Verschiedene Politiker sprechen sich für Schiefergas-Pilotanlage aus

Neben Niedersachsen werden auch in Nordrhein-Westfalen bedeutende Potenziale an Schiefergas- sowie Kohleflözgasvorkommen vermutet. Aufgrund der Unterstellung, dass das zur Gewinnung von Schiefergas zwingend erforderliche Hydraulic Fracturing („Fracking“) würde ernsthafte Umweltschäden nach sich ziehen, liegt die Erkundung dieser potenziell bedeutsamen Energieressourcen derzeit auf Eis.

Das ist damit begründet, dass die Politik sich von der „Umweltlobby “ in Form von Bürgerinitiativen und Organisationen wie dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) beeinflussen ließ. Deren Befürchtungen und die daraus resultierende Ablehnung basiert auf dem als unwahr entlarvten Film „Gasland“ sowie inakkurate Berichte in zahlreichen Medien sowie die Fehlinterpretation von Studien.

Als Beispiel für diese Punkte soll eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie der Duke University dienen. Diese hat in der näheren Umgebung von Schiefergasbohrungen (in den Medien als unkorrekt „Frackinganlagen“ bezeichnet) erhöhte Werte von Erdgaskomponenten (Methan, Ethan, Propan) festgestellt und dafür eine unzureichende Bohrlochauskleidung, also eine fehlerhafte Zementation oder Schäden an der Verrohrung für am wahrscheinlichsten gehalte. Das Fracverfahren wurde dafür nicht verantwortlich gemacht. Dennoch titelte SpiegelOnline:

Studie über Pennsylvania: Fracking treibt Gase ins Trinkwasser

Und Gegen-Gasbohren.de behauptete sogar:

Wieder ein Beleg mehr dafür, dass man das Fracking nicht beherrscht! An Schiefergas-Bohrstellen lebt es sich in den USA gefährlicher.

Wie gesagt: Fracking wurde für das Vorhandensein des Gases NICHT verantwortlich gemacht und darüberhinaus auch noch durch die Autoren darauf hingewiesen, dass in anderen Schiefergasgewinnungsgebieten das Problem nicht dokumentiert worden ist.

Und diese dramatisierende und falsche Berichterstattung zieht sich wie ein roter Faden durch die deutsche Medienlandschaft, aus der sich selbstverständlich auch die Politik informiert. Es wäre auch zuviel verlangt, dass die politischen Entscheidungsträger die Studien lesen und verstehen.

Dafür gibt es Fachbehörden, wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Diese hat das Potenzial von Schiefergas erforscht und dabei auch Umweltaspekte beachtet. Die BGR kommt in ihrer Studie zu dem Schluss, dass sich die Schiefergasgewinnung nicht wesentlich von anderer Erdgasgewinnung unterscheidet:

Auch wenn eine Schiefergasnutzung zum Teil spezielle Herangehensweisen und Genehmigungen erfordert, so besteht in der Gesamtheit bei planmäßiger Durchführung der Arbeiten kein grundsätzlicher Unterschied zur Erdgasförderung auskonventionellen Lagerstätten.

Leider wurden und werden die Erkenntnisse der BGR weitestgehend ignoriert. Medien und Politiker berufen sich stattdessen fast ausschließlich eine vom Umweltbundesamt (UBA) in Auftrag gegebene Studie. Diese wurde überwiegend von Autoren verfasst, deren Expertise nicht den tieferen Untergrund überdeckt sondern im Bereich der flacheren Hydrogeologie zu verorten ist. Entsprechend traten handwerkliche Fehler  auf, die u.a. von der BGR scharf kritisiert worden sind. Die Kritik wurde aber als Streit zwischen UBA und BGR abgetan und auf die vergleichsweise harmlose Gleichsetzung von Grund- mit Trinkwasser durch die UBA-Auftragsautoren reduziert. Insgesamt spiegelt sich dabei das gegenwärtige Bild des „grüngefärbten“ Zeitgeistes wider: Statt auf Fachleute zu hören, die zudem noch einer Bundesbehörde angehören, folgen stattdessen Medien und Politik fachfremden Autoren, die von einer ideologisch nicht unbelasteten Behörde , nämlich dem UBA (Schwarze Liste von „Klimaskeptikern“ und Verfälschung der Biografie von Fritz Vahrenholt), beauftragt worden sind.

Vor dem Hintergrund der politischen Krise in der Ukraine antwortete der CDU-Politiker und EU-Energiekommissar in einem Interview mit der „Rheinischen Post „ auf die Frage, ob „Fracking“ russisches Erdgas ersetzen könne, mit:

Wir müssen die Option wahren. Meine Empfehlung: Deutschland sollte an einem geeigneten Ort ein Demonstrationsprojekt zulassen, bei dem die neueste Generation der Fracking-Technologie zum Einsatz kommt.

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen und hunderte Fracanwendungen in Deutschland haben bewiesen, dass das Verfahren sicher durchzuführen ist.

Der Ansicht Oettingers schlossen sich nach einem Bericht der „Rheinischen Post“ weitere Politiker an. So wird der Gelsenkirchener Bundestagsabgeordnete Oliver Wittke (CDU) mit folgenden Worten zitiert:

Ich bin unbedingt der Meinung, dass NRW von einer solchen Fracking-Pilotanlage im Industriemaßstab profitieren würde

 Wichtig ist ihm zudem absoluter Trinkwasserschutz. Der wird dadurch 100-prozentig gegeben, wenn keine Fracmaßnahmen in Trinkwasserschutzgebieten durchgeführt werden, ist aber auch in der Schutzzone III gegeben, wie bereits mehrere Anwendungen in solchen Gebieten bewiesen in Deutschland haben. Weiter heißt es:

gerade die NRW-Industrie bei einem solchen Referenzprojekt ihre Leistungsfähigkeit beweisen

sowie

Deutsche Ingenieure sind führend in der Entwicklung umweltfreundlicher Hochtechnologie.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Andere Politiker schließen sich Herrn Wittke an. So z.B. Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP:

Steigende Energiepreise und die Krim-Krise zwingen uns zu neuem Denken. Für NRW wäre ein Versuchsprojekt im industriellen Maßstab dann eine Chance, wenn der technische Fortschritt die Risiken minimieren kann.

Der erste Satz sei dahingestellt. Bedeutender ist, und volle Zustimmung des Verfassers findet, der zweite Satz Lindners. Dabei ist anzumerken, dass die Risiken heute schon sehr gering sind, auch wenn das von Gegnerschaft und unterstützenden Medien ignoriert wird.

Und auch aus Reihen der SPD ist laut „Rheinischer Post“ (RP) Zustimmung zu vernehmen.

„Ich finde den Vorstoß für eine neue Fracking-Pilotanlage in Deutschland gut“

sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Westphal, Mitglied des Energieausschuss des Deutschen Bundestages .

Heftigen Widerspruch erntet der Artikel durch den CDU-Landesverband sowie der CDU-Landtagsfraktion des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW). Die Kritik ist überschrieben mit:

Medienspekulationen ohne Substanz

Der energiepolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Kufen, äußert sich folgendermaßen:

An der Haltung der CDU-Landtagsfraktion und des CDU-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen (NRW) hat sich nichts geändert. Die Überschrift: ‚CDU fordert Fracking in NRW‘ ist eine Falschmeldung.

Abgesehen davon, dass die Überschrift der RP anders lautet als von Kufen mit Anführungszeichen wörtlich zitiert, zeigt der Artikel deutlich auf, dass sich nicht auf die NRW-CDU bezogen wird. Dann kommt noch hinzu, das Artikelschreiber, egal ob professionelle Journalisten oder Blogger eine kurze, prägnante Schlagzeile finden müssen. Das ist oftmals nicht einfach und kann zu Fehlinterpretationen führen.

Die Haltung der NRW-CDU verknüpft Kufen mit einer Passage zum „Fracking“ im Koalitionsvertrag der gegenwärtigen Bundesregierung:

Nach den vorliegenden Untersuchungen zur Umweltrelevanz ist der Einsatz der Fracking-Technologie bei der unkonventionellen Erdgasgewinnung – insbesondere bei der Schiefergasförderung – eine Technologie mit erheblichem Risikopotenzial. Die Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt sind wissenschaftlich noch nicht hinreichend geklärt. Trinkwasser und Gesundheit haben für uns absoluten Vorrang. Den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten lehnen wir ab.

Mit den „vorliegenden Untersuchungen“ können dabei lediglich die Studien im Auftrag des Landes NRW sowie im Auftrag des UBA gemeint sein, die aufgrund ihrer zahlreichen geowissenschaftlichen Unzulänglichkeiten und einer damit verbundenen Überschätzung  von Risiken u.a. seitens der BGR scharf kritisiert worden sind (s.o.). Die internationalen und insbesondere nationalen Erfahrungen des Einsatzes des Hydraulic Fracturings zeigen, dass der Einsatz ohne (größere) Gefährdungen von Umwelt und Mensch durchgeführt werden kann. Ein Nullrisiko gibt es dabei genausowenig wie z.B. bei der Erzeugung von Strom aus Windkraft (z.B. Vogelschlag) oder Biogas (mehrfache verheerende Kontamination von Oberflächengewässern durch Austritt von Gärsubstrat). Insgesamt ist das Risiko bewisenermaßen sehr gering.

Den Begriff „umwelttoxisch“ zur Klassifizierung von Substanzen gibt es nicht. Es handelt sich dabei um einen Phantasiebegriff, der wahrscheinlich dem kreativen Kopf des Schriftstellers und Umweltministers von Schleswig-Holstein, Herrn Dr. Robert Habeck, entsprungen ist. Und Hydraulic Fracturing wird auch nicht zu Aufsuchung von Erdgas angewendet, sondern ist lediglich ein Verfahren, um das gefundene, also bereits aufgesuchte Gas zu gewinnen. Diese seltsamen Formulierungen im Koalitionsvertrag sind Beleg dafür, dass sich seitens der Politik wenig mit kompetenten Fachleuten zum Thema unterhalten wurde.

Dennoch ist es erfreulich, dass es, trotz des aufgezeigten mangelhaften Informationsgrades von Öffentlichkeit, Medien und Politik zum Hydraulic Fracturing, in letzterer Gruppe dennoch Köpfe gibt, die sich einer bewährten Technologie, nicht völlig verschlossen haben. Das gibt Hoffnung, dass in Deutschland auch zukünftig eine Verringerung der Importabhängigkeit von Erdgas möglich ist, wie auch eine Fortsetzung von Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet. Selbstverständlich sollen auch die wirtschaftlich-sozialen Aspekte (Steuern, Abgaben, Arbeitsplätze) nicht außer Acht gelassen werden.

5 Kommentare zu Verschiedene Politiker sprechen sich für Schiefergas-Pilotanlage aus

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Während über ein mögliches Schiefergas-Pilotprojekt und „angebliche Vergiftungen des Trinkwassers“ immer noch schwadroniert wird, kommt es republikweit nahezu jede Woche zu größeren und kleineren Störfällen auf Faulgasanlagen.

    Die folgende Aufstellung der Störfälle seit dem 7. Januar 2014 erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit (Quelle: Internetauftritt der „Initiativen mit Weitblick“)

    Brigachtal
    07.01.2014 Brand in der Abgasanlage

    Sprötau
    12.01.2014 Fermenter explodiert und gerät in Brand

    Greven
    21.01.2014 Undichtes Silo verschmutzt Bach

    Brokenlande
    25.01.2014 Rund 2 Millionen Liter Gülle laufen aus einem Fermenter

    Woserow (Anklam)
    27.01.2014 Großfeuer in einer Anlage, 1000 m² Trocknungshalle zerstört

    Vestenbergsgreuth
    28.01.2014 Gülleaustritt durch Konstruktionsfehler!

    Breitenbrunn
    01.02.2014 Zischen 4000 und 5000 Liter Substrat ausgelaufen

    Wildenberg
    06.02.2014 Gewässerschaden: 50 m³ Substrat aus Fermenter ausgetreten

    Redwitz
    27.03.2014 Leck nach Bauarbeiten: 2,2 Mill. Liter Gülle/Gärrest ausgelaufen

    Neun schwere Störfälle in weniger als drei Monaten! Vielleicht sollte ein Faulgasmoratorium vereinbart werden.

    Aber in der veröffentlichten Meinung werden diese Vorfälle meist zu Randnotizen degradiert oder gänzlich totgeschwiegen.

    So genannte „Wasserschützer“ beweisen angesichts dieser Auflistung Blindheit und Taubheit.

    Sie bleiben auch stumm.

  • MTilgner sagt:

    Ja Herr Weißenborn,

    auch von der grünen Lobby hofierte Bio-Gas Anlagen haben Nebenwirkungen,
    nur sind diese für die Medien nicht berichtenswert, da man ja nichts gegen „Bio“ haben darf.
    Das unsere „fossilen“ Energieträger wohl auch mal BIO waren sehen diese Herrschaften nicht.

    Bei der aktuellen Diskussion in NRW stört mich lediglich daß unsere Politik von der Notwändigkeit einer Versuchsanlage in industriellem Maßstab schwadroniert. Entweder ich lasse es zu, oder ich lasse es bleiben. Es ist ja nicht so als ob die Technik jetzt neu wäre.

    Das einzige was mich als Ruhrpottbewohner interessieren würde welch Auswirkungen diese Art der Gasförderung hier im Ruhrgebiet haben dürfte.
    Wie jederman weiss haben wir hier massive Bergbauliche Tätigkeiten gehabt.
    Aus meiner zugegeben amateurhaften Sichtweise stellen sich für mich folgende Fragen.:
    1: Laut der ominösen Studie des Landesumweltamtes werden im bereich südlicher Ruhrgebiet Schiefergasvorkommen in Teufen von ca 2000m vermutet. In diesem Bereich fand bis in die 70er und 80er Jahre Steinkohlebergbau in Teufen bis unter 900m statt. Dementsprechend sind dort die das Grundwasser nach unten begrenzenden Schichten (Mergelgestein) streckenweise stark perforiert, Ausserdem hat das Ruhrgebiet eine sehr eigene Geologie bei der die Schichten streckenweise selber ziemliche Verwerfungen haben die auch dort eine starke Durchlässigkeit an Wasser. Die Trinkwassernotreserve der Stadt Essen z.B. ist das Grubenwasser in der Zeche Heinrich, Schachtteufe luegt hier bei etwas über 500m
    Hier frage ich mich wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist daß dort Fluide in diese Reservoirs geraten. Denn im Falle Heinrich muss die Wasserhaltung „ewig“ auch nach Beendigung des Ruhrbergbaus fortgeführt werden (Einleitung in Oberflächengewässer) ansonsten „säuft“ Oberhausen ab. Ähliches gilt für andere Kohlegruben.
    2.: Was passiert wenn Gesteinsfrakturen soweit gehen daß das zu fördernde Gas nicht über die Förderbohrung entweicht, sondern sich in vorhandene vom Bergbau hinterlassene Hohlräume ausdehnt ? Diese alten Bergbauanlagen werden derzeit eher unkontrolliert entgast (Bei einem Sightseeng durch den Ruhrpott kann man ständig Protegohauben über alten Schachtanlagen zählen) Wie wird kontrolliert ob diese Ausgasungen durch die unkonventionelle Gasförderung
    vesrtärt werden. Kann man diese Potentiale auch mit vertretbaren Aufwand nutzbar machen.
    3, Werden derartige Berbaurelikte (alte Hohlräume) vorallem in Gebieten mit ehemals oberflächennahen Berbau nicht zusätzlich destabilisiert und das Berschadensrisiko verstärkt?

    Ohne jetzt als Derjenige dastehen zu wollen der Technik befürwortet aber nicht vor der eigenen Haustür frage ich mich ob es nicht zweckmässiger wäre hier in NRW zu aller erst in Bereichen zu suchen wo die Wahrscheinlichkeit auf Ausbäute bei geringerem Einsatz größer ist.
    Also Flözgasförderung im vom Berbau noch nicht komplett durchwühlten Münsterland oder nördlichem Ruhrgebiet. u.A. auch unter weiternutzung vorhandener Bergbauanlagen in größeren Tiefen. Denn in der aktiven Diskussion ging es, wie ich es gehört haben will, um eine Pilotanlage im Bereich Mettmann (Formation Rheinsiches Schiefergebirge) und damit in einer Region des frühen Steinkohlebergbaus.

    Hat hier einer vielleicht belastbare Zahlen und Fakten zu den in NRW erteilten Erkundungserlaubnissen? Angeblich wurden bereits u.A. von Stadtwerken Claims reserviert.

    1. SAR sagt:

      Ich mach’s mal kurz, da ja Herr Weißenborn gefragt wird, der wahrscheinlich auch über das bessere Fachwissen verfügt.

      Zur „Versuchsanlage“: Es wird von den vom UBA und der Landesregierung NRW in Auftrag gegebenen Studien behauptet, dass es zu wenige Erkenntnisse über den Untergrund vorlägen und die Technik nicht ausreichend erprobt sei. Teilweise mögen die Studienverfasser, was ersteren Sachverhalt betrifft, damit Recht haben.

      Letzten Endes haben über 2 Millionen Fracmaßnahmen weltweit sicher nachgewiesen, dass die Technik beherrschbar ist.

      Neu ist lediglich, das bisher unbekannte potenzielle Lagerstätten erkundet werden sollten. Es waren vor etwas mehr als drei Jahren Bürgerinitiativen, oft im engen Schulterschluss mit lokalen und regionalen Medien das „Schreckgespenst“ des Fracking an die Wand malten und sich dabei auf „Gasland“ beriefen. Doch von einer „ungezügelten“ Gewinnung von Erdgas waren die Unternehmen weit entfernt. Es ging darum, die Potenziale in Kohleflözen (Münsterland) sowie Schiefergas (nördliches Münsterland, Niederrhein und „Ruhrpott“) zu erkunden.

      Die Herangehensweisen waren dabei unterschiedlich: Während ExxonMobil direkt auf die potenziellen Lagerstätten abzielte, um Gesteinsproben zu ziehen und in weiteren Schritten die Lagerstätteneigenschaften zu testen (in der Schiefergasbohrung „Oppenwehe 1″kam man bis zum Lagerstättendrucktest, andere Bohrungen auf Kohleflözgas durften schon nicht mehr umgesetzt werden) wollte Wintershall im südlichen Ruhrgebiet lediglich aus Flachbohrungen (max. 300 m Tiefe) Gesteinsproben aus dem Alaunschiefer ziehen, um gewisse Parameter (Anteil an organischer Substanz) zu ermitteln. Insbesondere was den Alaunschiefer betrifft, war man noch sehr weit von Tiefbohrungen und erst recht von Fracmaßnahmen entfernt.

      Letzten Endes hatte die Industrie nichts anderes vor, als Testprojekte durchzuführen, um festzustellen, ob eine Förderung überhaupt möglich ist und wenn ja überhaupt lohnt.

      Zu Punkt 2: Die Rissausbreitung kann genau berechnet werden und wird das auch. Vor der eigentlichen Fracmaßnahme wird ein Minifrac gesetzt, um festzustellen, ob die berechneten Parameter stimmen. Falls nicht, wird neu berechnet. Zudem wird die Rissausbreitung während des Fracens überwacht. Sollte es sich andeuten, dass zuvor berechnete Grenzen überschritten werden, werden die Pumpen abgestellt und die Fracmaßnahme beendet.

      Dadurch wird einersets verhindert, das Gas unkontrolliert entweicht, zum anderen das unerwünschtes Schichtwasser hinzutritt.

      Meines Wissens gibt es mehrere Anlagen im „Pott“, die die Ausgasungen aus alten Bergwerken in BHKW nutzen. Die fallen meines Wissens sogar unter das EEG, weil „klimaschädliches“ Methan genutzt wird und nicht in die Atmosphäre entweicht.

      Zu Punkt 3: Fracmaßnahmen verursachen keine Destabilisierung in Altbergbaugebieten, da in anderen Formationen die Risse erzeugt werden. Und Risse führen nicht zu Destabiliesierung. Schließlich gibt es auch zahlreiche natürlich geklüftete Gesteinsschichten, die dennoch in sich stabil sind.

      Eigentlich hat man in Bereichen in NRW mit konkreten Aufsuchungsmaßnahmen dort begonnen, wo die Erfolgschancen am größten sind. Zumindest was Schiefergas betrifft. Die Oppenwehe 1 zielte auf Formationen ab, die bereits in zahlreichen Bohrungen im benachbarten Niedersachsen durchbohrt worden sind. Dabei wurden auch Gesteinsproben gewonnen und einige Parameter auch untersucht. ExxonMobil hatte bereits 2008 mit einem länderübergreifenden Bohrprogramm begonnen und in einer Bohrung in Niedersachsen sogar testweise 3 Probefracs gesetzt, deren Ausbreitung aus einer unmittelbar benachbarten Bohrung überwacht worden sind. Man ist also bei diesem Projekt sehr vorsichtig vorgegangen (Bohrungen „Damme 2“ und „Damme 3“).

      Und auch die Kohleflözgasbohrungen sind außerhalb des ehemaligen Steinkohlebergbaus geplant. Zwei wurden in Niedersachsen sogar durchgeführt (bei Osnabrück und bei Bad Laer).

      Mettmann befindet sich innerhalb einer Aufsuchungserlaubnis der Wintershall. Wie bereits oben erwähnt, hat(te) Wintershall nichts weiter vor als oberflächennahe Gesteinsproben des Alaunschiefers zu gewinnen, der nach Norden abtaucht und, wenn überhaupt, erst in größeren Tiefen gasführend ist. Ein Pilotprojekt zu Förderung war nie geplant.

      Zu den Aufsuchungserlaubnissen (ugspr. „Claims“): Diese bezeichnen einen Bodenschatz, aber nicht den Lagerstättentyp oder gar das Gewinnungsverfahren. Bei Erdöl und Erdgas wird der Bodenschatz unter „Kohlenwasserstoffe“ zusammengefasst. letzten Endes handelt es sich um grob umrissene Gebiete, in denen der benannte Bodenschatz gesucht werden soll. Ohne Garantie auf Erfolg. Deshalb sind Spekulationen um Hydraulic Fracturing bei der Erteilung einer Aufsuchungserlaubnis hanebüchen, was allerdings weder Medien noch Bürgerinitiativen begriffen haben.

      Was die „Claims“ der Stadtwerke betrifft: Hierbei wird nach meiner Einschätzung darauf abgezielt, das Grubengas zu nutzen.

      Ich hoffe, meine Ausführungen konnten ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Wobei es meine persönlichen Einschätzungen sind. Herr Weißenborn kann das an einigen Stellen sicherlich noch präzisieren. Für konkrete Fragen müssten Sie sich dann aber an die Antragssteller der Erlaubnisse wenden.

    2. Dirk Weißenborn sagt:

      Herr Tilgner,

      Ihre Fragen und Anmerkungen lassen gute sachliche Basis sowie auch unideologisches Denken erkennen. SAR hat nun auch schon fast alles recht ausführlich, soweit in der kurzen Zeit aus der Entfernung möglich, beantwortet.

      Es ist tatsächlich der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt gemacht worden, dass die Nutzung von entweichendem Grubengas zunächst einmal unter die Regelungen des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) fällt. Auch im vorliegenden Referentenentwurf zur Novellierung dieses Gesetzes taucht das Grubengas immer noch auf.

      Ob der Begriff „Claim“ in diesem Zusammenhang korrekt gebraucht ist, weiss ich nicht. Taucht Grubengas im EEG auf, so fällt es zunächst eher nicht unter das Bergrecht. Es ist aber sehr wohl möglich, dass die Bergbehörden Ihres Bundeslandes bei den sicherheits- und umweltrelevanten Fragestellungen zur EEG-gestützten Grubengasnutzung hinzugezogen werden.

      In welchem Umfang Grubengase tatsächlich zur Versorgung unseres Landes beitragen, kann ich aus dem Stegreif nicht beantworten. Ich finde die Nutzung wünschenswert, weniger aus Gründen des so genannten Klimaschutzes, als vor allem wegen der sinnhaften Verwertung. Darüber hinaus trüge diese Nutzung zur Sicherheit bei.

      Allerdings zeigt die Tatsache, dass Grubengas unter die „Förderung“ des EEG fällt, schon an, dass die Nutzung dieses Gases ohne „Förderung“ durch den Stromkunden aktuell wahrscheinlich unterbleiben würde. Ob die Nutzung auch nach dem endgültigen Aus des Steinkohlenbergbaus weitergeht, wissen Sie wahrscheinlich eher, Herr Tilgner. Einen untertägigen Zechenbetrieb nur wegen des Grubengases weiter zu betreiben, dürfte betriebswirtschaftlich völliger Unfug sein.

      Auch in Niedersachsen wurden schon „Karbonhorste“ angebohrt, welche Serien von Kohleflözen enthalten. Wir müssen uns dabei mehr als 1000m mächtiges Oberkarbon (bis ins tiefe Westphal) in der üblichen Wechselausprägung Tonstein, Sandstein, Kohleflöze vorstellen, das ganze beginnt – um mal eine Dimension zu nennen – im betreffenden Gebiet erst ab ca. 2800m Teufe! Bei jeder Begegnung des Bohrwerkzeugs mit den durchaus 1m oder mehr mächtigen Kohleflözen kam es aufstiegszeitversetzt zu einem deutlichen Ausschlag des Gasdetektors (Methan und untergeordnet weitere homologe Kohlenwasserstoffe). Die Kohlenflöze stellten in früheren Jahrzehnten jedoch aus wirtschaftlichen Gründen nicht das eigentliche Explorationsziel dar, vielmehr war man an Erdgas aus den zwischen den Kohleflözen ebenfalls vorliegenden Sandsteinen interessiert. Da liegt – entsprechende Rahmenbedingungen und Erlöse vorausgesetzt – noch ein gewisses Potential. Dieser Bereich wird auch oft nicht ganz korrekt auch unter „Fracking“ subsumiert, wobei die anzuwendenden hydraulischen Drücke eher geringer sind. Der „Chemikalieneinsatz“ beschränkt sich im wesentlichen auf Stickstoff! In NRW wurden nach Angaben von Gutachtern der Uni Darmstadt zwei solcher Bohrungen (Natarp) im Jahr 1995 durchgeführt. Weitere Einzelheiten sind mir in dieser Minute nicht bekannt.

      Zuletzt sei zusätzlich zu den Anmerkungen von SAR noch auf die Bedenken hinsichtlich bergbaulicher Hohlräume im Hangenden möglicher „Frack“-Explorationsziele wie dem Alaunschiefer eingegangen.

      Erstens würde die Bergbehörde schon ohne jede verwaltungsrechtliche Auflage das Risiko betrachten und abschätzen. Viel wichtiger sind jedoch vorgegebene vertikale Abstandsregelungen, wie sie in Erlassen der jeweiligen Landesministerien als klare Richtschnur bei der Genehmigung von „Hydraulic Fracturing“-Maßnahmen in Sonderbetriebsplänen festgelegt sind.

      In Niedersachsen galt bisher nach einem Erlass aus der Spätzeit der alten Landesregierung:

      Mindestens 1000m vertikaler Abstand zwischen dem Perforationshorizont und der Basis des tiefsten, für den Menschen nutzbaren Grundwasserleiter.

      Soweit ich informiert bin, wurde dieser Abstand im neuen UVP-Frac Erlass der amtierenden Niedersächsischen Landesregierung auf 2500m erhöht. Damit fallen dann auch zahlreiche potentielle Schiefergas-Lagerstättenhorizonte aus der Genehmigungsfähigkeit heraus.

      Ich hoffe, Ihnen ein wenig behilflich gewesen zu sein. Aber das war nur ein kleiner Teil der insgesamt wichtigen Infos. Vieles müsste man noch woanders abfragen. Sie werden aber feststellen, dass manche „Befragten“ (Behörden,Stadtwerke, etc.) nicht sehr freigiebig mit Infos an Privatleute sind. Das mag viele Gründe haben. Ein Grund aber kommt aktuell auch in Betracht:

      Die von einigen (wirtschaftlichen) Kreisen geschürte Hysterie bezüglich dieser Themen.

      mit freundlichen Grüssen

    3. Dirk Weißenborn sagt:

      Ein kleiner, präzisierender Nachtrag zur „1000m oder 2500m Abstandsregel“:

      Damit ist genau genommen die minimal noch genehmigungsfähige vertikale Distanz zwischen den obersten zu erwartenden Ende der Frac-Risse und der Basis des tiefsten für den Menschen nutzbaren Grundwasserleiters gemeint.

      Damit wird klar, dass die Teufe des Perforationshorizontes noch weiter unterhalb liegen muss.

      Eines muss zusätzlich festgehalten werden: Aus physikalischen Gründen ist die vertikale Erstreckung der Frac-Risse grundsätzlich geringer als die horizontale.

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