Traditionsunternehmen ITAG will Bohrbetrieb einstellen
Bereits am 10. August berichtete die Cellesche Zeitung, dass das Celler Traditionsunternehmen Hermann von Rautenkranz Internationale Tiefbohr GmbH & Co. KG (ITAG) den Bohrbetrieb einstellen will. Sollte dies tatsächlich geschehen, findet eine über 100-jährige Tradition ein Ende.
ITAG-Gründung im Jahre 1912
Gegründet wurde das Unternehmen im Jahre 1912 vom deutschen Erdölpionier Hermann von Rautenkranz zunächst in Hamburg. Bereits ein Jahr darauf erfolgte der Umzug nach Celle. Dass die Kleinstadt am Südrand der Lüneburger Heideausgewählt wurde, ist wenig erstaunlich, befanden sich mit „Wietze“ und „Nienhagen“ die beiden einzigen damaligen Erdölförderstätten Deutschlands von wirtschaftlicher Bedeutung jeweils nur wenige Kilometer von Celle entfernt (ITAG & Wikipedia).
Unter dem Dach des Familienbetriebes wurden neben dem Tiefbohrbetrieb noch die Sparten Ölfeldausrüstung sowie Maschinenbau vereinigt. Dabei ist die Tiefbohrsparte das umsatz- wie mitarbeiterstärkste Geschäftsfeld des Unternehmens, welches heute einem katarischen Unternehmer gehört. Die ITAG Valves & Oilfields Products GmbH entwickelt, produziert und vertreibt Ausrüstungen für die Öl- und Gasindustrie während die kleinste Sparte, die ITAG L&R GmbH, runde Präzisionsteile und Sondergewinde für den Schiffs-, Maschinen- und Anlagenbau sowie Hochdruckrohre herstellt.
Doch weil unter den gegenwärtigen Marktbedingungen ein wirtschaftlicher Bohrbetrieb kaum möglich ist, stellt das Unternehmen Überlegungen an, diese Sparte komplett abzustoßen.
Bereits drei ITAG-Bohranlagen an tschechischen Mitbewerber MND verkauft
Laut des Artikels der Celleschen Zeitung, der leider online nicht publiziert wurde, befindet sich das Traditionsunternehmen momentan in einer Umstrukturierungsphase. Für das Jahr 2019 konnten keine wirtschaftlich durchführbaren Vorhaben akquiriert werden, weshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt geplant ist, den Bohrbetrieb einzustellen. Allerdings soll der Geschäftsbereich Reparatur, Wartung und Service erhalten bleiben und sogar ausgebaut werden.
Von den sechs ITAG-Bohranlagen sind bereits drei an den tschechischen Mitbewerber MND Drilling & Services, der im niedersächsischen Nienburg eine Niederlassung eröffnet hat, veräußert worden. Um welche Anlagen es sich konkret handelt, entzieht sich unserer Kenntnis. Diese werden jedoch zunächst weiterhin unter der Betriebsführung der ITAG Tiefbohr GmbH betrieben. Bei wirtschaftlich attraktiven Aufträgen ist sogar nicht ausgeschlossen, dass der Bohrbetrieb aufrecht erhalten bleibt während im umgekehrten Fall die Veräußerung der drei verbliebenen Anlagen weiter eine Option bliebe.
Politik wird für Niedergang mitverantwortlich gemacht
Insgesamt führt im Artikel der Celleschen Zeitung der Prokurist Marc Leverenz drei Gründe für den Niedergang des Bohrbetriebes der ITAG an. Zum einen ist es die seit Jahren andauernde Krise der Ölindustrie aufgrund des Ölpreises. Allerdings bewegt dieser sich gegenwärtig auf vergleichsweise hohem Niveau von fast 80 US-Dollar je Barrel der Sorte „Brent“. Noch vor einem Jahr lag er ca. 25 US-$ darunter (Ölpreis aktuell). Somit spielen andere Faktoren eine wesentlichere Rolle, zumal das Unternehmen vorrangig in Deutschland aktiv ist.
Wie z.B. Grund Nr. 2 die mangelnde Akzeptanz von Teilen der Bevölkerung hinsichtlich der Aufsuchung neuer Ressourcen fossiler (Energie-) Rohstoffe. Aktuell wird dies besonders deutlich in Bezug auf das Vorhaben, in der Niederlausitz außerhalb des Spreewaldes (auch wenn die neugegründete lokale Bürgerinitiative mit dem Namen „IG Gegen Gasbohren im Oberspreewald“ anderes suggeriert), Kohlenwasserstoffe aufzusuchen. Für drei der bislang vier getätigten Erkundungsbohrungen kam dabei die ITAG-Rig 30 zum Einsatz.
Als dritter Grund werden die hohen Auflagen der Behörden zur Genehmigung von Bohrvorhaben angeführt. Diese hohen Auflagen, die 2017 nochmals deutlich aufgrund des Druckes von Teilen der Bevölkerung, Ökolobby- wie Kampagnenvereinen ohne wissenschaftlich-technische Begründung verschärft wurden, führten zur weiteren Verteuerung von Bohrvorhaben und schließlich deren Unwirtschaftlichkeit. Das wiederum bedeutet, dass die unter strengen Auflagen erfolgende und energieintensive weite Transportwege vermeidende Erdöl-Erdgas-Produktion „vor der eigenen Haustür“ stärker zurückgeht als natürlichen wie technischen Gegebenheiten erforderlich. Die vorgeblichen Kämpfer für mehr realistischen Umwelt- sowie abstrakten Klimaschutz haben somit das Gegenteil ihres Anliegens bewirkt, obwohl sie es nicht begreifen werden.
Was mit den Mitarbeitern des Bohrbetriebes geschieht, bleibt ungewiss. Ein Wechsel von der ITAG zur MND hat nicht stattgefunden, so der Prokurist Leverenz. Allerdings habe MND Stellenanzeigen zur Rekrutierung neuer Mitarbeiter geschaltet. Von Seiten der Politik können sie jedoch keine Unterstützung erwarten, schließlich ist es gewollt, dass die fossilen Energieträger in Deutschland keine Rolle mehr spielen sollen. Dass im Jahre 2017 Erdöl und Erdgas 78,3 Prozent des deutschen Primärenergiebedarfes abdeckten, während Sonne und Wind zusammen gerade einmal auf 4,1 Prozent kamen (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie), ficht weder Politiker noch Umwelt- wie Kampagnenvereine an, die davon träumen, dass von jetzt auf gleich oder auch in absehbarer Zeit Sonne und Wind fossile Rohstoffe Kohle, Öl und Gas ersetzen könnten.
Doch mit Träumereien, die ein Albtraum u.a. für die Mitarbeiter der darbenden deutschen Erdöl-Erdgas-Industrie sowie den unter exorbitant hohen Strompreisen leidenden Bürgern Deutschlands sind, ist weder ersteren noch letzteren geholfen.
Artikelfoto: ITAG-Rig 23 auf Erdgasbohrung Düste Z10 im März 2012. Foto: Steven Arndt