Neptune Energy räumt in Thüringen auf
Jüngst berichteten wir u.a. über die Verfüllungen von unproduktiven Erdgasförderbohrungen in Südbayern sowie der Altmark. Verantwortlich für diese Aktivitäten ist Neptune Energy. Vor wenigen Tagen hat das Unternehmen mitgeteilt, dass es bis 2022 mehrere unproduktive Erdgassonden in Thüringen verfüllen will.
Thüringen unbekanntes aber traditionelles Erdgasland
Der Allgemeinheit dürfte es kaum bekannt sein, das Thüringen, auch als „Grünes Herz“ Deutschlands bekannt, ein Bundesland mit jahrzehntelanger Fördertradition in Sachen Erdgas ist. Die Ursprünge dafür gehen auf einen zufälligen Erdölfund bei der Gewinnung von Kalisalz zurück. 1930 erfolgte eine Schlagwetterexplosion durch austretendes Erdölbegleitgas im Schacht Volkenroda im Jahr 1930. In der Folge wurde eine kleine Erdöllagerstätte in Zechsteinsalzen gefunden und ausgebeutet. Die untertägige Erdölgewinnung lieferte 1931 ein Viertel der deutschen Erdölproduktion und legte den Grundstein für die Erdöl- und Erdgasproduktion der Wintershall (heute WintershallDea), die ursprünglich ein Bergbauunternehmen zur Salzgewinnung (Hall = altdeutsch für Salz) war (Wikipedia Volkenroda).
Infolge der zufälligen Entdeckung der kleinen Erdöllagerstätte wurde das Thüringer Becken intensiv auf weitere Kohlenwasserstofflagerstätten untersucht. Während Erdölfunde unbedeutend waren, zeigte sich in Hinsicht auf Erdgas ein erfolgreicheres Bild. Intensive Bohrtätigkeit am Forstberg nördlich von Mühlhausen führte 1932 zum Aufschluss der Erdgaslagerstätte „Mühlhausen“, die noch heute in Produktion steht (Erdgas in Thürringen, Martick/Weih 2015).
Zunächst blieben die zwischen 1932 und 1935 abgeteuften Bohrungen Mühlhausen 1; 2 und 4 ungenutzt. Erst im November 1944 wurde die Sonde Mühlhausen 2 über eine Hochdruckleitung mit dem Kaliwerk Volkenroda verbunden. Das gewonnene Erdgas wurde bis 1955 zu Beheizung einer Dampfkesselanlage benutzt. Erst ab 1955 erfolgte eine umfangreichere Erdgasproduktion, die bis heute anhält. Gegenwärtig wird das Erdgas in einem Gaskraftwerk zur Verstromung verwendet.
Neben Mühlhausen wurden noch weitere Erdgaslagerstätten im Thüringer Becken aufgeschlossen. Die mit Abstand bedeutendste war Behringen, die im Jahr 2000 nach einer kumulativen Produktion von 2,84 Milliarden Kubikmetern aufgegeben wurde. Neben der Lagerstätte Mühlhausen, die bis Ende 2019 ca. 2 Milliarden Kubikmeter produzierte, sind noch die Lagerstätten Langensalza-Nord mit kumulativ 293,5 Millionen Kubikmetern, Kirchheilingen mit kumulativ 303,1 Millionen Kubikmetern sowie knapp 102 Millionen Kubikmetern aus der Lagerstätte Fahner Höhe. Insgesamt wurden 2019 ca. 18,5 Millionen Kubikmeter Erdgas aus 20 Bohrungen gewonnen. Insgesamt kamen inklusive aufgegebener Lagerstätten 6,36 Milliarden Kubikmeter zusammen (Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2019).
Neptune Energy kündigt Verfüllungskampagne in Thüringen an
Betreiber und Inhaber sämtlicher Lagerstätten in Thüringen ist Neptune Energy. Während bereits in den vergangenen Jahren mehrere nicht mehr produktive Bohrungen in den noch in Förderung stehenden Lagerstätten Mühlhausen und Langensalza sowie der 2000 aufgegebenen Lagerstätte Behringen verfüllt worden sind, stehen nunmehr weitere Verfüllungen an. Das geht aus einer Pressemitteilung vom 20.08.2020 hervor.
Demnach sollen in den Lagerstätten Kirchheilingen, Fahner Höhe, Langensalza sowie Krahnberg insgesamt 12 Bohrungen verfüllt werden. Die vorbereitenden Arbeiten dazu laufen bereits seit 2019. Es handelt sich dabei um Arbeiten zur Herrichtung von erweiterten Betriebsplätzen, um das für die Verfüllungsarbeiten erforderliche Equipment tragen zu können. Schließlich sind die Förderplätze in Thüringen sehr klein, bis auf den Bohrkeller unbefestigt und verfügen von Ausnahmen abgesehen nicht einmal über eine Zufahrt!
Der Rückbau der nicht mehr benötigten Bohrungen erfolgt in drei Phasen. Zunächst werden die Plätze so hergerichtet, dass sie die für die Verfüllung erforderlichen Gerätschaften, vorrangig die auf einem Fahrzeug installierte Winde zum Ziehen der Förderstränge, tragen können. In der zweiten Phase werden mit Hilfe der Winde die Förderrohre ausgebaut und anschließend mechanische Stopfen, Spezialzement sowie Flüssigkeit zum Verschließen des Bohrloches eingebracht. Im dritten Schritt erfolgt der Rückbau der Betriebsplätze inklusive der Zufahrten und gibt das Gelände an die Eigentümer zurück.
In der Pressemitteilung von Neptune Energy hat sich ein Fehler eingeschlichen. Anders als der Mitteilung zu entnehmen wurde aus der Lagerstätte Krahnberg nahe Gotha nie regulär Erdgas gefördert. Ursächlich ist der geringe Methangehalt von nur 26,7 Vol. % sowie der hohe Gehalt an Kohlendioxid von über 50 Vol. %. Ferner spielt auch der Gehalt von Schwefelwasserstoff eine Rolle, wenngleich dieser nur bei 0,2 Vol. % liegt. Doch zusammen mit dem hohen Kohlendioxidgehalt wäre trotz Gastrocknung eine Korrosion der Transportleitungen zu befürchten gewesen.
Artikelfoto: Erdgasfördersonde mit Aufbereitungsanlagen sowie Kraftwerk zur Verstromung des geförderten Erdgases im Feld Langensalza-Nord. Foto: S. Arndt, März 2015