Kreiszeitung contra einheimische Erdgasgewinnung?

Diese Frage erscheint durchaus legitim, führt man sich vor Augen, dass allein in der KW 5 vier Artikel online erschienen, die sich mit der Thematik auseinandersetzten. Allen diesen Artikeln ist gemein, dass sie  weitestgehend unreflektiert die Ansichten von Kritikern darstellt und grundsätzlich einen negativen und somit nicht neutralen Grundtenor erkennen lassen. Ein Artikel wurde bereits von „Barnstorfer“ und mir (SAR) rezensiert. Hier folgt eine Auseinandersetzung mit den drei verbliebenen.

1. Rezension des Buches „Grüne Guerilla Fraktion“

Bereits in der Einleitung des Artikels wird klargestellt, worum es in dem Buch des Autors Mark Bredemeyer geht. Folgendes ist zu lesen:

Kann ein wertvolles Naturschutzgebiet aus reiner Profitgier der Politik verwüstet werden? Ja, es kann. Im neuen Thriller des Weyher Autoren Mark Bredemeyer geschieht genau das. Dabei schreckt ein großer Gasförderer weder vor unausgereiften Bohrmethoden noch vor Menschenleben zurück.

Mit den „unausgereiften Bohrmethoden“ ist wahrscheinlich das seit 1947 international eingesetzte und bewährte Standardverfahren des Hydraulic Fracturings gemeint. Zumindest lässt es sich aus dem weiteren Verlauf des Artikels erschließen. Eine „unausgereifte Bohrmethode“ zu verwenden wäre für die Industrie ziemlicher Unsinn, weil es a) um die Sicherheit geht: Für Personal, Umwelt und Allgemeinheit und b) sind da Summen im Spiel, wo man es sich eigentlich nicht erlauben kann irgendwas auzuprobieren, was noch nicht die Feldreife erreicht hat. Erschreckend ist, dass das, was Bredemeyer in seinem Buch beschreibt, von der Kreiszeitung als real vorkommend suggeriert wird. Denn weiter heißt es:

Für sein Buch mischt der 42-Jährige immer wieder gekonnt fiktive Elemente mit harten Fakten – bevorzugt aus der Region.

Was dabei die Fakten sein sollen, lässt sich aus der Rezension nicht erschließen. Denn mit einem Mindestmaß an Sachkenntnis ist zu erkennen, dass Bredemeyer lediglich fiktive Situationen verarbeitet, die der wahren Grundlage entbehren:

Die Geschichte dreht sich um den internationalen Gasförderer „ARC“, der Fracking-Bohrungen mit allen Mitteln im Hasbruch, einem Laubwaldrevier zwischen Delmenhorst und Oldenburg, durchsetzen will.

Mit „allen Mitteln“ agiert in Deutschland kein einziges Explorations- & Produktions- (E&P) Unternehmen. Diese haben sich hierzulande an die strengen Anforderungen des Umweltschutzes zu halten, auch wenn das von der Gegnerschaft konträr gesehen wird. Der Stand der Technik ermöglicht es, durch gerichtete Bohrungen sensible Gebiete  zu verschonen bzw. schwer erreichbare Lagerstätten (unter Gewässern oder Ortschaften) zu erreichen. Beispiele hierfür wären der von Land aus erschlossene östliche Lagerstättenteil der offshore-Erdöllagerstätte „Mittelplate“ 1)Mittelplate – Öl fördern im Wattenmeer oder die vor Ostküste Usedoms liegende Lagerstätte Heringsdorf, die mit Ablenkweiten von knapp über 2 Kilometern bereits zu DDR-Zeiten erkundet worden ist. 2)Schatzsucher

Somit ist der laut Kreiszeitungs-Artikel im Thriller stattfindende massive Eingriff in Natur und Landschaft, in dessen Folge es zu Protesten kommt, die wiederum ein Todesopfer fordern, reine Phantasie des Autors (der laut Bildunterschrift zuvor im Fantasy-Genre zu Hause war). Die Autorin des Kreiszeitungsartikels sieht das augenscheinlich jedoch anders:

Den realen Hintergrund entdeckte Bredemeyer bei seinen Recherchen quasi direkt vor den Diepholzer Haustüren.

Ohne den Hauch eines Zweifels an den Aussagen zitiert sie Bredemeyer:

„Ich beobachte die Fracking-Bohrungen hier mit großer Sorge“, sagt er mit Blick auf entsprechende Aktivitäten der Wintershall in Barnstorf, Weyhe oder auch im Kreis Rotenburg.

Hier schrillen beim Sachkundigen die Alarmglocken besonders laut. Und das in mehrfacher Hinsicht. Zunächst einmal gibt es keine „Fracking-Bohrungen“. Bevor das Fracverfahren angewendet wird, wird  gebohrt und im Anschluss werden im Bereich des Gasträgers Fracmaßnahmen durchgeführt, sofern diese erforderlich sind. Bei Barnstorf ist das in der bereits vor fast zwei Jahren fertiggestellten Bohrung Düste Z10 zwar geplant, aber aufgrund der Debatte rund um das Fracverfahren bisher noch nicht erfolgt. Zuvor gab es bereits mehrere Bohrungen in der Region, in denen das Verfahren durchgeführt wurde. Die erste Fracmaßnahme in einer Erdgaslagerstätte in Deutschland fand bereits 1961 im benachbarten Erdgasfeld Rehden statt. 3)Liste der Fracs in Niedersachsen Darüber hinaus ist bei Weyhe keine Fracmaßnahme vorgesehen gewesen, obwohl es in der dortigen Lagerstätte bereits mehrere Fracmaßnahmen gab. Derzeit ist die Bohrung nach geologisch bedingten Schwierigkeiten eingeschlossen. 4)Wintershall in Weyhe Darüber hinaus ist Wintershall im Landkreis Rotenburg nicht aktiv. Herr Bredemeyer hätte besser recherchieren sollen.

Eine tiefgründigere Recherche zum Hydraulic Fracturing wäre ebenfalls notwendig gewesen, wie das nächste Zitat offenbart:

Es ist doch eine relativ neue Technologie, die in den USA schon riesige Schäden angerichtet hat

Tatsache ist, das Hydraulic Fracturing seit 65 Jahren kommerziell angewendet wird und das weltweit ohne größere Probleme. „Riesige Schäden“ sind selbst aus den USA nicht bekannt. Schon gar nicht, was Grundwasserkontaminierungen betrifft. Tatsächlich ist lediglich ein Fall auf über 2 Millionen Fracmaßnahmen bekannt, bei denen Grundwasser durch aufsteigendes Fracfluid verschmutzt wurde. 5) Interview mit Brian Horsfield über Schiefergas und Hydraulic Fracturing Im Zusammenhang mit der Schiefergasgewinnung gab es sicherlich Umweltschäden. Aber „Fracking“ ist a) kein Synonym für Schiefergasförderung und b) befinden wir uns in Deutschland mit einer vollkommen anderen Gesetzeslage, die die Risiken auf ein akzeptables Minimum reduziert. Selbst bei größeren umweltrelevanten Vorkommnissen wurde die Umwelt nicht dauerhaft geschädigt, sondern im Gegenteil umgehend der Schaden beseitigt.

Auf sehr dünnes Eis begibt sich Herr Bredemeyer mit folgender Aussage:

Da kommt Gift in den Boden rein, und keiner weiß, was drin ist. Dann kommt mit dem Lagerstättenwasser auch etwas wieder heraus, bei dem wieder keiner weiß, was drin ist. Das finde ich bedenklich

In den „Boden“ kommt beim Hydraulic Fracturing gar nichts. Denn schließlich ist „Boden“ als oberste Verwitterungsschicht der Lithosphäre (Gesteinshülle) definiert und bildet die Pedosphäre aus (Bodenhülle). Im „Lehrbuch der Allgemeinen Physischen Geographie“ 6)Lehrbuch der Allgemeinen Physischen Geographie ist zu lesen:

Die Bodenbildung (B) ist deshalb als Funktion des Klimas (K), des Reliefeinflusses (R), des Ausgangsgesteins (G), der Vegetation (V) und der Tierwelt (T), des Zuschusswassers aus dem Untergrund oder dem Hang (W), der Zeitdauer, die der Bodenbildung zur Verfügung stand (t), und der menschlichen Einwirkung auf Boden und bodenbildende Faktoren (M) formelmäßig fassbar:

B = f(t) [(K, R, G, V, T, W) * M]

Der Bereich, in dem Fracfluide eingebracht werden, ist vertikal kilomerterweit vom Boden entfernt. In diese tiefen Gesteinsschichten wird auch kein Gift injiziert, sondern eine Flüssigkeit, zu weit über 90 % aus Wasser besteht. Giftige Bestandteile sind, wenn überhaupt, nur in äußerst geringer Konzentration vorhanden, weshalb Fracflüssigkeit entgegen den Behauptungen der Kritiker oder besser Gegner nicht giftig ist.

Außerdem sind entgegen Bredemeyers Aussage sowohl die Zusammensetzungen der Fracfluide bekannt sowie die Zusammensetzung des Lagerstättenwassers. Auf der Wintershall-Seite „Heimische Förderung“ ist z.B. die Zusammensetzung des Fracfluids für die Düste Z10 nachzulesen. 7)Sonderbetriebsplan für die Durchführung von Frac- & Freiförderarbeiten auf der Teilfeldsuchbohrung (A 4) Düste Z10 Aber auch die Zusammensetzung der Lagerstättenwässer (Plural wegen der standortbedingten Unterschiede) ist bekannt. 8)Antworten der Wintershall Holding GmbH zum Fragenkatalog zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen zum Antrag der Fraktion der CDU, Drs. 15/1190 zum Thema: „Unkonventionelle Erdgasvorkommen:
Grundwasser schützen – Sorgen der Bürger ernst nehmen – Bergrecht ändern“ am 31. Mai 2011 im Landtag Nordrhein-Westfalen
 Eine unvoreingenommene Recherche hätte Herrn Bredemeyer gut zu Gesicht gestanden. Stattdessen besteht der Eindruck, dass er sich nur oberflächlich vor dem Schreiben seines Thrillers mit der Thematik befasst hat, was keine gute Ausgangslage für Literatur ist, die sich mit einem kontroversen Thema befasst. Soviel zu diesem Artikel der Kreiszeitung.

2. „No Fracking“: Maßlos enttäuscht

Das ist die Schlagzeile des zweiten Artikels , der hier besprochen werden soll. Zunächst einmal die Einleitung:

Bei der Erdgasförderung fällt immer auch so genanntes Lagerstättenwasser an. Mit dem Wasser kommen je nach Förderplatz unterschiedliche Mengen Salz und Schwermetalle an die Oberfläche – und die Erdgasproduzenten stehen vor der Frage: „Wohin damit?“

RWE-Dea- Bohranlage T-160 im Erdgasfeld Völkersen (Mai 2013) ©chef79

RWE-Dea- Bohranlage T-160 im Erdgasfeld Völkersen (Mai 2013) ©chef79

Genau genommen stehen die Erdgasproduzenten eigentlich nicht vor der Frage. Denn schließlich wird seit Jahrzehnten ohne Probleme das Lagerstättenwasser in aufnahmefähige Gesteinsschichten, die seit vielen Millionen Jahren von Wasserkreislauf entkoppelt sind, versenkt. Die Bürgerinitiativen benutzen dafür gerne den Ausdruck „Verpressen“, wahrscheinlich weil dieser aggressiver wirkt. In der Region Rotenburg-Verden-Soltau ist dies vor allem der dem kreidezeitlichen Maastricht zugehörige Kalkarenit. Dieser führt stark mineralisiertes Wasser, das zur Trinkwassergewinnung völlig ungeeignet ist. Und obwohl dieser Versenkhorizont durch eine mehrere hundert Meter mächtige wasserundurchlässige Tonschicht von süßwasserführenden Grundwasserleitern entkoppelt ist, befürchtet die Gegnerschaft der einheimischen Erdgasgewinnung eine Kontaminierung von Grundwasserleitern, die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden.

Neben der Trennung der Salzwasserleiter von den Süßwasserleitern durch wasserundurchlässige Schichten bestehen weitere Voraussetzungen für 100%-igen Trinkwasserschutz. Zum einen ist es der Fakt, dass abgesehen von einer Ausnahme sämtliche Versenkbohrungen außerhalb von Wasserschutzgebieten liegen. Die Außengrenze eines Wasserschutzgebietes stellt gleichzeitig die Außengrenze des Einzugsgbietes eines Wasserwerkes dar. 9)Wasserschutzgebiet Und selbst die einzige Versenkbohrung innerhalb eines Wasserschutzgebietes (Völkersen H1) ist durch die Mehrfachverrohrung innerhalb des Abschnittes süßwasserführender Leiter gesichert, zumal sich der Strang, durch den das Lagerstättenwasser )LaWa) versenkt wurde, sich noch einmal innerhalb dieser Mehrfachverrohrung, getrennt durch eienen Hohlraum, befindet. Ein Verrohrungsschema sowie die geologische Situation im Umfeld der Völkersen H1 ist bei RWE-Dea einzusehen. 10)Informationsveranstaltung Walle, 15. Juni 2012 Hinzu kommt noch der sogenannte Ghyben-Herzberg-Effekt, der aufgrund von Dichteunterschieden eine Vermischung von Salzwasser mit Süßwasser verhindert: 11)Stellungnahme der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zum Gutachten des Umweltbundesamtes (UBA) „Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten – Risikobewertung, Handlungsempfehlungen und Evaluierung bestehender rechtlicher Regelungen und Verwaltungsstrukturen“

Im Norddeutschen Tiefland existiert eine durchgängig vorhandene vertikale Gliederung in einen oberflächennahen Süßwasserkörper und einen unterlagernden Salzwasserkörper. Aufgrund seiner geringeren Dichte überlagert der Süßwasserkörper die Salzwässer, ohne dass es zu einer nennenswerten Vermischung von Süß- und Salzwässern kommt. Dieses, als Ghyben-Herzberg-Effekt hinlänglich bekannte Phänomen ist die Voraussetzung dafür, dass eine Grundwassernutzung in Norddeutschland überhaupt erst möglich ist.

Trotz dieser über Jahrzehnte hinweg nachgewiesenen Sicherheit der LaWa-Versenkung zweifeln Bürgerinitiativen (BI) daran. Nach Ansicht des Verfassers ist es das Hauptmerkmal von BI, egal welcher Ausprägung, Fakten anzuzweifeln und sachlich unmögliche Szenarien zu erdenken. Das spiegelt sich auch im Artikel wider.

Aufgrund des Drucks der BI „No Fracking“ hat die Betreiberen der Lagerstätte Völkersen eine Studie in Auftrag gegeben, die Alternativen zur LaWa-Versenkung in den Kalkarenit erforschen sollte. Die Studie kam zu dem logischen Schluss, dass die akzeptabelste Lösung sei, das LaWa wieder dorthin zu bringen, wo es herkommt. Nämlich in ausgeförderte Bereiche der 5 km tief liegenden Lagerstätte. Diesem Vorschlag müsste eigentlich jeder logisch denkende Mitbürger zustimmen. Nicht jedoch die BI „No Fracking“. Als Begründung der Zweifel dient folgendes Arument:

Die einzigen verwertbaren Erkenntnisse würden sich daraus ergeben, dass der Kurzfassung zu entnehmen sei, dass die Studie ausschließlich von privatwirtschaftlich orientierten Fachbüros, die teilweise schon häufiger oder länger für das Unternehmen gearbeitet haben, erstellt worden ist. Unabhängige Stellen, wie z.B. universitäre Einrichtungen, seien nicht beteiligt.

Selbst wenn universitäre Einrichtungen beteiligt gewesen wären, wäre nach Ansicht des Verfassers Kritik nicht ausgeblieben. Schließlich hätte RWE-Dea die Forschungsarbeit ebenfalls bezahlen müssen (Stichwort Drittmittel), was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Unterstellung seitens der BI dazu geführt hätte, die Unabhängigkeit der beteiligten Wissenschaftler in Frage zu stellen.

Und die BI-Methodik der Unterstellungen, des Anzweifelns und des Vermutens lassen sich im weiteren Verlauf des unkritischen Artikels nachvollziehen. Weil die Stoffe, die im LaWa enthalten sind, angeblich (Verfasser kennt die Studie nicht) „nicht namentlich, sondern mit ihren chemischen Bezeichnungen“ benannt wurden, kommt BI-Sprecher Andreas Noltemeyer (B’90/Die Grünen übrigens) zu dem Schluss:

[…] dass man sonst zum Beispiel hätte ausrechnen können, wie viel Quecksilber über Jahre hinweg im Wasserschutzgebiet bei Verden verpresst worden ist.

Das Problem, dass Noltemeyer hier suggeriert, erschließt sich dem Verfasser nicht. Denn wie gesagt ist eine Interaktion zwischen dem Versenkhorizont und den Grundwasserleitern aufgrund der geologischen Rahmenbedingungen sowie physikalischer Gesetze ausgeschlossen. Es wäre interessant, vom Friedhofsgärtner Noltemeyer zu erfahren, wie Quecksilber mit einem spezifischen Gewicht von 13,55 g/cm³ (bei 293,15 K, also +20°C) in Grundwasser mit einem spezifischen Gewicht von ca. 1 g/cm³ entgegen der Gesetze der Schwerkraft aufsteigen soll.

Der Rest des Artikels führt weitere Anschuldigungen, wie folgende auf:

Die behaupteten Ergebnisse würden an keiner Stelle nachvollziehbar belegt bzw. auch nur ansatzweise durch Zahlen, Daten, Fakten untermauert und könnten daher auch nicht überprüft werden.

oder:

Dabei werde dem Ganzen ein in den Augen der Initiative scheinwissenschaftlicher Anstrich gegeben, indem eine sog. „Bewertungstabelle“ zu Grunde gelegt werde, die völlig unzureichend erläutert werde, zumindest in der Kurzfassung der Studie.

Das nur als Beleg für die notorische Bezweiflung von Tatsachen, die nicht in das Weltbild einer BI passen. Hierbei sind Parallelen zum Demokratieverständnis der Gegnerschaft inländischer Kohlenwasserstoffgewinnung erkennbar, wie es vor Kurzem D. Weißenborn in einem auf dem Blog erschienenen Beitrag dargestellt hat. Man kann es mit folgender Formulierung zusammenfassen: „Was nicht im unseren Sinne ist und unseren Vorstellungen entspricht, wird angezweifelt.“ Soviel zu diesem Artikel.

3. Krebs durch Erdgasförderung?

Erdgasfördersonde Söhlingen-Ost Z4 chef79

Erdgasfördersonde Söhlingen-Ost Z4 ©chef79

So ist der dritte Artikel überschrieben, der hier diskutiert werden soll. Grundlage dafür ist die subjektive Beobachtung einer Frau aus Söhlingen, die in ihrem privaten Umfeld eine Häufung von Krebsfällen beobachte haben will. Konkrete Zahlen werden dabei in der Einleitung nicht genannt.

Silke Döbel (43), Kosmetikerin aus Söhlingen, ist wie viele andere Einwohner der kleinen Gemeinde erheblich beunruhigt: In jüngerer Zeit, so die Mutter von zwei Kindern, sei es im engsten Umfeld, bei Freunden, Nachbarn und Bekannten zu einer auffälligen Zahl von Krebserkrankungen gekommen. 12)Immissionsmessungen an einer Erdgasstation im Landkreis Rotenburg (Wümme)

Im Umfeld von Söhlingen befindet sich eine der bedeutensten Erdgaslagerstätten Deutschlands. Dort, sowie im benachbarten Teilfeld „Grauen“ standen 2012 insgesamt 18 Bohrungen in Förderung. 13)Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2012 Und nach Ansicht von Frau Döbel könnten die Bohrungen mit der subjektiven Einschätzung erhöhter Krebserkrankungen mit diesen zusammenhängen.

Laut des Artikels fordern die besorgten Bürger eine Untersuchung von Luft, Boden und Wasser auf für die Gesundheit relevante Stoffe. Dabei hat es bereits entsprechende Untersuchungen in unmittelbarer Nähe von Förder- bzw. Aufbereitungseinrichtungen gegeben. Diese behördlich durchgeführte Untersuchung kam zu folgendem Ergebnis:

Die Immissionen von BTEX und Quecksilber im Bereich um die Station Söhlingen der ExxonMobil Production Deutschland GmbH zeigen keine Auffälligkeiten, sie liegen im Bereich der Hintergrundwerte und damit deutlich unterhalb der immissionsschutzrechtlichen Beurteilungswerte.

Frau Döbel hat offenbar keine Kenntnis von dieser Untersuchung im Auftrag des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Das ist wenig verwunderlich, denn schließlich fand diese Meldung einer Landesbehörder (!) keinen Niederschlag in der lokalen oder regionalen Medienlandschaft. Das ist in einem Artikel hier auf dem Blog vom Juli vergangenen Jahres nachzulesen (LINK).

Um bei der Kritik an den Artikeln der Kreiszeitung zu bleiben stellt sich die Frage, warum aufgrund eines subjektiven Eindrucks einer Anwohnerin überhaupt eine als tendenziös zu bezeichnende Überschrift verwendet wird. Denn schließlich liegen keine offiziellen Zahlen vor. Tatsächlich denken die Unterzeichner sogar erst darüber nach, beim Krebsregister Oldenburg anzufragen, ob eine erhöhte Erkrankungsrate überhaupt vorliegt:

Zur Zeit, so Otte, werde über ein Abfragen des Krebsregisters in Oldenburg nachgedacht, um zu klären, ob im Bereich Söhlingen/Hemslingen eine erhöhte Rate von Krebserkrankungen vorliegt.

Somit bleibt die Frage bestehen, warum trotz nicht vorhandener Zahlen allein schon durch die Überschrift dem unbedarften Leser suggeriert wird, dass die Förderung von Erdgas zu den nicht belegten vermehrten Krebserkrankungen geführt haben könnte.

Und damit verfestigt dieser Artikel den Eindruck des Verfassers, dass die Kreiszeitung dem Thema inländische Erdgasgewinnung nicht unvoreingenommen, sondern kritisch im negativen Sinne, gegenübersteht. Diese Tendenz ist bei der Kreiszeitung schon seit längerer Zeit zu beaobachten. Die Frage, ob dabei Überzeugung innerhalb der Redaktion dahintersteckt oder einfach nur im Sinne der Meinung der vermeintlichen Mehrheit geschrieben wird, ist nicht eindeutig zu beantworten. Eventuell trifft beides zu.

Ein Kommentar zu Kreiszeitung contra einheimische Erdgasgewinnung?

  • Martin sagt:

    So langsam entwickelt sich um „Fracking“ eine eigenes Genre. Neben diversen bekannten Dokufictionsoap-Filme wie „Gasland“, das Remake „Gasland II“ und die europäische Version „Gasfieber“ schaffen es nun vermehrt „Erzählungen“ in die Buchshops. In den USA z.B. „Gas Drilling and the Fracking of a Marriage“ oder „Under the surface – Mining Poetry“. Alle mehr Fiktion als Fakt. Ängste dienen als primäres und egozentrisches Leitmotiv.

    So findet nun die Aufarbeitung dieses gesellschaftlichen Themas auch im Feuilleton statt – oder hat es diese gar nie verlassen?

    Zur US-Situation noch ein Literaturhinweis: Under the Surface: Fracking, Fortunes, and the Fate of the Marcellus Shale von Tom Wilber mit journalistischen Anspruch geschrieben.

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