Öl- und Gasaktivitäten im Hochsommer: Tests, Inbetriebnahmen und Verfüllungen

Nachdem das Jahr 2019 durch vergleichsweise umfangreiche Bohraktivitäten insbesondere im Hinblick auf die Exploration gekennzeichnet war, passiert im durch die Coronapandemie geprägten 2020 kaum etwas. Gegenwärtig (Sommer 2020) wird keine einzige Erdgasbohrung in Deutschland durchgeführt und auch der Erdölsektor geschieht hinsichtlich Bohraktivitäten wenig. Dennoch finden bzw. fanden in den Sommermonaten einige Aktivitäten statt. Diese dienen dem Test fertiggestellter Bohrungen, (Wieder-) Inbetriebnahmen alter und neuer Bohrungen, Wartungen sowie Verfüllungen nicht mehr produzierender Sonden.

Inbetriebnahmen zweier Erdgasbohrungen durch ExxonMobil

KCA-Deutag-Bohranlage T-207 beim Abteufen der Burgmoor Z5. Foto: S. Arndt, März 2019

Bereits 2019 wurde die Teilfeldsuchbohrung Burgmoor Z5 im Auftrag von Vermilion Energy abgeteuft. Sie sollte eine tektonische Scholle zwischen den Zechstein-Lagerstätten Uchte-Burgmoor und Bahrenborstel auf Gasführung untersuchen. Nebenziel war eine vermutete abgescherte allochthone Scholle des Staßfurt-Karbonats oberhalb des autochthonen. Die Bohrung traf das autochthone Staßfurt-Karbonat gasführend mit geringem Schwefelwasserstoffgehalt (< 1 Vol. %) an und wurde nach Testarbeiten als „gasfündig“ eingestuft (Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2019).

Am 14.08.2020 verkündete die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG), die die Bohrung nach Abschluss der Bohrarbeiten wie zuvor vereinbart von Vermilion übernommen hat, bis Mitte 2021 die Burgmoor Z5 in Förderung zu nehmen. Dazu ist der Bau einer Gastrocknungsanlage auf dem Förderplatz erforderlich. Zudem wird eine 850 m lange Leitung verlegt, um das Erdgas ins überregionale Netz einspeisen zu können. Die EMPG erwartet eine jährliche initiale Fördermenge von 100 Millionen Kubikmetern . Zur Einordnung: Ein Durchschnittshaushalt verbraucht pro Jahr ca. 4.000 Kubikmeter, also ein 25tausendstel.

Eine der ältesten produktiven Erdgaslagerstätten Niedersachsens befindet sich unweit von Hannover auf dem Gemeindegebiet von Burgwedel. Speicherhorizonte sind der jurassische Dogger (epsilon) und der Malm sowie der Obere Keuper (Rhät). Die Gaslagerstätte trägt den Namen „Thönse“ während die Bohrungen mit „Fuhrberg“ sowie „Großburgwedel“ benannt sind.

Nach einer Förderunterbrechung aus seitens der EMPG nicht näher benannten Gründen sollte die aus dem Jahr 1953 stammende Aufschlussbohrung Fuhrberg E1 wieder in Betrieb genommen werden. Dazu sind Arbeiten an der Bohrung erforderlich gewesen. Was genau getan wurde, geht aus den entsprechenden Mitteilungen der EMPG nicht hervor. Da eine Bohr- und Workoveranlage des Unternehmens MB Well Services aus Salzwedel zum Einsatz kam, ist von einem Austausch des Förderstrangs und/oder einer Erneuerung der untertägigen Förderausrüstung auszugehen.

Mittlerweile sind die Workoverarbeiten abgeschlossen und es beginnen laut EMPG-Mitteilung vom 17.08.2020 Arbeiten zur Wiederinbetriebnahme der Bohrung, bei der eine Coiled-Tubing-Anlage eingesetzt wird. Nach Abschluss der Arbeiten soll die Bohrung für weitere 10 Jahre insgesamt ca. 100 Millionen Kubikmeter Erdgas fördern. Bislang erbrachte die Bohrung seit 1953 über 650 Millionen Kubikmeter.

Produktionstests in Erdölbohrung Steig 1

MND-Bohranlage Rig-40 beim Niederbringen der Steig 1. Foto: F. Müller

Im Jahr 2019 wurde nahe der Ortschaft Weingarten nördlich von Karlsruhe die Erdölaufschlussbohrung Steig 1 niedergebracht. Ziel der Bohrung war die Untersuchung, ob ein seit den 1950er Jahren bekanntes Ölvorkommen in den Pechelbronner Schichten sowie im Cyrenen-Mergel mit heutiger Technik wirtschaftlich förderbar ist. Nach Abschluss der Bohrarbeiten wurden in der Bohrung Fördertests durchgeführt und die Bohrung als „ölfündig“ durch das Unternehmen Rhein Petroleum bewertet.

Seitdem sind einige Monate ins Land gezogen, ohne dass es neue Nachrichten zum weiteren Vorgehen gab. Das änderte sich mit einer Pressemitteilung des Unternehmens vom 23.07.2020. Aus dieser geht hervor, dass Ende Juli/Anfang August Testarbeiten zur Durchlässigkeit des Gesteins durchgeführt worden sind. Die durch die Messung gewonnenen Daten sollen dem Unternehmen zusätzliche Information für die weitere Entwicklung des Feldes liefern.

WintershallDea wartet Erdgasbohrungen in den Feldern Hemsbünde und Weißenmoor

In den Sommermonaten ist der Bedarf an Erdgas geringer als in den Wintermonaten. Diese Situation bietet Förderunternehmen die Möglichkeit, Produktionsbohrungen außer Betrieb zu nehmen und die obertägigen Anlagenteile zur Erdgasaufbereitung der Jahreswartung zu unterziehen. Dies geschieht aktuell in den Erdgas(teil)lagerstätten Hemsbünde (Teilglied der Lagerstätte Rotenburg-Taaken) sowie Weißenmoor.

Im Teilfeld Hemsbünde werden gegenwärtig die Bohrungen Hemsbünde Z2 aus dem Jahr 1988 sowie Hemsbünde Z6, die seit 1996 produziert, der Jahreswartung unterzogen. Das Feld Weißenmoor ist durch bislang 2 Bohrungen erschlossen, die seit 1998 bzw. 2014 Erdgas aus Sandsteinen des Rotliegend fördern. Mehr zu den Wartungsarbeiten hier: wintershalldea.de/de/newsroom

Verfüllungen von Erdgassonden in Bayern und in der Altmark

Erdgasförderbohrung Wenze 4. Foto: S. Arndt, April 2013

Zum Lebenszyklus einer Produktionsbohrung gehört es, dass diese irgendwann erschöpft ist und aus ihr wirtschaftlich kein Erdgas oder Erdöl mehr gewonnen werden kann. Hat eine Bohrung ihr Förderende erreicht, muss sie sicher verwahrt werden. Das geschieht durch Ausbau des Förderstrangs sowie die anschließenden Verfüllung mit mechanischen Stopfen, Spezialzement sowie Bohrspülung zwischen den Zementbrücken.

Bereits in den 1990er Jahren wurden die Erdgasfelder Anzing und Moosach östlich von München aufgegeben. In beiden Lagerstätten wurde das Erdgas aus ca. 2.500 m Tiefe gewonnen. Insgesamt belief sich die Menge auf ca. 635 Millionen Kubikmeter. Bei Anzing wurde 2007 noch einmal eine Bohrung niedergebracht (im Jahresbericht Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2007 nicht dokumentiert), die jedoch keine wirtschaftlich förderbaren Erdgasmengen antraf. Auf Luftbildern ist der Bohrplatz noch zu sehen.

Erstaunlicherweise gibt es in beiden Feldern noch offene Bohrungen, die laut einer Pressemitteilung vom 27.07.2020 des jetzigen Lagerstätteneigentümers Neptune Energy verfüllt werden sollen. Dafür müssen zunächst die Plätze erweitert werden, so dass eine Workoveranlage errichtet werden kann. Nach Abschluss der Verfüllungen werden die Plätze zurückgebaut und renaturiert.

Ebenfalls von Neptune Energy werden die Erdgaslagerstätten in der Altmark im Nordwesten von Sachsen-Anhalt betrieben. Diese befinden sich nach zum Teil über 50-jähriger Förderung kurz vor dem Produktionsende. Viele Produktions- und auch Hilfsbohrungen sind mittlerweile aufgegeben und verfüllt worden. Dieser Rückbauprozess wird sich noch über viele Jahre fortsetzen, da gegenwärtig noch weit über 100 Bohrungen offen und produktiv sind.

Im Juli und August 2020 wurden zwei weitere nicht mehr aktive Förderbohrungen verfüllt, wie Neptune Energy bereits am 14.07.2020 mitteilte. Es handelt sich dabei um die Bohrung Mellin 155, die 1989 zwischen den Ortschaften Stöckheim und Mehmke niedergebracht wurde. Die Bohrung förderte bereits seit einigen Jahren kein Erdgas mehr.

Die zweite Bohrung mit der Bezeichnung Wenze 4 befindet sich im südlichsten, isolierten Teilglied des Altmark-Lagerstättenkomplexes „Wenze“. Diese Bohrung wurde bereits 1974 abgeteuft und produzierte wie auch die beiden anderen fündigen Bohrungen des Teilfeldes etliche Jahre kein Erdgas. Ende der 200er Jahre wurde die Bohrung ebenso wie zuvor die Bohrungen Wenze 1 und Dannefeld 1 einem Workover unterzogen und erfolgreich wieder in Förderung genommen. Doch das „zweite Leben“ der Wenze 4 ist zwischenzeitlich zu Ende gegangen, so dass die Bohrung nun endgültig aufgegeben und verfüllt wird.

 

Artikelfoto: Erdgasförderbohrung Hemsbünde Z6. Foto: S. Arndt, April 2017