Erdbeben der Stärke 2,8 auf der Richterskala bei Verden registriert

Nachdem es hier in letzter Zeit viel zu still gewesen ist, geht es etwas munterer weiter. Neuigkeiten und sonstige Anlässe gab es genug, doch zunächst soll  ein aktuelles Ereignis diskutiert werden:

Die bisherigen Erkenntnisse

Nach Informationen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat es in unmittelbarer Nachbarschaft der seit 20 Jahren in Förderung stehenden Lagerstätte Völkersen ein Erdbeben gegeben. Das Ereignis wurde am 22.11.2012 um 21:38 Uhr registriert. Laut Messungen hatte es eine Lokalmagnitude von 2,8 auf der Richterskala. Mit Stand 23.11.2012, 16:45 Uhr gibt das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) eine Herdtiefe von 11 km an. Das bedeutet, dass nach bisherigem Stand die Herdtiefe 6 km unterhalb der Lagerstätte zu verorten ist. Allerdings weist das GFZ darauf hin, dass dieser Wert mit einer hohen Unsicherheit verbunden ist und die tatsächliche Tiefe sich zwischen 3 km und 15 km befinden kann. Nach Angaben der BGR ereignete sich am 02.05.2011 unmittelbar nordöstlich des aktellen Ereignisses ebenfalls ein leichtes Beben mit einer Lokalmagnitude von 2,5 ebenfalls am Rand des Erdgasfeldes „Völkersen“. Somit kann einerseits ein Zusammenhang mit der Erdgasförderung nicht ausgeschlossen werden, ein Nachweis ist andererseits jedoch nicht erbracht worden.

Erdgasförderung und Erdbeben

Dass durch die Förderung von Erdöl und Erdgas Erdbeben induziert werden können, ist bekannt. So ist in einer Publikation von Dahm et al. (Erscheinungsjahr unbekannt) zu lesen: „Ausgelöste und induzierte Beben treten meistens im Zusammenhang mit Bergbau und Gas- oder Ölförderung auf. Durch die Entnahme von Fluiden oder Gas aus dem Boden können die Schichten mit dem porösen Speichergestein in sich zusammensacken. Das über- und unterliegende Sediment hält den Spannungslasten nicht mehr stand und es kommt zu einem ausgelösten Beben.“ Dabei stellen die Autoren heraus, dass diese induzierten Beben im Regelfall eine Magnitude <5,0 aufweisen. Sie bringen in diesem Zusammenhang auch die Ereignisse von Soltau (1977) sowie Rotenburg (2004) zur Sprache und weisen auf die Nähe von Erdgasfeldern hin. Was im ersteren Fall außer Acht gelassen wird, ist die Tatsache, dass das Epizentrum a) außerhalb von Erdgaslagerstätten liegt und b) eine nennenswerte Förderung und somit eine erdbebeninduzierende Druckentlastung noch nicht stattfand. Die westlich des Epizentrums gelegen Lagerstätte Soltau/Friedrichseck wurde sogar erst 1984 entdeckt. Zudem hat eine wissenschaftliche Bearbeitung von Leydecker (1980) eine tektonische Ursache ermittelt. Im zweiteren Fall wurde nach Leydecker (2006) das Erdbeben mit zwei verschiedenen Methoden ausgewertet. So ergaben instrumentelle Messungen eine Herdtiefe von 5 km bis 7 km und somit innerhalb bis wenig außerhalb der dortigen Lagerstätte „Söhlingen“. Die makroseismische Auswertung ergab hingegen eine Herdtiefe zwischen 7 km und 13 km, also wenig bis erheblich außerhalb des erdgasführenden Horizontes. Leydecker weist darauf hin, dass sich die Ergebnisse somit nicht widersprechen, aber auch keine eindeutige Aussage über die Ursache des Bebens zulassen. Andererseits ignoriert Leydecker nicht, dass aufgrund der Erdgasförderung durchaus Erdbeben induziert werden können: „Im Zusammenhang mit der Erdgasförderung in Norddeutschland ereignen sich hin und wieder Erdbeben, die als induzierte seismische Ereignisse bezeichnet werden müssen. Ihre Magnitude hat bisher nicht den Wert von ML = 3,0 erreicht.“

In den benachbarten Niederlanden befindet sich mit der Lagerstätte „Groningen“ das größte Onshore-Erdgasfeld Mitteleuropas und eines der 20 größten der Welt. Wie aus der bei Dahm et al. abgebildeten Karte hervorgeht, treten hier häufiger induzierte Erdbeben auf. Der Betreiber, die Nederlandse Aardolie Maatschappij BV (NAM), ein Konsortium aus ExxonMobil und Shell, ist sich ihrer Verantwortung bewusst und bietet für etwaige Schäden Entschädigungen an. Auf der Firmenhomepage ist für diesen Zweck ein „Schadeformulier“ eingerichtet.

Das aktuelle Beben und die einheimischen Bürgerinitiativen

Für die inländischen gegen die einheimische Erdgasförderung ausgerichteten Interessengemeinschaften und Bürgerintiativen,  ist das aktuelle Erdbebenereignis natürlich wieder ein gefundenes Fressen und Anlass für die wildesten Spekulationen. Aus der Völkerser Gegend meldet sich einer der führenden Köpfe der dortigen BI „NoFracking“, Carsten Hauschild.  via „Facebook“ zu Wort (Tippfehler übernommen): „Hier in Verden und in Langwedel hat um 22:06h die Erde gebt. […] Ich rede seit Monaten davon, dass die Förderung und Verpressung der Erdgasindustrie für derartige Beben verantwortlich sind. Niedersachsen war bis vor 20 Jahren seismisch absolut inaktiv!“ Die Behauptungenvon Herrn Hauschild sind halbwahr bis schlichtweg falsch! Die Verpressung von Lagerstättenwasser kann in der Region für die Beben schon allein deshalb nicht möglich sein, weil die Versenkhorizonte sich in ca. 1 km Tiefe befinden. Die für das aktuelle Ereignis ermittelte Tiefe liegt bei 11 km mit einer möglichen Schwankungsbreite zwischen 3 km und 15 km (siehe oben). Dass die Erdgasförderung verantwortlich ist, ist möglich, aber nicht nachgewiesen. Weiterhin gab es Beben in Niedersachsen bereits vor 20 Jahren in Niedersachsen. Z.B. bereits 1770 bei Alfhausen (Grünthal, G. und Meier, R. 1995) oder das bereits erwähnte von Soltau im Jahre 1977. Bei Dahm et al. (Erscheinungsjahr unbekannt) ist in der Karte noch ein Beben unbekannten Datums nördlich von Bremerhaven verzeichnet. Weiterhin, wenn auch nicht in Niedersachsen lokalisiert, sollten die Beben von Rostock aus dem Jahr 2001 und Wittenburg ein Jahr zuvor fernab jeglicher Erdgasförderung oder sonstigen Bergbaugeschehens erwähnt werden (Leydecker 2006, Dahm et al. Erscheinungsjahr unbekannt).  Es sollte auch bedacht werden, dass moderne sensible Aufzeichnungsgeräte erst seit wenigen Jahrzehnten zur Verfügung stehen, worauf auch Grünthal und Meier (1995) hinweisen. Nun, Herr Hauschild, ob es Ihnen gefällt oder nicht, Beben gab es auch schon vor der Erdgasförderung in Niedersachsen. Sie sind nur nicht unbedingt erfasst worden.

Weiterhin wird, wie nicht anders zu erwarten, wieder Hydraulic Fracturing ins Spiel gebracht. So kommentiert Manfred Weber.: „Es wird wohl noch ne Weile dauern bis auch der letzte begriffen hat, wie gfährlich Fracking wirklich ist!!!“ Blöd nur, Herr Weber, dass dort aktuell überhaupt nicht gefract wurde. Die letzte Fracmaßnahme in Niedersachsen wurde 2011 in der Lagerstätte „Buchhorst“ bei Sulingen durchgeführt.

Den Vogel schießt dann Horst Bauhof ab: „Die Schäden sind schon da, nur noch nicht sichtbar. Sicher wird Exxon bald verkünden: Wir schließen sicher aus, dass bei Erdbeben als Folge/Spätfolge des Frackings, oder der Verpressung von Lagerstättenwasser, das Deckgebirge durch Risse oder sonst irgendwie undicht wird.“ Herr Bauhof, in Ihrem Anti-ExxonMobil-Wahn ist Ihnen wohl entgangen, dass RWE-Dea der Betreiber der Lagerstätte „Völkersen“ ist.

Fazit

In der unmittelbaren Nachbarschaft des Erdgasfeldes „Völkersen“ hat es ein leichtes Erdbeben gegeben. Erdbeben sind im Bereich von in Förderung stehender Erdgas- und Erdöllagerstätten nichts ungewöhnliches, aber auch nichts weltbewegendes. Ob tatsächlich die Erdgasförderung für das aktuelle Beben verantwortlich ist, muss noch untersucht werden. Lediglich die gegen die Erdgasförderung im Inland eingestellten Bürgerinitiativen schlachten das Ereignis fernab jeglicher wissenschaftlicher Grundlage für ihre Zwecke mit den für sie typischen Methoden aus: Besserwisserei, konstruierte, unlogische Zusammenhänge und Polemik.

Quellen:

Dahm, T. et al. (Erscheinungsjahr unbekannt): Erdbeben in Norddeutschland und Europa

Grünthal, G. und Meier, R. (1995): Das “Prignitz”-Erdbeben von 1409

Leydecker, G. et al. (2006): Makroseismische Bearbeitung des Erdbebens vom 20. Okt. 2004 östlich Rotenburg (Wümme) im Norddeutschen Tiefland

http://www.seismologie.bgr.de/sdac/erdbeben/big_quakes/germany_121122_deu.html

http://www-static.shell.com/static/nam-en/downloads/pdf/flyer_namg50eng.pdf

2 Kommentare zu Erdbeben der Stärke 2,8 auf der Richterskala bei Verden registriert

  • Hauschild sagt:

    Nun, schön, wie Sie Sich mit meiner Facebookmitteilung auseinander setzen. Lobbyisten, wie Sie, sind blind vor der Wirklichkeit. Binnen vier Jahren fünf Beben in unmittelbarer Nähe zu Erdgasförderung ist doch eindeutig genug! Betrug, Vertuschung und Falschinformation (dafür habe ich Beweise) sind Bestandteil der Informationpolitik der Erdgasunternehmen. Uns vorzuwerfen, ZITAT:..“Lediglich die gegen die Erdgasförderung im Inland eingestellten Bürgerinitiativen schlachten das Ereignis fernab jeglicher wissenschaftlicher Grundlage für ihre Zwecke mit den für sie typischen Methoden aus: Besserwisserei, konstruierte, unlogische Zusammenhänge und Polemik.“ Zeigt, dass Sie unabhängige Wissenschaftler nicht kennen und daher deren Tesen und Aussagen auch nicht hören bzw. Zur Kenntnis nehmen. Komisch, das England die Verpressung wegen der Gefahr, Erdbeben auszulösen, verboten hat.

    1. istvanadler sagt:

      Hallo Herr Hauschild,
      halten Sie doch bitte den Ball etwas flacher und lesen Sie meinen Beitrag noch einmal unaufgeregt durch. Denn ich stelle darin klar, dass Erdbeben durchaus durch die Entnahme größerer Volumina aus Erdgaslagerstätten induziert werden können. Was Sie betrifft, habe ich Ihre Äußerungen anhand wissenschaftlicher Arbeiten überprüft und dabei festgestellt, dass sie die Unwahrheit verbreiten. Denn die Verpressung ins „Maastricht“ in ca. 1 km Tiefe kann ganz bestimmt nicht die Ursache für das Beben sein, da vom GFZ Tiefen zwischen 3 km und 15 km registriert worden sind.
      Sie werfen mir vor, unabhängige Wissenschaftler nicht zu kennen und das ich ihre Thesen (!) nicht zur Kenntnis nehme. Wen meinen Sie konkret? Nennen Sie Namen und ich würde deren Argumente in die Diskussion integrieren.
      Auch Ihre Behauptung „Betrug, Vertuschung und Falschinformation (dafür habe ich Beweise)“ würde ich gerne belegt haben und stellte sie hier zur Diskussion. Denn es handelt sich um eine private, unabhängige Seite (quasi als Kontrapunkt zu euch) fernab jeglicher Lobbyarbeit. Wobei mich dieser Anwurf schon amüsiert. Jeder, der nicht eurer Meinung ist, ist ein Lobbyist.

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