Schleswig-Holsteins Umweltminister plant „Fracking“-Moratorium

Im vergangenen Jahr wurde an dieser Stelle berichtet, dass Schleswig-Holstein über den Bundesrat ein Verbot des Hydraulic „Fracking“ Fracturings anzustreben. Dieses Bestreben fand seinerzeit allerdings keine Mehrheit in der Länderkammer. Nach einem Bericht bei SHZ-Online soll nun ein Moratorium über den Landesentwicklungsplanes  umgesetzt werden.

Aufsuchungserlaubnisse für Kohlenwasserstoffe (rot) in Schleswig-Holstein Quelle: LBEG-Kartenserver

Aufsuchungserlaubnisse für Kohlenwasserstoffe (rot) in Schleswig-Holstein
Quelle: LBEG-Kartenserver

Hierzu traf sich der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen) allerdings nicht etwa mit einer kompetenten Gruppe von Geowissenschaftlern, die in der Lage wären, die tatsächlichen Risiken aus fachlicher Sicht zu bewerten und abzuwägen, ob das Bestreben von Herrn Habeck sachlich zu begründen ist. Stattdessen setzte er sich mit Vertretern von Bürgerinitiativen zusammen, um sein Vorhaben zu besprechen.

Und dieses lautet wie folgt: Mit der Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans soll der Einsatz des Hydraulic Fracturings mit einem Moratorium belegt werden. Laut SHZ-Online soll das wie folgt funktionieren: Im neu aufzustellenden Landesentwicklungsplans soll eine „Veränderungssperre“ erlassen werden. Damit wäre nichts genehmigungsfähig, was den Zielen des neuen Landesentwicklungsplanes widerspricht. Dazu soll auch „Fracking“ gehören.

Warum dieses Verfahren dazugehören und welchen Zielen es widersprechen soll, darüber ist im Artikel nichts zu erfahren. Und warum ausgerechnet Schleswig-Holstein so sehr engagiert ist, um Hydraulic Fracturing zu verbieten, lässt sich nicht nachvollziehen. Schließlich ist dieses Verfahren im Zuge der Erdölgewinnung im nördlichsten Bundesland zwischen 1955 und 1994 bereits mehrfach ohne Auswirkungen auf die Umwelt durchgeführt worden. Das ist sogar auf der Website von Habecks Ministerium nachzulesen (LINK):

Ja, es gab mehrere Bohrungen mit dem Einsatz der Fracking-Methode. Diese Bohrungen fanden zwischen 1955 und 1994 überwiegend im Kreis Plön statt. Es gibt keine Hinweise, dass die Maßnahmen in dem betroffenen Gebiet zu schädlichen Umweltauswirkungen geführt haben.

Als Begründung für das angestrebte Moratorium bzw. Verbot wird vom Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) angeführt, dass die  Fracfluid in geringen Konzentrationen „umwelttoxische“ (ein Fantasiebegriff aus Habecks Ministerium) Chemikalien eingesetzt werden und das deshalb Umweltrisiken nicht ausgeschlossen werden können.

Nur können Umweltrisiken auch für die im Zuge der „Energiewende“, für die Habecks Ministerium ebenfalls zuständig ist, aufgekommenen Biogasanlagen keine Umweltrisiken ausgeschlossen werden. Im Gegenteil: Anders als durch Fracmaßnahmen ist es in Folge der Gärgaserzeugung schon mehrfach zu umweltrelevanten Unfällen gekommen. Zuletzt ausgerechnet in Schleswig-Holstein, wo mehrere Tausend Liter Gülle in einen Bach gelangt sind. Immerhin konnte der weitaus größte Teil zuvor aufgefangen werden (LINK). Doch von einer Forderung des Verbots von Biogasanlagen ist trotz der zahlreichen realen Gefahren für die Umwelt, wozu auch die sogenannte „Vermaisung“ der Landschaft mit all ihren negativen Folgen für die Ackerflora und-fauna zählt, ist aus Habecks Ministerium nichts zu hören.

Auf die Äußerungen der Bürerinitiativen, mit der bekannten, aber sachlich unbegründeten Forderung nach einem Verbot des Hydraulic Fracturings, soll hier nicht weiter eingegangen werden. Nur ein Zitat im SHZ-Artikel soll kurz kommentiert werden:

„Wenn eine Technologie gegen den Bürger nicht durchsetzbar ist, ist es besser, dies gleich in ein vernünftiges Recht zu fassen“, sagt Knof.

Es ist schon erschreckend, dass sich wieder einmal eine Minderheit, die mit fragwürdiger Agitation und Propaganda oftmals auch noch ihr Umfeld mit übertriebenen bis falschen, also unwahren Behauptungen versucht zu indoktrinieren, sich anmaßt, für die Mehrheit oder gar Gesamtheit der Bürger zu sprechen. Dieses Verhalten ist aber bei zahlreichen Bürgerinitiativen auszumachen und leider insbesondere bei vermeintlich umweltrelevanten Themen auch mit gewissem Erfolg. Das ist wenig verwunderlich, ist ihnen doch häufig eine umfassende Unterstützung aus der Medienlandschaft gewiss.

So ist es auch in diesem Fall, wenn auch möglicherweise unbewusst. Im Artikel sind 5 Fragen zum „Fracking aufgeführt. Die Antworten sind jeweils in einem Aufklappmenü zu lesen:

  • Was bedeutet Fracking?
  • Warum ist Fracking so umstritten?
  • Gibt es auch in Deutschland solche Erdgas-Lagerstätten?
  • Warum wird die Aufsuchungserlaubnis nicht einfach abgelehnt?
  • Gibt es Länder, in denen Fracking das Grundwasser bereits verschmutzt hat?

Während die Antwort auf die Frage 1 vergleichsweise sachlich ist, suggeriert die Antwort zu Frage 2 wieder entgegen der international bekannten geringen Risiken unabsehbare Gefahren. Berufen wird sich dabei auf „Befürchtungen“, also imaginäre Gefahren von Umweltschützern, sowie auf das Umweltbundesamt (UBA):

Die Auswirkungen der beim Fracking eingesetzten Chemikalien auf Natur und Umwelt, zum Beispiel auf das Grundwasser, sind nicht abzusehen. Umweltschützer befürchten eine Verunreinigung des Trinkwassers.

Dabei exiastieren lediglich sehr geringe Risiken einer Kontamination von süßwasserführenden Grundwasser (siehe dazu das Interview mit Brian Horsfield vom Geoforschungszentrum Potsdam) und Verunreinigungen von Grundwasser, das zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, sind durch eine simple Maßnahme ausgeschlossen: Keine Fracmaßnahmen innerhalb von Wasserschutzgebieten, sofern nicht unterhalb mächtiger bekannter Salz- bzw. Tonformationen gefract wird. Für die Undurchlässigkeit dieser Formationen ist bereits durch hunderte Anwendungen in Deutschland der Beweis erbracht worden.

In der Antwort auf Frage 3 heißt es:

Ja, vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen – aber in geringerer Konzentration auch in Schleswig-Holstein.

Das ist so nicht richtig! In Schleswig-Holstein gibt es keine einzige nachgewiesene Erdgaslagerstätte. Zudem ist ein Schiefegaspotenzial laut der dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellten Fachbehörde für Rohstofffragen, der Bundesanstalt für Geowissenschaften Und Rohstoffe (BGR), in Schleswig-Holstein nicht vorhanden (LINK). Leider werden diese Erkenntnisse von der breiten Medienwelt ignoriert. Was Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen betrifft, so müssen die vermuteten Schiefergas- und auch die vermuteten Kohleflözgaslagerstätten erst auf wirtschaftliche Förderbarkeit hin untersucht worden. Allerdings wurde ein entsprechendens Programm von ExxonMobil aufgrund der Diskussion um das Hydraulic Fracturing unterbrochen.

Parteiisch in Richtung der Kritiker wirkt die 4. Antwort:

Die Ursache liegt im veralteten Bergrecht, das den rechtlichen Rahmen für den Abbau von Bodenschätzen bildet. Darin ist auch festgehalten, dass Energieunternehmen grundsätzlich einen Anspruch auf Aufsuchungserlaubnis haben.

Allein der Ausdruck „veraltet“ lässt jegliche Neutralität vermissen, handelt es sich hierbei doch um einen Ausdruck, der häufig von den „Fracking“-Gegnern benutzt wird. Warum ein Gesetz, dass erst 1980 ausgefertigt wurde (LINK) veraltet sien soll, konnte von Seiten der Gegnerschaft bislang nicht ansatzweise befriedigend erläutert werden. Schließlich ist das bedeutendste Gesetz des Zivilrechts, das Bürgerliche Gesetzbuch,  über 8 Jahrzehnte älter und entstammt noch aus dem Kaiserreich (LINK). Und warum eine Aufsuchungserlaubnis versagt werden soll, ist nicht nachvollziehbar. Denn schließlich ist vor einer Aufsuchung gemäß der alten Bergmansweisheit „Vor der Hacke ist es dunkel“ vollkommen unbekannt, ob der gesuchte Rohstoff überhaupt vorhanden sind.

Schon fast als amüsant kann die 5. Antwort bezeichnet werden:

In den USA kam es nach Medienberichten aufgrund unzureichender Umweltgesetze und technischer Unzulänglichkeiten zu Grundwasserbelastungen und regionaler Beeinträchtigungen der Trinkwasserversorgung.

Nicht etwa wissenschaftliche oder behördliche Erkenntnisse werden als Beleg für angebliche Belastungen angeführt, sondern Medienberichte. Tatsache ist, dass im Zusammenhang mit der Schiefergasgewinnung ohne weiteres vermeidbare Kontaminationen von Oberflächengewässern aufgetreten sind. Grundwasserbelastungen oder gar regionale Beeinträchtigungen durch das Fracverfahren selbst sind jedoch nicht bekannt (LINK).

Zum Abschluss noch der letzte Abschnitt des Artikels:

Nach Angaben der Landesregierung gibt es in Schleswig-Holstein derzeit zwölf Gebiete, in denen „Aufsuchungserlaubnisse“ und „Bewilligungen“ mit Blick auf die Technologie vorliegen.

Das ist falsch, da weder Aufsuchungserlaubnisse noch Bewilligung mit Hinblick auf irgendeine Technologie erteilt werden. Richtig ist, dass es 14 Gebiete gibt, in denen entweder Kohlenwasserstoffe gesucht bzw. gewonnen werden dürfen. Dabei gilt für jede technische Maßnahme, dass Betriebs- bzw. Sonderbetriebspläne erstellt und genehmigt werden. Und solange das nicht erfolgt ist, ist alles, was über die genannte Erlaubnis bzw. Bewilligung hinausgeht, reine Spekulation. Ergänzend ist zu sagen, dass aufgrund der genannten Erkenntnisse der BGR mit umfassenden Fracmaßnahmen in unkonventionellen Lagerstätten nicht zu rechnen ist, da für diese in Schleswig-Holstein schlichtweg kein Potenzial besteht.

Das hat der Autor des SHZ-Artikels richtig erkannt.

Damit würden nur Gebiete abgesteckt, um Konkurrenzunternehmen auszuschließen, heißt es. Eingriffe in den Boden – oder gar Fracking – sind nicht erlaubt.

Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: Wieder einmal lässt sich nicht nachvollziehen, warum  ausgerechnet Schleswig-Holstein bezüglich eines Verbotes des bewährten Hydraulic Fracturing sich derart ablehnend positioniert. Schließlich gibt selbst das MELUR zu, dass es durch die im Verlauf von vier Jahrzehnten in dortigen konventionellen Erdöllagerstätten durchgeführten Fracarbeiten zu keinem umwelbeeinträchtigenden Vorfall gekommen ist. Zudem weist die BGR keine Potenziale für unkonventionelle Vorkommen aus, die zwingend Fracmaßnahmen erfordern. Statt sich mit der vermeintlichen Gefährlichkeit von Fracmaßnahmen zu befassen, für die es auch international keine Evidenz gibt, sollte sich Habeck besser mit den realen, umweltrelevanten Gefahren von Faulgasanlagen befassen.

8 Kommentare zu Schleswig-Holsteins Umweltminister plant „Fracking“-Moratorium

  • Barney Gumble sagt:

    „Wir fordern ein vollständiges Verbot von Fracking“ ist das neue „Wir müssen in Bildung investieren“. ein Satz, den Politiker bei jeder Gelegenheit ritualisiert daher sagen wie ein Glaubensbekenntnis, um nicht als Ketzer am vorherrschenden Glauben zu gelten.

  • kelly spinner sagt:

    Die Gegnerschaft, gegenüber der Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen und deren Gewinnung, scheint mir rein ideologisch motiviert. Sind hierbei doch „Konzerne“ involviert die „Profite“ erwirtschaften wollen. Beide, in „“ gesetzten Begriffe scheinen, bei einigen Mitbürgern, einen Pawlowschen Effekt hervorzurufen. Würde man die Risiken für das Trinkwasser durch „Fracking“ anderen Risiken gleichsetzen, so müssten zum Beispiel Faulgasreaktoren sofort verboten werden während „Fracking“ aufgrund des geringeren Risikos für das Trinkwasser erlaubt werden müsste.
    Ich wundere mich, dass die Additive die verwendet werden, in Lebensmitteln und Körperpflegeprodukten toleriert werden. Eine Forderung nach einem Verbot dieser Chemikalien, die ja angeblich „Umweltgefährdend“ sein sollen, habe ich bisher noch nicht vernommen.. Insbesondere das Benzol müßte sofort verboten werden.
    Das geht natürlich nicht, weil die Bi`s zur nächsten Demo zu Fuß gehen müssten, statt mit dem Auto oder Bus.

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Selbst wenn Herr Dr. Habeck „Durchblick“ erworben hätte, so dürfte er dennoch politisch nichts anderes tun. Schließlich will er seine politische Laufbahn fortsetzen. Und das geht nur, wenn er in den Augen seiner eigenen „Freundinnen und Freunde“ das ideologisch Richtige tut.

    Denn ansonsten rutscht er bei der Kandidatenkür zur nächsten Landtagswahl nach hinten.

    Somit entfällt ihm auch, dass die in seinem Bundesland Schleswig-Holstein tätige RWE-Dea überhaupt keine Gefahrstoffe bei Ihren Fracs andernorts einsetzt(e).

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Im SHZ-Onlinebericht heißt es obendrein:

    „Selbst wenn keine Chemikalien eingesetzt würden, seien eine Gefährdung des Grundwassers und Schäden für die gesamte Umwelt nicht auszuschließen.“

    Aha, es geht manchen BI’s also gar nicht mehr um die Frage „Chemikalien oder nicht“, sondern ums Grundsätzliche. Diese Aussage verdient darüber hinaus eine Auszeichnung als „Nullsatz des Monats“, denn die Gefährdungen des Grundwassers und Schäden für die gesamte Umwelt werden in keiner Weise konkretisiert. Und der Standardspruch von der „nicht auszuschließenden“ Gefährdung ist auch nicht geeignet, weitere Erkenntnis zu vermitteln.

    Mit diesem Spruch liessen sich auch politische Forderungen nach Einstellung jeglicher industrieller Aktivitäten, der Landwirtschaft, des Individualverkehrs mit jeglichen motorisierten Fahrzeugen und aller Aktivitäten des privaten Hausbaues begründen.

    Philosophen würden die faule innere Argumentationsweise dieses Nullsatzes erkennen.

    Herr Minister Dr. Habeck leider nicht.

    1. Barnstorfer sagt:

      *Klugscheißerironiemodus an*

      Der Zusammenhang von keine Chemikalien und Wasser lässt schon wieder sehr weit schließen.

      Ich fordere ja immernoch, dass Dihydrogenmonoxid verboten wird, in so vielen Lebensmitteln wie dieser böse böse Stoff vorkommt, der schon für soviel Leid gesorgt hat.

      *Klugscheißerironiemodus aus*

      1. Dirk Weißenborn sagt:

        Ja, Herr Barnstorfer, in Dihydrogenmonoxid sind schon viele Menschen bedauerlicherweise umgekommen. Daher ist eine Einstufung als Gefahrstoff unumgänglich. Noch besser wäre natürlich ein vollständiges Verbot.

        Die Absicht des schleswig-holsteinischen Energiewendeministers, ein Moratorium (besser: ein Verbot) des Frackings mit Hilfe von Festsetzungen im Landesentwicklungsplan durchzusetzen, könnte zu einem juristischen Debakel für die Landesregierung führen, sofern nicht gleichzeitig auch das Bundesberggesetz, bestimmte Verordnungen sowie das untergesetzliche Regelwerk entsprechend geändert werden. Es ist nämlich noch nicht einmal klar, ob sich der übergeordnete Anspruch des Landesentwicklungsplans in irgendeiner Weise auf die bergfreien Bodenschätze ausdehnen darf. Im bestehenden Landesentwicklungsplan findet man nur Regelungen zur Gewinnung von Rohstoffen wie Sand und Kies, welche ohnehin nicht unter das Berggesetz fallen.

        Natürlich würde man zusätzlich versuchen, die Ziele zum Grundwasser- und Gewässer- sowie Bodenschutz mit heranzuziehen. Das allerdings träfe „Fracking“ juristisch noch nicht frontal.

        Beim Blick auf die entsprechende Webseite fällt übrigens auf, dass die Einsicht in den bestehenden Landesentwicklungsplan noch nicht einmal barrierefrei und obendrein kostenpflichtig ist.

        Soviel zur „Transparenz“ des schleswig-holsteinischen Energiewendeministeriums.

      2. Dirk Weißenborn sagt:

        Kleine Korrektur zur Kostenpflichtigkeit der Einsichtnahme in den Landesentwicklungsplan (SH):

        Der Download ist kostenfrei (aber nicht barrierefrei! Warum?)

        Das gedruckte Exemplar ist kostenpflichtig.

  • SAR sagt:

    Hallo Dirk,

    Danke für den Hinweis zum Landesentwicklungsplan. Ich schaue bei Gelegenheit mal rein.

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