Anti-Fracking-Treffen in Hamburg: Wovon sie reden, bleibt rätselhaft

Dieder Artikel befasst sich mit dem Auszug einer Nachricht aus der Bergedorfer Zeitung. Dort in Bergedorf, im Südosten Hamburgs gelegen, trafen sich Vertreter verschiedener Anti-Fracking-Bürgerinitiativen (BI), die mit zitierten Äußerungen einmal mehr bewiesen, dass sie nicht wissen, wovon sie reden…

… oder sogar via Medien versuchen, bewusst und gezielt Unwahrheiten zu verbreiten. Das wird deutlich am genannten Artikelauszug (vollständig nur in der Printausgabe zu lesen). Dieser wird folgendermaßen betitelt:

Fracking-Gegner in Sorge: Leichtes Spiel für Konzerne?

Allein wenn dem so wäre, stellt sich die Frage, warum seit fast drei Jahren im Hauptförderbundesland Niedersachsen, bezogen auf den Energierohstoff Erdgas, keine einzige Fracmaßnahme mehr genehmigt worden ist. Und das, obwohl solche zuvor über 50 Jahre hinweg problemlos durchgeführt worden sind. Die Frage ist simpel zu beantworten: Es ist der Widerstand einzelner Gruppen, die es verstanden haben, mit ihren Sorgen und Ängsten Lokal – bis Bundespolitik zu beeinflussen. Das geschah oft in enger Verbindung mit wohlwollenden Medien.

Wie es zu den Befürchtungen und Ängsten kam, wurde hier bereits mehrfach diskutiert. Im wesentlichen ist es der Film „Gasland“, den viele für bare Münze nahmen. Wahrscheinlich noch gravierender ist der kritiklose Umgang mit diesem Film durch die Medien und infolge dessen die seit 2010/2011 anhaltende, negative Berichterstattung im Zusammenhang mit der inländischen Erdgasgewinnung. Jedes noch so kleine Vorkommnis, im Regelfall auf Betriebsplätze beschränkt, wurde breit thematisiert.

Die Folge war, dass sich u.a. die letzte niedersächsische CDU/FDP-Landesregierung einen Erlass verabschiedete, der die Genehmigung von Fracmaßnahmen erheblich erschwerte. Die neue Landesregierung, bestehend aus SPD und den Grünen will diesen Erlass ohne erkennbare wissenschaftliche Grundlage sogar noch überbieten. Über diesen Erlassentwurf wurde u.a. in diesem Artikel sowie einem darauf aufbauendem diskutiert. Insofern fehlt die Grundlage für eine Warnung der BI:

Vertreter von Anti-Fracking-Initiativen warnen vor einem Durchbruch der Technik in Deutschland.

Abgesehen davon hatte sich die Frac-Technologie bereits längst durchgesetzt. Es wurden sogar Meilensteine in der Hinsicht in Deutschland gesetzt. So wurden z.B. in der Lagerstätte „Söhlingen“ zum ersten Mal in einer Teufe von ca. 5.000 Metern mehrere Fracs hintereinander in einer horizontalen Erdgasbohrung durchgeführt. Ein Weltrekord!

Dieses Niveau, ein Gemenge aus Halbwahrheiten, Unwahrheiten und Horrorszenarien schien den Kern des Aktivistentreffen auszumachen. So ist folgendes zu lesen:

Vergiftetes Grundwasser, Explosionen, Todeszonen durch aus der Erde austretende Giftcocktails: Es wirkt wie aus einem Science-Fiction-Roman, was seit Donnerstag im Bürgerhaus Allermöhe diskutiert wurde.

Die Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache. So sind „Giftcocktails“, gemeint sind sicherlich Fracfluide, noch nirgends aus der Erde ausgetreten. Und das trotz millionenfacher Anwendung des Verfahrens weltweit. Nach Angaben des GeoForschungsZentrums Potsdam ist lediglich ein einziger Fall bekannt, bei denen Grundwasser durch Fracfluid verschmutzt wurde. Das, was die BI bei „Informationsveranstaltungen“ unter die Leute streuen, wirkt nicht nur wie Science Fiction, es ist Science Fiction.

Laut des Berichtes der „Bergedorfer Zeitung“ steht in der Abschlusserklärung des Treffens:

Wir stehen an der Schwelle zu einer Ära des ungehemmten Frackings in Deutschland

Unter Betrachtung der Faktenlage, nämlich dass die gegenwärtige niedersächsische Landesregierung die Genehmigungen von hydraulischen Bohrlochbehandlungen erheblich erschweren will und was Schiefergasformationen betrifft sogar Forschungsprojekte ablehnt, müssen sich die BI die Frage gefallen lassen, was in ihren Köpfen eigentlich vorgeht.

Dem ganzen setzt die Hamburger Journalistin und Aktivistin Carin Schomann noch eins oben drauf. Sie wird wie folgt zitiert:

Im mecklenburgischen Saal bei Rostock werden wohl noch in diesem Monat die ersten Bohrtürme aufgestellt, um den Giftcocktail zum Auspressen der im Untergrundgestein eingeschlossenen Erdgase hineinzupressen. Werden die Genehmigungen weiter so lax gehandhabt, kann uns das auch in Bergedorf bald blühen.

Für die Durchführung von hydraulischen Stimulationen bedarf es keiner Bohranlage. Schließlich ist das Bohrloch, das behandelt werden soll, bereits seit 2011 fertiggestellt. Aber auch ihre Beschreibung des Verfahrens klingt wie aus einem Science-Fiction-Roman entsprungen. Mit der Realität hat das jedenfalls nichts zu tun. Zunächst einmal werden in der Bohrung Barth 11 auschließlich Stoffe eingesetzt, die allesamt nicht giftig, nicht gesundheitsschädlich und nicht umweltgefährdend sind. Die Gesamtmischung ist noch nicht einmal schwach wassergefährdend. Der Untergrund wird auch nicht ausgepresst, sondern es werden gezielt künstliche Risse geschaffen. Zudem sollen dort bei Barth auch keine „Erdgase“ gewonnen werden, sondern bei Erfolg der Stimulationsarbeiten mit darauffolgender Testförderung das „Schwarze Gold“ Erdöl. Mehr dazu, u.a. auch die Zusammensetzung der Behandlungsflüssigkeit, gibt es bei der Firma CEP zu erfahren.

Es ist schon erstaunlich, wieviele Unwahrheiten in einem Satz untergebracht werden können. Das betrifft auch den darauffolgenden Satz, in dem Frau Schomann behauptet, die Genehmigungen wurden „lax“ erteilt (die Behörden haben sich offenbar an gültiges Recht gehalten) und das Ganze auch bald in Bergedorf blühen könnte.

Dort besitzt der Firma ExxonMobil bzw. deren Tochter BEB Erdgas und Erdöl GmbH und Co. KG eine Aufsuchungserlaubnis für Kohlenwasserstoffe bis Ende 2015. Diese befindet sich im unmittelbarer Nachbarschaft aktiver Erdöllagerstätten sowie dem ersten deutschen in Förderung genommenen Erdgasfundes „Neuengamme“. Wie aus dem Wort „Aufsuchung“ hervorgeht, soll nach Kohlenwasserstoffen gesucht werden. Ob sie überhaupt gefunden werden, steht in den Sternen. Darüber hinaus können sich die Arbeiten auf Auswertungen von Altdaten beschränken, wie es in der jüngeren Vergangenheit z.B. in einem großen Areal südlich von Berlin der Fall war („Brandenburg-Süd“, siehe LBEG-Jahresberichte 2007-2010). Der dortige Lizenzinhaber Gaz de France hat dort keine einzige technische Maßnahme im Zeitraum 2007-2010 durchgeführt.

Die Zitate der BI im Artikelauszug der „Bergedorfer Zeitung“ beweisen einmal mehr, dass die Anti-Fracking-BI es mit der Wahrheit nicht sonderlich genau nehmen. Erschreckend ist dabei das Zitat der Journalistin Carin Schomann, die möglicherweise ganz bewusst mit ihren Äußerungen nachweisbar Unwahrheiten von sich gibt. Aber auch die anderen Verlautbarungen der BI, insbesondere dass ein „ungehemmtes Fracking“ bevorsteht, stehen der Faktenlage diametral gegenüber.

P.S.: Frau Schomann, wennn Sie das hier lesen sollten: Die Ortschaft Saal liegt in Vorpommern und nicht in Mecklenburg. Einheimische sind in der Frage sehr sensibel.

Foto: Copyright by chef79

3 Kommentare zu Anti-Fracking-Treffen in Hamburg: Wovon sie reden, bleibt rätselhaft

  • Dr. Goetz sagt:

    Herr SAR, wenn er so heißt, hat sicher schon einmal Boulevard- oder Regionalzeitungen gelesen und sollte wissen, wie einige Journalisten Informationen modifizieren um Leitartikel zu generieren. Er kennt ganz offensichtlich auch die Journalistin Carin Schomann und muss eigentlich wissen, dass sie außerordentlich gründlich recherchierte Artikel verfasst, die fachlich nicht angreifbar sind. Deshalb nutzt er offensichtlich den grauenhaften Leitartikel der Bergedorfer Zeitung um wieder einmal über diese erstklassige Kollegin herzufallen. Was muss man für eine Boshaftigkeit aufbringen oder wie gut wird man bezahlt um in der deutschen Lokalpresse so sinnentstellende Artikel zu suchen. Es scheint für ihn ein gefundenes Fressen zu sein, Bürgerinitiativen, die die Praktiken der Gas- und Erdölindustrie kritisch beobachten, zu diskreditieren.
    Herr SAR hat sicher auch die Pressemitteilung des Hamburger Treffens deutscher Bürgerinitiativen bei „Gegen Gasbohren“[1] gelesen, in denen unsere Forderungen sachlich dargestellt sind. Diese Mitteilung eignet sich aber offensichtlich nicht dazu sich mit einem ätzenden Artikel zu profilieren.
    [1] http://www.gegen-gasbohren.de/2014/05/04/initiativen-gegen-fracking-lehnen-transatlantische-freihandelsabkommen-ab/

    1. SAR sagt:

      Stellen Sie sich vor, Dr. Goetz: Diesen Artikel habe ich nicht selbst recherchiert sondern darüber vom SPIEGEL-Redakteur Felix Kasten erfahren, der via Twitter diesen Artikel verbreitete. Felix Kasten steht dabei eher auf der Seite der Fracking-Gegner.

      Schließlich verbreitete er über Twitter diesen Artikel hier: http://www.gegen-gasbohren.de/2014/04/12/fracking-saal/

      Darin schreibt Schomann: „Ob es sich dabei um Ethylenglykol handelt, eine Substanz, die beim hydraulischen Frakturieren häufig zum Einsatz kommt und giftig ist, …“ Verlinkt ist inzw. ein Wikipedia-Eintrag zu Ethylenglyokol, das entgegen der Behauptung von Frau Schomann nicht giftig ist. Ursprünglich war sogar ein Link zu einer englischsprachigen Seite gesetzt worden, die aber Ethylenglykolmethylester (der ist tatsächlich giftig, aber eben eine andere chemische Verbindung als die von Frau Schomann genannte). Soviel zur fachlichen Kompetenz!

      Dass in dem von Ihnen verlinkten Artikel die Forderungen sachlich daregestellt sind, mag ich nicht im geringsten unterschreiben. Allein schon wegen dieser Passage Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit soll in diesem Monat in Saal in Mecklenburg-Vorpommern ein Frac-Vorhaben in bisher nicht dagewesener Größenordnung durchgeführt werden. Die Be­wegung befürchtet hierin das versuchte Einläuten einer neuen Ära des ungehemmten Fracking in Deutschland und sichert dem Wi­derstand vor Ort ihre Unterstützung zu. Die erwartbaren langfristi­gen Umwelt- und Gesundheitsschäden und volkswirtschaftlichen Belastungen würden immens sein.

      Erstens gab es schon größere Fracvorhaben in Deutschland. Zweitens finde ich es schon ziemlich anmaßend von einer „Bewegung“ zu sprechen die auf einer Anti-Fracking Demo im Landkreis Rotenburg keine 200 Leute zusammenbekommt. Drittens gibt es trotz hunderter durchgeführter Fracmaßnahmen keinen einzigen Umweltschaden durch dieses Standardverfahren in Deutschland. Insofern ist es absolut unsachlich zu behaupten, dass durch den Einsatz dieses Verfahrens langfristige Gesundheits- und Umweltschäden zu erwarten sind.

      Sie beschweren sich, ich würde die BI diskreditieren? Was machen denn die BI? Sie diskreditieren eine gesamte Branche mit dem Verbreiten von Halbwahrheiten, Unwahrheiten und Angstschürerei in der Bevölkerung. Das wiederum ist bedingt durch das verbreitet nicht anzutreffende Fachwissen der BI. Welche Praktiken sind es denn, die so sehr zu kritisieren sind, dass man sich in BI zusammentun und sich äußerst fragwürdiger Methoden bedienen muss? Das schadlose „Fracking“, die problemlose Versenkung von Lagerstättenwasser, das nunmal notwendige Abfackeln von zuvor durch Filter geleitetes Erdgas nach Arbeiten am Bohrloch?

      Im übrigen sehe ich keinen Cent aus der Gasindustrie. Mir genügt es, dass ich von den Leuten, die in der Branche tätig sind und die auch in meiner Geburtsstadt nach wie vor ein bedeutender Industriearbeitgeber ist, Dankbarkeit erfahre und die mir durchaus Fachkompetenz bescheinigen. Und damit meine ich insbesondere die „kleinen Leute“ der Unternehmen.

      Und glauben Sie mir: Lieber würde ich solche Zeilen schreiben wie „Weissenmoor Z2 stößt auf bedeutendes Erdgasvorkommen“, „Fördertest nach Stimulationsarbeiten in Barth vielversprechend“ etc. Erdöl-Erdgaserkundung sowie Förderung ist sehr spannend, wenn man nicht gerade die Angstbrille aufhat.

  • Kelly Spinner sagt:

    Herr Dr. Goetz, wenn sie denn so heissen, Die PR Beratering („PR-Beraung für örtliche NGOs, Initiativen und Geschäftskunden-http://c-schomann.de/) kennen ich nur von der Website http://www.vierlaender.de/authors/6-Carin-Schomann. Wir sind vermutlich unterschiedlicher Meinung in Bezug auf unvoreigenommen Jounalismus. Werden sie eigendlich von der GAZPROM bezahlt? (Polemik mußte jetzt mal sein). Ich hoffe, in der „Bergedorfer Zeitung“ und im Web, einen Leserbrief oder eine Stellungnahme von Frau Schomann zu lesen, in der sie klarstellt, in dem Artikel falsch wiedergegeben zu worden sein.

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