Kritische Anmerkungen zu einem Artikel der Kreiszeitung

Die Kreiszeitung berichtet mal mehr oder mal weniger sachlich und objektiv zur Erdöl- und Erdgasproduktion in Niedersachsen und im Landkreis Diepholz. Sind es im Raum Verden und Rotenburg zumeist kritische und wenig objektive Beiträge, so gibt es gelegentlich einige sachliche Artikel im Diepholzer und Syker-Bereich der Zeitung. Als Beispiel für letzteres seien das Polymerflutprojekt in Bockstedt der Wintershall oder die Bohrphase der Barrien 15T in Weyhe genannt. Letzteres Projekt ist allerdings Bestandteil eines Artikels, der eindrucksvoll belegt, wie ein Medium ein Thema aufmachen kann, das eigentlich gar kein Thema ist. Es geht um einen sogenannten Workover im Erdgasfeld Barrien der Wintershall, der so gar nichts mit Hydraulic Fracturing zu tun hat. Die Workoverarbeiten nehmen im Artikel der Kreiszeitung allerdings nur einen Halbsatz ein, während sich der Rest fast ausschließlich um die Fracarbeiten dreht, die 20 bis 42 Jahre zurückliegen.

Heute ist dort ein Beitrag zum Erdgasfeld Barrien der Wintershall erschienen. Im Sommer letzten Jahres hat Wintershall dort die Produktionsbohrung Barrien 15T durch die KCA Deutag bohren lassen, die aber wohl wegen technischer Probleme, die wohl auf einer komplexen Geologie beruhen, in etwa 2000 Meter Teufe eingestellt wurde. Hierzu gibt es auch eine Mitteilung im Blog über die Heimische Förderung von Wintershall (LINK).

Bereits im vergangenen Jahr  wurde dort angekündigt, dass für Anfang diesen Jahres in der Barrien 8T ein Wechsel des Steigrohrstranges (Tubing) geplant sei. Diese Arbeiten haben diese Woche begonnen, wie sich aus dem folgenden Blog-Beitrag schließen lässt (LINK).

Das alles hat, so auch von Wintershall mehrfach kommuniziert, nichts mit der Stimulationsmethode „Hydraulic Fracturing“ zu tun, was wohl eher als „Fracking“ in der Öffentlichkeit bekannt ist und vielfach falsch vermittelt wird.

Wintershall produziert seit den 1960er Jahren Süßgas aus den Sandsteinfolgen des Buntsandsteins, was dem ein wenig fachkundigen Leser anhand der Bohrungsnomenklatur (T für die Trias, dessen unterstes Teilglied der Buntsandstein darstellt) ohnehin klar sein sollte. Für gewöhnlich hat der Buntsandstein, bzw. die jeweiligen Schichtenfolgen, lagerstättentechnische Eigenschaften, die keine Stimulation benötigen, um überhaupt wirtschaftlich produzieren zu können. Es kann allerdings sinnvoll sein, den Speicher zu stimulieren, sollte man die Produktion erhöhen oder auf einem gewissen Niveau halten wollen. Das spielt aber normalerweise hierbei zunächst keine Rolle.

Jetzt hat die Kreiszeitung allerdings heute einen Artikel veröffentlicht, der sich mit der Erdgasproduktion in Weyhe beschäftigt. Nur kurz zum allgemeinen Verständnis: Eine Erdgas- oder Erdöllagerstätte wird in der Regel nach Orten benannt, die in der Nähe liegen, Da kann es aber auch vorkommen, dass der namensgebende Ort zum Beispiel einige Kilometer entfernt liegt und sich gar nicht „über“ der Lagerstätte befindet. Hier heißt die Lagerstätte Barrien, befindet sich aber unter den Ortsteilen der Gemeinde Weyhe. Zwischen der Gaslagerstätte Barrien und dem Ort Barrien, besteht je nach Lage, noch eine Entfernung von etwa 3 bis 4 Kilometer, würde man das auf die Oberfläche projizieren.

Kleiner Exkurs hierzu: Es gibt jeweils eine Erdgas- und Erdöllagerstätte Düste. Der Ort Düste an sich, befindet sich aber gar nicht über diesen Lagerstätten. Und selbst die Lagerstätten mit der Bezeichnung „Goldenstedt“ befinden sich nicht unter dem Ort Goldenstedt, sondern gehen vielmehr in Richtung Cloppenburg, Visbek, Emstek und Vechta.

Aber weiter zu Barrien: Wintershall musste, wie oben erwähnt, die Barrien 15T einstellen. Dazu komme ich später noch einmal zurück. Es geht jetzt zunächst um den Wechsel der Produktionsrohrtour in der Barrien 8T, im Fachlichen auch Workover oder bergmännisch häufig auch Aufwältigung genannt.

Es wäre wünschenswert, dass der Journalist bzw. Zeitung bei der Firma anfragen, was dort genau gemacht wird und die Informationen dann in einen Artikel verpackt Die Kreiszeitung hätte beispielsweise schreiben können, dass Wintershall dort einen Workover durchführen lässt (von der Salzwedeler Firma Erdöl-Erdgas Workover GmbH) und dabei die Produktionsrohrtour wechselt. Dabei hätte man noch kurz auf das Bohrlochdesign eingehen können, wo sich die Produktionsrohrtour quasi in der Mitte des mit Futterrohren verrohrten Bohrlochs befindet und das durch das Tubing das Lagerstättenmedium, also Erdgas in diesem Fall, gefördert wird. Die Futterrohre stellen eine Schutzfunktion, also eine Barriere, z. B. gegenüber grundwasserführenden Schichten dar. Im Laufe der Zeit kann es vorkommen, dass z. B. etwas am Bohrlochdesign geändert wird, wie bspw. einen anderen Rohrdurchmesser einbauen möchte oder einfach Wartungsarbeiten an der Produktionsrohrtour vornimmt, und sie in diesem Zusammenhang gegen eine neue austauscht.

Es wäre in meinen Augen guter Artikel, der kurz und knapp über die Arbeiten informiert. Mittlerweile muss es ja für die Förderunternehmen dazu gehören, dass explizit erwähnt werden muss, hier kein Hydraulic Fracturing durchzuführen oder dass der Grundwasserleiter nicht beeinträchtigt wird. Dieser, in meinen Augen eigentlich überflüssige, aber mittlerweile wohl unabdingbare Absatz, hätte sicherlich noch eingebaut werden können.

Was macht aber die Kreiszeitung? Sie setzt eine Überschrift, dass die Weyher Bohrlöcher in einem Zeitraum von 22 Jahren 23 Mal „gefrackt“ worden sind. In den weiteren ersten vier Absätzen geht es um Stimulationsmaßnahmen, die teilweise 40 Jahre zurückliegen. Hier wird der Wintershall Pressesprecher Mark Krümpel zitiert, indem er die gefracten Bohrungen aufzählt und Informationen dazu gibt.

Erst im fünften Absatz geht man dann zum ersten Mal auf die aktuelle Situation ein (!). Im Halbsatz wird erwähnt, dass bei der Barrien 8T die Produktionsrohrtour ausgetauscht wird. Im restlichen Teil wird die eingestellte Barrien 15T  erwähnt. Und wie im bereits erwähnten Hinweis der Wintershall zu erfahren war, schreibt die Kreiszeitung, dass für die 15T, die laut Wintershall noch nicht einmal den gasführenden Träger erreicht hat sowie für weitere Bohrungen keine Stimulationen geplant seien.

Am Ende geht es nochmal um die Stoffe, die bei den Fracs eingesetzt worden sind. Diese seien bisher nicht genannt worden, wobei man hier sich die Frage stellen könnte, was der normale Bürger mit der genauen Zusammensetzung schließlich anfangen könnte. Hier sei nur der Hinweis angebracht, dass die Stoffe nicht in ihrer Reinform zur Stimulation ins Bohrloch gepresst worden sind, sondern hochverdünnt. Teilweise befinden sich Stoffe in der Fracflüssigkeit, die deutlich unverdünnter in Shampoo, Seife oder anderen Haushaltswaren zu finden sind.

Letzten Endes bleibt die Frage offen: „Was möchte die Kreiszeitung mit ihrem Artikel genau bewirken? Die im ersten Absatz erwähnte Liste wurde vom Bergamt schon vor einiger Zeit veröffentlicht und auch von Bürgerinitiativen verwendet. Die Kreiszeitung hätte also schon deutlich früher über die Fracs informieren können, wobei die Frage erlaubt sein darf, inwieweit das überhaupt eine Nachricht wert wäre?

Vielmehr müsste sich die Kreiszeitung die Frage gefallen lassen, ob man mit dem Artikel einen seriösen Journalismus vertreten und über die aktuellen Arbeiten berichten möchte oder vielmehr durch Halbwissen Ängste und Spekulationen schüren will , wie es in einigen Kommentaren auf der Facebookseite der Kreiszeitung der Fall ist: https://www.facebook.com/kreiszeitung.de/posts/626004324114490

Hier sei nochmal die Frage erlaubt: Wie kommt man dazu ernsthaft anzunehmen, Wintershall würde dort aktuell Fracmaßnahmen durchführen, bzw. habe es auf der Barrien 15T durchgeführt, obwohl es im selben Artikel seitens der Wintershall dementiert und über die Arbeiten, die dort gerade durchgeführt werden, informiert wird. Da die aktuellen Arbeiten aber nur in einem Halbsatz erwähnt werden, geht dies beinahe unter. Ob dieses gewollt ist, darüber kann nur spekuliert werden. Die Tatsache, dass Fracmaßnahmen, die Jahrzehnte zurückliegen und den überwiegenden Teil des Artikels einnehmen, lässt hier aber einen gewissen Spekulationsraum zu.

Zum Absatz mit der Barrien 15T möchte ich dann auch noch etwas sagen: Der Autor schreibt, es sei vergeblich versucht worden ein Förderrohr zu verlegen. Wer etwas Fachkenntnis besitzt, wird sich fragen, was ein Förderrohr sein soll. Dazu gäbe es zwei Möglichkeiten: Einmal die Produktionsrohrtour im fertig gestellten Bohrloch. Hierfür hätte aber die Bohrung zumindest den Träger erreicht und fertig komplettiert, also mit Produktionsrohrtour ausgestattet werden müssen. Dass das nicht geschehen ist, ist einleuchtend, da, so kann man das bei Wintershall nachlesen, die Bohrung aufgrund technischer Probleme eingestellt wurde. Hier einen „trockenen“ (also nicht gasführenden) Horizont zu produzieren, ergäbe keinen Sinn.

Weiterhin könnte man meinen, es wäre nicht gelungen, an das Eruptionskreuz (Bohrlochabschluss) eine zu den Aufbereitungsanlagen auf dem Förderplatz führende Leitung anzuschließen. Da die Bohrung eingestellt wurde, ergäbe das keinen Sinn.

Auch hier darf der Artikelschreiber bei der Kreiszeitung kritisiert werden, nicht besser recherchiert bzw. formuliert zu haben. Eventuell ist das jetzt ein wenig weit hergeholt von mir: Es wird wieder einmal deutlich, dass hier, egal ob gewollt oder ungewollt, ein wenig stümperhaft gearbeitet wurde.

Auch als Journalist darf man sicherlich seine Einstellungen und Überzeugungen haben und kann auch gerne gegen die Förderung von Erdöl und Erdgas sein. Allerdings sollte hierbei erwartet werden dürfen, dass hierbei immer die Objektivität im Auge behalten wird. Gerade bei einem kontrovers diskutierten Thema, wie der Suche und Förderung von Erdöl und Erdgas und speziell beim Hydraulic Fracturing, sollte man daher als unabhängiges Medium daran interessiert sein, so objektiv wie möglich zu schreiben und tiefgründiger zu recherchieren. Die genauen Sachlagen, bspw. das Einstellen der Bohrung, hätten in ein paar Minuten im Blog von Wintershall nachgelesen werden können.

Fakt ist: Hydraulic Fracturing hat mit den aktuellen Arbeiten in Barrien nichts zu tun und sollte demnach auch nichts im Artikel zu suchen haben, zumindest nicht in dem Maße, wie es die Kreiszeitung hier formuliert.