Aufregung um Aufsuchungserlaubnis in der Altmark
Seit inzwischen 45 Jahren wird in der westlichen Altmark Erdgas gefördert. Zu Spitzenzeiten in den 1980er Jahren waren es jährlich ca. 12 Milliarden Kubikmeter, die aus der ca. 3,2 Kilometer tief liegenden Rotliegend-Lagerstätte gewonnen wurden. Bis Ende 2013 kamen insgesamt knapp 210 Milliarden Kubikmeter zusammen (Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2013). Nun ist dem Betreiber der Altmarklagerstätte, die GDF SUEZ E&P Deutschland GmbH (GDF Suez) eine Aufsuchungserlaubnis unmittelbar südlich des Fördergebietes erteilt worden.
Bis vor wenigen Jahren solche Erteilungen ohne großes Aufsehen über die Bühne gingen und in nicht wenigen Fällen Erlaubnisse zurückgegeben worden sind, ohne das auch nur eine einzige technische Maßnahme durchgeführt wurde.
Im Zuge der seit fast vier Jahren andauernden Diskussion um die bewährte Standardmethode Hydraulic „Fracking“ Fracturing und einer damit einhergehenden Desinformationskampagne von Bürgerinitiativen (BI) und Umweltverbänden im engen Schulterschluss mit zahlreichen Medien änderte sich das schlagartig! Aufsuchungsgebiete wurden in „Frackinggebiete“ umgedeutet. Siehe dazu “Fracking” in Dithmarschen?-Ein Paradebeispiel für die Desinformation des NDR! (Und der Bürgerinitiativen), einen der ersten Beiträge hier auf dem Blog.
Diese Deutung widerspricht in eklatanter Weise dem maßgebenden Inhalt des §7 BBergG! Doch das ficht BI und v.a. Lokalpolitiker nicht an, Aufsuchungsgebiete per se als spätere Gewinnungsgebiete anzusehen und sogar bereits über etwaige Fördertechniken bescheid zu wissen. So verhält es sich auch mit der Aufsuchungserlaubnis „Kunrau“. Das geht aus einem Artikel der Printausgabe der „Volksstimme“ vom 17.09.2014 hervor.
Dort werden Umweltpolitiker zitiert, die sich über eine Nichtbeteiligung des Landkreises Salzwedel im Rahmen der Erlaubniserteilung beschweren. Nun, liebe Umweltpolitiker: Das ist nach gegenwärtiger Gesetzeslage nicht notwendig. Und wie bereits eingangs geschrieben kann eine Aufsuchungserlaubnis ablaufen oder zurückgegeben werden, ohne das eine technische Maßnahme durchgeführt wurde. Dementsprechend zeugt eine Aussage von Ute Freisel (Fraktion Freie Liste/Grüne) von mangelnder Sachkenntnis:
Bei einem Vorhaben solchen Ausmaßes, das Wasser, Boden und Naturschutz gleichermaßen betreffe, sei es unvermeidlich, dass die Betroffenen vor Ort sich vor Ort äußern könnten.
Tatsächlich analysiert und bewertet GDF-Suez derzeit lediglich Altdaten aus Erkundungsphasen zu DDR-Zeiten. Hintergrund dieser Arbeiten, die von 2013 bis 2015 andauern sollen, ist die Vermutung, dass die Lagerstätte „Wenze“ sich weiter ausdehnt als bislang bekannt. Das geht ebenfalls aus einem zusätzlichen Beitrag in der „Volksstimme“ hervor, der die „Kleine Anfrage“ sowie die Antworten darauf von Dietmar Weihrich (Bündnis 90/Die Grünen) an die Landesregierung Sachsen-Anhalts wiedergibt.
Interessant ist hier die dritte Frage:
Gibt es bereits Informationen über den Zeitplan, nachdem das Unternehmen die vorhandenen Lagerstätten erkunden möchte?
Sehr geehrter Herr Weihrich, wenn GDF-Suez bekannt wäre, dass Lagerstätten vorhanden sind, dann müsste man diese nicht aufsuchen! In der vierten Frage ist dann Hydraulic Fracturing das Thema. Weihrich fragt, ob auch in den Altmarklagerstätten diese Verfahren angewendet wurde. Ja, wurde es! Seit 1990, also seit der politischen Wende, insgesamt 20 Mal in verschiedenen Bohrungen. Zuletzt im Dezember 2010 in der Bohrung „Mellin 20“. Umwelt- oder gar Grundwasserschäden infolge dieser Fracarbeiten sowie weiterer mind. 80 zu DDR-Zeiten sind nicht bekannt.
Doch zurück zur Aufsuchungserlaubnis „Kunrau“: Der Leiter des Kreisumweltamtes, Herbert Halbe, stellt noch einmal klar, dass zum gegenwärtigen Stand der Arbeiten das Umweltamt wenig zum Verfahren beitragen könne. Halbe wird mit folgenden Worten zitiert:
„Wir sind ja keine Geologen.“
Zudem stellt der Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Robin Baake, noch einmal klar, was sich hinter einer Aufsuchungserlaubnis eigentlich verbirgt. Zitat aus dem Artikel:
Die bergrechtliche Erlaubnis „Kunrau“ sei lediglich eine Konzession. Eine Genehmigung von Arbeiten wie Bohrungen sei damit noch nicht verbunden, …
Dennoch wollen Vertreter von BI, im konkreten Fall die „BI Kein CO2 Endlager“ über „die beabsichtigte Ausweitung der Erdgasförderung“ informieren. Informieren bedeutet dabei in diesem Zusammenhang erfahrungsgemäß eher das Gegenteil. Vielmehr sollen anhand von hypothetischen Fällen sowie von Einzelfällen Ängste geschürt werden.
Thema einer am 1. Oktober in Kusey stattfindenden Veranstaltung ist u.a. die angebliche Gefährdung des Grundwassers durch undichte Bohrungen sowie durch die Versenkung von „giftigem“ Lagerstättenwasser (LaWa). In diesem Zusammenhang frage ich mich bis heute, wer wann und wo LaWa als „giftig“ eingestuft hat. Genießbar ist dieses hochsaline Tiefenwasser sicherlich nicht. Aber „ungenießbar“ ist kein Synonym für „giftig“.
Die angesprochenen hypothetischen Fälle sind die Verschmutzung des Grundwassers durch sowohl undichte Bohrungen als auch der LaWa-Versenkung. Solche Fälle hat es trotz tausender Bohrungen auf Erdöl und Erdgas in Deutschland sowie zahlreicher Versenkbohrungen für LaWa in keinem einzigen Fall gegeben. Allein in der Altmark gab es zu Spitzenzeiten über 300 Fördersonden und 12 Versenkbohrungen, ohne das es zu einer Verschmutzung des Grundwassers kam und das bei den erheblich laxeren Sicherheitsvorkehrungen zu DDR-Zeiten.
Schützenhilfe für die Desinformationsveranstaltung zur Verunsicherung der Anwohner holt sich die „BI Kein CO2 Endlager“ von außerhalb. Es sind zum einen die Gebrüder Gerd und Gero Landzettel von der „BI No Fracking“ aus dem niedersächsischen Völkersen sowie Andy Gheorghiu von der „BI Frackingfreies Hessen“.
Die Landzettels sollen über die „Gefahren“ der ganz normalen Erdgasförderung sprechen, also über die völlig überzogen kommunizierten Vorkommnisse im Bereich der Lagerstätte „Völkersen“. Tatsächlich kam es dort am inzwischen rückgebauten LaWa-Leitungssystem zu räumlich eng begrenzten Benzolkontaminationen im oberflächennahen und somit nicht zur Trinkwassergewinnung geeigneten Grundwasserkörpers. Meines Wissens enthält das altmärkische Erdgas und somit das LaWa keine höheren Kohlenwasserstoffe und somit auch kein Benzol. Damit ist ein direkter Vergleich mit „Völkersen“, zumal die dortigen Probleme beseitigt sind, nicht möglich.
Gheorghiu soll über die rechtlichen Möglichkeiten gegen Erdgasvorhaben referieren. Vermutlich bildet sich die dortige „BI Frackingfreies Hessen“ ein, dass der Rückzug der Klage von BNK Petroleum (BNK) gegen das vermutlich widerrechtliche Versagen der beantragten Aufsuchungserlaubniserteilung „Falke South“ seitens der hessischen Landesregierung dem Widerstand der BI zu verdanken ist.
Tatsächlich verhält es sich aber offenbar so, dass BNK kein Potenzial für Kohlenwasserstoffe in Nordhessen sieht. Das Unternehmen hat mehrere Aufsuchungserlaubnisse für Kohlenwasserstoffe in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie Nordrhein-Westfalen zugesprochen bekommen und diese inzwischen nach Altdatenauswertung zurückgegeben, ohne auch nur eine einzige Maßnahme durchzuführen. Das ist wenig verwunderlich, da sich die Erlaubnisse fast ausschließlich in Gebieten befanden, die laut der Fachbehörde, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, kein Schiefergaspotenzial aufweisen.
Und so kann es sein, dass auch in der südwestlichen Altmark die Aufsuchungserlaubnis vom Lizenzinhaber GDF-Suez zurückgegeben wird, weil die Auswertung der Daten ergibt, dass mit einem zusätzlichen Erdgaspotenzial nicht zu rechnen ist. Das sollten sich die BI vergegenwärtigen, bevor sie unbedarfte aber interessierte Teile der Bevölkerung mit vermeintlichem Fachwissen auf „Infoveranstaltungen“ verunsichern.
Vielen Dank an D. U. Merten für die Zurverfügungstellung der „Volksstimme“-Artikel.