DIHK fordert sachliche „Fracking“-Debatte
Hydraulic Fracturing, heutzutage als „Fracking“ allgemein bekannt, ist eine vor 65 Jahren patentierte Methode, um durch Druckübertragung mittels einer Flüssigkeit (Hydraulik) künstliche Risse (engl. fractures) im Gestein zu erzeugen. Dadurch wird die Durchlässigkeit des Gesteins erhöht, so dass Erdöl, Erdgas oder Wasser besser durch die Formation strömen kann.
Doch „Fracking“ ist seit dem Erscheinen des dem Mockumentary-Genre zuzuordnenden Filmes „Gasland“ im Jahr 2010, ein Reizwort. Besser gesagt mit dem Erscheinen des Films. Denn obwohl Hydraulic Fracturing bis dahin in Deutschland in Erdgaslagerstätten bereits seit fast 50 Jahren eingesetzt wurde, war der Begriff „Fracking“ in der Fachwelt unbekannt und es war auch relativ unbekannt, dass das Verfahren in Deutschland überhaupt angewendet wird, obwohl zumindest die unmittelbaren Anwohner darüber informiert worden sind, wie z.B. dieser Presseartikel vom 13.12.2007 belegt.
Doch aufgeschreckt durch „Gasland“, dessen Macher in einem Interview längst eingestand, die Zuschauer getäuscht zu haben, und TV-Reportagen, die unkritisch das Dargestellte verbreiteten, erfuhr eine breite Öffentlichkeit von dem Verfahren und der angeblichen zwangsläufigen Umweltbeeinträchtigung. Diese Darstellung der Beeinträchtigungen fiel insbesondere in Deutschland auf fruchtbaren Boden und wurde unkritisch für bare Münze genommen. Schnell verlagerte sich die Debatte auf die emotionale Ebene und sachorientierte Argumente wurden und werden von der breiten Öffentlichkeit weitestgehend ignoriert. Insbesondere den öffentlich-rechtlichen Medien kann, von Ausnahmen abgesehen, eine bewusste Ignoranz vorgeworfen werden.
Anders verhält es sich beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Dieser veröffentlichte vor wenigen Tagen eine Stellungnahme zur Thematik Hydraulic Fracturing allgemein und zur Schiefergasförderung, in den Medien häufig fälschlicherweise mit „Fracking“ synonymisiert, im Speziellen. Während sich durch die Medien fast ausschließlich auf die zwei Auftragssstudien des Umweltbundesamtes (UBA) bzw. deren Interpretationen des Auftraggebers UBA beziehen, beruft sich der DIHK lobenswerter Weise zudem auf Aussagen der für Fragen für Geowissenschaften und Rohstoffe zuständigen Fachbehörde, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).
Anders als die meisten Medien, die in Bezug auf die Ressourcenabschätzung der BGR hinsichtlich des Schiefergaspotenzials behaupten, diese würden nur für ca. 10-15 Jahre reichen (es wird der inländische Verbrauch von 90 Mrd. m³/a den Ressourcen von 1.300 Mrd. m³ gegenübergestellt), betrachtet der DIHK das sachorientiert:
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) schätzt das Erdgaspotenzial in diesen Lagerstätten auf 1.300 Milliarden Kubikmeter. Würde dieses Potenzial vollständig genutzt, könnten wir unseren Eigenversorgungsanteil für weitere 130 Jahre aufrechterhalten.
Bezogen ist die Zahl von 130 Jahren auf den gegenwärtigen Eigenversorgungsanteil von 10 Prozent. Aber selbst bei 20 Prozent Eigenversorgung, wie noch vor 10 Jahren, wären dies immernoch 65 Jahre. Zum Vergleich: Seit Beginn der Erdgasgewinnung im eigenen Land im großen Stil vor 45 Jahren wurden bisher ca 1.000 Mrd. m³ Erdgas zutage gefördert. Weniger als das gemittelte geschätzte Potenzial von 1.300 Mrd. m³ unter der vorsichtigen Annahme von einer 10-prozentigen Gewinnbarkeit des vorhandenen Gasinhalts der potenziellen Speichergesteine.
Der DIHK führt weiter aus, dass das Potenzial nicht etwa aufgrund von technischen Hemmnissen derzeit nicht als förderbar angesehen wird, sondern aufgrund der durch „Gasland“ und Medien erhitzten Gemüter. Trotz dessen:
Gern wird in der Diskussion ausgeblendet, dass Fracking in Deutschland bei konventionellen Lagerstätten hundertfach angewendet worden ist, ohne dass Probleme oder gar eine Gefährdung von Mensch und Umwelt entstanden wären.
Das ist keine Erfindung des DIHK, sondern wird sogar vom schleswig-holsteinischen Umweltministerium, geleitet durch den bekennenden „Fracking“-Gegner Robert Habeck (B’90/Grüne) bestätigt:
4. Gab es in der Vergangenheit Fracking-Maßnahmen in Schleswig-Holstein ?
Ja, es gab mehrere Bohrungen mit dem Einsatz der Fracking-Methode. Diese Bohrungen fanden zwischen 1955 und 1994 überwiegend im Kreis Plön statt. Es gibt keine Hinweise, dass die Maßnahmen in dem betroffenen Gebiet zu schädlichen Umweltauswirkungen geführt haben.
Im weiteren Verlauf der Stellungnahme geht der DIHK auf das vom UBA dank Fehlinterpretation der hauseigenen Auftragsstudie geforderte Verbot der Anwendung des Verfahrens in Schiefergas- sowie Kohleflözgaslagerstätten ein. Der Abschnitt wird erfreulicherweise mit einem Konter in Form eines Zitates des BGR-Präsidenten Kümpel abgeschlossen:
„Die Ängste sind größtenteils unbegründet.“
Zudem wären pauschale Aussagen zu angeblichen Risiken der Standardtechnologie nicht sachgerecht und pauschale Verbote gingen an der Sache vorbei. Insbesondere auf die unterstellte Grundwassergefährdung wird eingegangen und sich dabei auf die Ansicht des geologischen Statsdienstes BGR bezogen:
Kann das Risiko einer Verunreinigung von Grundwasser durch ein unkontrolliertes Ausbreiten des Frackwassers in tiefen Gesteinsschichten ausgeschlossen werden? Die BGR sagt: Ja, in vielen Regionen vor allem im Norden Deutschlands können wir das ausschließen.
Abschließend stellt der DIHK heraus, dass es ihm nicht ausschließlich um den Erhalt von 10.000 Arbeitsplätzen geht. Es ist auch nicht so, dass der Export deutscher Bergbautechnologie im Fokus steht. Dem DIHK geht vor allem um eines:
Es geht vor allem um eine grundsätzliche Technologieoffenheit im Interesse der wirtschaftlichen Weiterentwicklung unseres Landes. Gleichzeitig darf kein Zweifel daran gelassen werden, dass wichtige Belange, wie die Reinheit des Trinkwassers, Beachtung finden müssen. Eine pauschale Ablehnung von Fracking erscheint aber fehl am Platz. Es bedarf vielmehr eines genauen Hinschauens mit viel Sachlichkeit.
Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass das Risiko der angeblichen Trinkwasserkontamination nach Ansicht des Verfassers zu sehr in den Mittelpunkt gerückt wird.
Schade, dass sich ansonsten kaum eine Institution, insbesondere die Politik, auf sachlicher Ebene mit dem Thema befasst.