„Fracking“ in Oberg-Mythos und Realität

Seit wenigen Monaten kursieren um die Vergabe von Aufsuchungslizenzen zur Erkundung von Kohlenwasserstoffen (hier mehrfach thematisiert, u.a. Desinformation NDR, oder hier) in Schleswig-Holstein und auch in Niedersachsen die abenteuerlichsten Spekulationen. Verantwortlich dafür sind, wie üblich, die Bürgerinitiativen sowie zahlreiche Medien bis hin zum aus öffentlichen Geldern finanzierten NDR, die nicht in der Lage sind, zwischen der Erteilung von Erlaubnissen zur Suche von Erdöl und Erdgas und der Bewilligung zur Förderung eben dieser Stoffe zu differenzieren. Und schlimmer: Bar jeglicher Grundlage wird Erdgasförderung aus unkonventionellen Lagerstätten unter Anwendung des Hydraulic Fracturing ins Spiel gebracht.

Besonders im Fokus steht hierbei das kanadische Unternehmen PRD Energy, dass sich diverse Erlaubnisse im Bereich ehemals produzierender Erdöllagerstätten gesichert hat. Tlw. wurden diese ehemaligen Erdölfelder von Vorgängergesellschaften der ExxonMobil Production Germany (EMPG) betrieben, was einige Provinzblätter zu der Behauptung versteigen ließ, dass PRD ein Tochterunternehmen von Exxon sei. Als Bsp. wäre die „Rotenburger Rundschau“ (Artikel) zu nennen, die seltsamerweise vor der „Anti-Fracking-Hysterie“ neutral berichtete oder sogar deutlich machte, dass entgegen der Behauptungen der heute agierenden und lügendenden Bürgerinitiativen schon vor Jahren über Hydraulic Fracturing öffentlich informiert wurde. Hier der Beweis: „Z16 vorgestellt-exxon Mobil informiert über Bohrstelle in Söhlingen.“ oder Ab Januar wird‘s laut.  Allerdings stellte EMPG bereits am 12.11.2012 klar, dass PRD keine Tochter von ExxonMobil sei. Es handelte sich hierbei um das Konkurrenzblatt der „Rotenburger Rundschau“, die „Rotenburger Kreiszeitung“, die dies Behauptung in die Welt setzte: Am 12.11.2012 hatte die “Rotenburger Kreiszeitung” die Behauptung wiedergegeben, PRD Energy Inc. sei ein Tochterunternehmen von ExxonMobil. Dabei müsste doch den Schreiberlingen die Frage in den Sinn kommen, warum denn ExxonMobil, das in Deutschland Erdöl und Erdgas durch die  EMPG fördern lässt, ein Tochterunternehmen damit beauftragen sollte, zumal mit minimalem Rechercheaufwand hätte herausgefunden werden können, dass PRD lediglich Kooperationen mit ExxonMobil eingegangen ist, aber auch mit Gaz de France-Suez (GdF-Suez).

Doch nun zum eigentlichen Thema: Bedingt durch das Anzeigen von Suchergebnissen, die auf diesen Blog führen, habe ich selbst nach Bildern und Infos zum längst aufgegebenen Feld Oberg gesucht. An der eventuellen Wiedererschließung dieser Lagerstätte ist ebenfalls PRD Energy interessiert. Selbstverständlich rief das sofort die in der Umgebung angesiedelte Bürgerinitiative namens AK (steht für „Arbeitskreis“) Fracking Braunschweiger Land auf den Plan, und zwar in Person eines Herrn David Widmayer, der laut Artikel in den „Peiner Nachrichten“ vom bereits 13.11.2012 befürchtet: „PRD Energy könnte 2013 mit der Fracking-Förderung von Öl und Gas im Landkreis beginnen“. Grundlage seiner Befürchtung ist, dass er gelesen habe, dass PRD „unter anderem in der Nähe von Hohenassel, Oberg und Broistedt Felder gekauft hat“. Gekauft hat??? Ähm, naja. Vertreter von BI zeichnen sich ja eher weniger durch Sach- oder Fachkenntnis aus. Weiterhin wird Herr Widmayer wie folgt zitiert: „„Da liegen die öl- und gasführenden Schichten nicht einmal 400 Meter unterhalb der Erdoberfläche. Da ist nichts oben drüber, was das Grundwasser vor der Frack-Flüssigkeit schützen könnte“. Nun, abgesehen davon, Herr Widmayer, dass außer Ihnen niemand von „Fracking“ spricht, stellt sich die Frage, wie denn das Erdöl „in die Falle“ gegangen ist, wenn angeblich nach oben keine abdichtenden Schichten vorhanden sind? Seine mangelnde Fachkenntnis unterstreicht Herr Widmayer in einem Kommentar zum Artikel: david w. (Gast):“Die Zeitschiene steht in der unternehmenseigenen Präsentation, auch die Absicht hortzontales Bohren und Fracking einzusetzen. Man braucht nur lesen zu koennen.“. Diese Empfehlung gebe ich gerne an Sie zurück, denn in der angesprochenen Präsentation ist auf der besagten Zeitschiene nirgendwo zu erschließen, dass das Fracverfahren angewendet werden soll. Im Gegenteil: PRD schreibt generell auf seine geplanten Aktivitäten bezogen: „Broad spectrum of opportunities do not require fracturing“. Weiterhin empfehle ich Herrn Widmayer, an seiner Orthographie zu arbeiten. Und auch die sonstigen Kommentare anderer Foristen strotzen vor üblichen Unterstellungen seitens der Gegner, die sie (die Foristen) allesamt zu sein scheinen.

Doch damit nicht genug: Kurze Zeit später gab es einen weiteren Artikel in den „Peiner Nachrichten“ im Lokalteil „Ilsede-Lahstedt“ mit dem Titel: „Gab es Fracking zur Erdöl-Gewinnung in Oberg?“ Die Frage ist eigentlich ganz simpel mit einem klaren und deutlichen „Nein!“ zu beantworten, wie es auch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), allerdings ausführlicher formuliert, tat. Hintergrund der Fragestellung ist eine Vermutung (!) des Grünen-Kreistagsvorsitzenden Jürgen Streichert. Dieser fand in der Ortschronik in einem Eintrag aus dem Jahre 1984 eine Formulierung, in der von einer im Aufbau befindlichen Anlage die Rede war, die der Filterung von Einpresswasser und der Zumischung von Chemikalien dienen sollte. „Sherlock“ Streichert hat also kombiniert: Einpressen von Wasser+“Chemie“=“Fracking“. Nun, leider liegt Herr Streichert damit völlig daneben, wie auch das LBEG bestätigt: „Seit Mitte der 1950er Jahre bis zur Einstellung der Förderung in den 1990er Jahren wurden in Erdölfeldern bei Oberg im Landkreis Peine keine Fracking-Behandlungen vorgenommen.“ und führt weiter aus, dass es stattdessen Versuche gab, mit sogenannten tertiären Fördermaßnahmen mehr Erdöl aus den Lagerstätten herauszuholen und nennt einige Beispiele. Tatsächlich wurde nach Boigk (1981) ein „Pilotprojekt zur Erprobung eines chemischen Flutverfahrens begonnen“ (allerdings schon in den 70er Jahren), „durch das eine Verbesserung des Entölungsgrades auf 40 bis 45% erhofft [wurde]“. Infos zu diesem und anderen tertiären Fördermaßnahmen hier: „Zur tertiären Erdölgewinnung“

Wie nicht anders zu erwarten, zweifelt Herr Streichert die Aussagen des LBEG an und will weiter nach den Originaldokumenten des Förderunternehmens forschen. Kleiner Tipp, Herr Streichert: Die EMPG ist Rechtsnachfolger des ehemaligen Betreibers des Feldes „Oberg“. Fragen Sie also einfach bei ExxonMobil nach.

Literatur:

Boigk, H. (1981): Erdöl und Erdölgas in der Bundesrepublik Deutschland, Enke, Stuttgart 1981