„Gegen Gasbohren“ – Ein eigenwilliges Verständnis von Wahrheit

Bei „Gegen-Gasbohren.de“ ist ein Artikel über die Haltung der FDP Niedersachsen gegenüber dem bewährten Hydraulic Fracturings publiziert worden. Auf einer Seite, die nicht mehr aufrufbar ist, hat die FDP 5 Fakten zum Hydraulic Fracturing aufgestellt, die von „Gegen Gasbohren“ alle als „eindeutig falsch“ zurückgewiesen werden. Nachvollziehbare Quellen als Basis für die Widerlegungen, wer hätte das gedacht, werden nicht genannt. Es werden lediglich z.T. völlig an den Haaren herbeigezogene Behauptungen aufgestellt.

Hier folgen die Widerlegungen der „Gegen Gasbohren“- Thesen (Behauptungen wäre eigentlich der bessere Ausdruck) anhand nachvollziehbarer Argumente und Quellen (schwarz=FDP, blau=Gegen Gasbohren, rot=)

1. Beim Hydraulic-Fracking-Verfahren handelt es sich um eine Technik, die in Deutschland seit Jahrzehnten angewendet wird.

Falsch. Es geht um Hydraulic Fracking unter Einsatz vom Slickwater (sehr große Mengen chemisch zugesetztes Süßwasser) mit mit hohem Druck (bis 1.500 bar), mit langen horizontalen Bohrungen und Mehrfachen Bohrplätzen. Sie wird kommerziell erst seit Anfang der 2000-er Jahren vor allem in den U.S.A. eingesetzt. In Deutschland wurde mit dieser Technologie nicht gefrackt.

Aha, jetzt bestimmen also Bürgerinitiativen, was unter Hydraulic Fracturing zu verstehen ist, bzw. worum es geht. Fakt ist, Hydraulic Fracturing ist ein Verfahren, bei dem durch Druckübertragung mittels einer Flüssigkeit (Hydraulik) Risse (Fractures) im Gestein erzeugt werden. Wenn es aber, wie „Gegen Gasbohren“  behauptet, angeblich um Slickwaterfracs geht, stellt sich die Frage, warum auch gegen Gelfracs in Sandsteinlagerstätten, wie z.B. „Bötersen“, protestiert wird. Weiterhin ist zu fragen, warum auch gegen Erkundungsbohrungen zur Kohleflözgasgewinnung protestiert wird, obwohl hier noch nicht einmal feststeht, ob gefract werden muss, und wenn ja, es sinnvoller wäre statt Wasser flüssige Gase, wie z.B. Stickstoff (engl. Nitrogen) zu verwenden, um Formationsschäden zu vermeiden.1)FRACTURING TECHNOLOGIES FOR IMPROVING CMM/CBM PRODUCTION Was ist an Mehrfachbohrplätzen (Clusterplätzen), die den Landschaftsverbrauch minimieren, auszusetzen? Und in der Bohrung „Damme 3“ sind bereits „Slickwaterfracs“, wenn auch nicht in einer horizontalen Bohrung, durchgeführt worden. „Slickwaterfracs“ zeichnen sich übrigens gegenüber „Gelfracs“ durch geringere Additivkonzentration und geringerer Anzahl an Zusätzen auf. Die eingesetzte Wassermenge ist dagegen höher. Vgl. hierzu die Angaben von Gelfracs verschiedener Bohrungen und der Slickwaterfracs der Bohrung „Damme 3″2)Erdgassuche in Deutschland

2. Die Energieversorgung und die Energiewende verlangt nach dieser Technik.

Falsch. Deutschland bezieht den gesamten Erdgasbedarf aus dem Ausland. Die heimische Erdgasförderung entspricht den deutschen Erdgasexporten! Fracking wird nicht zu Energiesicherheit führen. Das “Verlangen nach dieser Technik” außer von der Gasindustrie ist nirgendwo belegt.

Also hier schließt sich die FDP der Ansicht der Industrie an, die der Meinung ist, dass Erdgas die stark schwankende Verfügbarkeit von Strom aus Windkraft und Fotovoltaik in Form von sehr gut regulierbaren GuD-Kraftwerken ausgleichen kann. Da die einheimischen konventionellen Reserven in absehbarer Zukunft zur Neige gehen, wird nach neuen gesucht, die z.T. nur unter Anwendung von Hydraulic Fracturing erschließbar sind.
Die Behauptung von „Gegen Gasbohren“, dass Deutschland „den gesamten Erdgasbedarf aus dem Ausland“ bezieht und das damit begründet, dass „die heimische Erdgasförderung […] den deutschen Erdgasexporten“ entspricht, ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Zum einen lagen die deutschen Exporte 2011 mit 200 Mrd. kWh erheblich über der Eigenförderung von 118 Mrd. kWh 3)Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2011 und zum anderen wird in Deutschland zu einem erheblichen Teil Erdgas mit vergleichsweise geringem Brennwert gefördert (L-Gas, das L steht für „low“), was einen Export ziemlich unsinnig erscheinen lässt. Die Gebiete mit L-Gas Versorgung befinden sich in Deutschland überwiegend in Niedersachsen, also nahe den Lagerstätten.4)http://www.udo-leuschner.de/basiswissen/SB104-04.htm Darüber hinaus wird im Inland gefördertes Erdgas z.T. direkt Großverbrauchern zugeführt, wie z.B. Erdgas aus der Weser-Ems-Region dem Kraftwerk Landesbergen an der Weser bei Nienburg.5)http://www.statkraft.de/images/Brosch%C3%BCre_Robert%20Frank_tcm21-12487.pdf

3. Saubere und effiziente Gaskraftwerke können die wetterabhängigen und jahreszeitlichen Schwankungen der Erneuerbaren Energien absichern. Wir sichern somit unsere Energieversorgung in jeder Hinsicht und nehmen Einfluss auf die Preisgestaltung bei Erdgas.

Falsch. Die Prozesskette “unkonventionelle Erdgasförderung” ist mindestens so umweltbelastend, insbesondere bei der Freisetzung von Treibhausgasen, wie Kohle und Erdöl. Nach neuesten Studien entweichen bei der unkonventionellen Gasförderung bis zu 9 % Methan der Gesamtproduktion unkontrolliert. Methan ist vielfach klimaschädlicher als Co2. Die deutsche Preisgestaltung von Erdgas hängt von Weltmarktpreisen und der Kopplung vom Erdgaspreis an dem Rohölpreis ab. Die Erdgasmengen aus Deutschland sind nicht einmal eine Fußnote bei der Gaspreisgestaltung erwähnenswert.

Auch hier wieder eine Aneinanderreihung von Behauptungen ohne jegliche Quellenangabe. Dass die angeblich so proftgierige Industrie 9 % ihres Gases verfliegen lässt, ist schon ziemlich unlogisch. Es wird von „mehreren Studien“ geredet, aber keine einzige genannt. Und würden tatsächlich 9 % unkontrolliert entfleuchen, träfe dieses auch auf andere Erdgasbohrungen zu. Das kann allein schon deshalb nicht sein, weil es sonst an den zahlreichen, schwefelwasserstoffführenden Bohrungen in Niedersachsen ziemlich übel riechen würde und ständig der Gasalarm anschlüge. Ich habe mich schon mehrmals an Sauergasbohrungen aufgehalten und nicht das geringste gerochen.
Ob die inländische Förderung Einfluss auf den Preis hat, sei dahingestellt und ich vermag es auch nicht zu beurteilen. Zumindest hätte die einheimische Förderung positiven Einfluss auf die Außenhandelsbilanz.

4. Wir sichern mehrere tausend Arbeitsplätze, wir sichern damit Forschung und Entwicklung in Deutschland und 500 bis 1.000 Millionen Euro pro Jahr an Förderabgaben für Niedersachsen.

Falsch: Fossile Brennstoffe sind im wahrsten Sinne des Wortes ”Dinosaurier-Produkte.”

Was hat das mit der These zu tun???

Die Förderung ist für Menschen und Umwelt gefährlich. Für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen heute, sind sie bereit, den kommenden Generationen ihre Zukunft zu zerstören. Fracking ist ein industrieller Prozess, welcher die Landschaft für viele Jahre zerstören wird. Landwirtschaftliche Betriebe und der sanfte Tourismus werden darunter leiden. Wenn Sie die Arbeitsplatzsicherung durch Fracking hervorheben wollen, vergessen Sie nicht die Arbeitsplätze, die durch die Erdgasförderung vernichtet werden.

Ansonsten nur grünes „Aus dem Bauch“-Geschwafel. Wenn den Menschen eingeredet wird, dass die Förderung gefährlich sei, glauben viele das auch. Weder Hydraulic Fracturing, noch die Förderung als solches zerstören die Landschaft auf Jahre. Dass Landwirtschaft und sanfter Tourismus darunter leiden und dadurch Arbeitsplätze vernichtet werden, ist ebenfalls in keinster Weise erwiesen. Und das sagt jemand, der in einer landwirtschaftlich geprägten Landschaft mit über 320 Förderplätzen, meistens im Abstand von nur 500 m, tlw. noch darunter, aufgwachsen ist.

5. Der Trinkwasserschutz muss an erster Stelle stehen – die FDP im Landtag setzt sich deshalb für strengere Kontrollen ein.

Falsch: Unterirdisches Wasser kennt keine Grenzen zwischen “Trinkwasserschutzgebieten” und gewöhnlichen Grundwasser. Diese Unterscheidung ist rein künstlich.

Falsch! Was unter Trinkwasser und was unter Grundwasser zu verstehen ist, ist klar definiert:
„Trinkwasser ist für menschlichen Genuss und Gebrauch geeignetes Wasser, das bestimmte in Rechtsnormen festgelegte Anforderungen erfüllen muss. In Deutschland festgelegt in der Trinkwasserverordnung, der DIN 2000 “Leitsätze für die zentrale Trinkwasserversorgung” und DIN 2001 “Leitsätze für die Einzel-Trinkwasserversorgung” und weiteren Vorschriften und Regelwerken.“6)Wasser-Lexikon
Der Grundwasserbegriff ist dagegen in § 3 Nr. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes definiert, ohne Qualitätsmerkmale (Beschaffenheit/Anforderungen) zu betrachten.7)Wasserhaushaltsgesetz

Abgesehen davon kennt unterirdisches Wasser sehr wohl Grenzen. Die Außengrenze des Wasserschutzgebietes III stellt gleichzeitig die Grenze eines Einzugsgebiets dar.8)Wasserschutzgebiete Niedersachsen Weiterhin gibt es Grenzen zwischen Grundwasserleitern (Aquifere) in Form von Grundwasserhemmern (Aquifugen).

Deutsche Städte und Kommunen beziehen ihr Trinkwasser überwiegend aus Grundwasser. Landwirte benutzen Grundwasser, um ihre Äcker zu bewässern und ihre Tiere zu tränken. Kontaminiertes Grundwasser gelingt unmittelbar in die Nahrungskette.

Das gewonnene Wasser für Städte und Kommunen wird aufbereitet. Und da Fracmaßnahmen nach neuer LBEG-Rundverordnung in den Wasserschutzgebieten I bis III nicht zulässig sind, besteht auch keine Gefahr für das Trinkwasser, die sowieso hypothetisch ist, was auch für die landwirtschaftliche Nutzung gilt.

Wieder einmal hat „Gegen Gasbohren“ bewiesen, dass man zwar meint, die Deutungshoheit zum Hydraulic Fracturing und der deutschen Erdgasförderung inne zu haben, tatsächlich aber außer arrogant vorgetragenen Behauptungen nichts zu bieten hat und mit diesen sogar oftmals nachweislich falsch liegt. Ganz schwache Nummer und erschreckend, dass man sie ernst nimmt.

Quellenverzeichnis