Geologische Dienste fordern nach jahrelanger Ignoranz durch Politik und Medien stärkere Beteiligung in „Fracking“-Debatte

Blickt man auf die Debatte um das Hydraulic „Fracking“ Fracturing in Politik, Medien und Gesellschaft der vergangenen vier Jahre zurück, fällt auf, dass die für Rohstofffragen und Geologie zuständigen Fachbehörden in Bund und Ländern wenig beachtet und deren Expertise in die Debatte kaum einbezogen wurde. Die öffentliche Wahrnehmung dominierte eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) bzw. die Interpretation des Auftraggebers.

Dementsprechend fand z.B. die bereits im Sommer 2012 publizierte Studie „Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland“ der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Auftrag der Bundesregierung quasi keinerlei Beachtung seitens der Medien. Erkenntnisse aus dieser Arbeit wurden sogar dem UBA zugeschrieben, welches lediglich die BGR-Studie zitierte.

Erst als die Auftragsstudie des UBA aufgrund handwerklicher Fehler zunächst von der BGR kritisiert wurde (Stellungnahme der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zum Gutachten des Umweltbundesamtes (UBA)), beachteten die Medien überhaupt erst die Expertise der Fachbehörde. Allerdings wurde die Kritik und die darauf folgende Replik des UBA durch die Medien als „Behördenstreit“ abgetan (z.B. Fracking: Bundesbehörden streiten über Gasförderung, SpiegelOnline).

Später folgte zusammen mit den Staatlichen Geologischen Diensten der Länder eine weitere kritische Betrachtung der bis dato in Deutschland angefertigten „Fracking“-Risikostudien im Auftrag des UBA, der Nordrhein-Westfälischen Landesregierung sowie im Auftrag von ExxonMobil (Stellungnahme der Staatlichen Geologischen Dienste zu den „Fracking-Studien“). Diese Stellungnahme, die insbesondere die UBA-Auftragsstudie deutlich kritisierte, wurde dann von den Medien überhaupt nicht thematisiert und somit der Öffentlichkeit vorenthalten. Über das „Warum?“ der öffentlichen Nichtthematisierung kann nur spekuliert werden. Doch vor wenigen Wochen wendete sich das Blatt überraschend und plötzlich!

Es begann vermutlich mit einem Interview im Handelsblatt. Befragt wurde Prof. Hans-Joachim Kümpel, Präsident der BGR. Dieses Interview wurde in einem online abrufbaren Artikel des Handelsblattes vom 31.07.2014 zusammengefasst wiedergegeben. Kümpel sieht demnach die Skepsis gegenüber dem Standardverfahren als unbegründet an:

„Aus geowissenschaftlicher Sicht ist die Skepsis unbegründet. Das gilt zumindest dann, wenn man beim Fracking die erforderliche Sorgfalt walten lässt“

Damit widersprach er aber nicht nur den „Fracking“-Gegnern sondern auch seinen Kollegen vom UBA. Diese Behörde hat in Person der Präsidentin Maria Krautzberger (SPD) „Fracking“ als „Risikotechnologie“ bezecihnet, und zwar im Rahmen einer Pressekonferenz sowie einer Pressemitteilung (PM) zur Veröffentlichung des 2. Teils einer „Fracking“-Risikostudie.

Den Widerspruch Kümpels registrierte im Gegensatz  zum  Widerspruch der BGR und der SGD gegenüber dem ersten UBA-Gutachten offenbar der NDR. Diese Sendeanstalt fiel in der Vergangenheit vor allem durch eine Berichterstattung auf, die einen eindeutigen voreingenommenen negativen Tenor bezüglich des Hydraulic „Fracking“ Fracturing im Speziellen und der Erdgasgewinnung in Niedersachsen im Allgemeinen erkennen ließ. Teilweise wurden sogar offizielle Pressemitteilungen des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) vollkommen falsch, teils sogar das Gegenteil behauptend, wiedergegeben.

Doch offenbar gibt es doch noch aufmerksame Journalisten, die die Studie mit der Interpretation von Frau Krautzberger abgeglichen haben und den Widerspruch zwischen den Handlungsempfehlungen der Gutachter und den Aussagen der UBA-Präsidentin erkannt haben.

Schließlich wurde am 2. September im Rahmen der Sendung „panorama 3“ ein Beitrag mit dem Titel Das schlechte Image von Fracking ausgestrahlt. Man ahnte nichts Gutes aufgrund der Erfahrungen mit dem NDR. Doch Überraschung! Die ablehnende Haltung breiter Bevölkerungskreise gegenüber dem Standardverfahren Hydraulic Fracturing wurde kritisch hinterfragt.

Kurz nach Ausstrahlung des Beitrages folgte in der ARD-Sendung „Panorama“ ein weiterer mit dem Titel Brennende Wasserhähne: Wie gefährlich ist Fracking? Dieser war gegenüber dem beim NDR ausgestrahlten leicht modifiziert, aber inhaltlich im wesentlichen deckungsgleich. Beide Beiträge riefen gleichermaßen die „Fracking“-Gegner auf den Plan, die sofort anfingen, Gift und Galle zu speien (siehe Kommentare zu den Beiträgen).  Die Autoren entgegneten dann auf die teilweise absolut niveaulosen Reaktionen der „Fracking“-Gegner in einem Interview:

„Die Wucht der Vorwürfe hat uns überrascht“

Es folgte dann noch ein halbstündiger ergänzender Beitrag: Panorama – die Reporter Angst vor Fracking Hier waren zusätzlich noch Szenen aus den USA zu sehen, u.a. aus der Stadt Dimmock in Pennsylvania, die laut „Fracking“-Gegnern aufgrund der Erdgasgewinnung mehr oder weniger wüst gefallen sein soll. Den Reportern bot sich aber ein ganz anderes Bild.

Panorama und der "Brennende Wasserhahn". Screenshot aus der Mediathek

Panorama und der „Brennende Wasserhahn“. Screenshot aus der Mediathek

„Panorama“ ließ sich dankenswerter Weise von den Pöbeleien, Boshaftigkeiten sowie Verleumdungen der „Fracking“-Gegner nicht beirren und blieb bezüglich des Themas am Ball, was wiederum in diesen Beitrag mündete: Fracking: Die Angst der Politik vorm Bürger  Dieser Beitrag ist eine Folge der vorangegangenen, bei denen sich bereits abzeichnete, dass die Politik die Ergebnisse der von ihr in Auftrag gegebenen Studien ignoriert bzw. im Fall des UBA sogar umgedeutet hatte.

Das ist an sich ein politischer Skandal und dafür ist investigativer Journalismus da, solche Skandale zu thematisieren und einem breiten Publikum darzulegen. Man stelle sich vor, es wäre umgekehrt gewesen und die Politik hätte eine gegenüber dem Verfahren vernichtende Einschätzung ins positive Licht gerückt…

Aufgrund der Reaktionen auf die Berichterstattung in den „Panorama“-Formaten sah sich die Redaktion offensichtlich veranlasst, auf die Pressemitteilung der sogenannten „Kopenhagener Erklärung“ zu verweisen bzw. darüber zu berichten: Geologen: Politik ignoriert Fracking-Sachverstand . In der Erklärung zur „Bereitstellung von Daten für nationale Schiefergasbewertungen“ kritisieren die Geologischen Dienste die geringe Beachtung oder gar die Ignoranz wissenschaftlicher Ergebnisse und Schlussfolgerungen in der Berichterstattung.

In der Pressemitteilung der BGR zu „Kopenhagener Erklärung“ wird der BGR-Präsident Kümpel mehrfach zitiert:

„Häufig werden Gefahren heraufbeschworen, die gar keine sind. Beim Fracking zur Förderung von Erdgas gibt es weit verbreitete Ängste in der Bevölkerung, die aus geowissenschaftlicher Sicht größtenteils unbegründet sind“

Er verweist dabei u.a. auf die jahrzehntelangen positiven Erfahrungen der Fractechnologie, wie sie allein im Zusammenhang mit der Erdgasförderung mehrere hundert Mal in Deutschland seit 1961 angewendet wurde und führt fort:

„Wenn Kritiker im Zusammenhang mit Fracking von einer unbeherrschbaren Hochrisikotechnologie sprechen, so ist dies unter wissenschaftlichen Kriterien einfach falsch“

Er betont abschließend im Einklang mit seinen Kollegen aus England, Nordirland, Irland, Norwegen, Dänemark, Island und den Niederlanden:

„Um Chancen und Risiken richtig beurteilen zu können, ist der Sachverstand von uns Geowissenschaftlern notwendig.“

Und dieses Statement sollte sich die Politik, angefangen auf der kommunalen Ebene bishin zur Bundesregierung, zu Herzen nehmen.

Es ist zwar richtig, dass in einer Demokratie das Volk die Entscheidungsmacht haben sollte und das auch bei kontroversen Themen. Es hat aber wenig mit Demokratie zu tun, wenn eine kleine lautstarke, gut organisierte Minderheit für sich beansprucht, die Stimme des Volkes zu sein, nur weil sie bis Anfang September nahezu alle großen meinungsbildenden Medien auf ihrer Seite hatte.

Die Reaktionen auf die Berichte der „Panorama“-Formate der selbsternannten „Anti-Fracking-Bewegung“ sollten Mahnung genug sein, dass es sich nicht um tolerante Demokraten handelt, sondern um Ideologen, die keine abweichende Meinung oder gar fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse, die ihren Ansichten widersprechen, zulassen. Ein solches Verhalten ist kein Charakteristikum demokratischer Gesellschaften sondern ein Kennzeichen totalitärer Systeme.

2 Kommentare zu Geologische Dienste fordern nach jahrelanger Ignoranz durch Politik und Medien stärkere Beteiligung in „Fracking“-Debatte

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Die „Anti-Fracking Bewegung“ liegt zwar in der Sache völlig daneben, macht aber ihre „Arbeit“ – aus Ihrer eigenen Sicht – bisher gut. Eine Handvoll Fanatiker treibt die Medien, die Öffentlichkeit und die Politiker vor sich her.

    Angst ist dabei ein wichtiges Element.

    Die Ergebnisse dieser Kampagne lassen sich mittlerweile (teilweise) schon an den sinkenden Fördermengen bei Erdgas erkennen. Alle diejenigen, welche nicht mit der Angstmasche und mit der Wirklichkeit sowie Sachargumenten arbeiten, haben es da naturgemäß schwerer.

    Das Beispiel der „Anti-Fracking Bewegung“ zeigt, dass politische Entscheidungsprozesse mittlerweile auch von medial-aktiven Minibewegungen dominiert werden können.

    Wir sollten aufpassen…

    1. Holger sagt:

      Die gesättigte, alternde Gesellschaft Deutschlands ist eben sehr empfänglich für den Ökoglauben.

      Das Christentum hat sich Ende der 60er Jahre satt von nicht endenden Kirchensteuern von den Menschen des Landes zurückgezogen. Die Ökoreligion füllt das Vakuum an Spiritualität. So glauben die Menschen an Biofutter, gräusliche Genkreaturen, dämonische Atomstrahlen und giftiges Brunnenwasser durch Fracking.

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