Schlecht recherchiert: Erdöl-Erdgas Fake News bei der NOZ

Dieser Beitrag befasst sich mit einem Artikel der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) zum Thema Erdöl und Erdgas in Nordwestdeutschland. Erschienen ist er bereits am 06.01.2017, jedoch wurde der Verfasser erst jetzt seitens eines treuen Lesers dieses Blogs darauf aufmerksam gemacht. Sicherlich stand dem Leser der Sinn danach, mir neue Informationen zuzuspielen. Doch Vieles ist schon bekannt. Einiges ist jedoch aufgrund unzureichender Recherche falsch dargestellt, so das durchaus von Fake News gesprochen werden kann.

Fake News bereits in der Einleitung

Bohranlage „ITAG-Rig 27“ auf der Bohrung „Päpsen Z2“ im Februar 2016, ©Steven Arndt

In der Einleitung heißt es, dass neben dem gestiegenen Preis für Rohöl auch das neue „Fracking-Gesetz“ die Branche beleben würde. Hinsichtlich des Ölpreises ist das sicherlich zutreffend. Dem neuen Gesetz mit seinen zahlreichen Beschränkungen, Auflagen und pauschalen Verboten jedoch belebenden Charakter zu attestieren, ist der Fantasie des Autors der NOZ entsprungen.

Tatsächlich verhält es sich so, dass die Branche froh darüber ist, nach Jahren willkürlicher Nichtbearbeitung von Anträgen unter Ignorierung geltender Gesetze wieder Planungssicherheit für Projekte zu haben. Jahrelang erlaubte sich die Politik einen Eiertanz um Gesetzesverschärfungen auf Basis von Vermutungen und Unterstellungen angeblicher Risiken im Zusammenhang mit dem Hydraulic Fracturing-Verfahren. Erst als Mitte 2016 die Industrie ankündigte, sich nach fünf Jahren Bearbeitungsstopp diese Willkür nicht mehr bieten zu lassen, ging alles ganz schnell.

Innerhalb von nur einer Woche wurde der Gesetzesentwurf in eine endgültige Form gegossen und dabei sogar noch weiter verschärft. Empfehlungen eigens in Auftrag gegebener Risikostudien wurden dabei über Bord geworfen und die Expertise der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), dem vom SPD-Genossen Sigmar Gabriel geführten Wirtschaftsministerium unterstellt, wurde komplett ignoriert. Stattdessen gab man dem Druck Bürgerinitiativen und grünen Nichtregierungsorganisationen nach. Populismus, von dem sich an anderer Stelle stets distanziert wird, par excellance!

Doch offenbar interpretiert die von lautem Zähneknirschen begleitete Erleichterung der Branche hinsichtlich der Planungssicherheit als „Belebung“. Anders als in der Einleitung zu lesen, gab es auch keine Unterbrechungen im Bohrbetrieb. Dieser bewegte sich jedoch insbesondere im Bereich Erdgas auf äußerst niedrigem Niveau. Es wurde 2016 mit der Päpsen Z2 lediglich eine Erdgasbohrung abgeschlossen. Im Erdölsektor gab es jedoch einen mehr oder weniger kontinuierlichen Bohrbetrieb. Dieser umfasste neben Wiedererschließungsbohrungen in Süddeutschland auch eine Aufschlussbohrung im Oberrheintal sowie Produktionsbohrungen in bekannten Lagerstätten.

Zu Aktivitäten der DEA in Nordwestdeutschland

DEA-Bohranlage T-160 im Erdgasfeld Völkersen (Mai 2013) © Steven Arndt

Zu Vorhaben der DEA Deutsche Erdöl AG gibt es auch ein paar Worte, die im Wesentlichen korrekt sind. Dass DEA stillgelegte Erdölfelder im Gifhorner Trog hinsichtlich einer Wiedererschließung untersuchen will, ist jedoch keine neue Nachricht. Davon ist bereits seit mehreren Jahren die Rede. Im Fokus stand dabei die in den 1990er Jahren aufgegebene Lagerstätte „Wesendorf“. Andere Wiedererschließungen ehemaliger DEA-Felder wie „Hohne“, „Leiferde“ oder „Wesendorf-Nord/Oerrel-Süd“ standen seinerzeit nicht zur Debatte. leider gibt der Artikel dazu auch keinerlei Auskunft.

Stattdessen erfährt der Leser von einem „Ölfeld Völkersen bei Bremen“, das weiter erschlossen werden soll. Doch ein solches Ölfeld Völkersen existiert nicht. Stattdessen handelt es sich um eine Erdgaslagerstätte. „Völkersen“ als Ölfeld zu bezeichnen kann wahrlich nicht als Fake News bewertet werden. Es zeugt aber von einer unsauberen redaktionellen Arbeit.

Dass bis vor Kurzem in Schleswig-Holstein seitens der DEA mehr Wiedererschließungsvorhaben geplant waren als Schwedeneck-See findet im Artikel leider ebenfalls keinerlei Erwähnung. Das Einstampfen weiterer Vorhaben dürfte mit der populistischen Entscheidung des zuständigen Ministeriums zusammenhängen, die Förderabgabe von Erdöl auf den maximal zulässigen Wert von 40 Prozent anzuheben. Der verantwortliche Minister Habeck (Bündnis90/Die Grünen) nutzte somit die Förderabgabe als Verhinderungsinstrument. Dabei hat sie einen völlig anderen Sinn:

Die Förderabgabe wird erhoben, um die Allgemeinheit an der Nutzung der heimischen Bodenschätze angemessen zu beteiligen LBEG

Dieses Zitat ist auf der Seite des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsens (LBEG) zu finden, welches auch für Schleswig-Holstein zuständig ist. Es ist bedauerlich, dass Journalisten heutzutage solche Willkürentscheidungen nicht mehr kritisch hinterfragen, sondern eher in den Kanon der Gegnerschaft einstimmen.

Hoher Ölpreis immer belebend für die Branche

Förderanlagen im Ölfeld Rühlermoor. Aufgenommen während eines Abendspaziergangs im Juli 2016. © Steven Arndt

Im nächsten Abschnitt wird sich Vorhaben der ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) gewidmet. Vordergründig wird das Vorhaben thematisiert, im Erdölfeld Rühlermoor der Förderung neuen Aufschwung zu verleihen. An diesem Abschnitt ist nichts auszusetzen, da die getroffenen Angaben zu dem Projekt zwar sehr knapp, aber dennoch zutreffend sind. Im folgenden Absatz ändert sich das jedoch.

Hier wir sich nochmals auf das angeblich „belebende“ „Fracking-Gesetz“ berufen. Dessen Vitalisierungskraft wird aus der wertneutralen Aussage des ExxonMobil-Sprechers Klaus Torp abgeleitet, der zu Projekten im Erdgassektor nichts weiter äußert als: „Wir sortieren in Frage kommende neue Projekte“.

Selbstverständlich müssen nach 5 Jahren Stillstand neue Projekte, die eventuell ohne den willkürlichen Entzug von Planungssicherheit bereits umgesetzt wären, neu sortiert, oder anders ausgedrückt, mit Blick auf die verschärfte Gesetzeslage neu bewertet und gegebenenfalls aussortiert werden. Wohlwollendes zum neuen, aus Sicht des Verfassers völlig unnötigen, Gesetzes, kann aus dem Satz Torps in keinster Weise interpretiert werden. Maximal Erleichterung, überhaupt weitermachen zu können.

Torp bestätigt zudem eine Binsenweisheit. Selbstverständlich ist ein hoher Ölpreis positiv für die Branche. Ebenso sind hohe Milchpreise belebend für die Milchviehwirtschaft.

Hälfte des Artikels an Schlagzeile vorbei

Wartet seit fünf Jahren auf erforderliche Fracbehandlung: Tight-Gas-Bohrung Düste Z10 westlich von Barnstorf. © Sukrams

Nach etwa der Hälfte des nicht besonders ausführlichen Artikels ist das eigentliche Thema bereits erschöpft. Zur Erinnerung: Es sollte die vermeintliche Wiederbelebung der Erdöl-Erdgas-Exploration dargelegt werden. Doch neben tatsächlich aktuellen Vorhaben kamen einige zur Sprache, die bereits seit längerer Zeit geplant sind. Über das Rühlermoor-Projekt berichteten wir bereits vor ziemlich genau 3 Jahren!

Problematisch sind jedoch die teilweise als Fake News zu bewertenden falschen Aussagen im kurzen Text. Als Fake News sieht der Verfasser solche an, die frei erfunden sind. Dazu zählt exemplarisch die Interpretation, dass ein die Genehmigungsregularien verschärfendes Gesetz anhand einer wertneutralen Aussage eines Unternehmenssprechers als branchenbelebend interpretiert wird.

In der zweiten Hälfte des Artikels wird noch einmal das Vorhaben der DEA aufgegriffen, im Wattenmeer Erkundungsbohrungen auf Erdöl abzuteufen. Korrekt ist, dass die Bohr- und Förderinsel sowie das unmittelbar umgebende Areal vom Nationalparkstatus ausgenommen ist. Falsch ist, dass in zwei neuen Enklaven Aufschlussbohrungen durchgeführt werden sollen. Denn diese Enklaven existieren bereits ebenso lange wie die der „Mittelplate“. Mit soliderer Recherche hätte man diese Fake News vermeiden können.

Somit bleibt festzustellen: Es ist löblich, die Allgemeinheit sachlich über Vorhaben der Erdöl-Erdgas-Industrie zu informieren. Doch sollte diesbezüglich präzise recherchiert werden, um Falschaussagen zu vermeiden. Eigenwillige Interpretationen sollten zudem im Sinne der Sachlichkeit vermieden werden.

Vielen Dank nach Nordostdeutschland für die Information zu diesem Artikel über Erdöl und Erdgas in Nordwestdeutschland!

Artikelfoto: Bohr- und Förderinsel „Mittelplate A“ im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. ©sukrams