Weiterer CDU-Politiker spricht sich indirekt gegen inländische Erdgasförderung aus

Vor kurzem berichtete „Erdöl und Erdgas in Deutschland“ von der Forderung des Wittorfer Bürgermeisters Willi Bargfrede nach einem sofortigen Stopp der Versenkung von Lagerstättenwasser in dafür geeignete, vom Grundwasser getrennte, tiefliegende Gesteinsschichten. Wie erläutert, käme dies einem sofortigen Förderstopp von Erdgas in Deutschland gleich. Aus dem benachbarten Landkreis Verden ist eine ähnliche und sogar noch weitergehende Forderung zu vernehmen. Diese wird allen voran vom CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeld unterstützt.

Die Forderungen im Einzelnen

Am vergangenen Freitag (20.09.2013) debattierte der Kreistag Verden einen von der CDU (!) initiierten Antrag zur Erdgasförderung. Es wird gefordert, von einer Erhöhung der Gasförderung in der Region abzusehen und von den geplanten Erkundungsbohrungen bei Intschede („Daverden Z1“) und bei Odeweg („Weißenmoor Z2“) Abstand zu nehmen. Als drittes wird gefordert, dass sich RWE-Dea als Verursacher für angebliche Schäden eines Bebens im Nobember 2012 (Link 1, Link 2) bekennt.

Doch dem sei nach Ansicht von Mattfeld nicht genug: Ohne Begründung fordert er:

„1. Das niedersächsische Landesbergamt (LBEG) aufgefordert wird, vorerst keine Genehmigungen auf Ausweitung der Erdgasförderung zu erteilen

sowie

2. Ein generelles Verbot der unterirdischen Verpressung des giftigen Lagerstättenwassers.“

Als Versuch einer Begründung kann man maximal gelten lassen, dass seiner Meinung nach die Entsorgung des Lagerstättenwassers sowie die Schadensregulierung bei Erdbeben nicht geklärt sei. Ein Versuch einer Begründung ist es deshalb, weil a) die Entsorgung des Lagerstättenwassers geklärt ist, nämlich über behördlich genehmigte Versenkbohrungen, auch wenn den Gegnern diese bewährte und schadensfreie Methode missfällt und b) die Schadensregulierung bei Erdbeben ebenfalls geklärt ist. Schäden, sofern sie tatsächlich durch das Beben verursacht wurden, begleicht der Verursacher. Auslöser ist nach Ansicht von Wissenschaftlern höchstwahrscheinlich die Förderung von Erdgas (und nicht etwa „Fracking“, wie teilweise in der Vergangenheit zu lesen war). Da die Firma RWE-Dea Betreiberin des Feldes Völkersen ist, wäre sie für die Schadensregulierung zuständig. Allerdings wird derzeit noch von einem durch die Gemeinde Langwedel bestellten Gutachter ausgewertet, ob die gemeldeten Schäden tatsächlich auf das Beben zurückzuführen sind. Somit ist die Forderung von Mattfeld unhaltbar, dass sämtliche gemeldete Schäden durch RWE-Dea übernommen werden. Noch absurder erscheint die Forderung Mattfelds vor dem Hintergrund, dass nach DIN 4150-3 davon auszugehen, dass bei Bodenschwinggeschwindigkeiten unter 3 mm/s Gebäudeschäden nicht auftreten. Die höchsten gemessenen Werte lagen bei 0,64 mm/s bzw. 0,57 mm/s und somit erheblich unter dem genannten Grenzwert (Quelle). Zu den Äußerungen Mattfelds HIER. Doch sei dem nicht genug an Absurdität, geht der eigentliche Antrag noch darüber hinaus: Es wird im 4. Punkt gefordert, dass von RWE-Dea die Bestandaufnahme „aller Gebäude in den Fördergebieten“ durch einen amtlich bestellten Sachverständigen zu finanzieren sei. Weiterhin wird gefordert, das gesamte Lagerstättenwasser oberirdisch zu reinigen. Zu Letzterem stellt sich dann die Frage: Was passiert mit den abgeschiedenen Stoffen, vor allem den 100en Tonnen an Salz?

Dem Fass schlägt dann das Abschlussstatement dann völlig den Boden aus. Dort heißt es:

Grundsätzlich ist der Kreistag zudem der Auffassung, dass die derzeit lebenden Menschen die Erde nicht völlig ausbeuten dürfen. Die uns nachfolgende Generationen werden Erdgas brauchen – insbesondere als Rohstoff. Auch vor diesem Hintergrund ist ein Moratorium mit einer Neubewertung der Chancen und Risiken der Erdgasförderung ein Gebot der Stunde.

Interessant: Die gegenwärtig lebenden Menschen dürfen die ihnen zugänglichen Rohstoffe nicht nutzen, wie es Generationen vor ihnen bereits schon taten, sondern sollen diese für künftige Generationen lassen, die Erdgas „insbesondere als Rohstoff“ brauchen könnten. Wozu, wenn nicht als Rohstoff, braucht die heutige Menschheit Erdgas denn sonst? Zu nichts anderem als Rohstoff lautet die Antwort. Erdgas ist einer der wichtigsten Energierohstoffe in Deutschland und darüber hinaus ein wichtiger Rohstoff für z.B. die chemische Industrie. Vor diesem Hintergrund, dass Erdgas ein wichtiger Rohstoff schon heute ist, soll also der inländischen Gewinnung ein Moratorium auferlegt werden? War die bisherige Forderung nach einem Moratorium für das Fracverfahren, auch in konventionellen Lagerstätten, wo es bis 2011 bereits 50 Jahre in Deutschland angewendet wurde, schon nicht nachvollziehbar, ist es diese weiterreichende Forderung erst recht nicht. Man kann nur hoffen, dass diese Forderungen, die kurz vor der Wahl zur Debatte standen, lediglich dem Wahlkampf geschuldet sind. Allein es fehlt der Glaube daran. Zum Antrag HIER. Zudem sollten sich die Damen und Herren politiker einmal darüber bewusst werden, was sie dort eigentlich fordern. Immerhin 3 % des Primärenergiebedarfs, und somit mehr als Windenergie und Photovoltaik zusammen, stammten 2012 aus im Inland geförderten Erdgas (Quelle). Wie diese ersetzt werden sollen, gerade in Anbetracht der bevorstehenden Heizperiode, hätte ich gerne von den Antragsbefürwortern erfahren. Hinzu kämen die Kompensierung der Förderabgabe in Höhe von hunderten Millionen Euro/Jahr sowie der Ausgleich wegfallender fiskalischer Einnahmen (Gewerbesteuern, Einkommenssteuer der stets gut bezahlten Arbeitnehmer).

RWE-Dea nimmt Stellung zum Antrag

Die Forderungen des im Kreistag Verden diskutierten Antrages bleiben von RWE-Dea nicht unbeachtet und auch nicht unbeantwortet. Das Unternehmen strebe entgegen der Aussage im Antrag keine Ausweitung der Erdgasförderung an. Stattdessen beschränke sich die Ausweitung lediglich auf die Bohrungen „Völkersen Z3“ und „Völkersen Z11“, aber nicht auf die Förderung insgesamt. Stattdessen sollen neue Projekte im Feld „Völkersen“ sowie die beiden genannten Explorationsprojekte lediglich den allgemein festzustellenden Förderrückgang abbremsen. Sofern Schäden eindeutig dem Beben zugeordnet werden können, wird RWE-Dea selbstverständlich Schäden begleichen. Vor dem Hintergrund einer jahrzehntelang erfolgreichen Erdgasförderung in Niedersachsen lehnt RWE-Dea eine Bestandsaufnahme sämtlicher Gebäude in ihrem Fördergebiet aufgrund fehlender Verhältnismäßigkeit ab. Ferner weist RWE-Dea darauf hin, dass die Erdgasförderindustrie insgesamt an Alternativen zur Lagerstättenwasserversenkung forscht. Die gesamte Stellungnahme HIER.

2 Kommentare zu Weiterer CDU-Politiker spricht sich indirekt gegen inländische Erdgasförderung aus

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Zitat von der Webseite des CDU Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeld:

    „Besonders stolz bin ich, dass es durch Initiative aus unserem Wahlkreis im Bereich der Erdgasförderung zu massiven Veränderungen im Meinungsprozess, auch in meiner Partei, in ganz Deutschland gekommen ist. Ich hätte es zu Beginn meiner Tätigkeit in Berlin nicht geglaubt, dass man als einzelner Abgeordneter in Sachfragen doch soviel erreichen kann. Danken möchte ich hier den fast 80 Mitstreitern meiner Fraktion im Bundestag und besonders meiner Bürgerinitiativen in Völkersen und Intschede, mit denen ich ausgezeichnet zusammenarbeite. Ich bin sicher, wir werden gleich im ersten Jahr der neuen Legislaturperiode weitreichende Gesetze beschließen, damit Mensch und Umwelt durch Erdgasförderung keine Nachteile erleiden.

    Noch einmal herausgehoben:

    „und besonders meiner Bürgerinitiativen in Völkersen und Intschede, mit denen ich ausgezeichnet zusammenarbeite.“

    Herr MdB Mattfeld bezeichnet die Bürgerinitiativen in Völkersen und Intschede also als die seinigen.

    Nun, das ist nicht ungesetzlich. Jedoch macht dieser verräterische Satz auch klar, wie dieser Volksvertreter tickt. Ohne tieferes Verständnis der Sachzusammenhänge – sonst würde er nicht dem energetischen Irrsinn der Lagerstättenwasserreinigung mit anschließenden Entsorgungsproblemen bei den Rückständen das Wort reden – und mit zwei ominösen Bürgergruppen im Rücken, deren Motivation der genaueren Hinterfragung bedarf, macht er auf populistische Politik. Will er GRÜNEN und LINKEN zwecks eigenem politischen Fortkommen die Themen klauen, wie es die Bundeskanzlerin schon auf anderen Gebieten vorgemacht hat?

    Offensichtlich ist ihm die Wahl der Mittel gleichgültig. Es winken politische Pfründe.

    Im Fall der christlichen Radikalökos neuerer Wendeprägung (CDU) könnte auch unterstellt werden, sie wollten mit besonders markigem Auftreten gegen die Erdgasförderung von den Umweltkollateralschäden durch Massentierhaltung und Biogasanlagen ablenken. Denn auf diesem Feld machen ganz eindeutig CDU-nahe Kreise flächenhaften, subventionierten Profit auf Kosten der Allgemeinheit.

    Die Vorstellung, im Deutschen Bundestag säßen noch mehr solcher „Volksvertreter“ , läßt erschauern.

  • Barney Gumble sagt:

    Ich finde es auch extrem anmaßend, wie diese Leute urkommunistisch fordern, die fossilen Rohstoffe gehörten allen, bzw. gar „unseren Kindern“, während gleichzeitig sie (Fettdruck denken) entscheiden wollen ob diese gefördert werden sollen oder nicht, als wäre es ihr Privateigentum. Es handelt sich immerhin um Volksvermögen im Wert von vielen tausend Milliarden Euro.

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