BDI fordert Erhalt und Weiterentwicklung der Erdgas- und Erdölförderung in Deutschland

Seit Jahren geht die inländische Gewinnung von Erdgas kontinuierlich zurück. Das ist einerseits bedingt durch die natürliche Erschöpfung der heimischen Erdgaslagerstätten. Andererseits spielt ein politisch bedingtes investitionshemmendes Umfeld eine nicht unwesentliche Rolle für den Niedergang der verbrauchernahen Erdgasförderung.

Denn die Politik ist bestrebt, die Genehmigungspraxis für Erdgasgewinnungsprojekte erheblich zu erschweren. Das wiederum ist vor allem eine Folge der Ende 2010/Anfang 2011 aufkeimenden Debatte um die Erschließung von Erdgasvorkommen in unkonventionellen Lagerstätten unter Verwendung des Hydraulic Fracturing. Angestoßen wurde die Debatte durch den Film „Gasland“, der angebliche Folgen der Anwendung des inzwischen zu „Fracking“ verballhornten Verfahrens darstellen wollte.

Innerhalb weniger Monate kam deshalb die erst 2008 aufgenommene aktive Erkundung unkonventioneller Erdgaslagerstätten vollständig zum Erliegen. Ursache dafür ist aufkeimender Protest an Orten, wo Bohrungen durchgeführt werden sollten oder gerade durchgeführt wurden. Verantwortlich für diesen Protest sind Anwohner, die den von zahlreichen Medien unkritisch verbreiteten Behauptungen aus „Gasland“ Glauben schenkten, dass das Fracverfahren zu Grundwasser- oder gar Trinkwasser-„Verseuchungen“ geführt hätte.

Der von vielen Medien unbewusst oder bewusst unterstützte Protest erreichte die Politik, die umgehend in Aktionismus verfiel und einerseits möglichst fachfremde Autoren mit Risikostudien zum Fracverfahren beauftragte, wie das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) sowie auch die 2011 amtierende Bundesregierung. Andererseits wurden durch reine Willkürentscheidungen Moratorien erlassen wie in NRW und die Genehmigungspraxis von Fracverfahren insgesamt so sehr erschwert, dass ein Quasi-Moratorium die Folge war, wie in Niedersachsen.

Und das obwohl sich die Gesetzeslage nicht geändert hat und zuvor 50 Jahre lang Fracverfahren durchgeführt worden sind. Die Förderindustrie übte sich dabei in vornehmer Zurückhaltung, vermutlich als Signal zur Dialogbereitschaft, das jedoch von den Gegnern kaum angenommen, teilweise sogar offensiv zurückgewiesen wurde.

Die Folge der seit nunmehr vier Jahren anhaltenden Diskussion ist, dass neben dem kompletten Erliegen der Erkundung unkonventioneller Lagerstätten auch Projekte in bekannten Lagerstätten bzw. zur Erkundung noch vorhandener Potenziale in konventionellen Lagerstätten teilweise nicht mehr umgesetzt werden. So wurden z.B. Fracmaßnahmen in bereits fertiggestellten Bohrungen nicht mehr umgesetzt, so dass diese nicht in Produktion gesetztwerden konnten.

Die Folge war ein beschleunigter Rückgang der inländischen Erdgasgewinnung, und dass obwohl Erdgas ein bedeutender Rohstoff nicht nur zur Energieerzeugung ist. Auf dessen Bedeutung verweist auch der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) in seiner Broschüre „Anforderungen an eine ganzheitliche und nachhaltige Rohstoffpolitik“:

Deutschland ist auch weiterhin auf eine sichere Versorgung mit Erdgas angewiesen.

Erdgasbohrung Barrien 15T bei Weyhe chef79

Erdgasbohrung Barrien 15T bei Weyhe ©chef79

Immerhin trug die inländische Erdgasgewinnung im vergangenen Jahr noch ca. 10 Prozent zur Versorgung Deutschlands mit Erdgas bei. Der BDI verweist darauf, dass es vor einem Jahrzehnt allerdings noch 20 Prozent waren. Zukünftig könne nach Ansicht des BDI dieser Wert mit Nutzung der noch vorhandenen Erdgasmengen in konventionellen Lagerstätten sowie der Erschließung insbesondere von Schiefergaslagerstätten wieder erreicht werden.

Immerhin beträgt das Potenzial allein in Schiefergaslagerstätten konservativ, also vorsichtig geschätzt, 1,3 Billionen Kubikmeter Erdgas. Anmerkung: Dabei handelt es sich um den Mittelwert der Schätzung, dessen Spannbreite 0,7 Billionen bis 2,3 Billionen Kubikmeter beträgt. Das entspräche einem gegenwärtigen Jahresverbrauch von 8 bis 27 Jahren. Zum Vergleich: Die bislang in den letzten 50 Jahren in Deutschland gewonnene Erdgasmenge von ca. 1 Billion Kubikmetern entspräche einem Jahresbedarf von 11,7 Jahren.

Doch in großen Teilen der Gesellschaft und Politik ist Kritik oder gar Ablehnung gegenüber der Schiefergasgewinnung insgesamt bzw. dem Hydraulic Fracturing auszumachen. In diesem Zusammenhang verweist der BDI auf die bereits 50-jährige Geschichte der Anwendung von Fracmaßnahmen in inländischen Erdgaslagerstätten und verweist dabei auf die sichere Durchführung:

In dieser Zeit ist in Deutschland noch kein einziger Umweltschaden im Zusammenhang mit Fracking dokumentiert worden. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass es in Deutschland eine weitreichende Umweltgesetzgebung gibt und Erdgas unter höchsten Sicherheitsstandards gefördert wird.

Deshalb könnte nach Ansicht des BDI die Schiefergasgewinnung zukünftig eine bedeutende Rolle bei der Erdgasversorgung Deutschlands leisten.

Der BDI stellt in diesem Zusammenhang zwei Forderungen:

1. Eine sachliche Diskussion der Schiefergasgewinnung

Es ist wichtig, die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen und faktenbasiert zu diskutieren. Diese Diskussion sollte aus Sicht der Industrie die Aspekte Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit gleichberechtigt umfassen.

2. Die Ermöglichung umweltverträglicher Verfahren „Made in Germany“

Eine umweltverträgliche Förderung von Schiefergas ist möglich. Die heimische Öl- und Gasindustrie verfügt über erhebliche Forschungsbudgets, die zur Weiterentwicklung der Verfahren – zum Beispiel in einem gemeinsamen, von der Öffentlichkeit begleiteten Leuchtturmprojekt von Industrie und Wissenschaft – eingesetzt werden können. So können tiefergehende Erkenntnisse für eine belastbare Entscheidungsgrundlage gewonnen werden.

Dass Zeit zum Handeln für die Erdgasgewinnung im eigenen Land ist, wurde in den letzten Monaten immer deutlicher, nachdem bereits zu Zeiten eines noch hohen Weltmarktpreises für Rohöl erste Meldungen die Runde machten, dass Bohrkontraktoren wie die im niedersächsischen Celle beheimatete ITAG Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müsse.

Hinzu kommt, dass in etwa fünf Jahren die Niederlande als äußerst zuverlässiger und berechenbarer Erdgaslieferant wegfallen wird. Im Jahr 2013 betrug der Anteil der Niederlande an der Erdgasversorgung Deutschlands noch substanzielle 25 Prozent (Versorgung des deutschen Erdgasmarktes 2013)!

Die Frage ist demzufolge: Will man sich, gerade in Anbetracht der gegenwärtigen geopolitischen Situation stärker von Staaten wie Russland oder dem Emirat Katar als künftigen potenziellen Erdgaslieferanten abhängig machen oder versucht Deutschland, so weit es möglich ist, heimische Erdgasressourcen zu nutzen?

Dass die „Energiewende“ die in der Frage aufgeworfene Problematik lösen wird, ist nicht anzunehmen, da diese sich fast ausschließlich auf dem Stromsektor vollzieht, Erdgas aber hauptsächlich als Energieträger zur Wärmeerzeugung in Haushalten und Industrie genutzt wird und darüber hinaus als Rohstoff in der chemischen Industrie.

Im Sinne der Rohstoffversorgung Deutschlands sowie selbstverständlich im Sinne der Erhaltung von ca. 20.000 Arbeitsplätzen und zudem zur Bewahrung von Forschung und Entwicklung im Bereich Erdöl-Erdgasproduktion sollte die Politik sich entscheiden, ob sie weiter ihr Fähnchen nach dem heißen Wind der Gegner ausrichtet oder nach dem kühlen, wohltuenden Lüftchen wissenschaftlicher sowie wirtschaftlicher Vernunft!

Die interessante Broschüre des BDI, die weit über das hier diskutierte Thema hinausgeht, gibt es hier zu lesen: Anforderungen an eine ganzheitliche und nachhaltige Rohstoffpolitik – BDI-Grundsatzpapier zur Rohstoffpolitik im 21. Jahrhundert