Protest gegen Gasbohrung bei Fallingbostel – Sachlichkeit nicht zu erwarten
Fast überall dort, wo in Deutschland ein neues Erdöl- oder Erdgasvorkommen aufgesucht werden soll, regt sich zügig organisierter Widerstand. Mitverantwortlich dafür sind auch Medienberichte, die im Regelfall kleinere umweltrelevante Vorfälle im Zusammenhang mit der Gewinnung der Rohstoffe zu Skandalen aufbauschten. Auch vor der ungeprüften Verbreitung frei erfundenen Unsinns einiger Gegner (Stichwort Säureregen von Söhlingen) scheuten sie nicht zurück. So ist es wenig verwunderlich, dass sich auch eine Gruppierung gegen eine Gasbohrung bei Fallingbostel gegründet hat. Ein uns von einem in der Region wohnhaften Leser zugesandter Artikel der „Walsroder Zeitung“ (WZ) vom 12.10.2018 lässt vermuten, dass sich die Gruppe sämtlicher Klischees bedient und ein sachlicher Dialog mit dem Vorhabensträger, der Vermilion Energy (Vermilion) nicht stattfinden wird.
Gasbohrung bei Fallingbostel zwischen bekannten Lagerstätten
Die Region, in der Vermilion nach Erdgas suchen will, befindet sich in einem Gebiet, dass geradezu umkreist ist von Erdgaslagerstätten. Diese sind ausschließlich an Sandsteine des Rotliegenden (Oberperm) gebunden. Explorationsbohrungen auf den Buntsandstein, zuletzt in den 1990er Jahren, blieben erfolglos. Ein nicht unwesentlicher Teil des Gebietes ist durch den Truppenübungsplatz Bergen überdeckt. Dort befinden sich auch Erdgaslagerstätten, die mit Ausnahme von „Böstlingen“, allesamt durch abgelenkte Bohrungen von außerhalb des Sperrgebietes erschlossen worden sind.
Es ist demnach wenig überraschend, dass Vermilion mindestens eine Gasbohrung bei Fallingbostel zur Erkundung möglicher Lagerstätten plant. Schließlich besteht in dieser eher als unterexploriert zu bezeichnenden Region noch aussichtsreiches Potenzial, neue Erdgasvorkommen zur Versorgung des heimischen Marktes aufzuschließen. Es wäre tatsächlich eine Überraschung, wenn sich in dem bislang weißen Fleck (siehe Kartenausschnitt) keine wirtschaftlich gewinnbaren Erdgasvorkommen finden ließen. Dass Erdgas in den Sandsteinen des Rotliegend vorhanden ist, ist spätestens seit der „Wisselshorst Z1“, einer Gasbohrung bei Fallingbostel aus dem Jahr 1997, bekannt. Allerdings waren dort die Speichereigenschaften unzureichend und selbst Fracbehandlungen des Reservoirgesteins führten nicht zu einem wirtschaftlich förderbaren Gasfund.
Gerne würden wir an dieser Stelle uns unmittelbar auf Angaben von Vermilion berufen, jedoch ist seit mehreren Tagen die deutsche Seite nicht abrufbar und am Wochenende ist ein Nachfragen bei dem durchaus aufgeschlossenen Team nicht möglich. Deshalb können wir uns nur mit dem uns zugesandten Zeitungsartikel sowie dem Facebook-Auftritt der Gegner der Gasbohrung bei Fallingbostel kritisch auseinandersetzen.
Übliche Vorwürfe gegenüber dem Vorhabensträger
Es ist gegenwärtig und das bereits schon seit 2011/2012 nicht überraschend, dass sich die Gegner von Erdgasbohrungen gewisser Klischees bedienen, um ihre Ablehnung zu begründen. So verhält es sich auch bei dem neugegründeten „Aktionsbündnis gegen Gasbohren Bad Fallingbostel“. Dieses Bündnis eint laut des Artikels der WZ zwei Dinge: 1. die Angst vor Nebenwirkungen einer Bohrung und 2. der Verdacht (oder vielleicht doch eher die Unterstellung?), Vermillion spiele nicht mit offenen Karten. Der Vorwurf: In den vergangenen Wochen fielen seitens Vermilion Äußerungen, die nicht mit Gesagtem auf einem im Februar 2018 abgehaltenen Nachbarschaftsforum zusammenpassten. Konkret wurden die Gegner bezüglich ihres Vorwurfes jedoch nicht.
Stattdessen werden sie so zitiert: „Das (Nachbarschaftsforum, d. Verf.) war auch keine Informationsveranstaltung, sondern eine reine Verkaufsschau – eine Butterfahrt.“ Und: „Wir konnten mit den uns gegebenen Zahlen nichts anfangen“.
Nun verhält es sich so, dass ein Unternehmen auf einer Informationsveranstaltung sein Anliegen präsentiert und selbstverständlich auch bewirbt, und zwar nach seinen Vorstellungen. Dass einige Zuhörer das als „Verkaufsschau“ bewerten, weil sie mit den genannten Zahlen nichts anfangen können, oder weil auf gängige Klischees nicht eingegangen wird, kann dem Unternehmen kaum zum Vorwurf gemacht werden. Persönlich hat der Verfasser dieser Zeilen im Juni 2018 eine Veranstaltung von Vermilion im Landkreis Diepholz besucht, um sich selbst ein Bild über den Stil des Unternehmens zu machen. Angedacht war, Informationen und Antworten auf Fragen an themenbezogenen Ständen im Rotationsprinzip zu geben. Da das Konzept im Publikum mehrheitlich auf Ablehnung stieß, disponierte die unternehmensexterne Moderation in Abstimmung mit Vermilion um, so dass es doch zu einem klassischen Frontvortrag kam. Insofern erscheinen dem Verfasser die Vorwürfe der Kritiker alles andere als glaubwürdig.
Was man dem Unternehmen, im „WZ“-Artikel kurios mit „Gasbaufirma“ betitelt, konkret vorwirft ist lediglich, dass sich die Angabe zur Bohrlokation seit Februar, also über einen Zeitraum von 8 Monaten, etwas geändert hat. Tatsächlich ist die zunächst unkonkrete Angabe, für die offenbar jedoch das Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen verantwortlich war, präzisiert worden. Es entsteht der Eindruck, dass, wenn es schon nichts substanzielles an Vorwürfen gibt, sich etwas aus den Fingern gesogen wird. Inzwischen hat man es jedoch beim Aktionsbündnis wohl begriffen, dass sich im Laufe von 8 Monaten auch mal etwas verändern kann bzw. zunächst vage Angaben präzisiert werden. Heutzutage verhält es sich eben so, dass ein Bohrplatz nicht einfach irgendwo in die Landschaft geklotzt wird wie in der Vergangenheit, sondern eben auch Aspekte der Interessen von Natur, Landschaft und tatsächlichen Anwohnern einbezogen werden, auch wenn dies nicht ins Schwarz-Weiß-Schema der Aktivisten passt. Zur „Angst“ vor den Nebenwirkungen einer Explorationsbohrung dann im folgenden Abschnitt.
Keine Scheu vor Instrumentalisierung von Krebskranken
Wie inzwischen leider üblich, werden von Gegnern sämtliche Geschütze aufgefahren, wenn es darum geht, gegen eine Erkundungsbohrung oder sogar gegen eine Produktionsbohrung innerhalb einer bekannten Erdgaslagerstätte ins Feld zu ziehen. Die geplante Gasbohrung bei Fallingbostel stellt leider keine Ausnahme dar. Dabei werden zunächst grundsätzliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Angaben der Unternehmen gestreut.
So bezweifeln die Gegner die Angabe des Unternehmens, dass ca. 400.000 Kubikmeter Erdgas pro Tag gefördert werden könnten. Warum sie daran zweifeln, bleibt selbstverständlich unbegründet. Dazu sei jedoch angemerkt, dass dieses Volumen nicht unrealistisch ist. Aus der naheliegenden, erst 2012 erschlossenen Lagerstätte „Böstlingen“ unterhalb des Truppenübungsplatzes Bergen, sind im ersten Produktionsjahr ca. 89 Millionen Kubikmeter Erdgas aus nur einer Bohrung gewonnen worden. Heruntergebrochen auf einen Tag ergibt sich eine Fördermenge von durchschnittlich ca. 250.000 Kubikmetern. Dazu ist zu bedenken, dass in den Sommermonaten die Produktion gedrosselt wird, weil der Bedarf erheblich geringer ist. Manche Sonden werden sogar komplett abgestellt. Somit sind auch für die „Böstlingen Z2“ als Fördersonde 400.000 Tageskubikmeter realistisch.
Die Gegner werfen Vermilion jedoch vor, dass es keine Antwort darauf gab, wieviel im „besten Falle“ produziert werden könne. Ja, woher soll man es denn auch wissen, ohne eine Bohrung abgeteuft zu haben? Nicht umsonst heißt es unter Geologen und Bergleuten „Vor der Hacke ist es dunkel“. Wenn die Gegner an Wahrsagereien interessiert sind, sollen sie auf den Jahrmarkt/Kirmes/Dorfbumms gehen. Eine Antwort werden sie eventuell dort erhalten. Ob die jedoch zutreffend ist, ist mehr als fragwürdig.
Natürlich werden auch wieder Krebskranke aus dem Landkreis Rotenburg instrumentalisiert, um gegenüber den Erkundungsbohrungen noch unbedarfte Mitbürger ins Opponentenboot zu fischen. Zwar spricht quasi alles bisher Bekannte gegen die Unterstellung, dass die dortigen überdurchschnittlichen Blutkrebserkrankungen ausschließlich bei älteren Männern auf die Erdgasförderung zurückzuführen sind, jedoch wird dieses Mantra weitergehend gehegt und gepflegt mit der“Begründung“, dass sich bislang die Erdgasförderung als Verursacher nicht ausschließen ließe. Eine eingeschränkt räumliche Korrelation wird zur Kausalität uminterpretiert. Dabei zeigen selbst die eigens erstellten Google-Maps-Karten der Erdgasförderungsgegner aus dem Landkreis Rotenburg, dass es mit der räumlichen Korrelation nicht weit her ist. Von der Kausalität, wie gesagt, ganz zu schweigen. Und der Verfasser findet es einfach nur schäbig, an Krebs erkrankte Menschen zu instrumentalisieren, selbst wenn einige von ihnen sich freiwillig dafür hergeben.
Unterstützung von bekannten Gasförderungsgegnern
Die neugegründete kompromisslose gegen eine Gasbohrung bei Fallingbostel opponierende Gruppierung erhält erwartungsgemäß Unterstützung aus bereits existierenden gleichgesinnten Initiativen. So posten Vertreter aus dem Nachbarkreis Rotenburg bzw. dem Heidekreis in der Facebookgruppe des Aktionsbündnisses, die „zunächst öffentlich“ sein soll „damit möglichst viele Menschen uns finden und sich an Austausch und Diskussionen beteiligen können“ ihre selbsterstellten Karten, um die vorgebliche Gefahr durch Erdgasförderung zu untermauern. Zur fragwürdigen Karte bezüglich der vermeintlichen räumlichen Korrelation zwischen Erdgasförderung und Blutkrebserkrankungen siehe oben.
Doch auch der „Schadensatlas“ führt das Anliegen der Protagonisten, sachlich aufklären zu wollen, ad absurdum. So werden beispielsweise Erdbeben, die durch die Erdgasförderung induziert wurden, aber nur mess- jedoch nicht spürbar und schon gar nicht zu Schäden geführt gaben, mit dargestellt.
Fakt ist: Es gab Vorfälle im Zusammenhang mit der Erdöl-und Erdgasförderung in Deutschland und es lässt sich selbstverständlich nicht hundertprozentig ausschließen, dass es weitere Vorfälle geben wird. Diese im Regelfall räumlich eng begrenzten Ereignisse rechtfertigen jedoch in keinster Weise eine dermaßen radikale Ablehnung, wie sie nun auch das Aktionsbündnis gegen die Gasbohrung bei Fallingbostel einfordert. Denn laut WZ-Artikel wird Folgendes verlangt: „Wir wollen schon die 100 Prozent erreichen, dass sie von ihrem (gemeint ist Vermilion, d. Verf.) Vorhaben Abstand nehmen.“ Denn diesen Maßstab allgemein angelegt, gäbe es kein einziges Windrad oder keine einzige Biogasanlage. Und damit ist dieser Artikel beschlossen!
Doch eins noch im Nachtrag: Das Aktionsbündnis will eine Informationsveranstaltung zum Bohrprojekt durchführen. Dazu ist u.a. der im NDR-Fernsehen stets präsente, und über mehrere Jahre, egal wo, als „Anwohner“ bezeichnete Andreas Rathjens als Vortragender eingeladen. Der angegriffene Vorhabensträger darf natürlich nicht Stellung beziehen. Aber immerhin ist mit der Pressesprecherin des LBEG, Frau Heinke Träger, eine Vertreterin der Genehmigungsbehörde eingeladen. Eine sachlich neutrale Informationsveranstaltung ist insgesamt nicht zu erwarten und Frau Träger seien an dieser Stelle beide Daumen und die großen Zehen gedrückt, dass sie sich nicht allzusehr mit abstrusen Fragen sowie Beschimpfungen konfrontiert sieht.