Der NDR und sein gestörtes Verhältnis zum Hydraulic Fracturing

Schon häufig war hier die voreingenommene Berichterstattung des NDR zur inländischen Erdgasförderung im Allgemeinen und zum Standardverfahren Hydraulic „Fracking“ Fracturing im Speziellen ein Thema. Doch am 26.02.2014 wurde mit einem Beitrag der Bogen komplett überspannt. Dieser ist durch mehrere Falschaussagen gekennzeichnet.

Das beginnt bereits mit der Überschrift:

Erdgas-Förderer drohen mit Investitions-Stopp

Dabei wird sich auf das Jahrespressegespräch des Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.(WEG), abschätzig als „Lobbyverband“ bezeichnet, bezogen. Tatsächlich ist der Pressemitteilung des WEG das genaue Gegenteil zu entnehmen:

Unsere Industrie steht bereit, in die Zukunft des Landes zu investieren und damit einen wichtigen Beitrag für die sichere Energieversorgung zu leisten.

Weiterhin schreibt der NDR, dass die Industrie die Politik „beschuldige“, die Förderung aus einheimischen Lagerstätten auszubremsen. Das negativ belegte Wort „beschuldigen“ ist überzogen, unterstreicht aber die Haltung des NDR. Vielmehr kritisiert der WEG die Blockade der Politik von Investitionen und warnt vor dem Verlust von bis zu 20.000 Arbeitsplätzen:

Eine Fortsetzung dieser Blockade gefährdet nicht nur Investitionen, sondern damit auch die Arbeitsplätze von fast 20.000 Menschen, die von dieser Industrie leben

Da für die Erschließung bekannter und insbesondere neuer Lagerstätten auch Hydraulic Fracturing angewendet muss, wie bereits zwischen 1961 bis 2011  gang undgäbe, wird auch dieses Standardverfahren im NDR-Beitrag erwähnt. Wie selbstverständlich mit dem Standardsatz:

Umweltschützer befürchten, dass durch das Verfahren das Trinkwasser verseucht werden könnte.

Nur steht diese Aussage auf tönernen Füßen, denn nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist in Deutschland kein einziger Fall einer Grundwasserverschmutzung durch Fracmaßnahmen erfolgt und der Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler schätzt das Risiko als sehr gering ein:

Die Hauptargumente der Fracking-Kritiker, die Verunreinigung des Trinkwassers […] haben nach Auffassung des BDG wenig Bestand: Seit diese Technik in Deutschland eingesetzt wird, ist kein einziger Fall einer Grundwasserverunreinigung durch Fracking aufgetreten […]

Leider werden solche Erkenntnisse der breiten Öffentlichkeit vorenthalten, obwohl der NDR auf diese Aussage in Form von Kommentaren zu entsprechenden Beiträgen mehrmals aufmerksam gemacht worden ist.

Im nächsten Abschnitt wird dann auf das Entgegenkommen seitens der Industrie bezüglich noch strengerer Umweltauflagen eingegangen. Nicht jedoch ohne die Industrie als politikbeeinflussenden Forderer darzustellen:

Außerdem will die Industrie der Politik das Versprechen abringen, auch das aus den USA bekannte und scharf kritisierte Schiefergas-Fracking zumindest in Pilotprojekten auszuprobieren.

Davon ist zumindest nichts in der Pressemitteilung des WEG zu lesen. Und selbst wenn, würde die Industrie nur das einfordern, was verschiedene, u.a. steuerfinanzierte Studien, empfohlen haben: Z.B. ein schrittweises Vorgehen zur Datengewinnung (Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes, Kurzfassung). Die für Rohstoffragen und dem Bundeswirtschaftsministerium direkt unterstellte Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sieht in ihrer Studie zur „Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland“ hingegen keine großen Unterschiede gegenüber herkömmlicher Erdgasförderung. Letzten Endes können in logischer Konsequenz die offenen Fragen nur durch Pilotprojekte abschließend geklärt werden.

Leider wird die Studie der Fachbehörde BGR seitens der Politik und erst Recht seitens der Öffentlichkeit weitestgehend ignoriert. Dabei wird sich stets auf die UBA-Auftragsstudie, die an Firmen vergeben wurde, deren Kompetenz nicht in der Kohlenwasserstoffgeologie  zu verorten ist, berufen. Letztere Studie wurde wegen geowissenschaftlicher Defizite, die zu einer Überschätzung potenzieller Riskiken führte, von der BGR sowie den Staatlichen Geologischen Diensten kritisiert, was wiederum völlig von der Öffentlichkeit und der Politik ignoriert wurde. Fachlich fundierte Expertisen scheinen in diesem Land nicht mehr erwünscht zu sein.

Wie gesagt, die Industrie fordert in ihrer Pressemitteilung nicht Pilotprojekte, sondern einen verlässlichen Rechtsrahmen:

Was fehlt, sind verlässliche Rahmenbedingungen, die alle Anforderungen hinsichtlich Umweltschutz, Bürgerinteressen und Rohstoffversorgung gleichrangig berücksichtigen. Der WEG fordert die Bundesregierung auf, den Gesetzgebungsprozess wieder aufzunehmen und praktikable Regelungen zu schaffen, die eine wirtschaftlich und ökologisch verantwortungsvolle Förderung in Deutschland weiter ermöglichen.

Außerdem ging der NDR noch auf die angebliche Ablehnung des ExxonMobil-CEO Rex Tillerson ein, die in mehreren deutschen Medien thematisiert wurde. Liest man sich die jeweiligen Artikel durch, wird schnell klar, dass Tillerson sich gegen einen ca. 50 Meter hohen Wasserturm in der Nähe seines Anwesens zur Wehr setzt. Dass er sich gegen „Fracking“ ausspricht, wie es allen Schlagzeilen zu entnehmen ist, wird damit „begründet“, dass in dem Gebäude Wasser für Fracarbeiten zwischengespeichert werden soll.

Allerdings ist in einem Artikel bei FAZonline zu lesen:

Wie das „Wall Street Journal“ schrieb, sind im seit dem Jahr 2007 im Umkreis von Tillersons Anwesen mindestens neun Fracking-Bohrstellen entstanden.

Tillerson lebt seit 2001 auf dem Grundstück und hat offensichtlich kein Problem damit gehabt, dass um ihn herum Schiefergas mit Hilfe des Fracverfahrens erschlossen wurde. Das bestätigt auch ein Artikel des star-telegram:

According to Texas Railroad Commission records, about a dozen gas wells are within a mile of Tillerson’s ranch.

Es ist also nicht wahr, dass Tillerson etwas gegen Hydraulic Fracturing oder Erdgasförderung in seiner Nähe hat, sondern er und weitere Personen stören sich an einem großen Bauwerk, wie viele andere Menschen auf der Welt auch. Die Teilüberschrift

ExxonMobil-Chef lehnt Fracking in seinem Heimatort ab

ist also eine gut in die voreingenommene Berichterstattung des NDR passende Falschinformation infolge ungeprüfter Übernahme anderer Medienartikel.

Außerdem ist dem Artikel noch ein Video beigefügt, dass mit

Erdgas-Branche droht mit Kurzarbeit

überschrieben ist. Tatsächlich heißt es zum Ende des Beitrages, dass dem Bohrunternehmen ITAG aus Celle in diesem Jahr wegen mangelnder Auslastung Kurzarbeit droht. Also wieder eine Verdrehung der Fakten um 180°!

Der NDR hat es erneut geschafft, mit Aussagen, die den Tatsachen diametral gegenüber stehen, einer breiteren Öffentlichkeit als Fakten zu verkaufen. Dabei fällt auf, dass sämtliche dieser Aussagen zu Ungunsten der Industrie ausfallen, so dass nicht von einem Versehen ausgegangen werden kann, sondern von bewusster Stimmungsmache gegen einen wichtigen Industriezweig.