Kreiszeitung spekuliert über angeblich neue Erdgasbohrung

Vor zwei Wochen fiel NDRonline mit einem Artikel auf, der sich um den Einsatz von Hydraulic Fracturing drehte. Dieser Beitrag fiel in seinem ersten Abschnitt insbesondere durch den negativen Grundton in Form von inhaltlichen Fehlern sowie subjektiven ablehnenden Behauptungen, wie in einem Kommentar hier nachgewiesen, auf. Dass dieses Niveau tatsächlich noch unterboten werden kann, beweist ein online erschienener Artikel der Kreiszeitung.

Dieser ist mit „Stochern im Dunkeln“ überschrieben und thematisiert die einstige Teilfeldsuchbohrung „Stapel Z1“. Diese wurde 1989/1990 am Nordwestrand des Erdgasfeldes Rotenburg/Taaken abgeteuft und wurde nicht fündig.

Dennoch wurde sie im Anschluss nicht verfüllt, sondern zu einer sogenannten Versenkbohrung umgerüstet bzw. getestet. Es wurden 43,5 m³ (entspricht zwei Tankwagen) versenkt. Quelle dieser Angaben ist die Seite der Bügerinitiative (BI) „Frack-loses Gasbohren im LK Rotenburg/Wümme“, die allerdings diese Menge unüblicherweise in Liter angibt. Eine Zahl mit dem 1000-fachen Wert klingt eben dramatischer und führt einfacher zum Ziel, auf „Informationsveranstaltungen“ noch neutrale Mitbürger auf die eigene Seite zu ziehen.

Doch nun zum Artikel:

Horstedts Bürgermeister Heinz Dieter Gebers ist über die neue Entwicklung in Sachen Gasbohrung Stapel verwundert. „Ich habe von Exxon die Information bekommen, dass die alte Bohrstelle aufgegeben wird, weil sie nicht ergiebig ist. Und dass daneben eine neue Bohrstelle geplant ist.“

Wenn eine Bohrung nich erfolgreich ist, ist es durchaus üblich, eine Ablenkung aus der Bohrung heraus auf ein neues sogenanntes Compartment (z.B. höherliegender Bereich) zu bohren. Aber vom selben Platz aus eine neue Bohrung anzusetzen, ist nicht üblich, wenn die vorangegangene Bohrung nicht fündig war. Ansonsten wird bei Fündigkeit durchaus von einem Platz aus gebohrt. Ein Paradebeispiel wäre die RWE-DEA Betriebsstätte Völkersen. Hier befinden sich neben der Fundbohrung „Völkersen Z1“ fünf weitere Bohrungen (Z2, Z7, Z8, Z9, Z10).

Die Kreiszeitung hat dann aufgrund der uneindeutigen Kenntnisse infolge der Aussage des Bürgermeisters bei der Betreiberfirma nachgehakt und folgende Antwort erhalten:

Im näheren Umkreis sind keine neue Bohrungen geplant.

Damit wäre eigentlich genug gesagt. Hinzu kommt, dass der zitierte Herr Torp auf die Nachfrage, ob es üblich sei, „erfolglos“ zu bohren, antwortete:

ein. Das kommt aber leider in Einzelfällen vor. Daran wird deutlich, wie groß das Kapitalrisiko der Erdgasförderung ist. Bei der Erkundung lassen sich mit Hilfe der durch Seismik gewonnenen Daten dreidimensionale Bilder des Untergrundes erstellen und somit die Bereiche erkennen, in denen gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bohrung bestehen. Um endgültige Sicherheit zu bekommen, ob sich Erdgas im Untergrund befindet, muss jedoch eine Bohrung abgeteuft werden.

Es spricht somit nichts dafür, eine weitere Bohrung niederzubringen. Das wird dann auch durch ein Zitat der Genehmiegungsbehörde bestätigt:

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie hat keine Kenntnis von einem geplanten neuen Bohrturm zur Förderung von Erdgas in der Ortschaft Stapel in der Samtgemeinde Sottrum.

Und damit ist alles, wirklich alles gesagt. Denn jede Tiefbohrung muss von der Bergbehörde genehmigt werden. Es ist eine Mär, dass die Erdöl-/Erdgasindustrie machen könne, was sie wolle. Das Gegenteil ist der Fall: Jede noch so kleine Maßnahme muss beantragt und genehmigt werden, um eine Umsetzung zu ermöglichen.

Der offenbar auf der Seite der Gegner zu verortende Redakteur schreibt weiter:

Die Bürger wollen ihrem Glück allerdings noch nicht trauen.

Wie bitte? Warum soll es Glück sein, wenn eine Bohrung nicht stattfindet? Ich plaudere gerne aus dem Nähkästchen und das ist hier auch sinnvoll: Ich habe diverse Bohrungen miterlebt (siehe weiter unten) und bin erfreut (glücklich) darüber, dass diese Bohrungen bis heute Erdgas fördern und somit der Region einen gewissen Wohlstand ermöglichen. Abgesehen davon ist mir nichts davon bekannt, das von Erdgasbohrungen eine Beeinträchtigung der Lebensqualität hervorgerufen wird. In der Bohrphase kann es eventuell zu leicht erhöhten Geräuschemissionen kommen (hier schaffen heutzutage Lärmschutzwände Abhilfe), aber nachdem eine Bohrung fertigestellt ist, fördert sie fast geräuschlos vor sich hin.

Am Ende entscheidet das Landesbergamt.“ Laut Gebers, der im Gemeinderat über die Pläne von ExxonMobil berichtet hatte, habe der Konzern bereits Kontakt zu Landwirten aufgenommen, um die benötigten Flächen zu erwerben. Der Antrag auf eine Erweiterung der Gasförderung in Stapel sei für Mai geplant, so der Bürgermeister weiter.

Wie kann man denn nur so am Sachverhalt vorbeischreiben? Es hieß doch bereits weiter oben, dass der Genehmigungsbehörde kein Antrag auf eine Bohrung vorliegt. Zudem fördert die Bohrung Stapel Z1 nicht, womit eine Gasförderung auch nicht erweitert werden kann. Tatsache ist wohl, dass für die Verfüllungsarbeiten der Platz ausgebaut werden muss. Das ist bei anderen Verfüllungsarbeiten dokumentiert. Zuletzt bei der Buchhorst Z7 .

Den Menschen in Stapel und Horstedt bleibt nur die bange Hoffnung, von weiteren Gasbohrungen (vorerst) verschont zu bleiben.

Oha, hier greift der Redakteur aber ganz tief in die Dramatisierungskiste! Man achte auf Begriffe wie „bange Hoffnung“ und „verschont bleiben“.

Bei solchen Aussagen stellt sich mir stets die Frage, wie ich die vielen Erdgasbohrungen, die ich in meinem näheren Umfeld während meiner Kindheit mitbekommen habe , überlebt habe. Hinzu kommt, dass ich einige von denen auch noch im kindlichen Leichtsinn unmittelbar besucht und mit großen Augen bestaunt habe. Ja, diese rumänischen Anlagen hatten schon etwas.

Es ist nun so, dass in Lokalredaktionen gerne nach Volkes (vermeintlicher) Meinung geschrieben wird. Es ist aber unmöglich, vorsätzlich und auf Basis schlechter Recherche diese Meinung und unbegründete Ängste zu verstärken.

4 Kommentare zu Kreiszeitung spekuliert über angeblich neue Erdgasbohrung

  • chris sagt:

    Der zitierte Artikel ist wirkliche eine Farce.
    Antworten der Aufsichtsbehörden werden in Frage gestellt und Aussagen des Unternehmens-sprechers nahezu ignoriert.
    Im Rahmen des aktuellen politischen Umfeldes (siehe Ukraine) sollte jeder Bundesdeutsche sich über eine erfolgreiche Erdgasbohrung freuen, die einen Beitrag zur Eigenversorgung darstellt und die Abhängigkeit von externen Bezugsquellen minimiert.
    Wahrscheinlich hat auch dieser Redakteur – wie auch schon andere – in der Vergangenheit Beiträge über die „Hochtechnologie Erdgas“ im Raum Mulmshorn, Bötersen und Taaken verfasst, und leidet nun unter akutem Gedächtnisverlust.

    1. SAR sagt:

      Hallo Chris,

      es ist erschreckend, wie nach wie vor negativ über die einheimische Erdgasförderung berichtet wird. Nein, in diesem Land freut sich „niemand“ mehr über fündige Erdgasbohrungen. Schließlich handelt es sich ja um eine „Dinosauriertechnologie“. Und Dinos sind ja ausgestorben.
      Wie vor einigen Jahren die „Kreiszeitung“ berichtet hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber im Online-Archiv der Rotenburger Rundschau findet man noch einige neutrale, ja sogar positive Artikel zur Erdgasförderung in der Rotenburger Region. Spenden von ExxonMobil waren damals auch nichts Verwerfliches. Heute werden diese Gelder, die so wichtigen Einrichtungen wie z.B. Ortsfeuerwehren zukommen sollen, abgelehnt und man ist auch noch stolz drauf. Insgesamt wird der Nutzen der Erdgasförderung für die Region in keiner Form mehr gewürdigt. Dabei wurde vor einigen Jahren noch über die bedeutenden Einnahmen berichtet: http://tinyurl.com/o76g3hj und sogar geschrieben, dass ExxonMobil in der Region gut akzeptiert sei: http://tinyurl.com/pgeg7lp

      Im zweiten Artikel fällt auch der Name Reinard Grindel. Der Mann gibt sich heute als scharfer Gegner der Erdgasförderung in der Region. Es leiden wohl nicht nur die Redakteure unter Gedächtnisverlust.

    2. Dirk Weißenborn sagt:

      Hallo Chris,

      mit Blick auf den schwelenden Konflikt im Osten Europas komme ich zu dem Ergebnis, dass es der Willensbildung in der Bevölkerung zuträglich wäre, wenn die Erdgas- und Erdölimporte aus Rußland für einige Monate zum Erliegen kämen. In Verbindung mit den dann folgenden staatlichen Notfall- und Bewirtschaftungsmaßnahmen könnte die gesellschaftliche Akzeptanz der inländischen Kohlenwasserstoffgewinnung bei zahlreichen Mitbürgerinnen und Mitbürgern eher wieder steigen.

      Die „Energiewendebarone“ und ihre Helfer werden jedoch zu einem anderen Schluss gelangen. „Energiewende – jetzt erst recht“ werden sie sagen. Nun, dann sollen sie mit Windstrom heizen. Wird teuer. Oder den Pelletofen anwerfen. Hoffentlich kommen die Pellets dann aus nachhaltig betriebener Holzwirtschaft.

      mfG

      Dirk

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