Wie wird Erdgas aufbereitet? – Zu Besuch im Erdgasförderbetrieb Söhlingen

Eine der Förderbohrungen des Erdgasförderbetrieb Söhlingen

Wie frisch aus der Erde gefördertes Gas aufbereitet wird, ist dem Autor seit langem in der Theorie geläufig. Doch wie gestaltet sich der Aufbereitungsprozess in der Praxis? Diese Frage konnte mir, obwohl zeitweise im Ort mit Deutschlands bedeutendster Erdgassammel- und Aufbereitungsanlage für Süßgas aufgewachsen, bislang nicht beantwortet werden. Doch das hat sich inzwischen geändert.

Denn durch den Artikel „Kein Ende der Gasförderung in Sicht“ der „Neue Presse“, der den Besuch von SPD-Lokalpolitikern im Erdgasförderbetrieb Söhlingen der ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) zum Thema hatte, kam mir die Idee, dem Betrieb ebenfalls einen Besuch abzustatten. Über einen Bekannten, Mitarbeiter der EMPG, wurde Kontakt zum Betriebsleiter Herrn Kaliner vermittelt und ein Termin für den 10.09.2015 vereinbart. Herr Kaliner konnte die Besichtigung selbst zwar nicht durchführen und gab deshalb die Führung in die kompetenten Hände von Herrn Kröger (im verlinkten Artikel ganz rechts im Bild).

Warum muss Erdgas überhaupt aufbereitet werden, bevor es zum Verbraucher weitergeleitet werden kann? Die Antwort ist, dass Erdgas Begleitkomponenten enthält, die entfernt werden müssen, um es gebrauchsfähig zu machen. Dazu zählen mitgefördertes Wasser, das im Regelfall durch hohe Salzgehalte gekennzeichnet ist, höhere Kohlenwasserstoffe, sogenanntes Erdgaskondensat sowie Schwermetalle, hierbei insbesondere Quecksilber. Letzteres ist eine typische Begleitkomponente von Erdgasen des „Rotliegenden“ und muss aufgrund seiner hohen Toxizität bis auf einen unbedenklichen Anteil von maximal 28 µg/m³ Erdgas reduziert werden. Zum Vergleich: In der Lagerstätte Söhlingen beträgt der Gehalt im Rohgas ca. 4.000 µg/m³. Wie diese Abscheidungsprozesse ablaufen, wird im weiteren Verlauf des Artikels beschrieben.

Überpünktlich erreichte ich den im Niemandsland des Städtedreieckes Rotenburg/Wümme-Visselhövede-Soltau gelegenen Betrieb. Dementsprechend musste ich nach Aushändigung des Besucherausweises, Eintragung ins Besucherbuch sowie Einloggens ins System noch ein wenig Wartezeit in Kauf nehmen, bevor die Führung beginnen konnte.

Bevor es in den Außenbereich ging, stellten wir uns gegenseitig vor und Herr Kröger gab eine Sicherheitseinweisung, die aufgrund von Vorkenntnissen meinerseits jedoch kurz ausfallen konnte. Mein Mobiltelefon musste ich nicht ins Auto zurückbringen, da ich es in weiser Voraussicht gar nicht erst mitgenommen habe. Denn ebenso wie an Tankstellen sind Mobiltelefone oder andere potenziell funkenauslösende Geräte auf dem Gelände einer Erdgasaufbereitungsstation selbstredend nicht zulässig.

Nach dem Anlegen der persönlichen Schutzausrüstung, die aus einem Helm sowie einer Schutzbrille bestand, konnte die Führung im Außenbereich beginnen. Herr Kröger gab dort zunächst eine Einführung in die Geschichte des Erdgasfeldes Söhlingen/-Ost, das bereits 1980 mit der Bohrung „Söhlingen Z1“ aufgeschlossen worden ist. Die Sammel- und Aufbereitungsanlage wurde ab 1982 errichtet und konnte im Folgejahr den Betrieb aufnehmen. Neben der Aufbereitungsanlage, die von der Mobil Erdgas und Erdöl GmbH (MEEG) betrieben wurde, existierte eine Zweite im Feldesteil „Söhlingen-Ost“, die von der BEB Erdgas und Erdöl GmbH (BEB) betrieben wurde. Nach der Fusion von Exxon (Esso), das zu 50 Prozent an der BEB beteiligt war, und Mobil zu ExxonMobil wurde die EMPG Betriebsführer für die gesamte Lagerstätte.

Die Führung im Außenbereich begann in dem Bereich, in dem die Leitungen der Bohrungen das Betriebsgelände erreichen. Meine Verwunderung, dass es relativ wenige Leitungen sind, konnte Herr Kröger zügig ausräumen. Er erläuterte, dass Leitungen einzelner Bohrungen bereits im Feld zusammengefasst werden.

Erdgasförderbohrung "Söhlingen Z14"

Erdgasförderbohrung „Söhlingen Z14“, ©chef79

Als nächstes gelangten wir zu großen, aufrecht stehenden Tankbehältern, die jedoch abgeflanscht waren. Meine Vermutung, dass es sich um Quecksilberadsorber handelt, war korrekt. Die Annahme, dass die Behälter wegen des zurückgegangenen Durchleitungsvolumens außer Betrieb genommen worden sind, stellte sich jedoch als falsch heraus. Denn auch die benachbarte, nicht abgeflanschte Batterie aus vier mit Aktivkohle gefüllten Quecksilberadsorbern ist ebenfalls nicht mehr in Betrieb. Hintergrund ist, dass das Quecksilber neben den anderen oben genannten Begleitkomponenten in zwei Gastrocknungsanlagen abgeschieden wird. Diese Anlagen, die in einem überdachten Bereich untergebracht sind, arbeiten nach dem „Cold-Frac-Verfahren“. Dieses wurde mir von Herrn Kröger ausführlich erläutert und kann in der u.a. von BEB-Ingenieuren verfassten Arbeit „Leistungsfähigkeit von Low-Temperature-Separation-Erdgastrocknungsanlagen“ nachvollzogen werden.

Die im Zuge der Gastrocknung anfallenden Flüssigkeiten wie das Lagerstättenwasser sowie höhere Kohlenwasserstoffe werden in drei 60 m³ fassende Tanks geleitet und durch Schwerkraft voneinander getrennt. Die separierten Kohlenwasserstoffe werden zur wirtschaftlichen Verwertung der Raffinerie Heide in Schleswig-Holstein zugeführt. Das abgeschiedene Lagerstättenwasser wird über die ebenfalls auf dem Gelände vorhandene Bohrung „Söhlingen H1“ in ca. 1.700 Meter Tiefe in den kreidezeitlichen Kalkarenit, ein proröses, bereits salzwasserführendes Gestein, versenkt.

Nach der Besichtigung der beiden Gastrocknungsanlagen führte die Route weiter zu den drei Kompressoren. Deren Aufgabe ist es, das Erdgas, dass mit einem Fließdruck von ca. 15 bar die Station erreicht, soweit zu komprimieren, dass es mit dem erforderlichen Betriebsdruck von 70 bar in das Hochdruckgasnetz eingespeist werden kann. Um diesen Druck zu erreichen, sind die drei Kompressoren in Reihe geschaltet.

Anschließend kamen wir an der bereits benannten Versenkbohrung vorbei, die mir aufgrund ihrer Unscheinbarkeit zunächst nicht auffiel. Wie bereits erwähnt, wird hier das anfallende Lagerstättenwasser (LaWa), das durch hohe Salzgehalte charakterisiert ist, in eine bereits seit etlichen Millionen Jahren salzwasserführende Gesteinsschicht eingebracht. Dieses LaWa ist entgegen den Behauptungen von gegen die Erdgasförderung opponierenden Gruppierungen nicht giftig, wenngleich es aufgrund des hohen Salzgehaltes ungenießbar und auch sonst nicht verwertbar ist. Deswegen wird es in den salzwassererfüllten Untergrund versenkt. Dieses Verfahren wird im Fördergebiet seit über drei Jahrzehnten durchgeführt, ohne das dadurch Süßwasser in bedeutend flacher liegenden Schichten beeinträchtigt wurde.

Nachdem wir die Versenkbohrung passiert hatten, war die Führung im Außenbereich quasi abgeschlossen. Es folgte noch ein Besuch der Dispatcher-Zentrale, von wo aus die einzelnen Bohrungen überwacht bzw. einzelne Parameter erfasst und abgerufen werden können. Dazu zählt u.a. auch die gegenwärtige Produktionsrate einzelner Bohrungen. Im Dispatcherbereich gab es zudem noch ein Modell einer kompakten, auf Schlitten installierten Aufbereitungsanlage zu sehen, wie sie auf den Bohrungen „Ostervesede Z1“ sowie „Einloh Z1“ am Nordrand der Lagerstätte Söhlingen im Einsatz war. Beide Bohrungen sind mittlerweile erschöpft, abgeflanscht und harren der Verfüllung.

Damit war die Führung dann beendet. Herr Kröger und ich unterhielten uns abschließend noch ein wenig über Historie und Geologie der Lagerstätte. In diesem Zusammenhang wartete Herr Kröger mit einer beeindruckenden Zahl auf. Aufgrund ungünstiger Ausprägungen des Speichergesteins lagern im Untergrund schätzungsweise 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas, die nicht erschlossen werden können. Zum Vergleich: Seit Aufnahme der Produktion sind aus der Söhlinger Lagerstätte ca. 41 Milliarden Kubikmeter entnommen worden.

Im Übrigen wird im Erdgasförderbetrieb Söhlingen nicht nur Erdgas aus der gleichnamigen Lagerstätte sowie angrenzenden Teillagerstätten wie „Grauen“ aufbereitet, sondern auch aus Bohrungen, die der benachbarten Lagerstätte „Rotenburg-Taaken“ angehören. Es handelt sich hierbei um die von DEA betriebenen Erdgassonden der Teillagerstätte „Hemsbünde“.

Fazit: Obwohl ich mit einer gehörigen Portion Vowissens die Führung durch den Erdgasförderbetrieb Söhlingen wahrnahm, war diese dennoch äußerst interessant. Denn es besteht ein gewaltiger Unterschied darin, Erdgasaufbereitung aus der Theorie zu kennen und sie sich unmittelbar an den technischen Anlagen erklären zu lassen. Und obwohl mir vieles bereits bekannt war, konnte ich im Zuge der Besichtigung dank der fachlichen Kompetenz sowie des Detailwissens von Herrn Kröger noch einiges dazulernen. Überrascht hat mich die Geräuscharmut, die von der Anlage ausgeht, und das obwohl drei leistungsstarke Kompressoranlagen betrieben werden, die beeindruckende 12 MWh Strom pro Tag verbrauchen. Geruchsimmissionen waren übrigens in keinster Weise wahrnehmbar, obwohl Gegenteiliges von einem inzwischen verzogenen Erdgasgewinnungsgegner wiederholt behauptet wurde.

Abschließend möchte ich mich bei Herrn Kröger dafür bedanken, dass er sich die Zeit für einen einzelnen Besucher genommen hat. Selbstverständlich möchte ich mich auch bei der EMPG bedanken, dass sie solche Besuche ermöglicht. Interessierten, aber insbesondere auch Skeptikern soll an dieser Stelle eine Betriebsbesichtigung empfohlen werden. Es lohnt sich!

Artikelfoto: Erdgasförderbohrung „Söhlingen-Ost Z3“ (März 2012), ©chef79

2 Kommentare zu Wie wird Erdgas aufbereitet? – Zu Besuch im Erdgasförderbetrieb Söhlingen

  • Matze Krenz sagt:

    Hallo Steven,
    ganz toller Bericht von DIR, schön das wir hier weiter helfen konnten.

    LG
    Matze

    1. SAR sagt:

      Hallo Matze,

      vielen Dank für das Lob, aber auch für die Vermittlung der Besichtigung.

      Euch kommt die Bereitschaft, solche Besichtigungen zu ermöglichen, aber auch zu Gute. Denn Transparenz wird vom Mitbürger verlangt und wird ihm mit solchen Terminen geboten. Ich hoffe, dass noch viele Personen oder Gruppen solche Führungen wahrnehmen, um sich zu informieren. Es kann nur der Versachlichung der Diskussion dienen.

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