NDR-„Markt“ desinformierte erneut Zuschauer über Bohrschlamm

Mitte Juli setzte der NDR seine Skandalisierungsberichterstattung zum Thema Bohrschlamm mit einer weiteren „Reportage“ fort. Bereits der Vorabbericht bei NDRonline führte zu kritischen Kommentaren. Schließlich wurden  dramatisierende Begriffe wie „giftig“ oder „krebserregend“ verwendet, konkrete Nachweise in Form von Bezeichnung der Stoffe oder deren Konzentration unterblieben. Nun zeigt sich, dass die Kritik berechtigt war.

Rückschau zum Etzeler Bohrschlamm-Bericht

Bohrschlammgrube II

Aus historischen Bohrschlammgruben haben sich ohne menschliches Zutun wertvolle Feuchtbiotope entwickelt. Quelle: Tafel Öl-Radwanderroute in der Grafschaft Bentheim.

Neben den in der Einleitung genannten Kritikpunkten ergaben sich im Zuge des Filmberichtes weitere. So war wieder einmal Herr Andreas Rathjens, bekannt aus zahlreichen anderen Berichten zum Thema Bohrschlamm, als Ankläger zu sehen. Dabei mimte er die Rolle als besorgter Landwirt. Ohne Kenntnis etwaiger Schadstoffe zeichnete er ein dramatisches Szenario der Vergiftung von Mensch und Tier über den Wirkungspfad Pflanze-Konsument. Warum Rathjens, der in der Region nicht wohnhaft ist, überhaupt in dem Beitrag auftaucht, ist erstaunlich. Dass Rathjens Mitglied einer Bürgerinitiative (BI) ist, die der Erdgasgewinnung ablehnend gegenübersteht, wurde dem Zuschauer vorenthalten.

Ebenso wurde dem Zuschauer vorgehalten, dass der im Film als „Anwohner“ bezeichnete Andreas Rudolph Mitglied der B.I. Lebenssqualität Horsten-Etzel-Marx ist, die gegen die dortigen Erdöl- und Erdgasspeicher opponiert. Wären diese Mitgliedschaften dem Zuschauer mitgeteilt worden, hätte sich bei einigen sicherlich ein anderes Bild hinsichtlich des Berichtes ergeben.

Der schwerwiegendste Kritikpunkt ist jedoch das Verschweigen konkreter Analyseergebnisse, die die Verwendung der Begriffe „krebserregend“ und „giftig“ rechtfertigen. Stattdessen wurde im Film kurz eine Seite mit Laboranalysen eingeblendet. Denen ist zu entnehmen, dass Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) der Gruppe C10 bis C22 unter der Bestimmungsgrenze lagen. Ein sicherer Nachweis ist, anders als im Vorabtext dargestellt, nicht erfolgt. Somit verfestigt sich der Eindruck, dass der NDR, bzw. die „Markt“-Redaktion und speziell Frau Höber im Zusammenspiel mit BI-Vertretern einen weiteren Versuch unternommen haben, die Erdöl-Erdgasindustrie sowie das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) zu diskreditieren.

Folgeuntersuchungen entkräften Unterstellungen von „Markt“

Bohrschlammgrube

Bohrschlämme werden heutzutage aufbereitet und zu verschiedenen Zwecken nachgenutzt. Quelle: Tafel Öl-Radwanderroute in der Grafschaft Bentheim.

Quasi aus Versehen ist der Verfasser dieses Artikels noch einmal auf die Seite mit dem Bericht zum vermeintlichen Bohrschlammskandal bei Etzel gestoßen. Dort hatte am 10.08.2016 ein Kommentator mit dem Usernamen „Der Inschenör hats schwör“ folgendes geschrieben: „Nun liegen also die Ergebnisse der laboranalytischen Untersuchungen vor. Liebe Redaktion von „Markt“: kommt jetzt die genauso dramatisch angelegte Klarstellung? Vielleicht auch zu Kallmoor Z 1 und Steimbke?“

Aufgrunddessen begab ich mich auf die Suche nach einer bestätigenden Quelle und wurde auf der Facebook-Seite der B.I. Lebenssqualität Horsten-Etzel-Marx fündig. Dort sind mehrere Zeitungsartikel aufgeführt, die sich mit den Analysen der Bodenproben, aber auch mit Analysen von Milch und Futtermitteln befassen. Dabei sticht insbesondere ein Satz ins Auge:

Erste vorliegende Ergebnisse der Untersuchungen durch den NDR und die Firma ENGIE Deutschland AG zeigen keine relevanten Konzentrationen von Mineralölkohlenwasserstoffen oder Schwermetallen im Boden.Nordwest Zeitung vom 09.08.2016

Das bedeutet also, dass selbst die Proben, die von Rathjens, Rudolph und Co. im Beisein des NDR genommen worden sind, keine Auffälligkeiten aufweisen. Das bestätigt die Vermutungen kritischer Kommentatoren zum „Markt“-Bericht sowie die kurz und nur auszugsweise zu sehenden Analyseergebnisse der Bodenproben.

Infolge des Berichts sah sich das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) dazu veranlasst, Milch auf der Fläche grasender Rinder bzw. Futtermittelproben zu nehmen. Wenig überraschend konnten keine schädlichen Rückstände nachgewiesen werden. Nun, wo keine Schadstoffe im Boden vorhanden sind, können auch keine Übertritte über Wirkungspfade in Futtermittel oder Nutztiere erfolgen.

Der NDR-Bericht schloss seinerzeit mit den Worten: „Der Skandal um Bohrschlamm weitet sich aus“. Doch gibt es diesen medial herbeigeredeten Bohrschlammskandal einfach nicht. Das bestätigen wiederholt offizielle Analysen.

Wenn sich etwas ausweitet, dann ist es die skandalisierende, kaum auf Fakten beruhende  Berichterstattung des NDR und des WDR. Doch mit dem letzten Bericht, dessen Darstellungen durch offizielle Analysen widerlegt worden sind, hat die „Markt“-Redaktion völlig ihre Glaubwürdigkeit zum Thema Bohrschlamm verspielt.

Artikelfoto: Renaturierte Bohrschlammgrube bei Emlichheim, ©chef79

5 Kommentare zu NDR-„Markt“ desinformierte erneut Zuschauer über Bohrschlamm

  • Klaus Thieme sagt:

    Wer verklagt diese Sender auf Gegendarstellung und Schadenersatz?

    1. SAR sagt:

      In diesem Fall gibt es ja keinen direkten Beschuldigten, der Schaden nimmt. Dementsprechend gibt es auch niemanden, der klageberechtigt ist.

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Der Bericht war ein gutes Paradebeispiel für die journalistische Qualität der Arbeiten von Frau Höber und der „Markt“-Redaktion.

    Die werden noch lange so weiter machen. Immerhin gibt es noch tausende mögliche (denkbare) Bohr- und Ölschlammgruben allein in Niedersachsen. Ein Aufarbeitung ist sicher notwändig und geschieht auch. Jedoch geht das einigen Leuten – u.a. Herrn Rahtjens – wohl zu langsam voran.

    Sofern C10 – C22 unter der Nachweisgrenze lagen, bleibt nicht mehr viel. Unter den Alkanen sind C1-C4 zu flüchtig und sind längst entwichen. Auch Leichtbenzin- und Benzinfraktion sind bei langer Lagerung in Bodenmaterial nicht mehr in großer Konzentration zu erwarten. Man könnte höchstens den Top des Grundwasserleiters noch einmal diesbezüglich ableuchten. Benzol sollte grundsätzlich ein Untersuchungsparameter sein.

    Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei klar heruasgestellt, dass der frühere laxe Umgang mit Rückständen aus der Erdölgewinnung und Verarbeitung aus heutiger Sicht keineswegs grundlegend zu entschuldigen ist. Jedoch war es eine Zeit anderer Grundhaltungen und Denkweisen.

    Und Frau Höber sollte ganz sicher gehen, dass ihr Pkw-Motor keinerlei Tropfverluste an Motorenöl aufweist. Besser, sie legt sich ein E-Bike zu, womit sie dann zu ihren Vor-Ort Recherchen aufbricht.

    Dann braucht sie auch etwas länger und solche Berichte tauchen nicht mehr in so schneller Folge auf.

  • Liebe Wirtschaftslobbyisten,
    zunächst einmal vielen Dank für die Erwähnung meiner Person in Ihrem Forum. Der Ritterschlag ist Ihnen gelungen.
    Aber Spaß beiseite. Sie suggerieren in Ihrem Beitrag, dass das Entsorgen von Bohrschlämmen auf landwirtschaftlichen Flächen völlig unkritisch ist. Genau das ist es nicht. Alleine dass durch die Niederschläge der vergangenen 60 Jahre keine derart auffälligen Werte festzustellen sind, die zum sofortigen Handeln zwingen, macht dieses Verklappen nicht unkritisch.
    Nicht der Bericht des NDR sollte hier kritisiert werden, sondern die skandalöse Untätigkeit des LBEG und des Landkreises Wittmund über einen Zeitraum von zwei Jahren. Dass die Damen und Herren nämlich von ihrem Schreibtisch aus im Voraus ohne Bodenproben die relative Unbedenklichkeit dieser Schlammgruben beurteilen konnten, dürfte wohl keiner von ihnen glauben. Wären die zuständigen Behörden unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Schlammgruben in Etzel tätig geworden und hätten entsprechende Bodenproben genommen, wäre diese Berichterstattung gar nicht erfolgt.
    Der Tatbestand, dass sie mit ihren Äußerungen das LBEG vehement in Schutz nehmen, bekräftigt aber das Argument, zwischen Antragstellern und dem LBEG eine besondere Affinität besteht.
    Im Fall Etzel sind sie noch einmal mit dem blauen Augen davongekommen, ob dieses auch für alle anderen Schlammgruben in Niedersachsen gilt, auf denen noch Landwirtschaft betrieben wird, wird die Zeit zeigen.
    Wir in Etzel sind zumindest froh, dass die Felder nicht in der Form belastet sind, dass eine unmittelbare Gesundheitsgefahr besteht.

    1. SAR sagt:

      Guten Tag Herr Rudolph,

      da Sie im Filmbeitrag namentlich erwähnt werden, ist es aus meiner Sicht nicht verwerflich, Sie in meinem Artikel der unmittelbaren Bezug auf den NDR-Bericht Bezug nimmt, ebenfalls namentlich zu erwähnen.

      Aber Spaß beiseite. Sie suggerieren in Ihrem Beitrag, dass das Entsorgen von Bohrschlämmen auf landwirtschaftlichen Flächen völlig unkritisch ist.

      Genau das suggerieren wir nicht. Gegenstand der Kritik ist, dass der NDR ohne Nachweis mit Begriffen wie „giftig“ oder „krebserregend“ um sich wirft und somit unbedarfte Bürger verunsichert.

      Nochmals zum Einprägen: Bohrschlamm kann, je nach Zusammensetzung der Spülung sowie des erbohrten Gesteins, völlig harmlos oder eben Sondermüll sein. Wenn besipielsweise eine wässrige, mit Ton und Schwerspat versetzte Bohrspülung eingesetzt wird, in der dann noch etwas Kaliumchlorid enthalten ist und mergeliges, also feinkörniges, kalkhaltiges Gestein erbohrt wird, dann ist der daraus gebildete Bohrschlamm nicht nur harmlos, sondern einfach ein hervorragender Dünger und zudem ein Substrat, welches zur Bodenverbesserung sandiger Böden verwendet werden kann. In der Vergangenheit wurde solche Art von Bohrschlamm tatsächlich als Dünger verwendet. Ob das heute noch der Fall ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die „Verklappung“ solches Bohrschlammes ist tatsächlich absolut unkritisch.

      Andererseits kann Bohrschlamm auch belastet sein. Das ist z.B. dann der Fall, wenn eine ölbasische Spülung eingesetzt wird, was in sehr tiefen Formationen (4.000 Meter und mehr)erforderlich sein kann. Dann sind im Bohrschlamm auch signifikante Mengen von Mineralölkohklenwasserstoffen enthalten.

      Anders als vom NDR bereits schon in der Vergangenheit suggeriert sind in Bohrschlamm auch nicht grundsätzlich Schwermetalle, insbesondere Quecksilber enthalten. Das ist nur beim Aufschluss quecksilberhaltiger Erdgaslagerstätten der Fall.

      Da der NDR nicht in der Lage ist, die Thematik differenziert darzustellen, wie es sich für ein öffentlich-rechtliches Medium gehören sollte, sondern versucht zu skandalisieren, ist selbstverständlich Kritik an der Berichterstattung angebracht. Und diese Kritik ist Gegenstand dieses Artikels sowie einer Reihe vornagegangener. Das aus Ihrer Sicht zögerliche Handeln des LBEG ist nicht Aufhänger des Artikels und wird somit nicht diskutiert.

      Wären die zuständigen Behörden unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Schlammgruben in Etzel tätig geworden und hätten entsprechende Bodenproben genommen, wäre diese Berichterstattung gar nicht erfolgt.

      Diese Berichterstattung hätte es nicht gegeben, wenn der NDR schon vor zwei Jahren differenzierund sachlich über das Thema Bohrschlammberichtet hätte. Dann wären Sie und andere nicht verunsichert worden. In der Folge wären Meldungen an das LBEG ausgeblieben.

      Stand der Dinge ist bislang folgender: Es gab mehrere Berichte über Bohrschlammdeponien mit angeblich giftigem Inhalt. Im Nachgang hat sich bei allen herausgestellt, dass entweder überhaupt keine Schadstoffe in nennenswerten Konzentrationen enthalten sind (Etzel) oder kein Gefährdungspotenzial von den Gruben aufgrund der Lagerungsverhältnisse und heutiger Nutzung der Fläche ausgeht.

      Alleine dass durch die Niederschläge der vergangenen 60 Jahre keine derart auffälligen Werte festzustellen sind, die zum sofortigen Handeln zwingen, macht dieses Verklappen nicht unkritisch.

      Beim in Etzel gefundenen Bohrschlamm handelt es sich offensichtlich um toniges Material. Eine vertikale Verlagerung von Schadstoffen erfolgt dementsprechend extrem langsam. Eine laterale Umlagerung durch Niederschläge wäre nur an der Oberfläche möglich. Bedeutet also: Sofern Schadstoffe vorhanden sind, dann sind sie heute noch wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche nachweisbar, da ein Ausschwemmen bei toniger Matrix des Materials nicht möglich ist.

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