Interessantes Doppelinterview bei SHZ-Online

Nachdem SHZ-online vor gut einem Monat einen völlig an Sachlichkeit mangelnden Artikel zum Thema Hydraulic Fracturing veröffentlicht hat, der hier scharf kritisiert wurde (LINK), wurde Anfang Mai ein sehr interessantes Doppelinterview mit dem schleswig-holsteinischen Umwelt- und Energiewendeminister Robert Habeck (B’90/Grüne) sowie dem Geowissenschaftler Andreas Dahmke geführt.  Interessant ist dieses Interview vor allem deshalb, weil es aufzeigt, dass der Minister als Antwort auf die fundierten Argumente von Herrn Dahmke nur Allgemeinplätze zu bieten hat.

Schon in der Antwort auf die erste Frage, die versucht einen Widerspruch zwischen Totalverbot und angewandte Forschung zur  Minimierung eventueller Risiken aufzudecken, reagiert Habeck trotzig  mit „Will ich aber nicht“, da er der Ansicht sei, Forschung würde das Verfahren, das auch in Deutschland seit Jahrzehnten in Anwendung ist, auch in Schleswig-Holstein (SH), „salonfähig“ machen. Angeblich würde es infolge der Anwendung des Verfahrens in anderen Ländern „teils zu verheerenden Folgen“ kommen. Andererseits wird auf der Seite seines Ministeriums bestätigt, dass es durch die Fracbehandlungen in ostholsteinischen Erdölfeldern in den Jahren 1955 bis 1994 zu keinen Umweltschäden gekommen sei (Quelle).
Dahmke antwortet hinsichtlich auf eine möglich Beschränkung der Forschung seitens der Politik, dass alle drei wesentlichen Studien zum „Fracking“ Demonstrationsvorhaben empfehlen. Darauf sagt Habeck, dass er den Weg der Forschung umgehen wolle, indem er politische Leitlinien für gesellschaftliche Veränderungen durchsetzen wolle, die diesen Weg ausschlössen. Der Antwort, inwiefern dieser Weg beschritten werden soll, bleibt er schuldig. Da stellt sich die Frage, ob Habeck „Angst“ davor hat, das wissenschaftlich bestätigt werden könnte, dass das Gefährdungspotenzial des Hydraulic Fracturings eben nicht den von Medien und NGO’s verbreiteten Behauptungen entspricht. Dahmke sagt dazu treffend: „Ob die Risiken nämlich wirklich so groß sind, wie oft behauptet, ist bisher nicht klar.“
Und während Habeck in bezug auf die Kosten der „Erneuerbaren“ Energien darauf pocht, diese konsequent auszubauen (also ohne wenn und aber?), was seiner Meinung nach „Fracking“ überflüssig mache, ist Dahmke der Ansicht dass analog zu den erschienenen Studien die Erforschung weiter erfolgen solle. Dazu eine Anmerkung: In dieser emotionsgeladenen Debatte wird vieles vermischt und es fällt schwer, verschiedene Bereiche auseinanderzuhalten. Was hier unter „Fracking“ debattiert wird, betrifft offensichtlich die Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten, speziell Schiefertonen. Verwunderlich ist dabei, dass sich Habeck dabei so ins Zeug legt, da Schleswig-Holstein laut BGR-Studie kein Schiefergaspotenzial aufweist (Quelle). Hintergrund ist offenbar mangelnde Sachkenntnis (Link). Der Wirtschaftsrat der CDU äußert sich dazu treffend: „Aufgrund der unsachlichen Diskussion werden in Deutschland seit zwei Jahren auch in der konventionellen Erdgasförderung keine unterstützenden Maßnahmen mittels Fracking mehr genehmigt. Hier herrscht ebenfalls ein faktisches Fracking-Moratorium.“ (Quelle)
Und wähend Dahmke der Ansicht ist, Forschung zu betreiben, um das Risikopotenzial zuschätzen, lässt Habeck durchblicken, dass etwaige Maßnahmen unter Missachtung der Risiken durchgeführt würden. Das widerspricht eklatant der bisherigen Vorgehensweise bei der Erkundung des Schiefergaspotenzials. Die einzigen bisherigen Testfracs in der Bohrung „Damme 3“ wurden durch umfangreiches Monitoring begleitet, das allerdings selbst in der von ExxonMobil in Auftrag gegebenen Risikostudie ignoriert wurde (Quelle).
Seine Unwissenheit unterstreicht Habeck, indem er einen, dem Bild nach zu urteilen, Bohrkern holt und behauptet, dass dieses Gestein, nach Bildunterschrift ein Tonmergel, also ein kalkhaltiges, feinkörniges klastisches Sediment, theoretisch gefract werden soll. Unwahrscheinlich bis ausgeschlossen, denn wie schon weiter oben erwähnt wird für SH kein Schiefergaspotenzial ausgewiesen und für einen dichten Ölträger ist das Gestein zu hell. Weiter stellt er seine (falsche) Vorstellung des Fracverfahrens dar, die Dahmke souverän kontert und auf höheren Wasserverbrauch bei Geothermiefracs verweist, die allerdings ohne Chemikalienzusätze auskommen. Dahmke unterscheidet dabei zwischen reinen Wasserfracs und Stützmittelfracs mit Zusätzen. Eine Spitze kann er sich dabei (zu Recht) nicht verklemmen, in dem er den tendenziösen Begriff des „toxischen Fracking“ (eigentlich ist dort von „umwelttoxisch“ die Rede, aber genauso falsch), verwendet vom Ministerium unter der Leitung Habecks, als neutral in Anführungszeichen, anprangert. Dahmke führt aus, dass die Hauptgefahr bei etwaigen Unzulänglichkeiten an der Oberfäche bestünde, worauf Habeck antwortet, dass dies ein Grund mehr sei, gegen „Fracking“ zu sein. Das ist es logischerweise aber nicht, da ja die anderen Scheinargumente gegen das Verfahren damit ausgeräumt seien.
Ich möchte abschließend nur noch auf zwei Dinge eingehen. Zuerst wird auf den Zeitraum der etwaigen Schiefergasproduktion im Inland eingegangen, mit der die Interviewpartner konfrontiert werden. Hier ist vom 13 bis 19 Jahren Eigenversorgung die Rede, die Dahmke wiederum souverän kontert, indem er argumentiert, dass gar keine gesicherten Reserven ausgewiesen sind. Die genannten Zahlen beruhen lediglich auf einem hypothetischen Vergleich der BGR im Zusammenhang mit der (vorsichtigen) Abschätzung (!) des Potenziales an Schiefergas. Niemand redet davon, dass Deutschland sich über den genannten Zeitraum selbst versorgen könne. Das Potenzial wurde lediglich dem gegenwärtigen Verbrauch zu Vergleichszwecken gegenübergestellt. Das zweite ist, dass Habeck, hier in Bezug auf den Höchstspannungstrassenausbau, die dagegen agierenden Bürgerinitiativen kritisiert, dass diese sich nicht an wissenschaftlichen Vorgaben orientierten:“Dort nehmen die Bürgerinitiativen sehr stark nicht zur Kenntnis, was die Wissenschaft ihnen vorgibt“. Gut, das tun die gegen „Fracking“ eingestellten Bürgerintiativen auch nicht, was für Herrn Habeck offensichtlich jedoch kein Problem darstellt. Denn diesbezüglich, das erwähnte Dahmke bereits, besteht aus wissenschaftlicher Sicht nicht das unterstellte Gefährdungspotenzial.

Interessant sind auch die Kommentare zum Artikel. Von der Gegnerschaft werden auch nur Allgemeinplätze geboten, wobei es schon spannend wäre zu erfahren, was der Kommentator Kai B. unter „kontaminiertem“ CO2 versteht. Die anderen beiden Kommentare sprechen mir aus der Seele und dürfen als Ergänzung zum Artikel verstanden werden 😉

Link: „Nicht hinter angeblichen Risiken verschanzen“