Einstellung eines naturwissenschaftlich-technischen Projektes dank Lobbyismusvorwürfen eines Lobbyvereins

Seit mehreren Jahren kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass mathematische, ingenieurtechnische und naturwissenschaftliche Themen in Deutschland oftmals mit der Kneifzange angefasst werden. Das hat zur Folge, dass sich im MINT-Bereich Nachwuchskräfte sich rar machen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind Unternehmen aus diesem Bereich Kooperationen mit Schulen eingegangen, um das Interesse für diese Themen zu wecken.

Eine solche Kooperation ist auch zwischen der inländischen Erdöl- und Erdgasindustrie und Schulen in Niedersachsen eingegangen worden. Die Ziele des Projektes sind durch den Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG) folgendermaßen formuliert und definiert worden (WEG-Nachwuchsprojekt):

  • Stärkung des Interesses Jugendlicher an technischen und naturwissenschaftlichen Themen und Studiengängen
  • Stärkung des Interesses Jugendlicher an einem Arbeitsplatz in der E&P-Industrie
  • Bereitstellung von Informationen über die Erdöl- und Erdgasproduktion in Schulen
  • Ermöglichung von Einblicken in die praktische Arbeit der Unternehmen vor Ort
  • Darstellung der Unternehmen als Partner vor Ort durch die Unterstützung örtlicher Schulen

Vor allem der dritte Punkt dürfte dem politisch linkslastigen und vermutlich dunkelgrünen Verein LobbyControl – Initiative für Transparenz und Demokratie e.V. (LC) missfallen haben. Anders lässt sich der Kommentar „ExxonMobil fliegt von der Schule – Unsere Kritik an Schulkooperation hat endlich Erfolg, auf den der Verfasser übrigens via Twitter durch den ebenfalls linkslastigen und dunkelgrünen ARD/WDR „Energieexperten“ Jürgen Döschner aufmerksam gemacht wurde, nicht erklären.

LC sieht in dem Kooperationsprojekt „fragwürdige Folgen“. Welche das sein sollen, wird dem Leser der Stellungnahme jedoch vorenthalten. Stattdessen wird Folgendes an den Pranger gestellt:

Als Ziele werden darin u.a. die „Verbesserung der Reputation der Branche“ und eine „Versachlichung der Darstellungen über die Erdöl- und Erdgasproduktion in Schulen“ genannt.

In Anführungszeichen gestellte Zitate sollen diese normalerweise unverändert wiedergeben. Das ist hier nicht der Fall. Denn die Teilüberschrift auf Seite 52 der Broschüre Dokumentation Pilotprojekt Schulkooperation lautet: „Ziel: Verbesserung der Akzeptanz und der Reputation.“

Das unter dieser Teilüberschrift stehende lässt sich nicht mit der Interpretation von LC vereinbaren, da LC die falsch zitierte Teilüberschrift nicht im Kontext betrachtet. Was an einer Versachlichung der Darstellungen der Erdöl-Erdgas-Industrie bei all der Unsachlichkeit in den letzten Jahren verwerflich sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Behauptung, dass ExxonMobil „sogar 10.000€ pro Jahr“ an die beteiligten Schulen überwiesen haben soll, wird vorsichtshalber nicht belegt.

Stattdessen begründet LC ihren Aktivismus so:

Hinzu kommt, dass die Kooperationen in einer Gegend stattfinden, in der die umstrittene Fracking-Technik vermehrt zum Einsatz kommt. Bis heute ist das einer der deutlichsten Fälle von Lobbyismus an Schulen.

Halten wir uns im Gegensatz von LC an die Fakten. Seit 2011 wurden in Niedersachsen keine Fracarbeiten mehr durchgeführt. Von einem vermehrten Einsatz kann also keine Rede sein. Ursächlich hierfür ist nicht etwa, dass für Fracjobs kein Bedarf besteht. Im Gegenteil: Fracarbeiten werden aus rein politischer Willkür trotz unveränderter Gesetzeslage nicht genehmigt. Das muss man sich einmal vergegenwärtigen!

Ferner findet die Kooperation in Gegenden statt, in denen die Unternehmen bzw. ihre Vorgängergesellschaften seit Jahrzehnten aktiv sind und es auch bleiben wollen. Dementsprechend ist es logisch, dass dort die Kooperation angestrebt wurde und eingegangen worden ist. Denn zu den Zielvorgaben des Projektes zählt die Begeisterung für naturwissenschaftlich-technische Themen und damit einhergehend die Anwerbung neuer Mitarbeiter.

LC schreibt in seiner Stellungnahme weiter:

Jetzt ist endlich Schluss mit dem umstrittenen Projekt.

Ist das Projekt wirklich umstritten, wie LC behauptet? Eher nicht, wenn man den Artikel weiter liest. Denn dort steht weiter unten:

Nach Informationen des WEG streben jedoch viele der Schulen und Kooperationspartner aufgrund der “positiven Resonanz” an, die Zusammenarbeit fortzuführen.

Zwischen den Kooperationspartnern bestehen somit offenbar keine gravierenden Differenzen, die die Interpretation von LC rechtfertigen, dass das Projekt umstritten sei. Es sind einzig und allein intolerante Gruppierungen, die die Zusammenarbeit kritisieren.

Überhaupt prangert LC die Kooperation nach eigenen Aussagen erst seit 2013 an. Dabei lief das Projekt zu diesem Zeitpunkt bereits seit fünf Jahren. In diesem halben Jahrzehnt hatte sich offenbar niemand an der Kooperation gestört. Es musste erst ein Verein namens LobbyControl auftreten, um die laut WEG-Broschüre „Dokumentation des Pilotprojektes Schulkooperation“ durchaus spannenden und anspruchsvollen Projekte zu attackieren.

Denn naturwissenschaftliche und technische Ausbildung mit Unterstützung von Großunternehmen ist nach Ansicht von Non-Government-Organisations (NGO) wie LobbyControl unredlich und gehört demzufolge verboten. Gegen die von NGO wie dem WWF oder NABU gesponsorten Schulhefte/Collegeblocks gibt es hingegen keine Einwände.

Im übrigen ist Lobbying ein schwer zu fassender Begriff. Letztendlich bedeutet er wohl Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger. Genau diese Einflussnahme ist möglicherweise LC gelungen, obwohl sie sich doch vehement gegen Lobbying aussprechen. Dieser faktische Widerspruch ist der Gruppierung offenbar nicht bewusst.

In  Niedersachsen wurde übrigens mit ähnlichen „Argumenten“ unter der gegenwärtigen Regierung aus SPD sowie Bündnis90/Die Grünen das Projekt „HannoverGen“ eingestellt.

Dass mathematisch-naturwissenschaftliche Themen in Kooperation mit Unternehmen Schülern nähergebracht werden gilt in diesem Staat offenbar als verwerflich und resultierende Verbote von Forschung und Entwicklung sowie von etablierten Technologien haben totalistische Züge. Das ist befremdlich in einem Staat, der sich als freiheitlich und demokratisch verfasst sieht.