Grüner Gesetzesentwurf für ausnahmsloses „Fracking“-Verbot – Was interessieren sie Fakten?

Thema Fracking: Fracbehandlung einer Erdgasbohrung in Niedersachsen

Die Partei Bündnis 90/Die Grünen (B90/Grüne) hat sich in den letzten Jahren den Ruf als „Gebots- und Verbotspartei“ erarbeitet. Selbst will die Partei davon nachvollziehbarerweise nichts wissen. Denn wer ist schon stolz auf ein negativ belastetes Markenzeichen? Dass der Ruf gerechtfertigt ist, belegt u.a. die Forderung nach einem „ausnahmslosen „Fracking“-Verbot“, welches jeder wissenschaftlicher Grundlage entbehrt. Diese Forderung ist in einem Änderungsentwurf zum Bundesberggesetz (BBergG) manifestiert worden, der am 26.02.2016 im Bundestag debattiert wurde. Dieser Entwurf soll an dieser Stelle kritisch kommentiert werden.

Wissenschaftliche Erkenntnisse rechtfertigen kein „Fracking“-Verbot

Die Einbringung eines eigenen Gesetzesentwurfes zur Änderung des BBergG, der das in Fachkreisen als „wissenschaftlich-technische Standardtechnologie“ (Prof. Dr. Mohammed Amro, TU Bergakademie Freiberg) angesehene Hydraulic Fracturing (umgangssprachlich „Fracking“) verbieten soll, begründen B90/Grüne mit der bislang nicht erfolgten Einigung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung der Fracking-Technik. Diesen Zustand der Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten bezeichnet die Partei zu Recht nicht für haltbar, jedoch selbstverständlich aus einer anderen Perspektive als die Erdöl-Erdgas-Industrie. Unter Uminterpretation oder gar Ignoranz fachlicher Expertise fordert die vermeintliche Umweltschutzpartei „ein eindeutiges Verbot der Fracking-Technik in Deutschland, um den Anforderungen an den Schutz von Umwelt und betroffenen Menschen besser gerecht werden.“

So stünden angeblich zahlreiche private und öffentliche Belange mit der Technik in Konflikt. Auf welche Belange sich B90/Grüne dabei berufen, verschweigen sie vorsichtshalber. Denn es dürften kaum private und öffentliche Belange einer Technik gegenüberstehen, die im Wesentlichen kilometertief unter der Erde und außerhalb der Biosphäre durchgeführt wird. Stattdessen wird von einem geringen Nutzen durch den Einsatz des Fracverfahrens fabuliert. Tatsächlich sind seit 1947 weltweit 2 bis 3 Millionen Fracmaßnahmen durchgeführt worden, um die Gewinnung von Erdöl und Erdgas zu ermöglichen bzw. zu optimieren. Zudem sind weltweit ca. 60 Prozent aller Erdöl- und Erdgasbohrungen im Laufe ihrer Existenz einer oder gar mehrerer Fracbehandlungen unterzogen worden. Der Nutzen des Hydraulic Fracturing für die Rohstoffversorgung ist somit enorm!

Nullrisiko gibt es nirgends

Dass eine Technik, bei der schwere Maschinen zum Einsatz kommen und bei der mit hohen Drücken gearbeitet wird, nicht frei von Risiken ist, steht außer Frage. Nur das sind andere Techniken zur Rohstoffgewinnung auch nicht. Entscheidend für die Bewertung von Risiken ist die Eintrittswahrscheinlichkeit von Unfällen oder Störungen. Diesbezüglich ist die Bilanz der Fractechnik bemerkenswert positiv (siehe unten). B90/Grüne sprechen in ihrem Pamphlet jedoch von „erheblichen Risiken“ und führen folgende an:

  1. Verunreinigungen des Grundwassers
  2. seismische Erschütterungen, also Erdbeben
  3. (vermeintlich) ungeklärte Entsorgung von Lagerstättenwasser
  4. Verdacht (!), dass erhöhte Krebsraten in Erdöl- und Erdgasgewinnungsgebieten auf die Gewinnung der Rohstoffe zurückzuführen seien
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Fracbehandlung der Erdölbohrung „Barth 11“ in Vorpommern im Sommer 2014. Bislang letzte Fracbehandlung einer Kohlenwasserstoffbohrung in Deutschland. Bildquelle: CEP

Zu 1. ist zu sagen, dass es bis heute trotz millionenfacher Anwendung des Fracverfahrens keine Nachweise gibt, in denen Grundwasserkörper dadurch verunreinigt worden sind. Selbst die als äußerst streng bekannte Environmental Protection Agency (EPA) konnte nach jahrelanger Untersuchung keine systematische Verunreinigung von Trinkwasserressourcen durch Hydraulic Fracturing nachweisen. Dabei hatte die EPA sowohl den Trinkwasser- als auch den „Fracking“-Begriff weit über die eigentlichen Definitionen ausgelegt (Assessment of the Potential Impacts of Hydraulic Fracturing for Oil and Gas on Drinking Water Resources).

Seismische Erschütterungen als Folge von Fracarbeiten (2.), die an der Oberfläche verspürt worden sind oder gar zu Schäden geführt haben, sind kaum bzw. nicht dokumentiert. Gerne wird in zahlreichen Medien zwar behauptet, dass die Häufung von Erdbeben in Oklahoma auf „Fracking“ zurückzuführen ist, jedoch widerspricht der United States Geological Survey (USGS) dieser Behauptung. Verantwortlich wird die Entsorgung von Abwässern aus der Erdöl- und Erdgasgewinnung ganz allgemein gemacht, wobei die Versenkung gebrauchter Fracfluide dabei einen vernachlässigbar kleinen Anteil ausmacht. Somit existiert selbst ein indirekter Zusammenhang zum „Fracking“ quasi nicht (Erdbeben, Abwasserentsorgung und Hydraulic Fracturing).

Bezüglich Punkt 3 ist zu sagen, dass die Entsorgung von Lagerstättenwasser (LaWa) seit Jahrzehnten geklärt ist. Dass aufgrund seiner hohen Salzfracht schwer zu reinigende Wasser wird entweder in ebenfalls salzwasserführende Gesteinsschichten oder aber in ausgeförderte, ebenso durch Salzwasser  erfüllte Erdöl- und Erdgaslagerstätten injiziiert. Nur weil dieses bewährte Konzept nicht begründbare Ressentiments in Kreisen von Erdgasgewinnungsgegnern hervorruft, bedeutet das nicht, dass die Entsorgungsfrage „ungeklärt“ sei. Zudem stellt sich die Frage, inwiefern das natürliche Vorkommen von LaWa im Zusammenhang mit der Technik des Hydraulic Fracturing in Zusammenhang steht. Die Antwort ist simpel: Es besteht keiner.

Was Punkt 4 betrifft, soll an dieser Stelle auf den Artikel „Erdgasförderung und Blutkrebs in der Region Rotenburg – Was gegen einen Zusammenhang spricht“ verwiesen werden. Aus Sicht des Verfassers ist es geschmacklos und inakzeptabel, an Krebs Erkrankte, deren Erkrankungsursache absolut ungeklärt ist, für eine politische Agenda zu missbrauchen. Zudem erschließt sich der Zusammenhang mit der Fractechnik abermals nicht.

 Was in der Argumentation für ein „Fracking“-Verbot nicht fehlen darf, ist der sogenannte „Klimawandel“. Auf die Pariser Klimaschutzkonferenz im Dezember 2015 und auf dessen unverbindliche Beschlüsse verweisend, argumentiert B90/Grüne, dass es den gefassten Beschlüssen widerspricht, fossile Energieträger unter Anwendung „risikoreicher“ Verfahren „aus dem Boden zu pressen“. Nun, dass das Verfahren „risikoreich“ sei, kann als großzügig ausgelegte Interpretation angesehen werden. Dass dabei Erdöl oder Erdgas aus Gesteinsschichten weit unterhalb geowissenschaftlich als „Boden“ definierter Bereiche „herausgepresst“ werden, zeugt vom Unverständnis der Technik, die die Partei gerne verbieten möchte und zeigt zudem erhebliche naturwissenschaftliche wie technische Defizite auf.

Auf Basis der angeführten Punkte möchte B90/Grüne ein auch in Deutschland seit Jahrzehnten angewendetes Verfahren verboten wissen. Dieses „Fracking“-Verbot soll die Rechtsunsicherheit hinsichtlich dessen Anwendung beenden. Dabei ist die Rechtsunsicherheit einzig und allein Folge einer emotionalisierten, nicht faktenbasierten Debatte. Erstaunlicherweise soll sich das „ausnahmslose“ Verbot jedoch nur gelten, wenn es der Gewinnung von Erdöl und Erdgas dient. Andere Bereiche, in denen das Verfahren Anwendung findet, wie z.B. die Erzeugung von Risssystemen im Zusammenhang mit der Nutzbarmachung tiefer Geothermie (Hot Dry Rock) sind von der „ausnahmslosen“ Verbotsforderung ausgenommen. Schließlich handelt es sich dabei um „erneuerbare Energie“ und für diese gelten bei quasi gleichen Risiken offenbar andere Maßstäbe.

Artikelfoto: Erdgasbohrung wird einer Fracmaßnahme unterzogen. Bildquelle: WEG e.V.