ExxonMobil darf Reststoffbehandlungsanlage bauen

Anlagen zur Förderung und Aufbereitung von Erdgas müssen turnusmäßig gewartet werden, um die Betriebssicherheit sowie die Sicherstellung der Erdgasproduktion zu gewährleisten. Zu den Wartungsareiten zählt auch die Reinigung von Anlagenteilen. Dabei fallen Abwässer an, die feste wie flüssige Schadstoffe enthalten. Diese Abwässer sollen nach Plänen von ExxonMobil zentral in einer Reststoffbehandlungsanlage auf dem Betriebsplatz Söhlingen aufbereitet werden. Doch mit Verkündung des Vorhabens sah sich das Unternehmen umgehend mit Widerstand konfrontiert.

Reststoffbehandlungsanlage Söhlingen – Das Vorhaben grob umrissen

Luftbild der Zentralstation Söhlingen, auf deren Gelände die Reststoffbehandlungsanlage errichtet werden soll. Quelle: BING-Maps. Zum Vergrößern anklicken.

Wie bereits einleitend grob angerissen, müssen Anlagenteile des Erdgasförder- und Aufbereitungsprozesses geartet werden, wozu auch Reinigungsarbeiten zählen. Da Erdgas von Natur aus je nach Lagerstätte verschiedenartige teils umwelt-oder gesundheitsgefährdende Begleitstoffe enthalten kann, müssen die anfallenden Reinigungswässer gereinigt und die anfallenden Schadstoffe ordnungsgemäß entsorgt werden. Zu diesem Zweck will die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) eine Reststoffbehandlungsanlage auf dem Betriebsplatz der Sammel- und Aufbereitungsstation Söhlingen errichten.

Entsorgungsunternehmen haben sich dahingehend spezialisiert, entweder feste oder flüssige Abfälle anzunehmen. Deshalb ist Trennung der festen und flüssigen Stoffe voneinander unabdingbar. Diese soll in der Anlage erfolgen. Die Behandlung der Abwässer erfolgt dabei ausschließlich auf versiegelten Flächen sowie in geschlossenen Räumen. Zusätzlich wird die Abluft aus den Räumen zu Reinigungszwecken über Aktivkohlefilter geleitet. Mehr Informationen gibt es auf der Seite Projekt Reststoffbehandlungsanlage Söhlingen von ExxonMobil.

Erdgasförderungsgegner mobilisierten umgehend gegen das Vorhaben

Erdgasfördersonde „Söhlingen Z14“. Foto: Steven Arndt, März 2012. Zum Vergrößern anklicken.

Seit 2011 regt sich gegen die inländische Gewinnung von Erdöl und insbesondere Erdgas Widerstand in Teilen der Bevölkerung. Hintergrund ist vor allem die zunächst unkritische Berichterstattung zum Film „Gasland“, der angebliche  Folgen des „Fracking“-Booms in den USA darstellen wollte, tatsächlich jedoch vor bewussten Falschinformationen nur so strotzte. Hinzu kamen auch als Folge Berichte über umweltrelevante Vorfälle im Zusammenhang mit der heimischen Erdgasproduktion, die ohne sachgerechte Einordnung, ja teils frei erfundene Behauptungen medial skandalisiert wurden. Besonders im Fokus stand dabei die Erdgasförderregion rund um Rotenburg/Wümme.

So ist es wenig verwunderlich, dass sich hier besonders starker Protest gegen Aktivitäten der in der Region tätigen Förderunternehmen entwickelte, wobei dem „US-Konzern“ (Medienjargon, insbesondere des NDR) ExxonMobil das Hauptaugenmerk gewidmet wurde und wird. Als dann auch noch in der Samtgemeinde Bothel erhöhte Blutkrebsraten ausschließlich bei älteren Männern festgestellt wurden, war der Schuldige sofort ausgemacht: Es konnte aus Sicht der Gegnerschaft nur die Erdgasproduktion sein.

Plausible Gegenargumente, dass Frauen ebensowenig betroffen sind wie unmittelbare Nachbargemeinden mit Erdgasförderung, dass in monatelangen offiziellen Messkampagnen keine Schadstoffbelastungen der Luft durch die Erdgasförderung festgestellt werden konnten, focht die Gegnerschaft nicht an. Und so erstaunt es nicht, dass auch gegen das sinnvolle Vorhaben einer zentralen Aufbereitung auf einem bestehenden Betriebsplatz in einer dünn besiedelten Gegend opponiert wird und das unter Instrumentalisierung der von Krebs betroffenen Mitmenschen.

Es gelang den Gegnern immerhin, den Genehmigungsprozess zu verlangsamen. So ist beispielsweise ein vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) als zuständige Genehmigungsbehörde anberumter Erörterungstermin abgesagt worden. Doch das markierte nur einen zwischenzeitlichen vermeintlichen Erfolg für die Gegner.

Reststoffbehandlungsanlage unter Auflagen genehmigt

Erdgasförderbohrung Söhlingen Z1. Foto: Steven Arndt, März 2012. Zum Vergrößern anklicken.

Denn im späten Frühjahr 2018 und somit ca. zweieinhalb Jahre nach Bekanntmachung des Vorhabens wurde die Errichtung der Reststoffbehandlungsanlage vom LBEG unter Auflagen genehmigt. In einer entsprechenden Pressemitteilung der Behörde hieß es: „Die Reststoffbehandlungsanlage erfüllt alle gesetzlich geforderten Vorgaben.“ Dennoch sind Einwendungen von Kritikern in den Genehmigungsprozess eingeflossen, so dass die Genehmigung nur unter Auflagen erfolgen konnte.

Doch gegen die Genehmigung unter Auflagen hat eine Kanzlei im Auftrag der Samtgemeinde Bothel, der Gemeinde Brockel, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Niedersachsen (BUND) und mehrerer Privatpersonen Widerspruch gegen die Genehmigung eingelegt. Der Widerspruch entfaltete eine „aufschiebende Wirkung“, so dass ExxonMobil nicht mit dem Bau der genehmigten Anlage beginnen konnte. Die EMPG hatte deshalb einen Antrag auf Sofortvollzug beim LBEG eingereicht.

Widerspruch wird zurückgewiesen

Erdgasförderbohrung Söhlingen-Ost Z3. Foto: Steven Arndt, März 2012. Zum Vergrößern anklicken.

Am 03.12.2018 gibt das LBEG in einer Pressemitteilung bekannt, dass der Widerspruch gegen das Vorhaben zurückgewiesen wurde. So hat die Behörde sowohl den Widerspruch als auch den Antrag der EMPG auf Sofortvollzug in den zurückliegenden Wochen umfassend nach allen fachlichen und rechtlichen Vorgaben geprüft und im Ergebnis den Widerspruch zurückgewiesen.

Weder würden durch das Vorhaben umweltbezogene Vorschriften verletzt noch in die Planungshoheit der Kommunen eingegriffen. Zudem durfte das ursprünglich von der Gemeinde Brockel versagte Einvernehmen durch die Landesbehörde ersetzt werden, da die Versagung des Einvernehmens nicht im Einklang mit den hierfür maßgeblichen Rechtsvorschriften stand.

Somit konnte infolge der vorgenommenen Prüfung dem Antrag der EMPG auf Sofortvollzug stattgegeben werden. Das Unternehmen darf nun mit der Errichtung der Reststoffbehandlungsanlage beginnen.

Als Folge der Genehmigung bricht sich die Enttäuschung der Gegnerschaft mit gewohnt starken Worten unter Verleugnung rechtsstaatlicher Prinzipien Bahn. So ist auf der Facebookseite der Initiative „Gasland ist hier“ zum Link auf einen Bericht der „Kreiszeitung“ zu lesen: „Gegen den Willen der Region drücken ExxonMobil und LBEG die Giftmüllanlage in Bothel durch.“ (LINK)

Durchgedrückt wurde gar nichts, sonst stünde die Anlage sehr wahrscheinlich bereits. Stattdessen wurden Eingaben geprüft, sogar ein Erörterungstermin zum Unmut der EMPG vom LBEG verschoben (Reststoffbehandlungsanlage: Absage des Erörterungtermins sorgt für Unverständnis) und auch der Widerspruch nach Erteilung der Genehmigung eingehend geprüft. Von unterstellter mangelnder Distanz zwischen EMPG und Genehmigungsbehörde kann objektiv betrachtet ergo keine Rede sein.

Doch das sehen die Kritiker anders. Der NDR berichtet am 04.12.2018 darüber, dass die Gegner der Anlage, zu denen auch der Botheler Samtgemeindebürgermeister Dirk Eberle (SPD) zählt, erwägen, gegen das LBEG zu klagen. Warum geht aus dem kurzen NDR-Artikel nicht hervor. Im Übrigen hielt es der NDR nicht für nötig, an selber Position, also auf seiner Online-Präsenz, die Pressemitteilung des LBEG zum Gegenstand seiner Berichterstattung zu machen. Einmal mehr ist die Information des Senders zum Themenkomplex Erdgasproduktion somit einseitig zu Gunsten der Kritiker.

 

Artikelfoto: ITAG-Bohranlage, Markus Stahmann