Erdgasfeld Söhlingen: NABU stellt in Stichproben Quecksilber im Umfeld von Erdgasbohrungen fest

Am 1. April soll sich nach Aussagen mehrerer Vertreter von verschiedenen Anti-Gasförderungs-Bürgerinitiativen  (BI), die angekündigte Abfackeltätigkeiten filmen wollte, während der Arbeiten an der Bohrung „Söhlingen Z5“ eine Havarie ereignet haben. Über diesen vermeintlichen Vorfall wurde in verschiedenen Medien berichtet, wobei die Zeugenaussagen teils widersprüchlich waren.

Überwiegend war von einem Säureregen oder auch Säurenebel die Rede, der aus der Fackel ausgetreten sein soll. Als Beweis wurden von einem der Zeugen durchlöcherte Blätter angeführt, die aber unterschiedliche Schadensmerkmale aufwiesen. Ein anderer Zeuge erzählte bei der Sendung „Buten und Binnen“ allerdings, dass heiße Rußpartikel die Löcher in die Blätter gebrannt hätten. Die Frage ist nur, woher diese Partikel kommen sollten. Denn schließlich verbrennt Erdgas, dass weitesgehend frei von höheren Kohlenwasserstoffen ist, rußfrei (Siehe dazu auch: Angeblicher Säureregen in Söhlingen – Soll(te) ein Skandal konstruiert werden?).

Der Betreiber der Förderbohrung hatte daraufhin veranlasst, Boden- und Pflanzenuntersuchungen durch unabhängige Sachverständige  durchführen zu lassen. Diese konnten laut einer Pressemitteilung des Unternehmens keinerlei Hinweise auf Schädigungen von Pflanzen oder Bodenverunreinigungen (z.B. durch Quecksilber) als Folge der Arbeiten dokumentieren. Stattdessen wurden zwei Beispiele für die „art- und standorttypischen“ Pflanzenschäden angeführt. So seien die Löcher in den Blättern von Ampferpflanzen auf Pilzbefall und die an Erlenblättern auf den Blauen Erlenblattkäfer zurückzuführen.

Letztgenanntes Beispiel veranlasste die auffallend pro Erdgasförderungs-BI berichtende „Kreiszeitung“ zu folgender  irreführender  Schlagzeile, die vermutlich das von ExxonMobil genannte Beispiel ins Lächerliche ziehen sollte:

Söhlingen Z 5: Laut Exxon war es der Blaue Erlenblattkäfer

Allerdings erfuhr man aus dem Artikel auch, wer die Untersuchungen durchgeführt hatte. Es waren nicht nur unabhängige, sondern sogar staatlich vereidigte Sachverständige, nämlich die Chemisch-Technische Laboratorium Luers KG sowie Herr Glenn Mahlstedt. Im Artikel wurde der Leiter des Förderbetriebes Söhlingen mit folgenden Worten zitiert:

Ich hoffe, dass die Untersuchungsergebnisse helfen, die Sorgen zu nehmen.

Das war natürlich, wie zu erwarten, speziell bei den BI-Vertretern und Naturschutzverbänden nicht der Fall, so dass sich, wie „Kreiszeitung“ sowie „Rotenburger Rundschau“ berichten, der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) dazu berufen fühlte, eigene Untersuchungen durchführen zu lassen.

Dabei sollen, und das berichten beide Zeitungen gleichlautend, in zwei Bodenproben Quecksilberwerte von 4,2 und 6,7 Milligramm Quecksilber je Kilogramm Boden festgestellt worden sein. Beide Fundorte befinden sich in der Nähe von Förderplätzen. Dabei soll es sich um die bereits längst aufgegebene und verfüllte Bohrung „Söhlingen Z6“ sowie „Söhlingen Ost Z1“ handeln. Außer den genannten Plätzen wurden noch an zwei weiteren, nicht bezeichneten Plätzen, Proben entnommen, die offenbar ohne Befund blieben.

Da sich die genannten Werte im Randstreifen eines Ackers bzw. im Sediment eines Grabens festgestellt wurden, nimmt der Vorsitzende des NABU Rotenburg, Herr Roland Meyer an, „dass der Eintrag durch ablaufendes Wasser oder ähnliches erfolgt ist.“ Was Herr Meyer offenbar nicht beachtet hat, ist, dass ein Ackersaum und auch ein Graben als Sedimentfallen fungieren und sich insgesamt unbedenkliche Werte sich zu grenzwertüberschreitenden akkumulieren können.

Außer den Proben im Umfeld der vier Förderplätze wurde noch bei drei (weiteren?) Förderplätzen (in den Artikeln fälschlicherweise mit „Bohrplätzen“ bezeichnet) in einiger Entfernung von vermuteten(!) Fackelstandorten Proben genommen. Es sollte dabei festgestellt werden, ob durch Fackelarbeiten eine Kontamination durch die Luft erfolgen könnte. Dabei sollen bei zwei von drei Proben erhöhte Werte (Bezugswert wird nicht genannt) festgestellt worden seien, die aber deutlich unter den Maßnahmewerten blieben.

Den Ergebnissen des NABU stehen die von staatlich vereidigten Sachverständigen gegenüber, die in Bodenproben im Umfeld der Förderbohrung „Söhlingen Z5“ genommen worden sind und ohne Quecksilberbefund blieben (s.o). Dort wurden zuletzt Fackelarbeiten mit einer neuen Anlage der Firma Fangmann durchgeführt. Auf den Filmaufnahmen der BI ist außerdem ein Quecksilberadsorber zu erkennen. Das widerspricht den Behauptungen von BI, Erdgas werde im Zuge von Reinigungs-/Intensivierungsmaßnahmen ungefiltert verbrannt. Schließlich müssen bei Abfackelungen die Bestimmungen des Bundesimmssionsschutz eingehalten werden.

Darüber hinaus wurden im Auftrag des LBEG im 1. Halbjahr 2013 Luftuntersuchungen im Umfeld der Zentralstation des Feldes „Söhlingen“ durchgeführt. Diese blieben ebenfalls ohne auffällige Befunde hinsichtlich Quecksilber sowie Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol (BTEX). Siehe dazu auch „Das Verschweigen der Entwarnung“ mit weiteren Verweisen inkl. zur Zusammenfassung der Untersuchungen im Auftrag des LBEG.

Letzten Endes sollten die Ergebnisse des NABU, die lediglich auf Stichproben beruhen und somit wenig aussagekräftig sind, durch umfassende Beprobung ergänzt werden, um Klarheit zu verschaffen. Hilfreich und sinnvoll könnten dabei Abfackeltätigkeiten begleitende Luftuntersuchungen sein.

Für die Gegnerschaft der inländischen Erdgasgewinnung sind diese stichprobenartig gewonnenen Ergebnisse ein gefundenes Fressen. Ohne dass die Quelle der erhöhten Werte bekannt ist und offenbar laut den NABU-Messungen insgesamt auch keine Allgemeingültigkeit besitzen, fühlt man sich bestätig, wie aus einem Beitrag bei Gegen Gasbohren hervorgeht. Man scheut auch nicht davor zurück, Falschaussagen zu streuen. So wird die inhaltlich teils unwahre Aussage eine nicht benannten Anwohners verbreitet.

Dieser behauptet u.a.:

Bei allen Bohrstellen wird ein Abfackelvorgang erforderlich, der ca. 2 Wochen andauert. Während dieses Abfackelns wird mit großem Druck, hoher Geräuschentwicklung, sehr hohen Temperaturen und großer Flamme jeweils eine große Menge Erdgas verbrannt, die noch nicht von Quecksilber befreit wurde.

Offenbar wird sich dabei auf standardmäßige Pressemitteilungen von ExxonMobil bezogen statt auf eigene Beobachtungen. Diesen Mitteilungen, recht aktuell zur „Söhlingen Z14“, ist zu entnehmen:

ExxonMobil Production Deutschland GmbH beginnt in diesen Tagen an der Erdgasbohrung Söhlingen Z14, […] mit der Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten zur Optimierung der Förderung, […].
Aus technischen Gründen muss das anfallende Gas dabei über die Fackel geleitet und verbrannt werden. Während der Arbeiten wird es dadurch zeitweise an der Fackel zu einer erhöhten Flammenbildung, bei Dunkelheit mit hellem und weit sichtbarem Feuerschein kommen. […] Der Zeitraum der geplanten Arbeiten beträgt insgesamt ca. eine Woche.

Es kann also nicht stimmen, dass zwei Wochen lang abgefackelt wird, da a) auch vorbereitende Arbeiten in den Zeitraum fallen und b) für solche Arbeiten die Bohrung totgepumpt wird, also gar kein Gas anfallen kann. Dieses kommt erst im Zuge der Freiförderarbeiten mit zu Tage. Außerdem ist es falsch, dass das Erdgas nicht befreit wurde. Auf Fotos und Videoaufnahmen der Gegner war zuletzt ein Quecksilberadsorber der Firma „Fangmann“ klar und deutlich zu erkennen!

Dennoch wird von gefährlicher Erdgasförderung gesprochen und wortgewaltig sowie phrasenhaft entweder ein Verbot der inländischen Erdgasgewinnung gefordert oder hohe Auflagen:

Umweltverträglichkeitsprüfungen, würden sie all diesen “naturgegebenen” Problemen Rechnung tragen, müssten diese gefährliche Gasförderung entweder konsequent verbieten oder aber derart hohe Auflagen machen, dass den Managern die Köpfe rauchen würden auf der Suche nach Profit und shareholder value.

Dabei ignorieren und verleugnen die Gegner konsequent, dass Fackelsysteme den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen genügen müssen und (s.o.) das offizielle Langzeitmessungen sowie durch staatlich vereidigte Sachverständige keine Quecksilberimmisionen dokumentiert werden konnten. Außerdem verfolgen Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht den Zweck, Dinge zu verbieten, sondern potenzielle Umweltgefährdungen zu ermitteln.