DEA beantragt freiwillige Umweltverträglichkeitsprüfung für Völkersen Z12

In den vergangenen Wochen sah sich der Erdgas- und Erdölproduzent Deutsche Erdöl AG (DEA) besonders heftiger Kritik ausgesetzt. Hintergrund waren und sind die Planungen des Unternehmens, östlich von Bremen seismische Erkundungsarbeiten durchzuführen. Ziel dieser Arbeiten ist es festzustellen, ob im Untergrund Strukturen existieren, die das Potenzial haben, erdgasführend zu sein. Drüber haben wir HIER und HIER kommentierend berichtet. Aber auch das Bohrprojekt „Völkersen Z12“ wird seit dessen Ankündigung nicht nur kritisch beäugt, sondern von bestimmten Interessengruppen komplett abgelehnt. Hauptgrund dafür ist die Lage des Bohransatzpunktes in der Zone 3 des Wasserschutzgebietes Panzenberg.

Völkersen Z12 nicht erste Bohrung im Wasserschutzgebiet Panzenberg

Erdgasförderbohrung „Hemsbünde Z6“. Produziert seit fast 20 Jahren in einem Wasserschutzgebiet. Foto: Steven Arndt, April 2017. Zum Vergrößern anklicken.

Dabei ist die geplante Erdgasproduktionsbohrung nicht die erste in der Zone 3, der Zone mit den geringsten Anforderungen an den Trinkwasserschutz, in denen nach geltender Rechtslage Tiefbohrungen nicht verboten sind, des Wasserschutzgebietes Panzenberg im Landkreis Verden. In unmittelbarer Nachbarschaft sind bereits die Erdgasproduktionsbohrung „Völkersen Z4“ (1997/1998) sowie die inzwischen verfüllte Lagerstättenwasser (LaWa)-Versenkbohrung „Völkersen H1″(1999) niedergebracht worden.

Die LaWa-Versenkbohrung wurde von DEA bereits ohne technische Notwendigkeit sowie ohne rechtliche Erfordernis als Entgegenkommen gegenüber Kritikern außer Betrieb genommen. Diese befürchteten entgegen jeglicher physikalischer Gesetze, dass das versenkte, aufgrund seines hohen Salzgehaltes schwere Salzwasser durch wasserdichte Gesteinsschichten in den süßwasserführenden, zur Trinkwassergewinnung genutzten Grundwasserleiter aufsteigen und diesen „verseuchen“ könnte. Ebenso wird von den Kritikern befürchtet, dass durch die Gasbohrung „Völkersen Z4“ sowie durch die geplante „Völkersen Z12“ Schadstoffe aus ca. 5.000 Metern Tiefe in die süßwasserführenden Grundwasserleiter, die bis in eine Tiefe von maximal 200 Metern reichen, „verseucht“ werden könnten.

In den Kanon der Kritiker/Gegner stimmen in der Region Politiker verschiedener Parteien ein. Sie fordern ein ausnahmsloses Verbot der Gasförderung in Wasserschutzgebieten. Dabei ist in Deutschland trotz jahrzehntelanger Gewinnung von Erdöl und Erdgas in Wasserschutzgebieten kein einziger Fall bekannt, der zu einer Beeinträchtigung der zur Trinkwassergewinnung genutzten Grundwasserleiter geführt hat.

Das ist wenig üerraschend, denn eine Tiefbohrung ist mitnichten ein schnödes Loch, welches in die Erde getrieben wird, sondern ein komplexes Bauwerk aus Rohren unterschiedlichen Durchmessers, die in den Untergrund führen und sich dabei teleskopartig verjüngen. Die Hohlräume zwischen diesen Rohren bzw. dem umgebenden Gestein sind zusätzlich durch Spezialzement voneinander getrennt. Die Förderung erfolgt zudem über eine Förderrohrtour (Tubing), die sich innerhalb der bohrlochsichernden Rohrtouren (Casing) befindet. Somit ist die Bohrung durch mehrere Barrieren gegenüber den süßwasserführenden Grundwasserleitern abgeschirmt. Dieser Sachverhalt wird den Kritikern/Gegnern regelmäßig erklärt. Sie scheinen jedoch erklärungsresistent zu sein. Erschreckenderweise trifft dies auch auf Vetreter der Wasserwirtschaft zu, von denen man eigentlich annehmen sollte, dass sie etwas von Geologie und Bohrtechnik verstünden.

Erneutes Entgegenkommen der DEA gegenüber Gegnern und Politik

Kaum Umwelteinfluss durch Erdgasförderplatz. Hier reaktivierte Bohrung „Hildesheimer Wald Z2“, Juni 2017. Foto: Steven Arndt. Zum Vergrößern anklicken.

Wie bereits dargestellt ist die DEA Gegnern der heimischen Gasförderung dahingehend entgegen gekommen, dass sie freiwillig die LaWa-Versenkbohrung „Völkersen H1“ stillgelegt hat. Und auch bezüglich des Projektes „Völkersen Z12“ kommt das Unternehmen nun Forderungen aus der Gegnerschaft sowie der Politik entgegen und kündigt eine freiwillige Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die geplante Gasbohrung an.

Dazu ist anzumerken, dass nach geltender Rechtslage eine UVP bei Erdgasförderbohrungen nur dann erforderlich ist, wenn eine Tagesproduktion von 500.000 m³ überschritten wird. Bei den Lagerstättenverhältnissen im Inland wird dieser Wert kaum erreicht, weswegen Kritiker gerne anführen, dass diese Regelung „unternehmensfreundlich“ gestaltet ist. Sie vergessen dabei jedoch, dass eine UVP entgegen der verbreiteten Vorstellung aufgrund ihrer Bezeichnung nicht zum Ziel hat, die Umweltverträglichkeit eines Vorhabens festzustellen.

In einschlägiger Fachliteratur ist dazu sinngemäß Folgendes zu lesen (Köppel/Peters/Wende 2004):

UVP haben nicht zum Ziel, Vorhaben eine „Umweltverträglichkeit“ zu bescheinigen, sondern lediglich bei Entscheidungen über Vorhaben Umweltaspekte angemessen und nach geregeltem Verfahren einfließen zu lassen. Dabei sind laut Gesetz die Umweltfolgen in der behördlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Eine UVP ist jedoch kein Mittel zur Verhinderung eines Vorhabens. Stattdessen dient sie der Verhinderung und Verminderung von Auswirkungen der geplanten Maßmahme. Ferner ist eine weitere wichtige Funktion einer UVP, den Vorhabensträger zur ökologischen Selbstkontrolle zu verpflichten und damit auch die Akzeptanz des Projektes zu erhöhen.

Entsprechend ist in der Pressemitteilung der DEA vom 21.11.2018 zu lesen:

„Zentrales Anliegen der DEA ist es, die Fragen der Bürgerinnen und Bürger zur geplanten Bohrung im Trinkwasserschutzgebiet Panzenberg umfassend zu klären. Angesichts der anhaltenden öffentlichen Diskussion hat sich DEA dazu entschlossen, das Genehmigungsverfahren zu erweitern. Die DEA beabsichtigt darüber hinaus, einen intensiven Dialog mit ihren Stakeholdern zu führen, um Formate zu diskutieren, die im Zusammenhang mit der Erstellung der Antragsunterlagen eine breitere Einbeziehung der Öffentlichkeit erlauben.“

Antrag zur freiwilligen UVP für Völkersen Z12 wird von Politikern begrüßt

Seit Jahrzehnten findet im Ölfeld „Hankensbüttel-Süd“ Erdölförderung auch im Wasserschutzgebiet statt. Foto: Steven Arndt, Juni 2017. Zum Vergrößern anklicken.

Die Entscheidung der DEA, eine freiwillige UVP durchführen zu wollen, wird von der Politik begrüßt und dabei auf die eigene Schulter klopfend als Erfolg politischer Arbeit interpretiert. Diese Einschätzung ist sicherlich nicht grundsätzlich verkehrt, blendet aber den Bezug zur Realität und damit zur Sinnhaftigkeit vollkommen aus. Zum wiederholten Male muss betont werden, dass Erdöl- und Erdgasförderung in Wasserschutzgebieten in Deutschland seit Jahrzehnten erfolgt, ohne dass auch nur ein einziges Ereignis eingetreten ist, welches zur Gefährdung des zur Trinkwassergewinnung genutzten Grundwasserkörpers geführt hat.

Tatsächlich basieren die Forderungen der Politik nach Einschränkung bis hin zum Verbot der Erdöl- und Erdgasförderung in Wasserschutzgebieten auf Befürchtungen aus Teilen der Bevölkerung. Diese Befürchtungen entbehren jedoch faktisch jeglicher Grundlage. Dass Politiker dennoch unter Missachtung der Faktenlage agieren und ihr Fähnlein in den Wind der Bedenkenträger drehen, ist nichts anderes als Populismus. Im Duden ist Populismus wie folgt definiert: von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen. Und diese Definition ist, abgesehen vom demagogischen Moment, im Bezug auf Erdöl- und Erdgasförderung  und die vermeintliche daraus resultierende Gefährdung der Trinkwasserversorgung durchaus zutreffend!

Letztendlich wollen auf Deibel komm raus Politiker/-innen wie die SPD-Landtagsabgeordnete Dörte Liebetruth unabhängig vom Ergebnis der angedachten UVP die Erdgasgewinnung in Wasserschutzgebieten ausnahmslos untersagen. Nicht anders ist die Darstellung „Gleichzeitig mahnte die Parlamentarierin, dass mit der Entscheidung für eine freiwillige Umweltverträglichkeitsprüfung noch keine Entscheidung gegen die geplante Bohrung im Wasserschutzgebiet Panzenberg gefallen sei.“ im Artikel „Energieversorger Dea kündigt Umweltverträglichkeitsprüfung an“ der Verdener Nachrichten vom 21.11.2018 zu verstehen. Ergebnisoffenheit, die sehr wahrscheinlich aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrungen pro „Völkersen Z12“ ausfallen wird, sieht anders aus.

Völkersen Z12 diene nur wirtschaftlichen Interessen der DEA

Erdgasförderbohrung „Goldenstedt Z23“. Aufgrund einer Erhöhug der Förderrate auf 500.000 m³/Tag ist hier eine UVP erforderlich. Foto: Markus Stahmann. Zum Vergrößern anklicken.

Neben den de facto unfundierten Forderungen nach einem Verbot der Erdgas- und Erdölgewinnung in Wasserschutzgebieten wird permanent von seiten der Interessengemeinschaften (IG) und Bürgerinitiativen (BI), die gegen die heimische Erdgasgewinnung opponnieren, unterstellt, die Förderunternehmen würden nur das eigene wirtschaftliche Interesse ohne Rücksicht auf andere Belange im Auge haben.

Dem ist mitnichten so! Tatsächlich sind Erdöl und Erdgas Staatseigentum. Die Aufsuchung und Gewinnung mitsamt damit verbundener finanzieller Risiken wird jedoch auf privatwirtschaftliche Unternehmen übertragen. Diese sind verpflichtet Lagerstätten solange zu betreiben, wie es wirtschaftlich möglich ist. Dass heißt: Selbst wenn die Produktion nur noch marginal wirtschaftlich ist, muss weiter produziert werden.

Der Staat ist hingegen fein raus! Er profitiert über die Förderabgabe nicht unerheblich und risikolos von der heimischen Förderung und somit auch von der Erdgasproduktion aus dem Feld „Völkersen/Völkersen-Nord“. Im vergangenen Jahr 2017 sind in Niedersachsen 7.001.819.039 Kubikmeter Erdgas gewonnen worden. Das spülte dem Land Abgaben von 166,1 Millionen € in die Kasse. Der Anteil der Lagerstätte „Völkersen/Völkersen-Nord“ betrug bei einer Produktion von 943.293.390 Kubikmetern immerhin 22,3 Millionen € (Statistischer Bericht des BVEG 2017).  Zu Spitzenzeiten im Jahr betrug die Gesamtabgabenlast auf Erdgas aus Niedersachsen übrigens 909,2 Millionen €, wobei die Produktion aus „Völkersen/Völkersen-Nord“ 68,9 Millionen € beitrug. Soviel zum Thema, die Erdgasindustrie würde nur aus reiner „Profitgier“ handeln und die Allgemeinheit ginge leer aus.

Der DEA sei deshalb an dieser Stelle viel Erfolg und ein bergmännisches „Glück Auf!“ gewünscht, so dass eine etwaige Stabilisierung der inländischen Erdgasproduktion durch die „Völkersen Z12“ zu weiteren der Volkswirtschaft zu Gute kommenden risikolosen Einnahmen führt.

 

Artikelfoto: DEA-Bohranlage T-160 im Erdgasfeld Völersen. Foto: Steven Arndt