Neuer Anti-Fracking-Artikel bei NDR online

Am 26.02. einigten sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), „Fracking“ nur unter strengen Auflagen zuzulassen (als ob es die nicht schon geben würde) und eine sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im Vorfeld von – ja was eigentlich genau? Einer Bohrung? Eines Fracs? (Beides wäre aus meiner Sicht aufgrund des jeweils zeitlich eng bzw. sehr eng begrenzten Zeitraumes unverhältnismäßig.) Oder des Gesamtprozesses Bohrung-Fracbehandlung-Förderphase über mehrere Jahre bis Jahrzehnte aus mehreren Bohrungen je sogenannten Clusterplatzes? Das wäre nachvollziehbar – voranzustellen.

Daraufhin erschien beim in dieser Frage alles andere als neutral auftretenden NDR bzw. auf dessen Online-Portal ein Artikel mit der Schlagzeile „Norddeutschland stemmt sich gegen Fracking“. Allein diese Überschrift ist ohne weiteres als tendenziös bis parteiisch zu werten.

Als Beleg für das angebliche „Stemmen“ gegen das Verfahren werden zunächst zwei Beispiele/Orte angeführt, zunächst der Ort Leese bei Nienburg. Nach Meinung des Bürgermeisters Grant-Hendrik Tonne (SPD) reichen UVP nicht aus. Das ist ziemlich seltsam, denn eine der Kernforderungen der Gegner ist doch die Durchführung eben dieses Verfahrens. Und auf einmal reicht es nicht mehr aus? Tonne wird weiter zitiert, dass die Risiken angeblich nicht abschließend geklärt seien und somit selbst ExxonMobil neue Studien in Auftrag gegeben hat. Das ist eine gängige Mär, dass die Risiken nicht geklärt seien, da in sämtlichen Studien, auch in der von ExxonMobil beauftragten, hypothetische Annahmen im Mittelpunkt stehen, tatsächliche Erkenntnisse über den geologischen Untergrund jedoch kaum Beachtung finden. Was die neuen Studien betrifft, folgt ExxonMobil lediglich der aus der von ihr in Auftrag gegebenen Studie abgeleiteten Empfehlungen. Es wird quasi das Versprechen eingehalten, den Empfehlungen Folge zu leisten. Weitern hätten laut Tonne Leeser Familien überlegt, ihre Häuser zu verkaufen und wegzuziehen. Da kann man mal sehen, was „Dokumentationsfilme“ Marke „Gasland“ sowie tendenziöse, undifferenzierte und dramatisierende Berichterstattung auslösen kann: Angst frisst Verstand auf!
Als zweites Beispiel wird eine Bohrung bei Dudensen („Nöpke 2“) in der Nähe von Hannover genannt. Diese Bohrung wurde vom NDR einst „mitten im Trinkwasserschutzgebiet“ verortet. Tatsächlich befindet sie sich am inneren Rand der Wasserschutzzone III, wo Tiefbohrungen durchgeführt werden dürfen. Vgl. hierzu „Nibis-Kartenserver“ mit den Einstellungen „Bohrungen“ unter dem Layer „Geophysik und Bohrungen des tieferen Untergrundes“ sowie „Nutzungsbedingungen oberflächennaher Geothermie“ unter dem Layer „Geothermie“. Ob diese Kernbohrung überhaupt umgesetzt wird, ist offen:

Es gibt derzeit weder Pläne für die Durchführung von Frac-Arbeiten noch für eine Förderung von Erdgas in Nöpke. Seit 2008 erkundet ExxonMobil Schiefergaslagerstätten. Für das Bohrprojekt Nöpke liegt seit 2009 eine Zulassung für eine Bohrung vor. Das Bohrprojekt wird nicht im Jahr 2012 realisiert werden. Die Zulassung umfasst lediglich eine Bohrung. Für eine Frac-Maßnahme wäre ein gesonderter Antrag zu stellen. Hierfür gibt es derzeit keine Pläne. sowie: Es gilt weiterhin – wie bereits vor einigen Monaten erläutert – dass die Umsetzung der Bohrung Nöpke noch offen ist. Ob sie erfolgen wird (frühestens 2013), hängt davon ab, was die Auswertung der bereits erfolgten und weiterer geplanter Erkundungsbohrungen ergibt.

Und gegen diese Kernbohrung, wie es zuvor auch schon andere, inzwischen wieder verfüllte wie z.B. bei Niederwöhren gab, „stemmen“ sich also dank Desinformation der dortige Bürgermeister sowie eine Interessengemeinschaft. Quelle 1 und Quelle 2.

Als weitere Belege für das „Stemmen Norddeutschlands gegen Fracking“ werden grüne Landesminister (welch Überraschung), die Oppositions-Partei Die Linke in Mecklenburg-Vorpommern sowie die Landesregierung Schleswig-Holsteins angeführt. Bei letzterem behauptet der NDR, dass derzeit „bergbaurechtliche Anträge zum Fracking“ vorlägen. Das ist nichts weiter als unwahr, da lediglich Aufsuchungserlaubnisse für Kohlenwasserstoffe im Gebiet ehemaliger Erdöllagerstätten beantragt worden sind. „Fracking“-Anträge können allein schon deshalb nicht vorliegen, da es keine entsprechenden Bohrungen, die Voraussetzung für eine Fracmaßnahme sind, gibt. Den Vogel schießt der grüne Energiewendeminister (!) Robert Habeck ab, der behauptet, dass für den Ausschluss des Verfahrens die Vorschläge der Bundesregierung eine „Nullnummer“ seien. Er begründet das damit, dass „Bereits jetzt das Fracking in Wasserschutzgebieten ausgeschlossen werden könne.“ und „Auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung sollte selbstverständlich sein“. Nun, ersteres trifft zwar auf Länder unter der Bergaufsicht des LBEG zu (Runderlass), wie z.B. auch Schleswig-Holstein, aber nicht Gesamtdeutschland. Und zweiteres ist nirgendwo gesetzlich verankert und somit auch keine Selbstverständlichkeit. Peinlich, diese Ahnungslosigkeit eines Politikers im Ministeramt. Und auch Stefan Wenzel ist mal wieder „grandios“, der den Kompromiss verurteilt: „Der Schutz der Menschen und der Umwelt steht offensichtlich nicht im Fokus der Bundespolitik“. Wie bitte? Den populistischen Forderungen der BI/IG nach einer UVP wird Rechnung getragen, aber der Schutz von Menschen und Umwelt stünde nicht im Mittelpunkt? Widersprüchlicher geht’s wohl kaum.

Ich habe wieder einmal den Eindruck, dass ein bisher in konventionellen Lagerstätten bewährtes Verfahren, dass mit kleinen Abwandlungen nun auch in neuen Lagerstättentypen eingesetzt werden soll, kaputtgeschrieben wird. Basis dafür sind Sorgen und Ängste, die auf längst widerlegten Darstellungen in „Dokumentarfilmen“ zurückzuführen sind sowie eine (bewusst?) fehlerhafte bis tendenziöse Berichterstattung, u.a. bzw. ganz besonders des NDR.

http://www.ndr.de/regional/fracking391.html