Regionale Lebensmittel? „Ja gerne!“ – Regionales Erdöl und Erdgas? „Nein Danke!“

Immer wieder gibt es im Internet bei bedeutendenden und als seriös geltenden Medien Artikel zu lesen, in denen es um (vermeintliche) Lebensmittelskandale speziell oder ganz Allgemein um Lebensmittelproduktion geht. Sofern ein Forum oder eine Kommentarfunktion verfügbar ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Kommentator auftaucht, der erwähnt, sich (fast) ausschließlich saisonal und regional mit Lebensmitteln zu versorgen.

Dieses Verhalten, sich (vorwiegend) in dieser Art und Weise zu ernähren wird damit begründet, sich um das  Wohl der Umwelt und des Weltklimas (!) zu sorgen und beides schützen zu wollen. Als vorrangiges Argument dazu dient vor allem, dass durch den Konsum „regional“ produzierter Lebensmittel Transportwege eingespart werden. Dabei ist der Begriff „regional“ allein schon schwer zu fassen, denn was unter einer Region zu verstehen ist, ist nicht eindeutig definiert.

So kann unter einer Region beispielsweise das unmittelbare Umfeld einer Großstadt verstanden werden. Als Kriterium für die Begrenzung dieser Region könnten die Außengrenzen der sie umgebenden Landkreise herangezogen werden (Administrationskriterium). Unter einer Region kann jedoch auch eine Landschaft verstanden werden, wie z.B. die Altmark im Norden von Sachsen-Anhalt ohne fest definierte Grenzen oder das bundesländerübergreifende Münsterland, welche durch eine gewisse landschaftliche Einheitlichkeit charakterisiert sind (Homogenitätskriterium). Selbst politisch-wirtschaftliche Zusammenschlüsse wie die Europäische Union können als Region verstanden werden (Funktionalitätskriterium). Um die Sache zu verkomplizieren: Zwischen den einzelnen Kriterien kann es zusätzlich zu Überschneidungen kommen.

Im allgemeinen Sprachgebrauch dürfte unter „Region“ der alltägliche Aktionsradius einer Individualperson verstanden werden, wobei dieser abhängig von der eigenen Mobilität sowie der von ihr akzeptierten Mobilität der Zulieferer sein dürfte. Bei umweltbewussten Personen wäre somit das Flugzeug ausgeschlossen, während LKW und PKW noch hinnehmbar sein könnten.

Ein weiteres Argument der Verfechter regionalen und saisonalen Lebensmittelkonsums ist die Stärkung der Wirtschaft im näheren Umfeld. Nachvollziehbar, denn es gibt wohl kaum jemanden, dem nicht am wirtschaftlichen Wohl der Heimat gelegen ist. Schließlich profitiert jeder einzelne von ökonomischer Stärke. Denn Wirtschaftskraft bedeutet: Eine gut ausgebaute Infrastruktur, womit nicht ausschließlich die Verkehrsinfrastruktur gemeint ist, sondern beispielsweise auch die kulturelle.

Gegen eine Saisonalität in der Ernährung ist prinzipiell ebensowenig einzuwenden. Oftmals liegt das in der Natur der Sache. Denn wem schmeckt schon ein deftiger Weißkohleintopf im Hochsommer bei 30 Grad im Schatten?  Doch die streng dogmatische Kombination aus Beidem ist abzulehnen, wie alles sonstige Dogmatische ebenso.

Völlig anders verhält es sich inzwischen vielerorts in Deutschland, wenn es um die Versorgung von Erdöl und insbesondere um Erdgas geht. Deren regionale Gewinnung wird oftmals sogar von zahlreichen Mitbürgern abgelehnt, vor allem dann, wenn neue Projekte anberaumt werden. Plötzlich gelten die bei der regionalen Lebensmittelversorgung angeführten Argumente nicht mehr.

Wir erinnern uns: Eines der Hauptargumente derjenigen, die sich mit regional erzeugten Lebensmiteln versorgen, sind die kurzen und damit energiesparenden Transportwege. Ein durchaus zutreffendes Argument, das selbstverständlich auch für den Transport für Erdöl und Erdgas gilt.

So muss Erdgas, das aus Russland importiert wird, über mehrere tausend Kilometer per Pipeline transportiert werden. Damit das gelingt, ist es notwendig das Erdgas etwa alle 150 Kilometer unter hohem Energieaufwand in Kompressorstationen zu verdichten. Noch energieaufwendiger ist der LNG-Transport per Schiff. LNG steht für Liquified Natural Gas, also für verflüssigtes Erdgas. Um Erdgas vom gasförmigen in den flüssigen Aggregatzustand zu überführen, muss es auf unter -160°C gekühlt werden. Bei diesem Prozess werden zwischen 10 und 25 Prozent des Energiegehaltes des Erdgases benötigt (Quelle: Wikipedia).

Das bedeutet, dass diese Menge nicht anderweitig genutzt werden kann, z.B. zum Heizen oder als Grundstoff für die chemische Industrie. Energetische Verluste in dieser Größenordnung, beim Pipelinetransport aus Russland sollen ca. 15 Prozent der Energiemenge des Gases benötigt werden, fallen in Deutschland selbstverständlich nicht an. Denn das Erdgas wird nah am Gewinnungsort verbraucht. Teilweise wird das Erdgas Verbrauchern direkt zugeleitet, wie z.B. vom Erdgasfeld „Rehden“ nach Georgsmarienhütte zum dortigen Stahlwerk oder sogar unmittelbar neben der Bohrung zur Stromerzeugung genutzt, wie z.B. auf der thüringischen Erdgaslagerstätte Langensalza (siehe Artikelfoto).

Für im Inland gewonnens Erdöl gilt Ähnliches. Die Transportwege zu den Verarbeitungsstätten, also zu den Raffinerien erstrecken sich von Ausnahmen abgesehen über mehrere 10er bis wenige 100 Kilometer. So wird das im Emsland und in der Grafschaft Bentheim produzierte Erdöl in der Raffinerie Emsland in Lingen verarbeitet. Erdöl aus den Lagerstätten im Oberrheingraben wird nach Karlsruhe gebracht und das im einzigen Offshore-Feld „Mittelplate“ vor der schleswig-holsteinischen Westküste gewonnene Erdöl wird direkt zum Verbraucher Sasol nach Brunsbüttel sowie zur Raffinerie Heide per Pipeline verbracht.

Durch die Produktion von Erdöl und Erdgas vor der Haustür wird selbstverständlich auch die regionale Wirtschaft gestärkt. Das geschieht auf verschiedene Art und Weise. Insbesondere dort wo größere Lagerstätten idealerweise konzentriert vorkommen, siedelns sich neben den Förderbetrieben auch sogenannte Serviceunternehmen an, deren Dienstleistungen unmittelbar für die Gewinnung von Erdöl und Erdgas benötigt werden.

Als historisches Beispiel ist Celle bekannt, in dessen Umgebung die ersten bedeutenden Erdöllagerstätten Deutschlands aufgeschlossen worden sind. In Celle siedelten sich verschiedene Serviceunternehmen wie die ITAG, Halliburton, Koller etc. an. Noch heute gilt Celle als das Klein-Houston von Deutschland. Hinzu kommt, dass mehrere dieser Firmen auch Geschäftsfelder außerhalb der Erdöl-Erdgas-Branche entwickelt haben.

In Abhängigkeit der jeweiligen Unternehmenspolitik zahlen die Förderunternehmen dort wo sie tatsächlich Erdöl und Erdgas produzieren in bedeutendem Maße Gewerbesteuern, wie z.B. ein Artikel der „Rotenburger Rundschau“ aus dem Jahr 2008 verrät:

Klingt komisch, ist aber so: Die Samtgemeinde Bothel ist so reich, dass sie Geld ans Land bezahlen muss. Das gilt jedenfalls für das Jahr 2008 und hat in erster Linie mit Erdgas zu tun. Denn: die Firma Exxon-Mobil musste ein größere Summe Gewerbesteuern nachzahlen.

Weitere fiskalische Beiträge werden infolge inländischer Erdöl- und Erdgasproduktion in Form der Förderabgabe geleistet, die Jahr für Jahr einen höheren dreistelligen Millionenbetrag dem Länderfinanzausgleich zuführt. Im Jahr 2008 wurden sogar die Milliardengrenze überschritten (Quelle: WEG Jahresbericht 2009).

Ursächlich für die Ablehnung der Kohlenwasserstoffgewinnung vor der Haustür dürften bei den Kritikern Schadstoffaustritte sein. Diese geschahen vor allem an Transportleitungen von Lagerstättenwasser sowie im Umfld von Plätzen, auf denen ausgemusterte Anlagenteile gereinigt worden sind. Bedenkenswerte Schadstoffimmissionen aufgrund der laufenden Förderung konnten jedoch nicht nachgewiesen werden und können dementsprechend auch nicht von den Gegnen benannt werden.

Damit sollen aber nicht die eingetretenen Kontaminationen verharmlost werden, auch wenn diese durch Medien und Bürgerinitiativen in unsachlicher Art und Weise unverantwortlich dramatisierend überzeichnet wurden und werden.

Doch im Gegensatz zur Förderung im Ausland und ihren teils gravierenden umweltrelevanten Nebenerscheinungen hat die Förderung von Erdöl und Erdgas im Inland den Vorteil, dass hohe Umweltauflagen dafür sorgen, Umweltverschmutzungen nahezu auszuschließen. Sofern diese dennoch eintreten sollten, werden sie zügig beseitigt. Und zwar zu Lasten des Verursachers und nicht zu Lasten der Allgemeinheit, wie es gerne von Gegnern unterstellt wird. Die jahrzehntelange Förderung von Erdöl und Erdgas in Deutschland hat bewiesen, dass diese ohne gravierende Umweltbeeinträchtigungen durchgeführt werden kann und wird.

Abschließend bleibt festzustellen, dass die Argumente, die von den Befürwortern des Konsums regional erzeugter Lebensmittel ebenso für die regionale Produktion von Erdöl und Erdgas gelten:

Durch kurze Transportwege wird Energie eingespart bzw. kann anderweitig sinnvoller genutzt werden. Auf verschiedene Art und Weise wird die regionale Wirtschaft gestärkt. Und durch die Regionalität herrscht ein gewisses Maß an Transparenz, was soviel bedeuten soll, dass weder die regionalen Lebensmittelproduzenten noch die Erdöl-Erdgas-Produzenten machen können, was sie wollen, da sie ständig unter Beobachtung stehen. Umso unverständlicher ist es, dass eine regionale Bereitstellung und Versorgung mit Lebensmitteln von umweltbewussten Mitbürgern befürwortet, eine Gewinnung von Erdöl und Erdgas vor der Haustür trotz deckungsgleicher Argumente von diesen Mitbürgern abgelehnt wird.

Es ist im Übrigen purer Zufall, dass der Wirtschaftsverband Erdöl und Erdgasgewinnung den Artikel „Sie bevorzugen regionale Produkte? Wir auch.!“ kürzlich veröffentlichte. Die Auseinandersetzung mit dem Thema erfolgte jedoch auf andere Art und Weise. Ihn ergänzend zu diesem Beitrag zu lesen kann deshalb nur empfohlen werden.