Bodenabsenkungen im Erdgasfeld Völkersen? DEA installiert Messsystem

Erdgasfeld Völkersen: Bohranlage T-160 im Einsatz

Aus dem Bereich der Erdgaslagerstätte Groningen in den Niederlanden ist bekannt, dass sich dort infolge der Erdgasgewinnung die Erdoberfläche um mehrere Dezimeter abgesenkt hat bzw. absenken wird. Auch aus dem Bereich des Lagerstättenkomplexes „Altmark“ im Nordwesten Sachsen-Anhalts sind Bodenabsenkungen seit den 1980er Jahren bekannt. Nun will die DEA Deutsche Erdöl AG (DEA) im von ihr operierten Erdgasfeld Völkersen freiwillig prüfen, ob es zu Bodenabsenkungen infolge der seit 1992 stattfindenden Erdgasproduktion kommt. Dazu richtet das Unternehmen ein satellitengestütztes Messsystem ein.

Kurze Darstellung des Systems

Das neue Messsystem wird durch insgesamt sechs Stationen gebildet. Fünf davon befinden sich über das Erdgasfeld Völkersen verteilt auf bestehenden DEA-Betriebsplätzen. Eine weitere Station ist auf dem Betriebsplatz der Kompressorstation Brammer außerhalb des Lagerstättenbereiches installiert. Die erstgenannten Einheiten dienen der direkten Höhenermittlung am jeweiligen Standort während die Station in Brammer, mit der die fünf Einheiten permanent korrespondieren, als Referenzgerät dient.

Alle sechs Einheiten empfangen fortwährend via Satelliten GPS-Signale. Eine Software registriert die Laufzeiten der Signale, vergleicht und archiviert sie. Das geschieht über das gesamte Jahr hinweg rund um die Uhr. Sollte es zu einer Laufzeitveränderung kommen, dann hat sich die Position eines Empfängers geändert, was wiederum eine Bewegung der Erdoberfläche nach oben oder nach unten bedeutet. Aufgrund der Empfindlichkeit des Systems können bereits Änderungen im Millimeterbereich festgestellt werden (Quelle: Satelliten helfen DEA bei Messungen).

Falschdarstellung beim NDR

DEA – Bohranlage T-160 im März 2012 (damals noch REW-DEA) auf Bohrung „Völkersen-Nord Z6“. © Steven Arndt

Leider wenig überrschend stellt der NDR in einem Artikel Sinn und Zweck des Systems falsch dar. Auf die Funktionsweise wird überhaupt nicht eingegangen. Stattdessen wird getitelt: „Beben wegen Gasförderung? DEA untersucht Boden“. Ferner wird einleitend behauptet, dass die Anlage aufgrund der bekannten Erdbeben in der Region, die sehr wahrscheinlich oder so gut wie sicher Folge der Erdgasförderung sind, eingerichtet wird. Das ist jedoch nicht zutreffend.

Zum einen existiert zwischen Munster und Bremen bereits seit einigen Jahren ein seismisches Überwachungssystem zur genaueren Erfassung von Beben ind der Region. Zum zweiten wird in der DEA-Mitteilung mit keinem Wort erwähnt, dass die Anlage der Beobachtung seismischer Aktivitäten dienen soll. Stattdessen soll das System der Erfassung einer möglichen Subsidenz, also eines Absenkungsvorgangs, dienen. Es ist auch falsch, dass die Anlage im Langwedeler Ortsteil Kreepen stehen wird. Dort befindet sich zwar die Referenzstation, alle weiteren Anlagen des Systems befinden sich jedoch wie erwähnt über dem Erdgasfeld Völkersen verteilt. Der NDR liefert hier erneut ein Paradebeispiel des „Aus-den-Fingern-saug“  – Journalismus ab.

Noch brisanter, ja schon fast peinlich wird die Angelegenheit vor folgendem Hintergrund: Um wirklich sicher zu gehen, ob der NDR tatsächlich falsch berichtet, immerhin bezog man sich im Artikel auf den DEA-Sprecher Heinz Oberlach, rief ich ihn, Herrn Oberlach, am 20.06.2017 um ca. 15:10 Uhr einfach an. Herr Oberlach bestätigte, dass der NDR nicht korrekt berichtet. Das könne u.a. daran liegen, dass der NDR auf einem am 19.06.2017 anberaumten Pressetermin nicht zugegen war.

Womöglich habe der Verfasser oder die Verfasserin demnach die in der Mitteilung der DEA genannten „Bodenbewegungen“ mit den bekannten „Erdbeben“ assoziiert oder gar gleichgesetzt. Doch allein anhand dessen, dass selbst der NDR davon spricht, dass erst in mehreren Jahren mit Ergebnissen zu rechnen ist, hätte die Verfasserin oder der Verfasser darauf kommen müssen, dass mitnichten die Erdbebenaktivität beobachtet wird.

Subsidenz aus anderen Erdgasfeldern bekannt

Mächtiger Clusterplatz (12 Bohrungen) im Erdgasfeld Groningen, März 2012. © Steven Arndt

Dabei hätte es lediglich simpler Recherche bedurft, um festzustellen, welchen Sinn eine derartige Messeinrichtung hat, abgesehen davon, dass dieser zumindest ansatzweise der DEA-Mitteilung entnommen werden kann.

Hintergrund ist, dass aus Gebieten mit Erdgasproduktion aus sehr großen Lagerstätten langfristige Subsidenz im Zuge der Volumenreduktion durch die Gasentnahme bekannt ist. In der Einleitung wurden als Beispiele die Lagerstätte Groningen sowie der Lagerstättenkomplex „Altmark“ benannt. Während erstere in Bezug auf das Gasvolumen ca. 100 Mal so groß ist wie das Erdgasfeld Völkersen enthielt der Lagerstättenkomplex „Altmark“ ursprünglich immerhin noch 10 Mal soviel Erdgas.

Während bei Groningen von bis zu 60 cm Bodenabsenkung bis 2030 ausgegangen wird (Die Niederlande und das Wasser), ist in der nordwestlichen Altmark zwischen 1973 bis 1988 etwa 10 km südwestlich von Salzwedel und somit ziemlich exakt im Zentrum des Fördergebietes 15 cm dokumentiert worden. Bis zum Ende der Erdgasförderung wird eine maximale Absenkung von 25 cm erwartet (Landtag von Sachsen-Anhalt, Drucksache 6/4289, 30.07.2015).

„Aufgrund der gleichmäßigen Verformung und der sehr großräumigen Ausdehnung der Senkungszone“ gehen Fachleute davon aus, dass „keine nachweisbaren Auswirkungen auf Fließgewässer und die Nutzung der Oberfläche zu erwarten“ sind. Für das bedeutend kleinere Erdgasfeld Völkersen dürfte das ebenso zutreffen, zumal die Teufe der Lagerstätte mit 5.000 Metern gegenüber den Altmarkgasfeldern und auch gegenüber Groningen fast 2.000 Meter tiefer liegt.

Und darum dürfte es letztendlich gehen, wie mir Herr Oberlach telefonisch auch bestätigte, dass das System belegen soll, dass von der Erdgasgewinnung aus der Lagerstätte Völkersen/ -Nord durch eventuelle Bodenabsenkungen keine Gefahr zu erwarten ist. Denn diese Gefahr wird von Erdgasförderungsgegnern unterstellt.

Dass es Medien auch möglich ist, die Fakten verständlich der Allgemeinheit darzulegen, beweist der Artikel „Messungen im Sekundentakt“ des „Weser-Kurier“s in seinem Lokalteil „Achimer Kurier“.

Besonderer Dank an Heinz Oberlach für das (auf-) klärende Telefonat.

Artikelfoto: DEA-Bohranlage T-160, aufgenommen im Mai 2013, © Steven Arndt