Wissenschaftler empfehlen Demonstrationsprojekte zur Schiefergasgewinnung

Am 24. und 25. Juni 2013 fand in Hannover eine Konferenz mit dem Thema „Umweltverträgliches Fracking?“ statt. Veranstalter waren die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), das Helmholtz-Zentrum Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) sowie das Helmholtz-Zentrum-Zentrum für Umweltforschung Leipzig (UFZ). Die wesentlichen Schlussfolgerungen wurden nun in einer gemeinsamen Erklärung („Hannover-Erklärung“) vorgestellt.

Die Schlussfolgerungen zusammengefasst

Nach Ansicht der Forscher kann durch die Schiefergasförderung die abnehmende inländische Erdgasförderung stabilisiert werden und somit weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Rohstoffversorgung leisten. Die Schiefergasförderung erfordert umweltverträgliche Verfahren und eine Fortentwicklung des bestehenden Rechtsrahmens zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas, wobei der Schutz des Trinkwassers oberste Priorität haben muss. Gewährleistet werden soll diese Empfehlung durch standortbezogene geologische Untersuchungen, begleitendes Monitoring, eine vorangestellte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie das Hinzuziehen von Umweltbehörden, insbesondere der Wasserbehörden. Schließlich folgern die Wissenschaftler aus der Diskussion, dass die Implementierung  der Schiefergasförderung ein transparentes und schrittweises Vorgehen erfordert, weshalb erste Vorhaben als Demonstrationsvorhaben unter Einbeziehung aller Beteiligten durchgeführt werden, sämtliche Maßnahmen und Ergebnisse wissenschaftlich begleitet und bewertet werden sowie Untersuchungen zur möglichen Beeinträchtigung des Grundwassers durch Hydraulic Fracturing im Mittelpunkt stehen.

Widerspruch der Gegner

Wie nicht anders zu erwarten widersprechen die Gegner inländischer Erdgasförderung in Form eines Kommentars (vom Aktionsbündnis „No Moor Fracking“) demm Entwurf der Erklärung mit z.T. haarsträubenden infantilen Vergleichen und den üblichen Übertreibungen und Falschaussagen.

Der Nutzen inländischer Erdgasgewinnung aus Schiefergesteinen wird komplett in Abrede gestellt, da bei Einhaltung des gegenwärtigen Förderniveaus und des gegenwärtigen Primärenergieverbrauchs Erdgas lediglich 2,5% dazu beitragen könnte, während aus „Erneuerbaren Energien“ bereits knapp 13% stammen. Dass der bedeutendste Anteil (7% 2012) aus Biomasse mit z.T. verheerenden Folgen für die Umwelt (Stichwort „Vermaisung“) gewonnen wird, wird ignoriert, ebenso, dass der intensiv subventionierte Ausbau von hochgelobter Windkraft und Fotovoltaik gerade einmal zusammen 1,9% beiträgt. Natürlich wird auch die positive CO2-Bilanz in Abrede gestellt und von einer „katastrophalen“ Klimabilanz aufgrund von Methanemissionen gesprochen. Das widerspricht allerdings dem gegenwärtigen Stand der Forschung, der nur geringfügig höhere Treibhausgasemissionen bei der Schiefergasgewinnung/-nutzung gegenüber herkömmlicher Erdgasgewinnung/-nutzung sieht, die ja unbestritten eine deutlich bessere Bilanz hat als Kohle (Link). Offensichtlich wurden von Seiten der Gegnerschaft, wie üblich,  Einzelfälle als allgemein gültig angesehen. Stattdessen verfällt man in Wunschträume und weiß heute schon, dass künftig Power-to-Gas funktionieren wird (gegenwärtig existieren meines Wissens drei Pilotanlagen). Fraglich ist dabei nur, wo die Power dafür herkommen soll bei gegenwärtig mageren 1,2% „Windstrom“ am Primärenergieverbrauch. Wieviel Landschaft soll denn noch verschandelt werden? Dass die gegenwärtige und auch künftige Erdgas-Eigenversorgung, sofern der Status quo aufrecht erhalten werden kann, von gut 10% als irrelevant abgetan wird, schlägt dem Fass den Boden aus. Der Kommentator fantasiert, dass ja aufgrund des Ausbaus von LNG-Terminals andere Lieferanten einspringen könnten. Dass wir uns dadurch vollständig vom Ausland abhängig machen, und das auch noch in Anbetracht dessen, dass zuverlässige Lieferanten wie Norwegen und die Niederlande in naher Zukunft immer weniger liefern können, blendet der Kommentator ebenso komplett aus, wie auch den energetischen Aufwand das Erdgas zu verflüssigen und über enorme Distanzen zu transportieren. Ebenso wird der volkswirtschaftliche Nutzen überhaupt nicht beachtet, wie z.B. die Außenhandelsbilanz, aber auch die Förderabgabe und natürlich auch Gewerbesteuern sowie z.T. hochqualifizierte Arbeitsplätze.

Die empfohlene Weiterentwicklung des bestehenden Rechtsrahmens wird als „völlig inhaltslose Worthülse“ abgetan, da angeblich Umweltgefährdungen „verfahrensimmanent“ sind (welche das sein sollen, wird nicht gesagt) und somit ein umweltverträglicher Ablauf gar nicht möglich sei. Selbst sogenanntes „Green Fracking“ wird abgelehnt und dazu der Nebenschauplatz „Lagerstättenwasser“ eröffnet. Angeblich besteht dadurch über die „gleichen Pfade“ genau die Gefährdung, wie durch die Additive („Chemikalien“) auch. Welche Pfade das sein sollen, wird natürlich nicht erwähnt und dass es bei weltweit 2 Mio. Fracmaßnahmen gerade einmal zu einem einzigen Fall kam, wo tatsächlich Fracfluid in einen einzigen Brunnen gelangte, und das noch lange vor der Schiefergasgewinnung, wird natürlich auch ignoriert (Quelle 1, Quelle 2). Hier offenbart sich abermals das typische Verhalten von Bürgerinitiativen: Ein Einzelfall dient ohne die Verhältnismäßigkeit und die komplexen technischen und geologischen Zusammenhänge sowie die technologische Fortentwicklung zu beachten als Grundlage für Angstschürerei. Letzten Endes lässt sich aus den Fakten ein sehr geringes Gefährdungspotenzial (Tendenz gegen 0 bei 1:2 Milionen) für das Grundwasser ableiten, was die Gegnerschaft nicht davon abhält, genau diese geringe Gefährdung in den Vodergrund zu stellen und sich in infantilen Vergleichen zu versteigen: „Ein Ölwechsel auf einem Feldweg wird nicht dadurch legal, dass man es außerhalb eines Wasserschutzgebiets macht.“ Was jetzt ein Ölwechsel innerhalb der Biosphäre mit einer Fracmaßnahme kilometerweit außerhalb dieser gemein hat, bleibt mir ein Rätsel. Zumal das Verbot eines Ölwechsels in der Landschaft nicht nur dem Wasserschutz dient, sondern eben auch dem Bodenschutz. Feste Gesteinsschichten kilometertief unter der Erdoberfläche sind weder Boden noch „Erdreich“, auch wenn in Artikelkommentaren seitens der Gegnerschaft immer wieder diese Schlagworte im Zusammenhang mit dem Fracverfahren fallen.

Der Kommentator stellt korrekterweise fest, dass eine UVP, wie sie von den Wissenschaftlern vorgeschlagen wird, nach derzeit gültigem Rechtsrahmen nicht gegeben ist. Dabei ist dem Kritiker wohl nicht bewusst, dass eben u.a. deshalb zuvor empfohlen wurde, dazu den Rechtsrahmen zu ändern. Eine nachträgliche UVP für bereits erfolgte Fracmaßnahmen, wie der Kommentator vorschlägt, ist aus zweierlei Gründen absoluter Unsinn: Erstens hat eine UVP zum Ziel, Umweltfolgen VOR einem Vorhaben zu erkennen und eventuelle weniger folgenreiche Alternativen zu ermitteln und zweitens ist eine UVP im Rahmen des UVP-Gestzes geregelt, somit Teil des Umweltrechtes, was wiederum ein Teilbereich des Verfahrensrechtes ist. Und laut Verfahrensrecht herrscht ein Rückwirkungsverbot!

Letzten Endes wird vom Kommentator die Notwendigkeit einer inländischen Schiefergasförderung, wie nicht anders zu erwarten, komplett in Abrede gestellt, vor allem aufgrund der angeblich nicht vorhandenen Relevanz und den vermeintlich schwerwiegenden möglichen Umweltschäden. Stattdessen schlägt er vor, angeblich fehlende Kenntnisse aus den bisherigen Fracs zu gewinnen. Dem Herren Aktivisten sei gesagt, dass das bereits geschehen ist und Fracs in den bisher genutzten Lagerstätten als beherrschbar angesehen werden (Quelle). Zweitens gibt es neben Gemeinsamkeiten auch Unterschiede im Verfahren bezüglich der neuen Lagerstättentypen, weshalb eine 1:1-Übertragung nicht möglich ist und nur praktische Forschung anhand der Demonstrationsprojekte möglich ist. Diesen entscheidenden Punkt hat der Kommentator beim Verfassen seiner Kritik wohl vergessen, anders ist es nicht zu erklären, dass er von einem „Vorantreiben“ der Schiefergasförderung spricht. Das Wort impliziert eine schnelle Entwicklung, wäherend die Wissenschaftler ein langsames Vorgehen empfehlen. Aber was soll man schon von jemandem erwarten, der immerhin 10% Eigenversorgung, auch unter Beachtung des volkswirtschaftlichen Nutzens, als irrelevant abtut? Und ja, die Schlagworte „Transparenz“ und „Einbezug der Öffentlichkeit“ sind Absichtserklärungen, die aber entgegen der Behauptung des Aktivisten bereits umgesetzt worden sind (z.B. der Exxonmobil-Dialogprozess, aber auch die Wintershall informiert über ihre Vorhaben umfassend). Und sicherlich kann die Kommunikation von Risiken diese nicht ausräumen, dafür haben aber die Wissenschaftler ja geologische Voruntersuchungen vorgeschlagen. Auch das wurde am Ende des Kommentars dann mal eben wieder „vergessen“.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Vertreter von BGR, GFZ und UFZ aus der Diskussion Vorschläge für eine umweltverträgliche inländische Schiefergasgewinnung herausgearbeitet haben, die die ein oder andere Hürde für die Industrie darstellt, wie z.B. eine Verschärfung der gegenwärtigen Rechtslage oder auch das schrittweise Vorgehen unter umfassender Einbeziehung der Öffentlichkeit und der Umweltbehörden, was bis ca. 2011 zwar auch schon erfolgte, allerdings erheblich weniger umfangreich als vorgeschlagen und z.T. seit 2011 bereits freiwillig umgesetzt.
Die Gegenseite unterstreicht, wie anhand des Kommentars eines Aktivisten des „Aktionsbündnis No Moor Fracking“ erkennbar, abermals ihre absolute Kompromisslosigkeit und nicht vorhandene Dialogbereitschaft und verfällt in die bekannten unbelegten Übertreibungen (Klimawirksamkeit), Fehlinterpretationen, unangebrachte Vergleiche (Ölwechsel) sowie nicht umsetzbare Vorschläge (rückwirkende UVP).

Links:

Kommentierte Fassung der „Hannover-Erklärung“

Finalfassung

2 Kommentare zu Wissenschaftler empfehlen Demonstrationsprojekte zur Schiefergasgewinnung

  • KellySpinner sagt:

    Den Bürgerinitiativen geht es darum die Erdgas/Erdölförderung in Deutschland zu verbieten.
    Forderungen der Bürgergerinitiativen in Niedesachsen werden durch einen Erlass erfüllt.
    Sagen die Bürgerinitiatven unsere Forderungen sind erfüllt? Natürlich nicht. Es wird immer was nachgeschoben. Ich würde mir wünschen, dass die Bis, klipp und klar sagen, dass sie die Erdgasförderung in Deutschland verbieten wollen. „Nicht im meinem Hinterhof-lieber in Russland“

    1. istvanadler sagt:

      So ist es. Zuerst stellten sie Forderungen auf, die erfüllt worden sind. Das genügt nicht, also wird weiter gefordert. Bei Verden hat sich vor kurzem eine BI gegen eine Erkundungsbohrung gegründet (Teilfeldsuchbohrung in der Nähe des aktiven Feldes „Völkersen“, Bohrung Daverden Z1)!

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