Heftige Kritik an Studie des Umweltbundesamtes zur Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten

Etwas arg reißerisch, aber was erwartet man heutzutage schon von den Medien, betitelte das „Handelsblatt“ in seiner Ausgabe vom 3. Januar einen Artikel, der sich mit der Kritik der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) an einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zur Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mit dem Titel „Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten“ befasst. Laut des Artikels wirft die BGR den Gutachtern vor, „wissenschaftlich ungenau zu arbeiten und Tatsachen zu ignorieren“. So fällt z.B. auf, dass vorrangig Hydrogeologen an der Studie beteiligt wurden, deren Expertise thematisch im Bereich oberflächennaher Grundwasserleiter zu verorten ist. Weiterhin wurde offenbar Trinkasser mit Grundwasser gleichgesetzt und zudem nicht beachtet, dass es im Regelfall keine Verbindung der erdgasführenden Horizonte mit den oberflächennahen süßwasserführenden Bereichen gebe. Daher werde die Gefährdung des Grundwassers überschätzt. Weiterhin soll die BGR laut „Handelsblatt“ kritisiert haben, dass das Gutachten des UBA unzutreffende Aussagen zum Gefährdungspotenzial treffe. Den vollständigen Artikel kann man z.B. hier lesen. Meiner Ansicht nach handelt es sich um berechtigte Kritik, aber nicht unbedingt um einen Streit, da ja Gegenargumente des UBA gegenüber der seitens der BGR geäußerten Kritik bisher nicht formuliert worden sind.

Weiterhin berichtet die „Zeitung für kommunale Wirtschaft“ (ZfK) über die Kritik der BGR: „Fracking: BGR widerspricht UBA-Studie“ am 03.01.2013 und ergänzt einen Tag später: „Fracking: Abermals Kritik am UBA-Gutachten“ Dem Artikel nach kritisieren auch die Geologischen Dienste der Länder die vom UBA in Auftrag gegebene Studie und sind der Ansicht, dass die daraus abgeleiteten Risiken und Empfehlungen nur als eingeschränkt begründet angesehen werden könnten, was wiederum zu einer allgemeinen Überschätzung der Risiken der Fractechnologie geführt habe. Dass auch die von der Landesregierung Nordrhein-Westfalens in Auftrag gegebene Studie zum Thema Kritik einstecken muss, und zwar dahingehend, sie sei „zu pauschal und der Komplexität des Sachverhalts nicht gerecht werdend[…]“ verwundert dabei nicht, schließlich wirkte bei beiden die ahu AG federführend. Im Falle der Studie des Landes Nordrhein-Westfalen wurde sie dabei u.a. vom IWW Zentrum Wasser unterstützt, unter deren 20 Gesellschaftern sich auch die oft in der Debatte hinzugezogene und von den Gegnern des Hydraulic Fracturing gerne angeführte kommerzielle (also profitorientierte) „Gelsenwasser AG“ zu finden ist. Ebenjene GelsenwasserAG hat nach einfachen Eingaben in gängige Suchmaschinen nicht gerade den besten Leumund, was die Sauberkeit ihres Wassers betrifft. Lediglich der von der ExxonMobil in Auftrag gegebenen Studie wurde laut ZfK Plausibilität bescheinigt, obwohl auch sie nicht ganz ungeschoren davonkam. Sie wird als „sehr theoretisch“ (meiner Meinung nach nicht zu Unrecht) bezeichnet.

Erwartungsgemäß kritisiert auch der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e. V. (WEG) das Gutachten des UBA. So wird u.a. bemängelt, dass Kontrollmechanismen gefordert werden, die bereits gängige Praxis seien. Dazu zählt z.B. die Überprüfung der Dichtigkeit der Zementierung. Weiterhin werden unangemessene Vergleiche (Grubenwässer in Kohleflöz-Lagerstätten mit der Trinkwasserverordnung und Säuglingsnahrung) angestellt, oder auch argumentative Widersprüche Zitat: „Es wird immer wieder von einem „hohen human- und ökotoxikologischen Gefährdungspotenzial“ ausgegangen, thematisiert. Andererseits wird aber bestätigt, dass das Fluid im Sinne der CLP-Verordnung kein gefährliches Gemisch darstellt.“ zur Sprache gebracht.  Die vollständige Stellungnahme des WEG zur Studie vom UBA.

Nachtrag 10.01.2013: Im „Handelsblatt“ erschien bezüglich der Kritik der Geologischen Dienste der Länder an der Studie des UBA ein ausführlicherer Artikel: “Neue Kritik am Fracking-Gutachten des Umweltamtes”

2 Kommentare zu Heftige Kritik an Studie des Umweltbundesamtes zur Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten

  • daniela ahrens sagt:

    Guten Tag; problematisch finde ich die Diskussion über ein Gutachten der BGR, welches öffentlich nicht zugänglich ist, da es offenbar vom Bundeswirtschaftsministerium zurückgehalten wird. Istvan, du schliesst dich mit deiner Meinung der Stellungnahme der BGR an. Ich gehe daher davon aus, dass dir das Gutachten bekannt ist. Wenn ja, kannst du sie hier veröffentlichen?
    Sollte das Gutachten nicht bekannt sein, dann finde ich es unglücklich darüber zu diskutieren und andere Gutachten in Frage zu stellen!
    Vielen Dank. D.Ahrens!

    1. istvanadler sagt:

      Hallo Daniela,

      ich habe in Kenntnis der Studie des UBA mich der im „Handlesblatt“ dargelegten Stellungnahme (nicht Studie!) bzw. Kritik des BGR zu dieser Studie angeschlossen. Ich sehe es eben genauso, dass mit falschem Ansatz an das Thema herangegangen worden ist. Zudem sind mir beim Lesen der Studie des UBA Fehler aufgefallen, die so nicht passieren dürfen und offenbaren, dass die Autoren im Vorfeld bzw. während der Erstellung der Studie sich nicht umfassend mit den technischen Gegebenheiten oder Regularien bezüglich der Erdgasgewinnung und auch nicht hinreichend mit der Kohlenwasserstoffgeologie auseinandergesetzt haben. Z.B. wird ein Monitoring der Bohrlochdichtigkeit (Casing und Zementation) gefordert was längst in Form der Ringraumdrucküberwachung Standard ist. Weiterhin wird ein Verbot in Trinkwasserschutzgebieten gefordert, obwohl allein schon Tiefbohrungen dort nicht genehmigungsfähig sind, mit Ausnahme der Schutzzone III unter Erbringung eines Unbedenklichkeitsnachweises in Abstimmung mit der zuständigen Wasserbehörde. Was die Geologie betrifft, wird erstaunlicherweise der Harz hinsichtlich der Schiefergasförderung betrachtet mit Verweis auf die BGR-Sudie zum Schiefergaspotenzial in Deutschland: „In BGR (2012) wird der Harz als ein Gebiet benannt, in dem potenziell gasführende Gesteine auftreten.“ Schaut man jedoch auf die aus eben dieser BGR-Studie entnommenen Karte in Abbildung A3 auf Seite A9, ist ersichtlich, dass im Harz keine geologischen Verhältnissen zur Bildung von Schiefergas vorhanden sind. Schöner Widerspruch! Und dass im Harz potenziell gasführende Gesteine auftreten, davon ist ist in der BGR-Studie keine Rede. Es wird lediglich ausgesagt, dass im Harz unterkarbonische Tongesteine an der Oberfläche aufgeschlossen sind und einen Einblick in die Fazies (die Ausprägung/Ausgestaltung) erlauben. Aussagen zu einem etwaigen Gaspotenzial werden nicht getroffen, was sich ja auch mit der Karte deckt. Und dann werden Erdgaslagerstätten des Rotliegend (Unterperm) in der Rotenburger Region in den Buntsandstein (unterstes Teilglied der auf das Perm folgenden Trias) „verlegt“ und dabei eine Teillagerstätte zudem auch noch falsch geschrieben („Takken“ statt „Taaken“). Ziemlich peinlich!
      Zusammenfassend ist zu sagen, dass über ein nicht vorhandenes Gutachten nicht diskutiert werden kann und die Verfasser der UBA-Studie sicherlich Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet sind, sich aber offenbar nicht ausreichend mit der inländischen Kohlenwasserstoffexploration in verschiedener Hinsicht auseinandergesetzt haben. Übrigens musste bereits ein Entwurf des UBA zur Schiefergasförderung in Deutschland harsche Kritik einstecken.
      Weiterhin würde auch ich gerne wissen, was konkret von der BGR kritisiert wurd, da ich ja bekanntermaßen Zeitungsartikeln und anderen Medienberichten (siehe dazu auch den ersten Satz in meinem Artikel) äußerst skeptisch gegenüber stehe.

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