Thüringer Erdgasfeld Behringen wird zurückgebaut

Nicht Erdgasfeld Behringen, sondern Langensalza

Der breiten Öffentlichkeit dürfte kaum bekannt sein, dass im „Grünen Herz Deutschlands“ Thüringen Erdgas gefördert wird. Dabei sind die dortigen Lagerstätten die ältesten bekannten Deutschlands. Lediglich der Zufallsfund Neuengamme in Hamburg datiert noch weiter zurück. Relativ spät wurde eine Lagerstätte knapp 20 Kilometer östlich de Wartburgstadt Eisenach entdeckt und zum Erdgasfeld Behringen ausgebaut.

Historische Entwicklung der Kohlenwasserstofferkundung in Thüringen

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Erdgasfördersonde Mühlhausen 2. Im Hintergrund Verfüllung der Bohrung Mühlhausen 4. © S. Arndt, Mai 2016

Wie einleitend kurz erwähnt ist Thüringen, genauer das Thüringer Becken, Deutschlands älteste Erdgasprovinz. Bereits 1932 wurden die Lagerstätten Mühlhausen und Langensalza entdeckt. Hintergrund der Erkundungstätigkeit ist ein untertägiger Erdgas- und Erdölausbruch im von der Wintershall betriebenen Kalischacht „Volkenroda“ im Jahr 1930. Dieser Zufallsfund war somit nicht nur der Auftakt für das Erdöl- und Erdgasgeschäft des damaligen Salzproduzenten Wintershall, sondern auch der Suche nach Erdöl und Erdgas im Thüringer Becken. Abgesehen von einer Ausnahme erfolgte jedoch keine Nutzung des Erdgases. 1)Martick, R. & Weih, P.: Erdgas in Thüringen, Thüringer Energie AG, Erfurt 2015

Das änderte sich ab den 1950er Jahren in der von Rohstoffknappheit gebeutelten DDR. Zudem wurde die Suche nach weiteren Lagerstätten intensiviert. Im Ergebnis wurden die Lagerstätten Kirchheilingen (1958), Allmenhausen (1960) sowie die zum Erdgasfeld Behringen ausgebaute aufgeschlossen. Danach konnte nur noch die kleine Lagerstätte Fahner Höhe (1963) in Produktion gesetzt werden. der Lagerstätte Krahnberg bei Gotha, 1965 entdeckt, blieb der wirtschaftliche Erfolg versagt. Grund dafür ist offenbar der hohe Anteil von Kohlendioxid (52,9 %) bei gleichzeitig geringem Methangehalt von nur 26,7 % gewesen.2)Martick, R. & Weih, P.: Erdgas in Thüringen, Thüringer Energie AG, Erfurt 2015

Nach dem Zusammenbruch der DDR gab es lediglich mit der nicht fündigen Bohrung „Sprötau Z1“ einen weiteren Versuch, Kohlenwasserstoffe im Thüringer Becken aufzuschließen.3)Erdöl- und Erdgasreserven in der Bundesrepublik Deutschland am 01.01.1996 Angedachte Explorationsaktivitäten auf unkonventionelle Lagerstätten durch das Unternehmen BNK Petroleum wurden aufgrund der „Fracking“-Debatte nicht umgesetzt. Dabei wollte das Unternehmen verschiedenen Quellen zufolge in Thüringen das Fracverfahren nicht einsetzen. 4)BNK will mit Erdgas-Erkundung beginnen 5)www.bnkpetroleum.com/deutschland

Man ging davon aus, dass natürliche Risse in den potenziellen Speicherhorizonten ausreichend für einen wirtschaftlichen Gaszufluss seien. Doch in unserer Zeit, die oft und nicht zu Unrecht als „postfaktisch“ bezeichnet wird, glaubt man eher den Spekulationen von Bedenkenträgern als denen von Fachleuten.

Gegenwärtig wird in Thüringen noch aus den Lagerstätten Mühlhausen, Langensalza, Kirchheilingen sowie Fahner Höhe Erdgas gefördert.6)Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2015 Der Energieträger wird dezentral in Blockheizkraftwerken bzw. Gas- und Dampf-Kraftwerken dezentral verstromt und zur Wärmegewinnung genutzt.7)Martick, R. & Weih, P.: Erdgas in Thüringen, Thüringer Energie AG, Erfurt 2015

Geschichte Erdgasfeld Behringen

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Erdgasfördersonde Langensalza 16. Gebohrt 1958. ©S. Arndt, Mai 2016

Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt erfolgte der Aufschluss der Lagerstätte Behringen 1962. Mit einem Methangehalt von ca. 50 Prozent bewegte es sich energetisch im Mittelfeld thüringischer Erdgase. Nach Angaben der Broschüre „Erdgas in Thüringen“ wurde die Lagerstätte mit 11 fündigen Bohrungen zum Erdgasfeld Behringen ausgebaut.8)Martick, R. & Weih, P.: Erdgas in Thüringen, Thüringer Energie AG, Erfurt 2015 1968 wurde westlich des Ortes Brüheim die Feldstation in Betrieb genommen. Dort wurde das Erdgas der umliegenden Bohrungen gesammelt und für die Fortleitung aufbereitet. Zu Spitzenzeiten waren es 250.000 m³ pro Tag. Infolge sinkenden Lagerstättendrucks wurde 1986 eine Verdichterstation installiert 9)Rückbau der ehemaligen Feldstation Behringen der EEG -Erdgas Erdöl GmbH bei Brüheim/Landkreis Gotha.

Mit der Erschließung der thüringer Erdgaslagerstätten entstand ein regionales Verteilungsnetz, über welches  die Verbraucher u.a. in Erfurt, Eisenach, Mühlhausen und Nordhausen versorgt werden konnten. Im wesentlichen handelte es sich hierbei um Industrie- und Landwirtschaftsbetriebe. Bis zur Einstellung der Förderung 1999 wurden zuletzt das Malzwerk Erfurt, der Pressen- und Scherenbau Erfurt sowie die Erfurter Heizwerke aus dem Erdgasfeld Behringen versorgt10)Martick, R. & Weih, P.: Erdgas in Thüringen, Thüringer Energie AG, Erfurt 2015.

Aus Sicht des Verfassers ist die Einstellung des Förderbetriebes nicht nachvollziehbar. Immerhin wurden 1998, dem letzten Jahr ununterbrochener Fördertätigkeit aus sieben Sonden über 40 Millionen Kubikmeter Erdgas gewonnen. Das entspricht einer durchschnittlichen Kapazität von 5,7 Millionen Kubikmetern pro Sonde. Zum Vergleich: Im selben Jahr wurden in Mühlhausen durchschnittlich 4,4 Millionen Kubikmeter je Bohrung bei geringerem Methangehalt produziert. 11)Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 1998

Nach Einstellung der Förderung war geplant, die Lagerstätte als Erdgasspeicher nachzunutzen. Betreiber sollte die Storengy Deutschland GmbH, ein Tochterunternehmen der damaligen GDF-Suez, heute ENGIE, sein. das Vorhaben wurde jedoch 2013 verworfen. 12)Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2013.

Rückbau Erdgasfeld Behringen bis 2018

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Erdgasfördersonde Langensalza 2. Gebohrt 1934. ©S. Arndt, Mai 2016

Während die Förderung aus der Lagerstätte Behringen bereits 1999 endgültig eingestellt wurde, ließ der Rückbau der Fördersonden des Feldes bislang auf sich warten. Ob eventuell die erst vor wenigen Jahren verworfene Nachnutzung als Erdgasspeicher der Grund dafür ist, ist spekulativ. Tatsache ist, dass die Feldstation bereits 2005 zurückgebaut worden ist. 13)Rückbau der ehemaligen Feldstation Behringen der EEG -Erdgas Erdöl GmbH bei Brüheim/Landkreis Gotha

Nach Angaben des Unternehmens ENGIE E&P Deutschland GmbH (ENGIE) müssen 13 Bohrungen mit jeweils 1.000 Metern Teufe verfüllt werden. Anschließend werden die Betriebsflächen rekultiviert und ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt. Um die Verfüllungsarbeiten überhaupt durchführen zu können, müssen die Beriebsflächen auf 3.000 m² erweitert werden. Zusätzlich ist es erforderlich, befestigte Zufahrten einzurichten. 14)ENGIE E&P Deutschland startete den Rückbau des Förderfeldes Behringen Denn für die Erdgasfelder in Thüringen ist es typisch, dass sich die Förderbohrungen inmitten von Äckern und Wäldern ohne befestigte Zufahrten befinden. Zudem sind, von Ausnahmen abgesehen, die eigentlichen Förderplätze auf befestigte Flächen von rund 25 m² (!) beschränkt.

Die Rückbauaktivitäten sind somit in drei Phasen untergliedert:

  1. Ausbau der Zufahrten und Plätze
  2. Errichtung einer Bohr- und Workoveranlage zum Herausziehen der Förderrohre und weiterer Arbeiten zum Rückbau der untertägigen Ausrüstung
  3. Rückbau der Zufahrten und erweiterten Betriebsplätze

Nach Angaben von ENGIE sollen sämtliche Arbeiten Ende 2018 abgeschlossen sein. Die Kosten werden zu 90 Prozent vom thüringeschen Umweltministerium übernommen. Den Rest trägt ENGIE. 15)ENGIE E&P Deutschland startete den Rückbau des Förderfeldes Behringen Und bevor jemand beginnt rumzunörgeln, dass die Rückbaukosten „sozialisiert“, also auf die Allgemeinheit geschoben werden, folgendes zur Erinnerung: Das Erdgasfeld Behringen wurde durch „volkseigene“ Betriebe erschlossen und betrieben. Ein nachwendezeitlicher Betreiber wäre bei Oktroyierung der Sanierungs-/Rückbaukosten zu 100 Prozent kaum zu finden gewesen. Zudem ist genaugenommen die Allgemeinheit mittelbar durch die volkseigenen Betriebe der Verursacher der Folgekosten.

Für die untertägigen Arbeiten ist wahrscheinlich das Salzwedeler Unternehmen MB Well Services beauftragt. Schließlich hat die Erdöl-Erdgas Workover GmbH als Vorgängerunternehmen  in diesem Jahr bereits vier unproduktive Erdgasbohrungen in Thüringen verfüllt.

Artikelfoto: Erdgasfördersonde Langensalza 2. Gebohrt 1934. ©S. Arndt, Mai 2016