Bürgerinitiativen wollen gegen neues Entsorgungskonzept von Lagerstättenwasser demonstrieren

Das Thema Lagerstättenwasserversenkung beschäftigt Anti-Erdgasförderungsgruppierungen in etwa genauso wie die Anwendung der weltweit etablierten und bislang mindestens 3 Millionen Mal durchgeführten Stimulationsmethode des Hydraulic Fracturing (Fracking). Das Kuriose dabei ist, dass weder der eine noch der andere Prozess trotz jahrzehntelanger Anwendung in Deutschland zu umweltrelevanten Problemen geführt hat.

Wie auf diesen Seiten in diversen Beiträgen festgestellt und belegt werden konnte, können die im Regelfall in Bürgerinitiativen engagierten Bedenkenträger keine oder maximal dürftige Belege anführen, die ihre Ablehnung begründen. Stattdessen ist regelmäßig von Befürchtungen die Rede.

So verhält es sich offenbar auch im Zusammenhang mit der geplanten Versenkung von Lagerstättenwasser (LaWa) in das einstige Erdgasreservoir, das von der Bohrung „Völkersen-Nord Z3“ ausgefördert wurde und in das inzwischen LaWa, das sich unter dem einstigen Gasvorkommen befand, nachgerückt ist. Gegen das Versenken von LaWa in die einstige Erdgaslagerstätte regt sich im Bereich der Lagerstätte Widerstand, der von außen betrachtet absolut nicht nachvollziehbar ist. Dazu später mehr.

Bislang gibt es in Deutschland verschiedene Wege, mit dem LaWa umzugehen. All diesen Wegen ist gemeinsam, das aus der Erde (!), genauer dem tieferen Untergrund, bei der Erdöl- und Erdgasgewinnung mitgeförderte Tiefenwasser wieder in den tieferen Untergrund zu verbringen. Das geschieht folgendermaßen:

  1. Das bei der Erdölgewinnung anfallende LaWa wird wieder in die Erdöllagerstätte injiziert. Dieses Verfahren dient der Druckerhaltung und somit der Aufrechterhaltung der Förderung.
  2. Das bei der Erdgasgewinnung anfallende LaWa wird in eine ehemalige Erdöllagerstätte eingebracht. Aus Umweltschutzsicht absolut unproblematisch, da in einer ehemaligen Erdöllagerstätte sich bereits von Natur aus LaWa befindet und fördertechnisch bedingt noch 60 bis 70 Prozent (+/-) des Erdöls in der einstigen Lagerstätte vorhanden sind.
  3. Das bei der Erdgasförderung anfallende LaWa wird in Horizonte versenkt, die bereits salziges Tiefenwasser führen und nach oben durch hunderte Meter wasserundurchlässiges Gestein von flachen Süßwasserleitern isoliert sind. Diese Entsorgungsmethode ist bewährte Praxis im Rotliegend-Gasgürtel, der sich vom Nordwesten Sachsen-Anhalts bis vor die Tore Bremens erstreckt.

In diesem Gasgürtel befindet sich auch die hier betrachtete Lagerstätte „Völkersen“ bei Verden sowie mehrere weitere Vorkommen. Im westlichen Bereich des Gasgürtels wird das LaWa in den aus der Kreidezeit stammenden Kalkarenit eingebracht, der bereits mit für die Trinkwasserversorgung völlig ungeeignetem Tiefenwasser ausgefüllt ist. Dass das Versenken von LaWa in den Kalkarenit ein sicheres Verfahren ist, hat seine seit mittlerweile drei Jahrzehnten durchgeführte Anwendung bewiesen.

Für die Versenkung werden entweder nicht fündige Erdgasbohrungen verwendet, die den Kalkarenit ca. 4.000 Meter über dem eigentlichen potenziell gasführenden Rotliegendem durchteuft haben oder aber eigens in den Kalkarenit gebohrte Versenkbohrungen. Zu den letzgenannten Bohrungen zählt auch die „Völkersen H1“.

Das „H“ steht für Hilfsbohrung. Eine solche Bohrung ist folgendermaßen definiert (Quelle: Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2013):

B3 Hilfsbohrung (injection well, observation well, disposal well, etc.) Die Hilfsbohrung trägt als Einpressbohrung (zur Druckerhaltung oder zur Erhöhung des Ausbeutegrades), Beobachtungsbohrung, Schluckbohrung etc. indirekt zur Förderung des Erdöls oder des Erdgases bei. Fündige Hilfsbohrungen werden in Produktionsbohrungen umklassifiziert.

Trotz der seit vielen Millionen Jahren existierenden Isolierung nach oben gegenüber den Süßwasserleitern in Lockersedimenten des Quartär befürchten Kritiker, dass das LaWa aus diesem Horizont aufsteigt und und das zur Trinkwassergewinnung geeignete Grundwasser verseucht.

Die Begründungen muten dabei recht abenteuerlich an: Dazu zählt beispielsweise, dass das LaWa über Klüfte nach oben aufsteigt. Die Frage, die sich dabei stellt ist, warum es das Tiefenwasser über Millionen Jahre hinweg nicht geschafft hat, aufzusteigen. Sicherlich erhöht sich bei Einbringung von LaWa der Druck im Kalkarenit. Das ist bekannt weil logisch und wird auch überwacht. Aber die Druckerhöhung ist so minimal, dass der hydrostatische Druck nicht genügt, um das LaWa über fast 1.000 Meter nach oben zu drücken (dafür bedürfte es ca. 100 bar).

Der entscheidende Punkt ist aber, dass über dem Kalkarenit mächtige Tone liegen, die nicht einmal Gase hindurchwandern lassen. Doch von Fakten lassen sich Bedenkenträger nicht beeindrucken, weshalb sie einen Stop der Versenkpraxis fordern. In einem Fall haben sie ihr Ziel bereits erreicht. So wurde die Versenktätigkeit in der Bohrung „Völkersen H1“ eingestellt.

Eine Notwendigkeit für die Stillegung der „Völkersen H1“ bestand nicht, weder aus geologischen noch technischen Gründen, der damalige Betreiber RWE-DEA hat lediglich mit der Außerbetriebnahme versucht, Ruhe in die Debatte um die regionale Erdgasgewinnung zu bringen.

Denn diese hat in der Region zwei Ursachen:

  1. Im räumlich eng begrenzten Umfeld von LaWa-Leitungen sind in Bereichen, in denen die Leitungen im oberflächennahen Grundwasser lagen, grenzwertüberschreitende Konzentrationen des krebserregenden Benzols, das natürlicherweise im dortigen Erdgas enthalten ist und somit auch im LaWa, festgestellt worden.
  2. Es treten gelegentlich Erdbeben im Umfeld der Lagerstätte auf. Diese sind mit der Druckentlastung sowie der damit verbundenen (Re-)Aktivierung einer tektonischen Störung erklärbar. Dieses Phänomen ist  an einigen produktionsstarken Erdgasfeldern zu beobachten, jedoch nicht an allen. Aufgrund der ermittelten Herdtiefe von 5 Kilometern der Beben spielt die LaWa-Versenkung, die in etwa 1 Kilometer Teufe stattfindet, keine Rolle. Ebensowenig das Fracverfahren, welches in der Lagerstätte durchgeführt wurde aber allein zeitlich gesehen in keinerlei Zusammenhang mit der seismischen Aktivität steht.

Objektiv betrachtet ist keine Beeinträchtigung des zur Trinkwassernutzung geeigneten Grundwassers zu erwarten, auch keine für oberflächennahes Grundwasser, das nicht zur Trinkwassergewinnung geeignet ist, eventuell aber in der Landwirtschaft als Beregnungswasser genutzt werden könnte.

Dennoch hat sich die Förderindustrie bewegt, was z.B. die Außerbetriebnahme der „Völkersen H1“ beweist wie auch die Suche nach Alternativen zur Versenkung in den Kalkarenit, obwohl hierfür, wie die über 30-jährige sicher durchgeführte Praxis bewiesen hat, ebenfalls keine Notwendigkeit besteht. Eine dieser angedachten und von unabhängigen Wissenschaftlern bzw. Gutachtern als am praktikabelsten eingeschätzten Alternativen ist die Einbringung von Lagerstättenwasser in Zonen, wo es bereits seit zig Millionen Jahren natürlicherweise vorhanden ist. Das hat DEA am Standort „Völkersen-Nord Z3 vor und dagegen wollen die kompromisslosen BI am 9. Mai 2015 demonstrieren, wie es die „Kreiszeitung“ im Artikel „Gegen Lagerstättenwasser: Demonstration am 9. Mai“ man kann sagen regelrecht bewirbt.

Erwartungsgemäß haben laut Zitaten im Artikel die BI kaum mehr als Phrasen und Befürchtungen zu bieten, wie bereits in der Einleitung festgestellt werden kann:

„Die Energiekonzerne wollen Völkersen zum Vorreiter für unerprobte und augenscheinlich riskante Technologien machen“, beklagt Thomas Vogel.

Wie bereits erwähnt ist für die Lagerstätte „Völkersen“ die DEA verantwortlich. Somit ist das Plural „die Energiekonzerne“ schon einmal faktisch falsch. Zudem handelt es sich bei DEA auch nicht um einen Konzern, sondern, wenn überhaupt, um ein Konzernunternehmen per Definition § 18 Aktiengesetz. Viel interessanter ist aber die Einschätzung Vogels, dass es sich um eine „unerprobte und augenscheinlich riskante Technologie“ handeln solle.

Denn schließlich wird die Technologie der Lagerstättenwasserversenkung seit Jahrzehnten in verschiedenen Teufen und Gesteinen in Deutschland durchgeführt und das ohne Einwirkung auf Umwelt oder gar Grundwasser. Warum eine angedachte Versenkung in einen erheblich tieferen Horizont nun riskanter sein soll, insbesondere in Hinblick auf die unterstellte Grundwassergefährdung, ist nicht nachvollziehbar. Und was die Frage „unerprobt“ im Zusammenhang mit „Technologie“ betrifft: Mit einer Mentalität, wie sie bei BI zu verorten ist, wäre die Entwicklung der Menschheit noch vor der Nutzung des Feuers, ja sogar des Faustkeils stehengeblieben(Hierzu ein Interview zwischen „Jungle World – Die linke Wochenzeitung“ und dem Physiker sowie Kabarettisten Vince Ebert).

Richtig interessant wird es ab nächsem Zitat:

„Grundsätzlich wird bei jeder Erdgasförderung auch Lagerstättenwasser mit an die Oberfläche gefördert. Dieses salzhaltige Tiefenwasser ist häufig hoch belastet mit Giftstoffen wie Quecksilber, Benzol und oft auch radioaktiven Substanzen. Wohin aber mit diesem gefährlichen Abfall, der in Niedersachsen – Deutschlands größtem Erdgasfördergebiet – in Massen anfällt?“

Zunächst einmal ist das Tiefenwasser mitnichten „häufig hoch belastet mit Gifstoffen“. Im Gegenteil: Die genannten Stoffe treten im LaWa in äußerst geringer Konzentration auf und teilweise sind sie überhaupt nicht vorhanden. Insgesamt ist das LaWa in der Region folgendermaßen eingestuft:

  • nach Chemikalienrecht: Minimalkennzeichnung: H302 (gesundheitsschädlich bei Verschlucken)
  • nach Gefahrgutrecht: kein Gefahrgut
  • nach Wasserrecht: Wassergefährdungsklasse (WGK) 1, schwach wassergefährdend

Quelle ist die Studie „Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung der RWE Dea AG in Niedersachsen“ der bereits erwähnten Gutachter, die letztlich zur Empfehlung geführt hat, LaWa dorthin zu verfrachten, wo es eben von Natur aus vorkommt. Diese Studie kann auf Nachfrage frei bei DEA erworben werden.

Nach dieser Falschbehauptung folgt dann eine der klassischen Befürchtungen von BI, nämlich irgend etwas frei Erfundenes zu behaupten und dabei der Phantasie freien Lauf zu lassen:

„Niemand kann verlässliche Angaben darüber machen, wohin sich das verpresste giftige Lagerstättenwasser im Erdreich überhaupt bewegen wird, das dann aber für immer unkontrollierbar und nie rückholbar entsorgt wäre“, so die BI-Befürchtung. Dabei gehe es um die Lebensqualität in der Region und um das Trinkwasser für hunderttausende Menschen in Norddeutschland.

Doch! Die Natur kann verlässliche Angaben machen, denn schließlich ist, wie bereits erwähnt, seit für die Menschheit nicht zu erfassenden Zeiträumen dieses Lagerstättenwasser im Untergrund enthalten. Und es hatte bislang nicht das Bestreben, gas- und somit auch wasserundurchlässige Gesteinsschichten nach oben zu durchdringen. Es fehlen dafür allein die physikalischen Kräfte das Wasser aus fün Kilometern Tiefe in Süßwasserleiter zu drücken, erst recht nicht, nachdem durch die Erdgasförderung der lagerstättendruck erheblich abgesenkt wurde. Die Argumentation der Unkontrollierbarkeit und insbesondere Rückholbarkeit aus einem Horizont, in dem von Natur aus LaWa enthalten ist, ist absurd und letzlich nichts weiter als Panikmache!

Ebenso absurd ist eine Aussage von Herrn Vogels Mitstreiter Andreas Noltemeyer:

„Die Reinigung von Lagerstättenwasser ist möglich. Aber sie kostet Geld und schmälert den Konzerngewinn“, sagt Andreas Noltemeyer, Ortsbürgermeister der Gemeinde Völkersen.

Sicherlich ist die Reinigung des LaWa technisch möglich. Das Problem dabei ist: Sie kostet nicht nur Geld, sondern sie verbraucht nicht unbedeutende Energiemengen. So müsste z.B. das Wasser zunächst verdampft werden, um die Salze abzuscheiden. Aber auch die Abscheidung der gering konzentrierten Giftstoffe. Und all diese nun in Reinform, also nicht mehr verdünnt vorliegenden Stoffe, müssten nun auch irgendwohin verbracht werden.

Doch darauf haben die BI keine Antwort und versteigen sich in die Behauptung, die von ihnen erträumte Aufbereitung würde lediglich den „Konzerngewinn“ schmälern. Nein, sie würde die Erdgasförderung als Geschäftsfeld der vermeintlichen „Konzerne“ unrentabel machen. Und niemand betreibt ein unrentables Geschäftsfeld, mögen die übrigen noch soviel in die Kasse spülen. Schließlich geht es den „Konzernen“ doch „nur“ um Profit und dessen Maximierung. Dass behaupten die BI und in der Sache Verbündete jedenfalls regelmäßig.

Insofern ist es logisch, dass unrentable Aufbereitungs- und Entsorgungsmethoden, die zudem unter Wasser- und Umweltschutzaspekten unnötig sind, ihnen durch hohen Energieverbrauch und in Reinform vorliegenden Stoffensogar entgegenstehen, nicht in Betracht gezogen werden. Das wird durch die BI kritisiert und dabei als Beispiel die von ihnen gewünschte dezentrale Aufbereitung des LaWa, also an jedem Förderplatz, angeführt. Dabei bedeutet Dezentralität regelmäßig höheren Energiebedarf und vor allem höheren Landschaftsverbrauch.

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Aufgrund von aus Sicht des Verfassers unbegründeten Befürchtungen im Zusammenhang mit der Versenkung von LaWa hat sich die Industrie, hier konkret DEA bzw. der Vorgänger RWE-DEA auf die Bedenkenträger zubewegt. Ohne technisch und geologisch bedingte Notwendigkeit wurde die Versenkung mittels einer Bohrung eingestellt.

Darüber hinaus wurden seitens der Industrie bzw. durch sie beauftragte Gutachter Alternativen zur bislang bewährten (!) Praxis erörtert. Dabei kamen sie zum Ergebnis, dass es am sinnvollsten sei, LaWa dorthin zu verbringen, wo es von Natur aus vorkommt, nämlich in (ausgeförderte) Erdgaslagerstätten. Im Grunde der „Stein der Weisen“, jedoch nicht nach Ansicht der opponierenden Bürgerinitiativen.

Sie wünschen sich eine Umsetzung ihrer ökonomisch und ökologisch unsinnigen Umsetzung einer dezentralen Aufbereitung des mit Schadstoffen schwach belasteten Lagerstättenwassers.

Wer Interesse an der Studie „Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung der RWE Dea AG in Niedersachsen“ hat, sende bitte eine E-Mail an die im Impressum hinterlegte E-Mail-Adresse. Ich schicke dann die Bezugsquelle zurück.