Mini-Demos gegen Erdgasgewinnung bei Söhlingen

Im April 2014 berichtete zunächst der NDR von einem angeblichen Vorfall während der Abfackelung von Erdgas auf der Fördersonde „Söhlingen Z5“, die wenige Tage zuvor Intensivierungsarbeiten unterzogen worden ist. Von einem Zeugen, Initiator der Anti-Erdgasförderungs-Bürgerinitiative (BI) „Wittorfer Bürger für Umwelt und Gesundheit“ wurde behauptet, es sei während der Fackeltätigkeit Säure ausgetreten. Als Beweis wurden durchlöcherte Blätter gezeigt.

Über diese aufgrund widersprüchlicher Zeugenaussagen unglaubwürdige Geschichte wurde hier auf dem Blog ausführlich berichtet. Ein Leser führte sogar aus freien Stücken ein Experiment durch, in dem er konzentrierte Säuren auf Blätter träufelte. Der Versuchsablauf wurde freundlicherweise dem Blog zur Verfügung gestellt und kann hier nachgelesen werden. Das Ergebnis war, dass selbst starke Säuren nicht in der Lage sind, Löcher in Blätter zu ätzen. Aber auch das mit den Anschuldigungen konfrontierte Unternehmen, die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) beauftragte Sachverständige, die Entwarnung gaben. Laut der „Kreiszeitung“ in Verbindung mit eigenen Recherchen handelte es sich dabei um staatlich vereidigte Sachverständige.

Wie kaum anders zu erwarten, wurden die Untersuchungsergebnisse, ob nun das privat durchgeführte Experiment oder die der vereidigten Sachverständigen, nicht akzeptiert und, wie später noch erläutert wird, teilweise ins Lächerliche gezogen. So ist in dem „Kreiszeitung“-Artikel zu lesen:

Für Denis Schimmeyer haben die Ergebnisse dagegen keine Aussagekraft.

Bei Herrn Schimmeyer handelt es sich übrigens um den in der Einleitung erwähnten Zeugen.

Am 21.05.2014 kündigte EMPG in einer Pressemitteilung erneut Intensivierungsarbeiten auf der Bohrung „Söhlingen Z14“ an. Das veranlasste den führenden Kopf der BI Kein Fracking in der Heide! (Landkreis Harburg), Herrn Dr. Ingo Engelmann dazu, ein Schreiben an ExxonMobil zu verfassen. In diesem fordert er indirekt u.a., dass das bei Intensivierungsarbeiten anfallende Erdgas nicht abgefackelt, sondern aufgefangen wird:

Wir haben kein Verständnis dafür, dass nicht einmal die mindesten Vorkehrungen getroffen werden, das Methan aufzufangen und in einem integrierten System zu entsorgen oder sonstwie zu nutzen.

Leider unterbreitet Herr Engelmann keine Vorschläge, wie das anfallende Erdgas aufgefangen werden soll. Schließlich handelt es sich um Tausende bis mehrere Zehntausende Kubikmeter! Herr Engelmann behauptete zuvor darüber hinaus, dass das Abfackeln von Erdgas umweltschädlich sei. Das ist insofern Unsinn, als dass Erdgas zu Wasser und Kohlendioxid verbrannt wird. Dazu die zuständige Behörde, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG):

Das Abfackeln ist ein durchaus gängiger und notwendiger Vorgang in Zusammenhang mit der Erdgasförderung. Es stellt sicher, dass die brennbaren Bestandteile […] unschädlich verbrannt werden. Die Fackeln sind für die Verbrennung gasförmiger Stoffe ausgelegt und erreichen Emissionsminderungsgrade von mehr als 99%, das heißt, 99% des ankommenden Methans werden in Wasserdampf und Kohlendioxid umgesetzt. Beim Abfackeln müssen die Anforderungen des Immissionsschutzrechts (hier: Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) eingehalten werden.

Doch solche Faktenlage ignorieren die BI regelmäßig. So wird bei der BI Kein Fracking in der Heide! in einem weiteren Artikel behauptet:

Das Gas, das sonst aufgefangen und verkauft wird, wird also ein paar Stunden lang in die Gegend gepustet und offen verbrannt. Es wird nicht von Quecksilber und anderen Schwermetallen gereinigt.

Das erstaunliche ist, dass auf Fotos und Videos der Anti-Gasförderungs-BI sowie auf einem Foto zu einem Beitrag zu den Arbeiten auf der Bohrung „Söhlingen Z14“ bei Gegen-Gasbohren.de Quecksilberabscheider klar und deutlich zu erkennen sind. Es handelt sich dabei um zwei bauchige Behälter, die in den ersten beiden Fällen orange (Firmenfarbe von Fangmann) und im letzten Fall dunkelgrün gespritzt  sind. Im letzten Fall befinden diese sich mittig am unteren Bildrand. Eine detaillierte Beschreibung ist der Website von Fangmann zu entnehmen. Die BI lügt sich also nicht nur mangels Recherche und Ignoranz selbst in die Tasche, sondern belügt über ihren Blog auch noch die Öffentlichkeit. Aber was soll man von einer Vereinigung erwarten, die sich zu solchen Formulierungen hinreißen lässt:

Exxon lässt die Drecksarbeiten in Söhlingen von der weltweit agierenden Firma Schlumberger durchführen.

Beim Portal der Anti-Erdgasförderungs-BI wird noch weiter ausgeholt. Hier wird behauptet, dass infolge der Abfackelarbeiten auf der „Söhlingen Z5“ tatsächlich zu einer Havarie gekommen ist:

Und eine Praxis, die kaum je offen kritisiert wurde, bis am 25. März etwas passierte.

Der kopierte Link führt jedoch zu einem Artikel der „Kreiszeitung“, der mit „Verdacht auf Säure-Regen“ überschrieben ist. Von einem verifizierten Vorfall ist keine Rede. Das ist auch wenig verwunderlich, da die Ermittlungen aufgrund der Anzeige der angeblich Betroffenen noch laufen. Ein Kommentator hier auf dem Blog hat aber bereits erkennen lassen, dass die Anschuldigungen der vermeintlich Betroffenen auf tönernen Füßen stehen. Hier der LINK.

Die Ankündigung von ExxonMobil zu den Arbeiten auf der „Söhlingen Z14“ hatte aber auch zur Folge, dass sich Vertreter von BI dazu berufen fühlten, gegen diese standmäßig durchgeführten Arbeiten eine Demonstration zu organisieren. Initiatoren waren laut „Kreiszeitung“-Artikel der bereits genannte Denis Schimmeyer aus Wittorf sowie Andreas Rathjens aus dem von der Erdgaslagerstätte „Söhlingen“ 25 Kilometer entfernten Groß Meckelsen.

Nach Abschluss der eigentlichen Demonstration verblieben noch einige Teilnehmer zurück. Diese lösten dann einen Feueralarm aus, weil weißer „Rauch“ aufstieg. Angeblich wurde aber bereits während der Demonstration geklärt, dass es sich dabei um das Abblasen von Stickstoff handelt:

Was den 44 Feuerwehrleuten sicherlich sauer aufstoßen wird, ist die Tatsache, dass die Rauchwolken aus dem Container bereits eine Stunde vorher während des angemeldeten Protests sowohl von den Demonstranten als auch von der Polizei aus dem Heidekreis festgestellt wurde.

Die Veranstalter der Demonstration, Herr Rathjens und Herr Schimmeyer wiesen jedoch jegliche Verantwortung für den Fehlalarm von sich:

Das ist allerdings eine Riesensauerei, von der wir uns ausdrücklich distanzieren“, so Andreas Rathjens aus Groß Meckelsen, der gemeinsam mit Denis Schimmeyer aus Wittorf die Demo ins Leben gerufen hatte. [ ] Beide seien laut Rathjens schon nicht mehr an der Bohrstelle gewesen, als „die Berufsdemonstranten noch diesen Budenzauber“ veranstaltet hätten.

Schimmeyer und Rathjens posierten bei der Demonstration mit umgehängten Schildern (siehe „Kreiszeitung“-Artikel), die den Blauen Erlenblattkäfer als lebensgefährlich darstellen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die „Kreiszeitung“ nach der entwarnenden Pressemitteilung der EMPG titelte:

Söhlingen Z 5: Laut Exxon war es der Blaue Erlenblattkäfer

Das ist natürlich Unsinn, da lediglich festgestellt worden ist, dass Löcher in Erlenblättern in der Umgebung des Förderplatzes auf Fraßschäden dieses Käfers zurückzuführen sind. Die Demonstranten benutzen also diese irreführende Schlagzeile, um die Entwarnung ins Lächerliche zu ziehen.

Erdgasförderbohrung Söhlingen Z14 chef79

Erdgasförderbohrung Söhlingen Z14 chef79

Es sollen also „Berufsdemonstranten“ gewesen sein. Dabei sind die beiden genannten Herren selbst bereits häufiger in Medienberichten als Gegner der inländischen Erdgasförderung aufgetaucht. Das trifft insbesondere auf den im linken Hintergrund des Bildes zu erkennenden Bernd Ebeling zu. Dieser war bereits im März 2014 an einer Blockade der Versenkbohrung „Dethlingen H1“ beteiligt und entstammt der Anti-Atomkraft-Bewegung. Dieser ist offenbar mit dem beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie die Protestgrundlage entzogen worden und hat mit dem Protest gegen die Erdgas- und Erdölgewinnung ein neues Betätigungsfeld gefunden.

Dieser „Berufsdemonstrant“, der nicht nur Initiator der Blockade der „Dethlingen H1“ war sondern auch an einer Aktion an einer Esso-Tankstelle in Uelzen beteiligt war, hat zusammen mit Herrn Schimmeyer eine zweite Demonstration an der „Söhlingen Z14“ durchgeführt. Doch zunächst ein Exkurs zur Tankstellenaktion. In einem bei Gegen-Gasbohren.de publizierten Artikel wird Ebeling folgendermaßen zitiert:

Esso ist eine 100%-ige Tochter von ExxonMobil“, antwortet dazu Bernd Ebeling von der BI Uelzen. „Exxon verfolgt besonders hartnäckig die Zulassung der hochgefährlichen, umstrittenen Fracking-Technik! Außerdem hat Exxon bislang in Deutschland die meisten Fracs durchgeführt.

Die Unternehmensstruktur von ExxonMobil ist Ebeling ganz offensichtlich nicht bekannt und soll hier auch nicht weiter erörtert werden. Interessanter sind stattdessen die weiteren Äußerungen Ebelings. Dieser bezeichnet die bewährte Technologie des Hydraulic Fracturings als „hochgefährlich“.  Er führt aber keine Belege an, die die vermeintliche Gefährlichkeit untermauern. Dass ExxonMobil bzw. Vorgängergesellschaften die meisten Fracjobs in Deutschland haben durchführen lassen stimmt wohl. Sämtliche Fracarbeiten sind aber ohne umweltrelevante Zwischenfälle verlaufen, was der Meinung Ebelings, Hydraulic Fracturing sei „hochgefährlich“, vollkommen widerspricht.

Zurück zur zweiten Demonstration an der Förderbohrung „Söhlingen Z14“. In einer Pressemitteilung, die bei Gegen-Gasbohren.de publiziert wurde, ist zu lesen:

Ende März/Anfang April diesen Jahres waren bei Bohrlochreinigungen im Söhlinger Erdgasfeld (Landkreis Rotenburg und Heidekreis) gesundheitsgefährdene Stoffe bei einer Bohrlochreinigung (Fachbegriff: coiled tubing clean out) ausgetreten. Von betroffenen Bürgern, welche außerhalb des ExxonMobil-Betriebsplatzes standen, wurde Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelt in dieser Sache.

Dass seinerzeit „gesundheitsgefährdene Stoffe“ ausgetreten sind, ist eine Behauptung der Demo-Initiatoren, die in keinster Weise bestätigt worden ist. Im Gegenteil: Erste Untersuchungen konnten einen Austritt von Schadstoffen nicht bestätigen (s.o.). Bei den betroffenen Bürgern handelte es sich zudem ausschließlich um Vertreter von BI, wie es ein „Freud’scher Versprecher“ des Radio Bremen-Reporters Holger Baars verrät:

Also in diesem Falle, was wir gesehen haben, da sind es ein dutzend Leute, die über Übelkeit oder Hautreizungen klagen, ähm das ist auch eine Bürgerinitiative von, von vielen.(Ab Minute 3:40 ungefähr)

Auf die Pressemitteilung der BI soll nicht weiter eingegangen werden, da sie im Wesentlichen auf nicht verifizierten Behauptungen, die zudem unglaubwürdig erscheinen, beruht.

Dennoch berichteten die „üblichen Verdächtigen“ Medien von dieser Demonstration. Diese sind zum einen der NDR und zum anderen die „Kreiszeitung“.  Die „Rotenburger Rundschau“ hingegen, die der Agitation der BI zurückhaltender gegenübersteht, berichtete zumindest Online von dieser Mini-Demo nicht.

Insbesondere der NDR übernimmt die Behauptungen der BI ungeprüft 1:1 :

Ende März waren im Söhlinger Erdgasfeld gesundheitsgefährdene Stoffe bei einer Bohrlochreinigung ausgetreten.

Das ist in zweierlei Hinsicht seltsam. Denn laut der angeblich Geschädigten fand der Vorfall am 1. April statt und nicht Ende März. Außerdem ist von keiner offiziellen Stelle bestätigt worden, dass gesundheitsgefährdene Stoffe ausgetreten seien. Es entsteht der Eindruck, dass der NDR sich wieder einmal als Sprachrohr „umweltbesorgter“ Gruppierungen geriert und deren Behauptungen und Unterstellungen nicht hinterfragt.

Eleganter drückt sich die „Kreiszeitung“ aus:

Bereits Anfang April waren die Bohrlöcher rund um Rosebruch überregional in die Schlagzeilen geraten. Anwohner mutmaßten, dass bei der Reinigung und dem anschließenden Abfackeln gesundheitsgefährdende Stoffe ausgetreten seien.

entgleist aber kurz darauf ebenso wie der NDR:

Trotz des Vorfalls hält der Konzern an der Praxis der Bohrlochreinigung fest, was die Demonstranten am Montagabend kritisierten und einen sofortigen Stopp der Arbeiten forderten.

Hier fehlt einfach ein kleines Wort wie „angeblich“ oder die Verwendung des Konjunktivs wie zuvor!

Dieses Versäumnis soll nicht weiter erörtert werden, da der kritische Leser der Links sich seine eigene Meinung bilden kann.

Stattdessen irritiert, dass Aussagen von Ebeling unkritisch zitiert werden:

Von ExxonMobil kommt immer nur die Aussage, es sei alles in Ordnung. Wir haben mit Arbeitern geredet, die uns berichteten, dass man es doch schon immer so gemacht habe. Als ich das Thema Quecksilber ansprach, verstummte der Arbeiter plötzlich“, sagte Ebeling, der sich seit fünf Tagen in der Region aufhält und den Arbeitern hinter den hohen Zäunen auf die Finger schaut.

Fünf Tage stand Herr Ebeling also dort mitten im Nichts herum, um Schlagzeilen zu produzieren. Das ist ihm und seinen Mitstreitern gelungen, der Erfolg ist jedoch zu bezweifeln. Denn letzten Endes sind es immer wieder die selben Leute, die an den Demonstrationen teilnehmen und deren Anzahl ist in Bezug auf die Gesamtbevölkerung der jeweiligen Regionen sehr gering. Der NDR spricht z.B. von 30 Teilnehmern und stellt sich mit dieser Zahl an die Spitze. Die „Kreiszeitung“ schätzt die Teilnehmerzahl sogar nur auf 20 während die Veranstalter selbst 25 Demonstranten angeben. Dabei ist zu beachten, dass einige der Teilnehmer aus Orten angereist sind, die fernab der „Söhlingen Z14“ liegen.

 

Ein Kommentar zu Mini-Demos gegen Erdgasgewinnung bei Söhlingen

  • Marlene Rembacz sagt:

    Natürlich ist es ein Recht der Bürger zu demonstrieren, aber bitte vorher gut informieren! Diese BI’s, die scheinbar „aus dem Bauch heraus demonstrieren“ erweisen den Demonstrationen gegen tatsächliche Vorkommnisse einen Bärendienst. Zunächst sollte sich mit Fachleuten und Vertretern des „Bergamtes“ (die übrigens k e i n e. Versäumnisse und Schädigungen erkennen können) an einen Tisch gesetzt werden, einschließlich der Presse. Letztere spielt nicht nur in diesem Fall eine traurige Rolle. Liebe Presse und Medien ihr habt die Verpflichtung neutral und wahrheitsgemäß zu berichten. Schickt keine Laien sondern informierte Berichterstatter!

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