Der NABU und die unsaubere Begründung zur Dino-Preisverleihung 2014

Jährlich verleiht der Natuschutzbund Deutschland e.V. (NABU) den Negativpreis „Dinosaurier des Jahres“ an Personen, Unternehemen und Verbände, die nach Ansicht des Umweltschutzvereins sich „sowohl durch herausragende Einzelleistungen als auch durch die Summe ihres Gesamtwerkes in Sachen Umweltschutz als besonders antiquiert erwiesen haben“. Preisträger 2014 ist der Vorstandsvorsitzende von ExxonMobil Europe, Dr. Gernot Kalkoffen.

Hauptbegründung ist, dass Kalkoffen dass umstrittene „Fracking“-Verfahren (gemeint ist die etablierte Standardtechnologie Hydraulic Fracturing) nach Ansicht des NABU verharmlose und er Repräsentant einer rückwärtsgewandten Energiepolitik sei.

Der Preisträger bzw. das Unternehmen begegneten der Verleihung mit der nötigen Portion Humor und suchten per Internetaufruf nach einem Namen für die übrigens auf dem Postweg übermittelte Skulptur. Nach der Namensfindung wurde für den neuen Mitarbeiter „Frexxi“ ein eigener Twitteraccount eingerichtet, worauf sich als Folge eines Tweets einer Anti-Fracking-Gruppierung auf Twitter ein Schlagabtausch entspann, der darin gipfelte, dass der Umweltminister von Nordrhein-Westfalen kühn behauptete, ExxonMobil instrumentalisiere Kinder (siehe: Mitarbeiter des NRW-Umweltministers Remmel wirft via Twitter ExxonMobil Instrumentalisierung von Kindern in #Fracking -Debatte vor). Dieser Schlagabtausch war der Anlass, noch einmal beim NABU vorbeizuschauen und schließlich aufgrund der dort vorgefundenen, teilweise unterirdischen Begründung diesen Artikel zu verfassen. Übrigens: Zu einer persönlichen Übergabe trotz schriftlicher Einladung inklusive Dialogangebots fehlte dem NABU-Präsidenten Tschimpke anscheinend der Mut.

Stattdessen wird die Vergabe des Preises in Form eines ausführlichen Beitrages („Dino des Jahres“ für Gernot Kalkoffen) versucht zu rechtfertigen. Einerseits werden dazu bekannte Phrasen und Anschuldigungen in den Ring geworfen, wie z.B., dass zur Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen eine Abkehr von fossilen Rohstoffen hin zu einem „naturverträglichen Umbau der Energiewirtschaft“ erfolgen müsse, um letzten Endes die Energiewende zu einem Erfolgsmodell zu machen.

Dabei stellt sich die Frage, inwiefern sich das Zustellen der Landschaft oder von Meeresgebieten mit Windrädern und der Betrieb von Biogasanlagen inklusive der Begleiterscheinungen wie Vermaisung der Landschaft und der massive Anfall von grundwasserschädigendem Gärsubstrat mit dem Wort „naturverträglich“ vereinbaren lässt. Über die Gewinnung der Rohstoffe für Windkraftanlagenanlagen, Solarzellen oder Akkumulatoren als Speicher, die zumeist in Ländern mit fatal niedrigen Umweltstandards erfolgt, soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.

Andererseits werden Behauptungen aufgestellt, die jeglicher Grundlage entbehren:

Die Sichtweise von Exxon Mobil, die Erdgas als Brückentechnologie einordnet, ist aus NABU-Sicht nicht zielführend, da billiges Erdgas einen steigenden Energieverbrauch befördert. Außerdem entweicht bei einer Verdopplung oder gar Verdreifachung der Produktion von Erdgas auch entsprechend mehr Gas durch undichte Rohre in die Atmosphäre, wo sein Hauptbestandteil Methan als starkes Treibhausgas wirkt.

Ein Rohstoff als (Brücken-) Technologie zu bezeichnen ist schon grenzwertig. Doch wie kommt der NABU in dem Zusammenhang auf eine Verbilligung des Rohstoffes? Es heißt doch sonst immer aus den Reihen der Gegner inländischer Erdgasgewinnung, dass der Beitrag heimischer Produktion viel zu klein sei, um signifikant Einfluss auf die Preise zu nehmen. Und was die Methanemissionen angeht: Diese sind aufgrund der hohen Sicherheitsstandards und vor allem der kurzen Transportwege zum Verbraucher gering.

Anscheinend ist es dem NABU lieber, dass Erdgas über 5.000 Kilometer aus Russland mittels Rohrleitungen herantransportiert werden muss. Alternativ bestünde die Möglichkeit, Erdgas unter enormem energetischen Aufwand zu verflüssigen und aus solch sympathischen Staaten wie Katar über 1.000e Kilometer nach Europa zu verschiffen. Ich gehe dabei jede Wette ein, dass der NABU und Co. die ersten sind, die gegen die Errichtung von Anlandeterminals auf die Barrikaden gingen.

Die Argumentation des NABU diesbezüglich ist also sehr dünn, denn ein Substitut für Erdgas gibt es bislang und auf absehbare Zeit nicht. „Power to Gas“ steckt in den Kinderschuhen und ist weit von einer ökonomisch vertretbaren Anwendung entfernt. Fraglich ist, ob sich diese Technologie überhaupt jemals großtechnisch durchsetzen wird.

Doch diese von Umweltgruppen bekannte Argumentation ist nichts gegen das, was im Anschluss folgt. Konnte das bis hierher Diskutierte noch als Meinung angesehen werden, die es zu tolerieren gilt, wird im weiteren Verlauf der Rechtfertigung die Wiedergabe von Ansichten zugunsten von teils schamlosen Falschbehauptungen ausgetauscht. Vorgeworfen wird ExxonMobil, dass es seinem Geschäftsfeld treu bleibt statt in anderen Gebieten zu investieren. Daraufhin folgt eine stark tobakhaltige Aussage:

„Herr Kalkoffen hat die Förderung von Erdgas aus konventionellen und unkonventionellen Lagerstätten mehrmals als sicher bezeichnet, obwohl bereits die Erdgas-Förderung aus konventionellen Lagerstätten wiederholt Gefahren und Risiken verdeutlicht hat: durch Erdbeben, Lecks an Leitungssystemen und Grenzwertüberschreitungen giftiger Substanzen durch die Verpressung von Lagerstättenwasser. Für den NABU hat er sich diesen Preis mehr als verdient“, so Tschimpke.

Erdgasfördersonde Söhlingen-Ost Z4 chef79

Erdgasfördersonde Söhlingen-Ost Z4 ©chef79

In Anbetracht der gewonnen Energiemenge ist die Erdgasgewinnung in Deutschland als sicher anzusehen. Schwerwiegende Unfälle und Havarien sind in den letzten Jahrzehnten ausgeblieben. Ja, es gibt Erdbeben, die ziemlich sicher auf die Erdgasgewinnung zurückzuführen sind, doch sind dadurch eindeutig hervorgerufene Schäden bislang nicht bekannt. Austritte von Schadstoffen aus Lagerstättenwasserleitungen gab es auch, doch blieben sie auf das unmittelbare Umfeld begrenzt und es konnte trotz umfangreicher Untersuchungen keine Beeinträchtigung von Mensch und Natur nachgewiesen werden. Dass im Zusammenhang mit der Lagerstättenwasser-(LaWa-) Versenkung Grenzwertüberschreitungen von Schadstoffen festgestellt worden sind, ist dagegen eine freie Erfindung, um nicht zu sagen eine Lüge des NABU-Präsidenten.

Unmittelbar darauf verweist der NABU auf erhöhte Leukämieerkrankungen bei Männern in der Samtgemeinde Bothel in Niedersachsen, wo auch Erdgas gefördert wird. Durch die Formulierung

So hat eine Untersuchung des epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen im Auftrag des Landkreises Rotenburg/Wümme ergeben, dass Männer in der Samtgemeinde Bothel deutlich häufiger an Leukämie erkranken.

stellt der NABU einen Zusammenhang zur Erdgasförderung bzw. zu den erfundenen Grenzwertüberschreitungen im Zusammenhang mit der LaWa-Versenkung her. Dieser nach Ansicht des NABU bestehende Zusammenhang wird versucht weiter zu fundamentieren:

Der Untersuchung des Krebsregisters war im Mai 2014 der Nachweis durch den NABU-Kreisverband Rotenburg von 40- bis 70-fach erhöhten Werten der krebserregenden Substanzen Benzol und Quecksilber in der direkten Umgebung von zwei Erdgasförderstellen von ExxonMobil bei Söhlingen vorausgegangen. So ist es wahrscheinlich, dass die Krebsfälle mit der jahrzehntelangen Erdgasförderung zusammenhängen.

Und hier bringt der NABU das Fass endgültig mit Falschbehauptungen, ja glatten Lügen zum Überlaufen! Unwahrheit Nr. 1 ist es, dass der NABU-Kreisverband Rotenburg 40- bis 70- fach erhöhte Werte an Benzol und Quecksilber gemessen hat.

Messungen auf Benzol hat der NABU seinerzeit diversen Medienberichten, u.a. bei der „Rotenburger Rundschau“, überhaupt nicht vorgenommen. Stattdessen wurden lediglich in zwei von zwölf Proben Quecksilberwerte von 4,2 mg/kg Boden sowie 6,7 mg/kg Boden festgestellt. Die Proben wurden auf einem Ackersaum bzw. von der Sohle eines Grabens genommen. Der NABU hat es sich einfach gemacht, und den niedrichstmöglichen Referenzwert für Quecksilber, nämlich den Vorsorgewert für Sandböden herangezogen, der bei 0,1 mg/kg Boden liegt und anhand dessen einfach behauptet, dass „Grenzwerte“ um das 40- bis 70-fache überschritten worden sind.

Tatsächlich erreichte einer der beiden Werte nicht einmal den Maßnahmewert für Ackerland von 5 mg/kg. Der Prüfwert für das empfindlichste Nutzungsszenario Kinderspielflächen beläuft sich übrigens auf 10 mg Quecksilber pro kg Boden (Quelle: Untersuchungsergebnisse zur Quecksilberbelastung an Erdgasförderstellen), der von beiden Werten deutlich unterschritten wurde. Aber mit einer differenzierten, sich auf Rechtsnormen berufenden Betrachtung lässt sich offenbar nicht die erwünschte Stimmung erzeugen.

Sondern anscheinend nur mit Unwahrheiten! Denn nirgendwo ist zu erfahren, dass die punktuell gemessenen Quecksilberkontaminationen und schon gar nicht nichtgemessene Benzolkontaminationen die wahrscheinliche Ursache für die erhöhten Krebsraten in der Samtgemeinde Bothel sind, wie es der NABU darstellt. Denn in dem Bericht des epidemiologischen Krebsregisters heißt es:

Aussagen zur Ursache von lokalen Krebshäufungen sind mit Analysen, die sich ausschließlich auf Krebsregister – Routinedaten beziehen, nicht möglich. Insofern ist es notwendig, dass Folgeuntersuchungen durchgeführt werden, um der Frage nach zu gehen, welche Faktoren oder besonderen Umstände diese Erhöhung hervorgerufen haben könnten.

Der NABU ist dabei anscheinend schlauer als das epidemiologische Krebsregister und nimmt Quecksilber als die wahrscheinliche Ursache für die erhöhte Leukämierate in der Samtgemeinde Bothel an. Dabei konnte ich trotz intensiver Recherche keinen Hinweis darauf finden, dass Quecksilber als krebserregend, speziell leukämieerzeugend gilt. Aber vielleicht weiß der NABU auch hier besser bescheid als die Medizin.

Aus weltanschaulichen Gründen und dabei mit Hilfe einer dürftigen Argumentation einen Negativpreis zu verleihen ist das Eine. Falsche Behauptungen aufzustellen, um die Verleihung zu rechtfertigen ist das andere. An Krebs erkrankte Mitmenschen dafür zu instrumentalisieren ist das Allerletzte! Auch wenn manch Betroffener aus der Samtgemeinde Bothel dieses Spiel mitspielt.

Kleiner Seitenhieb zum Schluss: Es spricht nicht gerade für dei Recherchequalitäten des NABU, wenn statt einer Erdgasförderstelle der ExxonMobil Production Deutschland GmbH eine der RWE-Dea AG zur Illustrierung des Artikels verwendet wird.

Bildquelle: chef79