LBEG als Bergbehörde für Schleswig-Holstein: „Fractivisten“ deuten Rechtsgutachten zu ihren Gunsten um

In den vergangenen zwei Jahren sind mehrere Aufsuchungserlaubnisse sowie  (Gewinnungs-) Bewilligungen für Kohlenwasserstoffe vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) vergeben worden. Im Zusammenhang mit der Debatte um das bewährte Hydraulic Fracturing („Fracking“) Verfahren keimte Unmut auf. Deshalb fühlte sich die Landtagsfraktion der Piratenpartei berufen, die Zuständigkeit des LBEG anzuzweifeln, da es sich um eine niedersächsische Behörde handelt. Inzwischen liegt dazu ein Rechtsgutachten vor. 1)Schleswig-Holsteinischer Landtag – Umdruck 18/1944

1. Vorbemerkungen

Aufsuchungserlaubnisse in Schleswig-Holstein Quelle: LBEG-Kartenserver

Aufsuchungserlaubnisse in Schleswig-Holstein
Quelle: LBEG-Kartenserver

U.a. vom NDR wurde wegen der Neuvergabe der Erlaubnisse unterstellt, dass es sich um „Frackinggebiete“, also Gebiete mit unkonventionellen Lagerstätten, handeln könnte. Dabei wurde ignoriert, dass sich die in Westholstein liegenden, nach § 7 des Bundesberggesetzes (BBergG) 2)Bundesberggesetz neu vergebenen Aufsuchungserlaubnisse z.T. in unmittelbarer Nähe von aufgelassenen Erdöllagerstätten befinden bzw. diese sogar überdecken. Auch im Südosten des Bundeslandes wurde eine Aufsuchungserlaubnis vergeben, die kleine Erdölvorkommen, die nur kurzzeitig in Produktion standen, überdeckt. In allen genannten Fällen handelt es sich bei dem Erlaubnisinhaber um die kanadische Firma  PRD Energy Inc. (PRD), die nach eigenen Angaben aufgelassene Erdöl- oder Erdgasfelder wieder erschließen will3)Das Unternehmen PRD Energy Inc. (“PRD”)

Unsere Aktivitäten konzentrieren sich auf Erdöl- und Erdgasfelder in Mitteleuropa. Dabei geht es um die Wiedererschließung von Öl- und Gasvorkommen, deren Förderung zwischenzeitlich unrentabel gewesen ist. Insbesondere die Verbesserungen in der Horizontalbohrtechnik haben das Potential, einen wesentlich größeren Anteil der nachgewiesenen Reserven für die wirtschaftliche Förderung zu erschließen. 4)PRD – Erdöl und Erdgas in Deutschland

Von der Erkundung potenzieller Schiefergaslagerstätten ist nirgends die Rede. Im Gegenteil: PRD stellt ganz deutlich heraus, dass lediglich Erdöl gefördert werden soll und die Förderung von Erdgas, egal aus welchen Lagerstättentypen, aufgrund der hohen Erschließungskosten zunächst nicht von Interesse ist:

Aufgrund der tiefen Lage der Gaslagerstätten und der mit einer Förderung verbundenen hohen Kosten hat PRD dennoch zunächst nicht vor, Erdgas zu fördern.

Neben PRD Energy ist auch die Max Streicher-Gruppe in Schleswig-Holstein aktiv. Das bayerische Unternehmen hat eine Erlaubnis in Nordfriesland zugesprochen bekommen. Nach Angaben des LBEG-Kartenservers ist dieses 1487,5 km² große Gebiet mit gerade einmal zwei Bohrungen untersucht worden und kann somit als unterexploriert bezeichnet werden. 5)NIBIS-Kartenserver des LBEG Die Unternehmensgruppe ist u.a. mit der Firma Palatina GeoCon GmbH & Co. KG am Erdölfeld „Römerberg“, das sich unter Speyer befindet, beteiligt. Weiterhin gehört auch der Hersteller von Bohranlagen namens „Satvia“ zur Gruppe ebenso wie die Tiefbohr-Firma „DrillTec“. Hinweise auf die Erkundung unkonventioneller Lagerstätten sind nicht zu finden. 6)www.streicher.de Das dritte Unternehmen, das schon vor längerer Zeit Aufsuchungserlaubnisse erhalten hat, ist RWE-Dea. Deren Erlaubnisse erstrecken sich ausnahmslos über aufgelassene Erdölfelder, die das Unternehmen bzw. Vorgängergesellschaften betrieben haben. Für einen Teil dieser Felder wurde inzw. eine Bewilligung erteilt, da RWE-Dea plant, diese erneut zu erschließen. 7)RWE-Dea plant Wiedererschließung von Altfeldern in Schleswig-Holstein Auch das einst von der RWE-Dea-Vorgängergesellschaft Deutsche Texaco betriebene Feld „Kiel“ östlich der Landeshauptstadt ist mit einer Bewilligung belegt worden. Hier plant PRD eine Wiederaufnahme der Förderung, wie es den Informationen des LBEG-Kartenservers zu entnehmen ist. 8)NIBIS-Kartenserver des LBEG

Bewilligungen in Schleswig-Holstein Quelle: LBEG-Kartenserver

Bewilligungen in Schleswig-Holstein
Quelle: LBEG-Kartenserver

Anhand der Analyse verschiedener Quellen ist nicht zu erkennen, dass nach unkonventionellen Kohlenwasserstofflagerstätten gesucht wird bzw. gesucht werden soll. Damit ist das von der Piratenpartei in Auftrag gegebene Rechtsgutachten eigentlich schon obsolet, da die Grundlage für den Auftrag darin bestand, das unterstellt wurde, dass nach unkonbentionellen Lagerstätten, für deren Erschließung Hydraulic Fracturing notwendig ist, gesucht wird. Dass dem nicht so ist, hätte die internetaffine Piratenpartei ohne Weiteres in Erfahrung bringen können. Schließlich geht aus der online abrufbaren Studie zum Schiefergaspotenzial der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hervor, dass für Schleswig-Holstein kein Potenzial besteht. 9)Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland Und auch ein Abgleich von online abrufbaren Daten in Form des LBEG-Kartenservers hätte Abhilfe schaffen können. Stattdessen bemüht die Piratenpartei den wissenschaftlichen Dienst des Landesparlaments, um festzustellen, ob die Erteilung der Aufsuchungserlaubnisse durch das LBEG, das als für Schleswig-Holstein als nicht zuständig angesehen wurde, rechtmäßig ist. Der Verfasser unterstellt an dieser Stelle, dass ohne die „Fracking“-Spekulationen die Piratenpartei den wissenschaftlichen Dienst nicht beauftragt hätte.

2. Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Dienstes und die freie Interpretation der „Fracking“-Gegner

Bevor auf das Rechtsgutachten eingeangen wird, zunächst Aussagen der „Fracking“-Gegner dazu. So ist in einem Beitrag auf gegen-gasbohren.de vom 8. November 2013 zu lesen: 10)BBU: Bergbauberechtigungen in S-H sind nichtig

Zuständigkeitsdesaster beim Fracking in Schleswig-Holstein muss Folgen haben – BBU fordert die Landesregierung auf, alle Genehmigungen des LBEG zur Erdgasförderung aufzuheben

Nur gibt es keine Genehmigungen zur Erdgasförderung, wie der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) behauptet. Tatsächlich wird in Schleswig-Holstein, wie in den Vorbemerkungen nachgewiesen, die Wiedererschließung bzw. die Suche nach neuen Erdöllagerstätten angestrebt. Nichtsdestotrotz wird wortgewaltig aber ziemlich inhaltsleer weiter versucht, die Ergebnisse des Gutachtens umzudeuten:

Als großen Schritt in der Debatte über die Rechtsmäßigkeit von Bergbauberechtigungen in Schleswig-Holstein, die Voraussetzung für die Anwendung von Fracking sind, sieht der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) die Veröffentlichung eines Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags. Darin wird festgestellt, dass das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) für erteilte und derzeit beantragte Erlaubnisse und Bewilligungen sachlich nicht zuständig ist.

Zunächst einmal ist die Erteilung von Aufsuchungserlaubnissen keine Voraussetzung für „Fracking“. Dazu bedarf es Sonderbetriebsplänen, wie beim angeprangerten LBEG nachzulesen ist: 11)Häufig gestellte Fragen

Für die Frac-Behandlungen ist die Vorlage eines Sonderbetriebsplanes erforderlich. In diesem Betriebsplan werden die technische Durchführung, der zeitliche Ablauf und die Wirkungen der Frac-Behandlung beschrieben.

Bis hierhin liegen also schon zwei Falschaussagen des BBU vor, nämlich das in Schleswig-Holstein nach Erdgas gesucht werden soll und das Aufsuchungserlaubnisse die Voraussetzung für Fracmaßnahmen darstellen.

Doch nun zur Behauptung, dass laut BBU das Gutachten besagt, dass das LBEG sachlich nicht zuständig ist. Zunächst heißt es im Gutachten einleitend (Punkt I des Gutachtens):

Insofern stellt sich die Frage, ob das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie zuständiges Oberbergamt für die genannten schleswig-holsteinischen Verwaltungsverfahren im Sinne des § 10 BBergG (geworden) ist.

Hierbei ist anzumerken, dass das LBEG aus der Fusion des  Landesbergamt Clausthal-Zellerfeld, dass auch für Schleswig-Holstein zuständig war, sowie aus dem Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung (NLfB) hervorging. In Punkt II des Gutachtens geht es darum, ob das LBEG Rechtsnachfolger des NLfB auch in Schleswig-Holstein ist oder nicht. Im Zwischenergebnis heißt es:

Eine Zustimmung des Landtages zum Abkommen zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Land Niedersachsen über die Bergbehörden erscheint entbehrlich, da die Landesregierung den Inhalt des Abkommens im Rahmen der ihr durch § 1 Abs. 2 BergBehAufbG verliehenen Verordnungsermächtigung umsetzen konnte.

Das bedeutet bis hierher, dass das LBEG als Rechtsnachfolger angesehen werden kann und somit sachlich zuständig ist. Das erkennt der BBU nicht an und führt weiter aus:

Diese fehlende Zuständigkeit hat zur Folge, dass alle vom LBEG erteilten Genehmigungen in Schleswig-Holstein rechtswidrig sind.

Im Gutachten ist wiederum etwas anderes nachzulesen. Es wird angenommen/ausgelegt, dass das LBEG Rechtsnachfolger des Landesbergamt Clausthal-Zellerfeld ist:

Aus Sicht des Wissenschaftlichen Dienstes ist das Abkommen über die Bergbehörden dahingehend auszulegen, dass das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Bergbehörde für das Land Schleswig-Holstein werden sollte, obwohl im Vertragstext noch das Landesbergamt Clausthal-Zellerfeld benannt wird.

Davon hat der BBU offensichtlich keine Kenntnis, bzw. hat diese feststellung schlichtweg ignoriert. Anders ist die folgende Aussage nicht zu verstehen:

Nach Auffassung des BBU sind sie wegen der Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung sogar nichtig.

Auch das geht aus dem Rechtsgutachten nicht hervor. Zwar hält das Gutachten die bereits erteilten Genehmigungen für anfechtbar, aber nicht für nichtig:

In Ermangelung einer wirksamen Zuweisung der Zuständigkeiten des Oberbergamtes für Schleswig-Holstein an das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, ist die Behörde (bislang) nicht wirksam zur Erledigung der schleswig-holsteinischen Verwaltungsverfahren gemäß §§ 7 und 8 BBergG berufen. Verwaltungsakte der Behörde in den genannten Verfahren sind anfechtbar, soweit sie noch nicht bestandskräftig geworden sind. Sie sind hingegen nicht nichtig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könnte die Nachholung einer entsprechenden Zuständigkeitsregelung ggf. sogar bereits angefochtene Bescheide heilen.

Entsprechend ist folgende Aussage des BBU als hanebüchen zu bezeichnen. Schließlich zählen in einem Rechtsstaat nicht subjektive Empfindungen, sondern juristisch fundierte Feststellungen:

Der BBU fordert die Landesregierung daher auf, alle vom LBEG erlassenen Verwaltungsakte, die mit der Gasförderung in Zusammenhang stehen können, als nichtig zu erklären bzw. zurückzunehmen.

3. Zusammenfassung

Abschließend ist zu sagen, dass die Gegner inländischer Kohlenwasserstoffgewinnung mit ihren Interpretationen wieder vollkommen daneben liegen. Nicht nur dass, wie im Abschnitt 1 nachgewiesen, in Schleswig-Holstein überhaupt nicht nach unkonventionellen Kohlenwasserstofflagerstätten gesucht wird sondern aufgelassene Erdölfelder reaktiviert werden sollen, legen die Bürgerinitiativen auch das von der Piratenpartei in Auftrag gegebene Rechtsgutachten äußerst frei aus. Während sie eine Rechtswidrigkeit bei der Erteilung von Aufsuchungserlaubnissen seitens des LBEG aus dem Gutachten herauslesen, geht das aus diesem NICHT hervor:

Der Fehler in der Zuständigkeitsnorm ist nicht unbeachtlich. Er führt andererseits jedoch auch nicht zur Nichtigkeit der von der Behörde erlassenen Verwaltungsakte. Allerdings sind die Bescheide des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie anfechtbar, soweit sie bergrechtliche Verfahren des Landes Schleswig-Holstein betreffen und noch nicht bestandskräftig geworden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könnte die Nachholung einer entsprechenden Zuständigkeitsregelung ggf. sogar bereits angefochtene Bescheide heilen.

Allerdings scheint auch die schleswig-holsteinische Landeregierung das Gutachten nicht so recht zu verstehen. In einer Stellungnahme zu den unhaltbaren Anschuldigungen seitens der Bürgerinitiativen ist zu lesen, dass die Regierung aus dem Gutachten eine Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte herausliest, obwohl wie oben dargelegt eine Rechtswidrigkeit eben nicht festgestellt wurde. Entlarvend ist dabei schon die Überschrift der Stellungnahme: „Statement des MELUR zum Fracking – Gutachten“: 12)Statement des MELUR zum Fracking – Gutachten

Die Auffassung des wissenschaftlichen Dienstes über die Rechtswidrigkeit der bisherigen Bescheide teilen wir nicht, weil nach unserer Auffassung das LBEG Rechtsnachfolger der früheren Bergbehörden ist.

Wieso eigentlich „Fracking“-Gutachten? Es handelte sich bei dem Gutachten doch um eine Bewertung der Rechtmäßigkeit/Zuständigkeit bezüglich Erteilungen von Aufsuchungserlaubnissen seitens des niedersächsischen LBEG in Schleswig-Holstein. Hydraulic „Fracking“ Fracturing war NICHT Gegenstand des Gutachtens. Aber was soll schon von einem Ministerium erwartet werden, dasseinerseits zugibt, dass durch Fracmaßnahme im eigenen Hoheitsgebiet kein einziger umweltrelevanter Vorfall geschehen ist, dennoch aber von „umwelttoxischem Fracking“ spricht, was suggeriert, dass Fracmaßnahmen grundsätzlich negative Umwelteinflüsse hervorrufen: 13)Umweltminister Habeck stellt Vorgehen gegen umwelttoxisches Fracking vor

Ja, es gab mehrere Bohrungen mit dem Einsatz der Fracking-Methode. Diese Bohrungen fanden zwischen 1955 und 1994 überwiegend im Kreis Plön statt. Es gibt keine Hinweise, dass die Maßnahmen in dem betroffenen Gebiet zu schädlichen Umweltauswirkungen geführt haben.

Und mit diesem Eingeständnis, dass Fracarbeiten nicht zwingend Umweltbeeinträchtigungen hervorrufen, wird dieser Artikel abgeschlossen.

3 Kommentare zu LBEG als Bergbehörde für Schleswig-Holstein: „Fractivisten“ deuten Rechtsgutachten zu ihren Gunsten um

  • Dr. Klaus Vieten sagt:

    Die hanebüchenen Argumentationen offenbaren nur eines: Die Gegner der Gewinnung heimischer Rohstoffe wollen nur die weitere unwirtschaftliche Subventionierung sogenannter erneuerbarer Energien sichern – kaschieren dies aber mit ihrer Sorge um die Weltrettung.

    1. istvanadler sagt:

      Zum einen das. Andererseits bildet sich die Gegnerschaft ein, mit ihrer Ablehnung gegnüber fossilen Energieträgern durchaus die Welt retten zu wollen.U.a. ist ein Punkt ihrer „Korbacher Resolution“ (die auch in der Verlängerung das Ziel 100.000 Unterschriften deutlich verfehlen wird): „Ein konsequentes Umsetzen der politisch beschlossenen Energiewende, d.h. Abkehr von fossilen Brennstoffen, Ausbau der erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz.“. Dass der Ausbau der sogenannten EE mit einem massiven Rohstoffverbrauch verbunden ist (Cu, Al etc.), was wiederum mit Umweltbeeinträchtigungen sowie hohem Energieverbrauch einhergeht, wird geflissentlich ignoriert.

  • Dirk Weißenborn sagt:

    „Dieser hirnrissige Wahnsinn…“

    In einen solchen Geisteszustand geraten Menschen, die zu viele lausige Filme wie „Gasland“ gesehen haben.

    „Bedenkt man alleine das ganze Wasser, das pro Bohrung versucht wird, platzt mir mittlerweile die Hutschnur.“

    Mal an die Feldberegnung für den Energiemais denken, Herr „Wie auch immer Sie heißen“!

    Aber können „Fractivisten“ überhaupt denken?

  • Jetzt einen Kommentar verfassen!

    *Ihre E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht.