Professor der TU Bergakademie Freiberg gegen Verbot von Hydraulic Fracturing

In der Debatte um das Hydraulic Fracturing wird jeder Zwischenfall, der dem Verfahren oftmals zu Unrecht angelastet wird, medial breit präsentiert. Durchaus existierend sachliche, nicht dramatisierende oder sogar befürwortende Äußerungen von Fachleuten sind, von einigen Ausnahmen abgesehen, in der Medienlandschaft nicht auszumachen, da sie schlichtweg ignoriert werden. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Ein dpa-Interview mit dem Freiberger Professor Mohammed Amro soll hier zusammengefasst und kommentiert werden.

Doch zunächst noch einige Worte zur Einleitung: Im vergangenen Jahr erschien eine Studie, die erhöhte Methankonzentrationen in Hausbrunnen fand, die sich in der Nähe von Schiefergasbohrungen befinden. Zur Erschließung von Schiefergaslagerstätten ist das Hydraulic Fracturing-Verfahren zwingend erforderlich, um künstliche Fließwege durch Rissbildung (Fracturing) zu schaffen. Obwohl die Forscher in der Studie „Increased stray gas abundance in a subset of drinking water wells near Marcellus shale gas extraction“ nicht das Verfahren dafür verantwortlich machten, sondern unzureichend ausgebaute Bohrlöcher, titelte z.B. SpiegelOnline: „Studie über Pennsylvania: Fracking treibt Gase ins Trinkwasser“ . Auf diese Fehlinformation soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, sie wurde bereits hier im Juli 2013 kommentiert. Das sollte nur eines von vielen Beispielen sein, bei denen zu Unrecht Vorfälle dem Hydraulic Fracturing angelastet werden.

Doch nun zum Interview, dessen Inhalt nach kurzer Recherche leider sehr verkürzt zusammengefasst, lediglich bei FocusOnline sowie wortgleich beim Wochenspiegel Sachsen zu finden ist. Das ist erstaunlich, da ansonsten jede negative dpa-Meldung, wie die eingangs genannte, genüsslich von den Redaktionen aufgenommen wird.

Einleitend wird auf die Ängste vor dem Hydraulic Fracturing, im Interview abermals auf „Fracking“ verkürzt, und dessen schlechten Ruf Bezug genommen und das Prof. Amro das Verfahren für „weniger gefährlich als gedacht“ hält. Die hervorgehobene Aussage suggeriert dabei, dass das Verfahren gefährlich wäre. Diese Ansicht mag zwar in der breiten Öffentlichkeit dank unausgewogener Berichterstattung (siehe Beispiel) vorherrschen, wird aber von Fachleuten wie z.B. dem Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V. (BDG), nicht geteilt (Fracking nicht verteufeln!).

So sieht es sinngemäß auch Prof. Amro. Auf die Frage nach der Gefährlichkeit des „Frackings“ aus Sicht des Wissenschaftlers ist seine Antwort, dass es darauf ankäme, wo das Verfahren eingesetzt würde. In Tiefen von 1000 Metern bis über 4000 Metern halte er das Verfahren für sinnvoll und sicher. Schließlich gebe es darüber eine sichere Abdeckung durch Ton- und Salzgesteine, die die Lagerstätten von den grundwasserführenden Schichten trennt. Er weist aber auch darauf hin, dass zuvor der Untergrund intensiv erkundet werden muss.

In Bezug auf die Einwände von Kritikern und das derzeitige Quasimoratorium (obwohl die herkömmlichen Gesetze, nach denen Fracmaßnahmen bisher genehmigungsfähig waren, Bestand haben) wünscht sich Amro mehr Sachlichkeit. Er ist der Meinung, dass in Gebieten, wo durch Aufstieg von Fracflüssigkeit Oberflächen- und Grundwasserverunreinigungen möglich sind, Fracmaßnahmen zu unterlassen sind. Diese Gefahr sieht er unter Umständen bei flach liegenden Schiefergaslagerstätten und bezieht sich, ohne ein konkretes Beispiel zu nennen, auf die USA. Eventuell ist hier das Beispiel Pavillion in Wyoming gemeint. Dort wird eine Grundwasserverschmutzung durch Hydraulic Fracturing vermutet. Hier sollen laut der Studie „Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland“ der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) die Lagerstätten in nur 370 m Tiefe liegen:

Hier wird Gas aus sehr geringen Tiefen von ca. 370 m unter Geländeoberkante produziert, während für die Trinkwasserversorgung Aquifere aus bis zu 250 m Tiefe genutzt werden. Vermutet wird in diesem Fall, dass, unter anderem auf Grund unzureichender Verrohrungen bis in nur etwa 110 m Tiefe, Frackfluide und Gas in das Trinkwasser gelangen konnten (DI GIULIO et al. 2011). Eine Schiefergasproduktion wie in der dortigen Situation wäre in Deutschland nicht genehmigungsfähig.

Eine Gefahr seimischer Erschütterungen sieht Amro lediglich in Festgesteinen, wie z.B. Granit, jedoch nicht in Sedimentgesteinen, in denen Erdgas eingelagert ist. In letzteren würden die seismischen Wellen stark gedämpft werden. Zudem verweist er in Bezug auf die Einwände der Kritiker, dass an umweltfreundlichen Fracfluiden gearbeitet werden, die das Verfahren noch sicherer gestalten würden.

Und eine sicherere Gestaltung ist der korrekte Ausdruck, denn schließlich sind unmittelbar auf das Verfahren zurückzuführende Umweltgefährdungen kaum bekannt und in Deutschland überhaupt keine. Selbst die aus den USA bekannt gewordenen Unfälle im Zusammenhang mit der Schiefergasförderung, die in der Medienlandschaft unkorrekt oft als „Fracking“ bezeichnet wird, sind nicht auf Hydraulic Fracturing zurückzuführen, sondern durch mit in Deutschland nicht genehmigungsfähigen bzw. nicht erlaubten Praktiken, wie z.B. Lagerung von zurückgefördertem Fracfluid, dass zusätzlich mit salzigem und oftmals schwermetallbelastetem Lagerstättenwasser vermischt ist. Das beweist, dass Hydraulic Fracturing ein sicher durchzuführendes Verfahren ist, dessen noch sicherere Gestaltung die geringen Restrisiken weiter minimiert.

Auf das dennoch von Umweltverbänden geforderte Verbot entgegenet Professor Amro, dass er gegen ein Verbot sei. Man käme auf keine andere Art und Weise an das Erdgas in unkonventionellen Lagerstätten heran. Er verweist weiterhin auf die über 300 in Deutschland durchgeführten Fracmaßnahmen in Deutschland, bei denen weder Grundwasserverunreinigungen noch seismische Erschütterungen dokumentiert worden sind. Damit stellt er sich an die Seite des BDG, der ähnlich gegen die Stigmatisierung des Hydraulic Fracturing argumentiert.

Erheblich bedeutender erscheint aber die Feststellung, dass Deutschland über ein großes technologisches Wissen verfügt, dass nicht verspielt werden sollte. Dem kann nur zugestimmt werden. Schließlich wurde bereits 1995 in Deutschland ein Weltrekord im Zusammenhang mit der Anwendung des Hydraulic Fracturing aufgestellt. Zuvor wurden in einer solch tiefen (4800 Meter)  Horizontalbohrung noch keine Mehrfach-Fracbehandlungen durchgeführt wie in der Bohrung „Söhlingen Z10“ (Ein Weltrekord wird volljährig – Multi-Frac-Projekt Söhlingen Z 10 produziert bis heute Erdgas).

Professor Amro spricht sich für Fortentwicklung des Verfahrens aus und hat gegen eine in der Planungsphase durchzuführende  Umweltverträglichkeitsprüfung grundsätzlich keine Einwände. Den Bedarf für ein neues Gesetz sieht er hingegen nicht. Seiner Ansicht nach sind im Bundesberg- sowie in den Wasserhaushaltsgesetzen alle wesentlichen Aspekte geregelt. Er weist  darauf hin, dass ein generelles Verbot die Gewinnung einheimischer Gasvorkommen bei Bedarf unmöglich mache.

Doch unterläuft ihm zum Abschluss ein kleiner Fauxpas: Die von der BGR geschätzten  förderbaren Schiefergasvorkommen von 2300 Mrd. Kubikmeter würden nicht den Bedarf Deutschlands von 13 Jahren decken, sondern entsprächen dem mehr als 23-jährigen Jahresverbrauch. Sofern förderbar, würden sie über viele Jahrzehnte hinweg einen wichtigen Beitrag zur Erdgasversorgung Deutschlands leisten. Eine 100-prozentige Selbstversorgung über 20 Jahre hinweg wäre technisch nicht möglich. Schließlich wurden die in Deutschland bisher geförderten 1000 Mrd. Kubikmeter Erdgas , die einem mehr als 10-jährigen Eigenbedarf entsprechen, nicht in 10 Jahren gewonnen, sondern über einen Zeitraum von über 50 Jahren hinweg.

Es ist erfreulich, nach längerer Zeit wieder eine fachlich fundierte und dabei befürwortende Stimme zum bewährten Hydraulic Fracturing und damit auch zur inländischen Förderung zu hören. Umso bedauernswerter ist es, dass diese Ansicht, die einen sachlichen Beitrag zur emotional geführten Debatte darstellt, von der breiten Medienlandschaft komplett ignoriert wird.

Das vollständige Interview gibt es hier: (dpa) “Freiberger Professor gegen Fracking-Verbot”