Historische Bohrschlammgruben Teil II: Können alle Eigentümer mit Bohrschlammgruben auf ihren Grundstücken sicher sein, dass Sanierungskosten nur von Unternehmen getragen werden?

von Diplom-Geologe Dirk Weißenborn

Hinter der Debatte um Bohrschlammgruben steht nicht nur die Sorge um die Schutzgüter, vor allem das Grundwasser, sondern ganz besonders auch die Frage, wer im Falle einer behördlichen Anordnung für die Sanierung aufkommen muss.

Unter dem Video des NDR Beitrags „Noch mehr giftiger Schlamm in Niedersachsen?“ ist zu lesen:

Wer muss für Sanierung zahlen?

Zumindest das Grundwasser im Umfeld der Gruben muss nach Meinung von Umweltexperten analysiert werden. Laut Gesetz müssen Verursacher und Grundstückseigentümer für die Sanierungskosten aufkommen. Als Besitzer betroffene Landwirte müssen nun in ihren Verträgen die Entsorgungsfrage überprüfen.

Sanierung einer altmärkischen Bohrschlammgrube aus der Luft betrachtet. Standord Erdgasbohrung PES 250 bei Niephagen.  Quelle: GoogleMaps

Sanierung einer altmärkischen Bohrschlammgrube aus der Luft betrachtet. Standort Erdgasbohrung PES 250 bei Niephagen.
Quelle: GoogleMaps

Eine interessante Passage! Hier ist auch von der Verantwortung der Grundstückseigentümer die Rede. Da zahlreiche damalige Grundeigentümer den Bohrungen zugestimmt und dafür auch finanzielle Leistungen erhalten haben, sind diese ebenso als „Verursacher“ anzusehen, wie die damals auf ihren Grundstücken tätigen Unternehmen.

Angenommen, es ließe sich kein Rechtsnachfolger eines damals tätigen Unternehmens mehr finden, kämen bei eindeutig nachgewiesener Beeinträchtigung des Grundwassers die Folgerungen aus dem Bundesbodenschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz sowie weiterer gesetzlicher Regelwerke im Zuge der Gefahrenabwehr zur Anwendung.

Im Klartext: Behördliche Anordnung zur Sanierung an den heutigen Grundstückseigentümer. Das kann sehr teuer werden, vor allem wenn kein Rechtsnachfolger einer ehemals explorierenden Gesellschaft mehr aufzufinden sein sollte.

Der letzte Satz des Zitates gibt Anlass zu weiteren Überlegungen:

Als Besitzer betroffene Landwirte müssen nun in ihren Verträgen die Entsorgungsfrage überprüfen.

Stand in den damaligen Verträgen überhaupt etwas zur Entsorgungsfrage drin? Immerhin wurde der Entsorgung problematischer Abfälle aus der Erdöl- und Erdgasgewinnung in Zeiten vor ca.1970 wesentlich geringere Bedeutung zugemessen als heutzutage. Die allererste neuere Umweltschutzgesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland (alt) datiert auf das Jahr 1968. Es handelte sich um das Altölgesetz, welches die Verbringung von Motorenöl regelte. Damit endeten die Zeiten, in denen der Besitzer eines Automobils sein Altöl durch einfaches Öffnen der Ölablassschraube irgendwo in der Landschaft entsorgen durfte.

Diese Zeiten waren die gleichen, während denen legal auch ölbelastete Bohrschlämme in ungesicherten Gruben abgelagert wurden.

Im zitierten Satz ist ausdrücklich von Landwirten die Rede. Nun, besagter Herr Rahjens (siehe Teil I) soll ja auch Landwirt sein. Wir wollen hoffen, dass auch er in seine Verträge geschaut hat, sofern sich auf seinem Grund eine weitere Bohrschlammgrube aus alten Zeiten befinden sollte.

Ob jedoch alle Landwirte und darüber hinaus sämtliche weiteren betroffenen Grundeigentümer von der durch Herrn Rahtjens und Frau Maaß angestoßenen Diskussion sowie den eventuell daraus erwachsenden finanziell katastrophalen Folgen begeistert sein werden, bleibt abzuwarten. Der nachfolgenden Berichterstattung war zu entnehmen, eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Niedersächsischen Wirtschaftsministeriums, des Niedersächsischen Umweltministeriums und des LBEG sei dabei, Erkenntnisse über tausende von Bohrschlammgruben im Lande zusammen zu stellen. Ziel dürfte es sein, vorrangig solche Schlammgruben einer Untersuchung zu unterziehen, von denen nach Akten- und Zeugenaussagenlage die schwerwiegendsten (aktuellen) Umweltbeeinträchtigungen zu erwarten sind. Die Wasser- und Bodenbehörden der betroffenen Landkreise sollen diese Arbeiten durch geeignete Informationen unterstützen.

Der erste Bericht dieser Expertengruppe ist für das Frühjahr 2015 angekündigt. Bei der dürftigen personellen Ausstattung des Landesbergamts ist allerdings zu bezweifeln, ob die Aktenrecherche vom vorhandenen Personal überhaupt ausreichend schnell bewerkstelligt werden kann.

Das Land Niedersachsen könnte mit befristeten Einstellungen geeigneter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den gesamten Prozess beschleunigen. Das würde der Rechtssicherheit für Bürger und Unternehmen zugute kommen. Immerhin genießt die Angelegenheit hohe politische Aufmerksamkeit bei der Niedersächsischen Landesregierung. Auf keinen Fall sollte die historische Recherche von fachlich für diese Aufgaben ungeeigneten Mitarbeitern sonstiger Behörden erledigt werden, nur um den Landeshaushalt zu entlasten und sich um die Einstellung fähiger Mitarbeiter herumzumogeln.

Nur fähiges Personal und beratungsoffene Politiker können unsinnige Arbeiten in einigen Bereichen des Landes von vorn herein verhindern. Die Bohrschlammgrube einer nichtfündigen und ohne Spülungskreislauf betriebenen Erdölbohrung aus der Zeit um 1900 dürfte hinsichtlich Altlasten äußerst uninteressant sein.

Im nächsten Teil soll die Thematik der Bohrschlammkuhlen am konkreten Beispiel eines alten Ölfelds vertieft werden.