Reststoffbehandlungsanlage: Wer mit Todesanzeigen „Informationsveranstaltungen“ bewirbt…

Bodenuntersuchungen Söhlingen

Auf dem Gelände der Zentralstation des Erdgasfeldes Söhlingen/-Ost und umliegender Lagerstätten plant die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) die Errichtung einer Reststoffbehandlungsanlage. Gegen das Vorhaben regt sich in der Region Widerstand, auf den im Artikel eingegangen werden soll. Dieser ist jüngst aus dem ethischen Ruder gelaufen.

Hintergrundinformationen zur Reststoffbehandlungsanlage

Erdgasfördersonde Söhlingen-Ost Z4

Erdgasfördersonde Söhlingen-Ost Z4 im März 2012, ©chef79

Im Zuge der Erdgasproduktion werden Stoffe mitgefördert, die sich teilweise als sogenannte Scales in Anlagenteilen festsetzen. Zur Aufrechterhaltung der Produktion müssen die Armaturen und sonstigen Teile regelmäßig gewartet und gereinigt werden. Weil in den Ablagerungen auch Schadstoffe enthalten sind, muss eine entsprechende Aufbereitung der anfallenden Reinigungswässer erfolgen.

Insgesamt fallen im Förderdistrikt Elbe-Weser bei den von der EMPG betriebenen Bohrungen nach Angaben des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) 1.800 – 2.750 m³ mit Feststoffen versetzte Reinigungswässer an. Dieses Volumen entspricht im Durchschnitt zwei Tanklastzügen pro Woche.

In der Reststoffbehandlungsanlage sollen rein physikalisch, also durch Schwerkraft, Feststoffe von den Fluiden abgeschieden werden. Die Behandlung erfolgt ausschließlich auf versiegelten Flächen innerhalb einer Halle. Dabei wird Abluft über Aktivkohlefilter geleitet und von etwaigen Schadstoffen gereinigt. Diese Vorgehensweise stellt eine erhebliche Verbesserung des bisherigen Verfahrens dar, bei dem Anlagenteile unter freiem Himmel gereinigt worden sind. Dabei kam es, wenn auch lokal sehr begrenzt, zu Bodenverunreinigungen mit Quecksilber. Die nachgewiesenen Werte überstiegen dabei teilweise die für Industrieanlagen erlaubten.

Vor diesem Hintergrund erscheint es deshalb besonders kurios, dass sich eine lokale Bürgerinitiative (BI), die Interessengemeinschaft Wiedau (IG Wiedau) gegen die Pläne der EMPG, welche eine Optimierung der bisherigen Praxis darstellt, zur Wehr setzt. Dabei schreckt die IG Wiedau nicht vor ethisch äußerst fragwürdigen Methoden zurück.

Einladung zu „Informationsveranstaltung“ in Form einer Todesanzeige

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Erdgasförderbohrung Söhlingen-Ost Z2 im März 2012, ©chef79

Seit Anfang 2011, mit dem Aufkeimen der „Fracking“-Diskussion, gibt es Widerstand gegen die zuvor kaum beachtete Erdgasproduktion im Landkreis Rotenburg/Wümme. Wesentlicher Auslöser des Widerstandes dürfte ein Beitrag des NDR-Magazins „Markt“ sein, bei dem Sanierungsmaßnahmen an einer Lagerstättenwasserleitung zum „Umweltskandal“ aufgebauscht worden sind. In dem Beitrag, verantwortet von der Journalistin Alexa Höber, wurde der EMPG Vertuschung unterstellt, obgleich der im Film zu sehende Eingriff in den Boden nicht zu übersehen war. Zudem wurde eine Informationstafel zur Sanierungsmaßnahme gezeigt. Jedoch sollen die darauf abgebildeten, im Film verfremdet dargestellten Kontaktrufnummern falsch gewesen sein, was ein gestellter Anruf belegen soll, bei dem der/die Angerufene jedoch nicht zu hören war. Den Film gibt es noch bei youtube zu sehen (LINK).

Seitdem scheint den Gegnern der regionalen Erdgasförderung jedes Mittel recht, um diese zu bekämpfen. Willfähige Unterstützung finden sie dabei u.a. beim NDR, konkret in persona Höber. Bisheriger Gipfel war die Behauptung, dass während Abfackelarbeiten auf der Bohrung Söhlingen Z5 im April 2014 Säure auf Beobachter, sämtlichst aus Kreisen der Gegner zusammengesetzt, herabgeregnet sein soll. Hinterfragt wurden die Behauptungen nicht, wenngleich sich die Zeugen sich in ihren Äußerungen widersprachen. Zudem hielten diese es nicht für erforderlich, trotz der angeblichen schweren Beeinträchtigung ihrer Gesundheit weder einen Arzt zu konsultieren noch Polizei und Feuerwehr herbeizurufen.

Doch wer glaubt, dass dieser nachweisliche Unsinn der Gipfel war, täuscht sich. Dieser wurde jüngst mit der Art und Weise der Bewerbung einer „Informationsveranstaltung“ seitens der IG Wiedau in der Rotenburger Rundschau übertroffen. Diese ist in Form einer Todesanzeige (LINK) gestaltet worden. In dieser Anzeige wird der Widerstand gegen die Reststoffbehandlungsanlage mit „erhöhten Krebsraten“ in der Region begründet.

Zusammenhang Erdgasförderung und Krebs unwahrscheinlich

Screenshot aus einem Artikel der WELT

Screenshot aus einem Artikel der WELT

Dazu ist zu sagen: Generell erhöhte Krebsraten gibt es in der Region nicht. Korrekt ist, dass im Gebiet der Samtgemeinde Bothel sowie in der Stadt Rotenburg/Wümme statistisch signifikant erhöhte Raten hinsichtlich Leukämien/Lymphomen ausschließlich bei (älteren) Männern durch das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsens (EKN) festgestellt worden sind (BERICHT). Warum das der Fall ist, ist laut EKN völlig unbekannt. Aufgrund der betroffenen Gruppe hält Professor Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum einen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und der Erdgasgewinnung für unwahrscheinlich. Siehe dazu LINK und beigefügten Screenshot.

Von diesen Einschätzungen und Fakten lassen sich die Gegner der Erdgasgewinnung jedoch nicht irritieren. Für sie steht fest, dass die Erdgasgewinnung verantwortlich ist. Fürsprecher  bzw. Unterstützung finden sie bei zahlreichen Medien. Diese suggerieren regelmäßig einen Zusammenhang zwischen Quecksilberfunden im engen Umkreis von Erdgasförderplätzen und den Krebserkrankungen. Dabei gilt Quecksilber nicht als krebserregend, schon gar nicht Krebserkrankungen des Blutbildes betreffend. Einen weiteren Fürsprecher finden sie in persona des Umweltmediziners Dr. Bantz. Er, einst kurioserweise Betriebsarzt der EMPG, glaubt an einen Zusammenhang zwischen „Fracking“ und den Krebserkrankungen. Eine plausible Erklärung hat Dr. Bantz jedoch bislang nicht liefern können.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ja, es hat an zwei von über 60 Erdgasförderplätzen Bodenverunreinigungen mit Quecksilber gegeben, bei denen der erlaubte Wert für Industrieanlagen überschritten worden ist. Ursache dafür ist die Reinigung von Anlagenteilen unter freiem Himmel. Dieser Praxis soll nun mit Errichtung einer von einer Halle umschlossenen Reinigungsanlage ein Ende gesetzt werden. Dennoch gibt es Widerstand gegen das Vorhaben und es wurde jüngst für den Protest eine widerliche Methode gewählt, indem die Einladung zu einer „Informationsveranstaltung“ der opponierenden IG Wiedau als Todesanzeige geschaltet worden ist. Sei das nicht von der Form her schon ablehnenswert genug, werden im Inhalt wiederholt Krebskranke als Grund instrumentalisiert. Erschreckend dabei ist die Rolle der Rotenburger Rundschau, die diese Entgleisung freigeschaltet hat.

Wer mit Todesanzeigen „Informationsveranstaltungen“ bewirbt, kann und darf nicht ernst genommen werden!

Artikelfoto: Erdgasförderbohrung Söhlingen-Ost Z3, ©chef79