eindeutig zu entnehmen: „Die nach derzeitigem Kenntnisstand wahrscheinlichste Ursache des Erdbebens sind Spannungsveränderungen im Untergrund, die durch die Entleerung des Erdgasreservoirs hervorgerufen worden sind.“ Also bereits im Gutachten wurde entgegen der Behauptung des NDR die Erdgasförderung als „am wahrscheinlichsten“ betrachtet und in der Zusammenfassung ist sogar zu lesen: „Für das Erdbeben von Völkersen vom 22. November 2012 halten wir einen Zusammenhang mit der Erdgasförderung aufgrund der im Bericht aufgezeigten Indizien für sehr wahrscheinlich.“ Und zum Thema „Fracking“: „In dem Erdgasfeld Völkersen wurden hydraulische Stimulationen (Hydraulic Fracturing) durchgeführt. Erdbeben traten während der Durchführung dieser Stimulationen allerdings nicht auf. Damit liegt keine zeitliche Korrelation der Erdbeben mit Frack-Maßnahmen vor und dementsprechend dürften hydraulische Stimulationen nicht als Auslöser für Erdbeben im betrachteten Gebiet anzusehen sein.“ Soviel noch einmal zu zu der Behauptung im Aufmacher, dass Experten der Ansicht seien, das „Fracking“ für das Beben verantwortlich sei. Und auch hier soll dem geneigten Leser ein Beleg in Form eines Screenshots nicht vorenthalten werden: 

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Im zweiten Abschnitt geht der NDR dann auf die in der Presseinformation des LBEG genannten Fakten ein, um dann wieder in die Untiefen der Unseriösität abzudriften. Im dritten Abschnitt wird sich dann auf Aussagen des Bürgerinitiativlers Andreas Noltemeyer berufen: „Zu ähnlich großen Schäden an Häusern wie bei dem letzten Erdbeben sei es aber nicht gekommen.“ Diese Aussage suggeriert, dass a) das vergangene Beben größere Schäden verursacht hätte und b) das beim aktuellen Beben Schäden aufgetreten seien. Wie der NDR zu diesen Aussagen kommt, bleibt offen. Hier der entsprechende Screenshot:

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Dem genannten Gutachten ist z.B. zu entnehmen: „Anhand der instrumentellen Daten lässt sich nicht klar entscheiden, ob die von dem Erdbeben erzeugten Bodenschwinggeschwindigkeiten ausreichend waren, um Gebäudeschäden hervorzurufen. Bodenschwinggeschwindigkeiten können aufgrund lokaler Untergrundeffekte stark variieren. Solche Effekte sind für den Bereich um das Epizentrum in Völkersen nicht bekannt.“  Und in einem Artikel vom Juni 2013 schreibt der NDR selbst: „Der Nachweis, dass das Beben die Risse in vielen Häusern verursacht hat, blieb jedoch aus.“ Allerdings behauptete man zum Auftakt des Artikels, dass das Beben Schäden verursachte: „Die Bewohner von Langwedel im Landkreis Verden, deren Häuser bei einem Erdbeben im November 2012 beschädigt wurden, sind am Montagabend enttäuscht und verärgert nach Hause gegangen.“  Diese widersprüchliche Aussage wurde von mir folgendermaßen kommentiert (Siehe Kommentare zum entsprechenden Beitrag beim NDR): „Ja was denn nun? Wurden die Schäden durch das Erdbeben verursacht oder nicht?“ Die Antwort darauf:

Lieber Istvan Adler,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. Wie im Artikel dargestellt haben die Experten einen Zusammenhang zwischen der Erdgasförderung in der Region Verden/Rotenburg als wahrscheinlich bezeichnet, die Tatsache, dass das Beben die Schäden an den Häusern verursacht hat, aber als eher unwahrscheinlich.“

Also man bestätigte seitens des NDR, das nicht bewiesen ist, dass das Beben Schäden verursachte, schreckte aber weder damals noch heute davor zurück, dieses zu verbreiten. (Quelle). Im übrigen wertet derzeit noch ein von der Gemeinde Langwedel bestellter Gutachter aus, ob gemeldete Schäden im Zusammenhang mit dem Beben von November 2012 in Zusammenhang stehen: „Aufgrund der notwendigen sorgfältigen Bearbeitung aller gemeldeten Schäden rechnen wir damit, dass abschließende Ergebnisse des Verfahrens erst im Herbst vorliegen. Sollten sich Schäden laut Gutachten nicht eindeutig dem Erdstoß zuordnen lassen, prüfen wir in Einzelfällen das weitere Vorgehen. Ansonsten werden wir bei eindeutigen Fällen den Empfehlungen des Gutachters folgen.“ so der Betreiber der Lagerstätte, die RWE-Dea AG(Quelle) . Dieses ist als weiterer Beleg einzustufen, dass der NDR mit der Behauptung, dass das vergangene Beben Gebäudeschäden verursachte, Vermutungen der Öffentlichkeit als Fakten verkauft werden. Journalism at its worst!

Anmerkung zu den Screenshots: NDR Online hat vor kurzem einen Artikel zum Projekt „Bötersen Z11“ stark verändert, so dass ich Aussagen in einem Kommentar auf dem Blog nicht mehr verifizieren konnte. Da ich inzwischen einen Kommentar zum Beitrag bei NDR Online abgeschickt habe, der auf die Falschaussagen hinwies mit der Bitte um Korrektur (nach 2,5 h noch nicht freigeschaltet), ist mit Korrekturen zu rechnen. Um dem Vorwurf mangelnder Evidenz zu entgehen, habe ich die Screenshots vom Originalbeitrag gemacht, um mich abzusichern.

* Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie