Spekulationen um #Fracking in Nordost-Brandenburg

In Brandenburg bzw. auf dem Gebiet des heutigen Brandenburg werden seit 1963 ununterbrochen Erdöl und Erdgas gefördert (Erdöl und Heimat e.V. 2009). Insgesamt sind die bis 1993 entdeckten Lagerstätten sehr klein. Dementsprechend sind bis auf die Erdöllagerstätte Kietz im Oderbruch unmittelbar an der Grenze zu Polen inzwischen erschöpft und aufgegeben. Dennoch ist in den letzten Jahren ein Aufschwung der aktiven Explorationsaktivität zu verzeichnen.

So teufte das Unternehmen Central European Petroleum GmbH (CEP) nach vorangegangenen seismischen Untersuchungen im Herbst 2012 die Erdölerkundungsbohrung „Guhlen 1“ im südöstlichen Brandenburg ab. Aktuell sucht das kommunale Unternehmen, die Bayerngas GmbH bei Beeskow, ebenfalls im südöstlichen Brandenburg gelegen, die Aufschlussbohrung „Reudnitz Z2“ (bzw. „E Reudnitz 2“), mir sind beide Varianten bekannt) ab, um ein bekanntes Erdgasvorkommen zu bestätigen. Weiterhin prüft die Gaz de France-SUEZ E&P GmbH (GDF-Suez), ob aus der bereits 1986 entdeckten Lagerstätte „Märkisch-Buchholz“ südlich von Berlin das methanarme Erdgaskondensat wirtschaftlich gewinnen lässt.

Sämtliche Vorhaben werden aufgrund der Skepsis gegenüber der Erdöl- und Erdgasgewinnung im Inland im Allgemeinen und der Standardstimulationsmethode Hydraulic Fracturing („Fracking“) im Speziellen kritisch begleitet und stoßen teilweise auf Ablehnung. So ist es wenig verwunderlich, dass sich sofort Unmut regte, als bekannt wurde, dass im Nordosten von Brandenburg das bislang unbekannte Unternehmen Jasper Resources B.V. aus den Niederlanden Kohlenwasserstoffe suchen will.

Bevor klar ist, wonach überhaupt konkret gesucht wird, Erdöl oder Erdgas und welcher Lagerstättentyp bzw. welche Formation Explorationsziel ist, wird bereits wieder suggeriert, dass Hydraulic Fracturing zum Einsatz kommen könnte. So ist bei der Regionalzeitung „Nordkurier“ (Online) folgende Überschrift zu lesen:

„Fracking in der Uckermark? Nein, danke!“

Wie der „Nordkurier“ darauf kommt, „Fracking“ ins Spiel zu bringen, bleibt dabei vollkommen offen. Aber wahrscheinlich muss man sich daran gewöhnen, dass, nachdem Hydraulic Fracturing zunächst zu „Fracking“ verballhornt (der Begriff war vor 2010 in Deutschland unbekannt) und anschließend der Gesamtprozess der Schiefergasgewinnung damit gleichgesetzt wurde künftig jegliche Erdgasgewinnung mit dem Schreckensbegriff „Fracking“ versehen wird.

Dem Artikel ist zu entnehmen, dass die Stadt Templin das Vorhaben, nach Kohlenwasserstoffen zu suchen (!), ablehnt. Bürgermeister Detlef Tabbert (Die Linke) wird folgendermaßen zitiert:

„Erdgasförderung und Kurstadt – das passt nicht zusammen“

Und in einem Artikel des Senders RBB ist folgendes Zitat von Tabbert zu finden:

„Welcher Tourist möchte im Thermalwasser baden, wenn zehn Meter daneben vielleicht der Bohrturm steht?“

Es hat sicherlich niemand vor, mitten in Templin einen Bohrturm zu errichten und ganz gewiss nicht 10 Meter neben einem Thermalbad. Wie kommen Leute wie Tabbert, immerhin Bürgermeister einer Kleinstadt, dazu, sich zu derartigen hanebüchenen Äußerungen hinreißen zu lassen?

Kurz darauf schloss Kleinstadt Lychen schloss sich kurz darauf der ablehenden Haltung Templins an, wie der „Nordkurier“ in einem weiteren Artikel berichtet und abermals mittels des Artikelfotos „Fracking“ ins Spiel bringt.

Dabei steht noch nicht einmal fest, ob jemals ein Bohrturm errichtet wird. Denn bereits in der Frühphase der Exploration kann eine Aufsuchungserlaubnis zurückgegeben werden. Nämlich wenn sich bereits bei der Auswertung vorhandener Daten herausstellt, dass die Durchführung technischer Maßnahmen keinen Sinn hat. Aber auch nach einer Seismikkampagne, die ein strukturelles Abbild des Untergrundes erstellt, kann das Aufsuchungsverfahren abgebrochen werden, wenn im Untergrund keine Strukturen dokumentiert werden, die Erdöl- oder Erdgas in ausreichender Menge enthalten können.

Kohlenwasserstofflagerstätten in Norddeutschland. Innerhalb der Ellipse die sehr kleinen Vorkommen in Nordostbrandenburg. Quelle: http://www.clean-altmark.org (verändert)

Kohlenwasserstofflagerstätten in Norddeutschland. Innerhalb der Ellipse die sehr kleinen Vorkommen in Nordostbrandenburg. Quelle: www.clean-altmark.org (verändert)

Altdaten sind im Nordosten von Brandenburg definitiv vorhanden (siehe  Schretzenmayer 1998). Denn schließlich wurde nahezu das gesamte Gebiet der DDR intensiv auf Kohlenwasserstofflagerstätten exploriert. Explorationsziel war im nördlichen Brandenburg das „Rotliegende“. In ähnlicher paläostruktureller wie die großen Erdgasfelder in der Altmark wurde diese Formation intensiv untersucht. Es wurden lediglich kleine Erdgasvorkommen mit geringen Methangehalten (14 % bis 48 %) sowie die fast reine Stickstofflagerstätte „Rüdersdorf“ (N2-Gehalt 94 %) entdeckt, die mit Ausnahme von Rüdersdorf nicht genutzt wurden. (Schretzenmayr 1998). Diese kleinen Vorkommen im Norden und Nordosten Brandenburgs sind auf der nebenstehenden Karte als kleine rote Punkte erkennbar.

Dass das niederländische Unternehmen nach unkonventionellen Schiefergas- oder Schieferöllagerstätten suchen will, kann definitiv ausgeschlossen werden. Es fehlen die entsprechenden Gesteinsschichten, die eine Genese erlauben würden. Das geht aus der Studie „Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland“ der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hervor. „Fracking“ im großen Stil ist somit nicht möglich. Und auch die Bergbehörde von Brandenburg gibt „Entwarnung“ für die Durchführung von Hydraulic Fracturing in konventionellen Lagerstätten. Dern Chef Klaus Freytag im RBB-Artikel:

„Die Aussage, dass Fracking für gewisse Gasformationen nicht angewendet wird, steht. Die ist unumstößlich. Fracking wäre beim betreffenden Untersuchungsfeld auch fehl am Platze, man würde die Vorkommen damit sogar zerstören.“

 Somit bleibt zusammenfassend festzustellen, dass wieder einmal bereits in der Frühphase eines Kohlenwasserstoff-Aufsuchungsvorhabens sich Unmut regt bzw. das Vorhaben abgelehnt wird. Das ist sicherlich jahrelanger medialer Skandalisierung und Dramatisierung kleiner und mittlerer, aber letztendlich für Flora, Fauna und Mensch sehr wahrscheinlich ohne Folgen gebliebener umweltrelevanter Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Erdgasgewinnung in Deutschland zu verdanken.

Wie kaum anders zu erwarten war, wird abermals über „Fracking“ spekuliert, sowohl von den „betroffenen“ Gemeinden als auch zum Teil von den Medien. Das widerspricht jeglichen bereits vorhandenen geologischen Erkenntnissen. Doch offenbar ist es für Medien- sowie Volksvertreter zuviel verlangt, sich zunächst den Rat von Fachbehörden einzuholen, bevor spekuliert wird. Dann wäre auch klar geworden, dass aufgrund jahrzehntelanger Explorationserfahrungen kaum mit nennenswerten Erdgasvorkommen zu rechnen ist. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass bislang unbekannte Unternehmen in wenig aussichtsreichen Gebieten Aufsuchungserlaubnisse beantragen, womit sich die Frage des „Warum?“ stellt. Wir von „Erdöl und Erdgas in Deutschland“ stehen solchen Unternehmen äußerst skeptisch gegenüber.

Literatur:

Schatzsucher – Eine Chronik des Grimmener Erdölbetriebes 1961-1990: Erdöl und Heimat e.V. Reinkenhagen, 2. Auflage 2009

Schretzenmayr, Steffen: Erdöl-Erdgas-Exploration in Brandenburg – Historie, Ergebnisse, Kentnisgewinn In: Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge, S. 9-18, Kleinmachnow 1998