Rotenburger Lokalpolitiker äußern sich zum Thema Erdgasförderung und Fracking
Wenige Tage vor der Neuwahl des niedersächsischen Landtages trafen sich auf Einladung der Landtagskandidatin Birgit Brennecke von Bündnis 90/Die Grünen (Grüne) weitere Politiker von SPD, Die Linke sowie den Freien Wählern, um sich über Erdgasförderung und Fracking auszutauschen. Darüber berichtet die Kreiszeitung Rotenburg. In einem weiteren Beitrag der Lokalpostille dürfen sich neben den Vertretern der genannten Parteien auch noch Mitglieder von CDU und FDP zum Thema äußern. Die Aussagen, aber auch der erstgenannte Artikel, lassen einem dabei aufgrund von Klischees, Unwissen und inhaltlichen Fehlern die Haare zu Berge stehen.
Austausch von Gegenargumenten zu Erdgasförderung und Fracking
Bereits die Einleitung des Artikels über den „Gasbohr-Gipfel“ ist bezeichnend. Man habe sich dort Argumente „gegen das Gasbohren“ ausgetauscht. Seit Anbeginn des Widerstands gegen Erdgaserkundungs- und -gewinnungsmaßnahmen ab Ende 2010 fragen wir uns, was dieses ominöse „Gasbohren“ sein soll. Als Bohrverfahren ist uns dieses nicht bekannt. Doch Scherz beiseite, wir wissen, was tatsächlich damit gemeint ist. Nämlich die Erkundung, Erschließung und Produktion von Erdgasvorkommen. Bezeichnend ist zudem, dass nicht etwa ein Für und Wider diskutiert wird, sondern nur eine „Dagegen“-Argumentation erfolgt.
Der SPD-Politiker Tobias Koch wird als dann dahingehend zitiert, dass es so mit dem Fracking nicht weitergehen könne und die Gesundheit der Bevölkerung vor dem Profit einzelner Konzerne ginge. Ein klischeehafteres Argumentieren ist kaum möglich, denn Koch spricht im Jargon von gegen die Erdgasförderung und Fracking opponierenden Bürgerinitiativen (BI). Dazu folgende Anmerkung:
Zunächst einmal hat es seit Mai 2011 im Landkreis Rotenburg keine Hydraulic Fracturing-Maßnahme mehr gegeben. Das sind nunmehr fast 6,5 Jahre, in denen es mit dem „Fracking“ nicht mehr weitergegangen ist. Doch Koch setzt sehr wahrscheinlich den Gesamtprozess der Erdgasförderung mit dem zeitlich eng begrenzten Frac-Prozess gleich. Diese Gleichsetzung ist seit Jahren von den BI bekannt. Dem Politiker ist zudem nicht geläufig, dass einzelne Gemeinden über die Gewerbesteuer und darüber hinaus Gesamt-Niedersachsen via Förderabgabe enorm von der Erdgasgewinnung profitiert haben. Niedersachsen hat über die Jahrzehnte mehrere Milliarden Euro aus der Förderabgabe eingenommen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen bei der Bevölkerung infolge der Erdgasgewinnung sind im Gegenzug nicht nachgewiesen.
Im zweitgenannten Artikel führt Koch weiter aus, dass er ein „Fracking-Verbot an der Rotenburger Rinne unterstütze“ und er dafür kämpfe, „dass die Probleme unserer Heimat in Hannover und Berlin mehr wahrgenommen werden“. Ein „Weiter so!“ dürfe es nicht geben.
Die Rotenburger Rinne ist ein Relikt des Elsterglazials und ist teilweise mit gut wasserleitenden Sanden und Kiesen aufgefüllt. Deshalb ist sie in einigen dieser Abschnitte zur Produktion von Trinkwasser geeignet, jedoch bei weitem nicht in ihrer Gesamtheit (Glaziäre Rinnen im mittleren und nordöstlichen Niedersachsen). Zudem konnte bislang niemand der Kritiker überzeugend darlegen, wie durch Fracmaßnahmen in 5.000 Meter Tiefe die Trinkwasserreservoire in der maximal ca. 200 Meter tiefen Rinne beeinträchtig werden können. Ebensowenig sind rational gesehen keine ernsthaften Umweltprobleme durch die Erdgasproduktion bekannt. Medial zum Umweltskandal aufgebauschte räumlich eng begrenzte Schadstoffeinträge ändern daran auch nichts.
Und richtig! Ein „Weiter so!“ darf es nicht geben. In Anbetracht dessen, dass bisherige Unterstellungen zu sytematischen Umweltverschmutzungen sowie Gesundheitsbeeinträchtigungen bei Anwohnern nicht bestätigt werden konnten, ist eine sachliche Debatte endlich angebracht.
Wo kein Hydraulic Fracturing da auch keine „Verpressung“ von Fracfluiden
Eine Gefahr der Trinkwasserversorgung für kommende Generationen sieht auch Günter Scheunemann von den Freien Wählern. Er sieht die Gaefahr aber nicht durch den Fracprozess selbst, sondern durch die Versenkung von Fracfluiden in den Untergrund. Nur, wo nicht gefract wird, und das ist im Landkreis Rotenburg de facto seit 2011 der Fall, fällt auch kein Fracfluid an. Zudem ist die Versenkung unüblich. Eventuell verwechselt Scheunemann aber das Versenken natürlich anfallenden Lagerstättenwassers (LaWa) in salzwasserführende Gesteinsschichten.
Der Anfall von LaWa steht aber in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Fracprozess. LaWa fällt auch in nicht gefracten Erdgasförderbohrungen an. Des weiteren gilt auch hier, dass bis heute im Zusammenhang mit der Versenkung von LaWa keine Kontaminierung von höher liegenden Trinkwasserreservoiren bekannt ist. Das ist damit begründet, dass die Versenkhorizonte von den Reservoiren durch hydraulische Barrieren abgeschirmt sind. Sonst gäbe es diese Süßwasserspeicher seit mehreren Millionen Jahren nicht mehr.
Ansonsten versteigt sich Scheunemann in die üblichen Klischees. Gefahren im Zusammenhang mit der Förderung fossiler Energien hätten nicht abschätzbare Folgen, der volkswirtschaftliche Nutzen wäre nicht gegeben (auch Scheunemann scheint die Förderabgabe nicht zu kennen) und stünde in keinem Verhältnis mit den Risiken etc.
Des Themas LaWa nimmt sich auch Jan-Christoph Oetjen (FDP) an. Seiner Ansicht nach sollte es in einem „technisch so hoch entwickelten Land“ möglich sein, die Schadstoffe aus dem LaWa herauszufiltern, bevor es versenkt wird.
Technisch ist es sicher möglich. Doch wozu? Gegenwärtig wird in der Region Rotenburg das LaWa, wie oben kurz erwähnt, in Gesteinsschichten eingebracht, die a) hydraulisch von höher liegenden Süßwasserleitern abgeschirmt sind und b) für die Trinkwassergewinnung ungeeignetes, salzhaltiges Wasser führen. Haupt“problem“komponente des LaWa sind Salze. Eine eher untergeordnete Rolle spielen schwach konzentrierte Schwermetalle und/oder Kohlenwasserstoffe.
Von denjenigen, die eine derartige Aufarbeitung fordern, konnte bis heute weder erläutert werden, was mit den dann hochkonzentriert vorliegenden Salzen und Schadstoffen geschehen soll, noch wie der unvermeidbare zusätzliche energetische Aufwand hinsichtlich der omnipräsenten „Klimaschutzdebatte“ zu rechtfertigen sei. Erstaunlich ist, dass die FDP sich auf dieses populistische Niveau herablässt.
Grüne und Linke argumentieren mit absurden Aussagen
Wie kaum anders zu erwarten, argumentieren Grüne und Linke am Weitesten an der Realität vorbei. Nils Bassen (Die Linke) wird dahingehend zitiert, dass Fracking sofort gestoppt werden müsse. Die „120 Arbeitsplätze beim Fracking“ müssten verlagert werden, so das die Betroffenen nach Einstellung des Fracking nicht auf der Straße stünden. Eine schlüssige Begründung? Fehlanzeige! Nochmals: Seit 6,5 Jahren ist im Landkreis Rotenburg nicht mehr gefract worden. Die erwähnten 120 Angestellten arbeiten im Bereich Produktion, um diese im Landkreis sowie in benachbarten Kreisen aufrecht zu erhalten. Aus dem Statement von Bassen in Verbindung mit der einhergehenden Gleichsetzung von Erdgasförderung und Fracking spricht erneut die absolute Ahnungslosigkeit.
Die grüne Landtagskandidatin Birgit Brennecke gibt sich, wie es von den Grünen quasi erwartet wird: Selbstüberschätzend und nach Verboten, hier Erdgasförderung und Fracking, rufend.
Zum Selbstüberschätzenden: Brennecke ist der Überzeugung, dass sie sowie ihre Mitstreiter als Gegener von Erdgasförderung und Fracking dazu berufen sind, selbst Schadstoffmessungen durchzuführen. Das wäre jedoch Aufgabe von Behörden, sagt sie und findet Bestätigung durch den aus zahlreichen Fernsehsendungen bekannten „Anwohner“, „Erdgaskritiker“ oder wie auch immer bezeichneten Andreas Rathjens.
Dabei gab es infolge der 2011 aufkeimenden Kritik umfassende Immissionsmessungen bezüglich des Eintrages von Schadstoffen in Luft und Boden seitens der Behörden. Nur kamen diese fachlich fundiert durchgeführten Untersuchungen nicht zu den von den Erdgasförderkritikern „erhofften“ Ergebnissen. Insbesondere die 2012 sowie 2015/2016 durchgeführten Langzeitluftuntersuchungen entlasteten die Förderunternehmen. Aber auch umfassende Bodenuntersuchungen im unmittelbaren Umfeld von Förder- und Versenkbohrungen kamen zu keinem besorgniserregenden Ergebnis. Demzufolge fühlen sich die Gasförderungsgegner um Brennecke, Rathjens und Co. dazu berufen, intransparente eigene Untersuchungen mit fragwürdigen Ergebnissen durchzuführen, die prominent u.a. seitens des NDR verbreitet werden. Nach eigener Aussage von Brennecke ist es ihr Anliegen, Fracking zu verhindern. Dazu scheint augenscheinlich jedes Mittel recht zu sein.
Zudem versteigt sie sich auf die kühne Behauptung “ „Gas, Kohle und Erdöl sind auslaufende Modelle und die Energiewende muss weiter forciert werden. Der Umstieg auf erneuerbare Energieträger hinkt zurzeit, aber wir müssen die Gesellschaft hier umbauen für ein neues Bewusstsein in der Energiebeschaffung““
Global betrachtet sind Erdgas, Erdöl und Kohle keine auslaufenden Modelle. Bezogen auf Erdgas und Erdöl sowie auf Kohle sind in den vergangenen Jahren nie dagewesene Produktionshöchstwerte erreicht worden. Ähnliches gilt für Deutschland. Erdgas-, Erdöl- und Kohleverbrauch bewegen sich seit Jahren auf stabilem hohen Niveau, wobei Erdgas teilweise Kohle substituiert hat. Dass das Zeitalter fossiler Energieträger sich auf absehbare Zeit dem Ende entgegen neigt, ist nichts weiter als ein Irrglaube oder sanfter formuliert, Wunschdenken.
Auch CDU-Vertreter glänzt mit bekannten Phrasen
Eine kaum bessere Figur als Grüne und Linke macht der Vertreter der CDU, der ebenfalls mit Aussagen glänzt, die durchaus dem Mund eines BI-Vertreters oder NGO-Mitgliedes entstammen könnten. „Fracking“-Genehmigungen dürften nach Ansicht von Herrn Eike Holsten nur erteilt werden, wenn „Risiken für Mensch und Natur vollständig ausgeschlossen werden können“.
Diese sachlich betrachtet absurde Forderung bezüglich Erdgasförderung und Fracking im Speziellen ist bereits häufig von BI-Vertretern zu hören gewesen. Seltsamerweiswird auf politischere vernimmt man diese Forderung nie im Hinblick auf beispielsweise Biogasanlagen.
Warum Biogasanlagen als Beispiel? Die Begründung ist simpel: Die Produktion von Biogas wird als umweltfreundlich angepriesen. Tatsächlich verhält es sich so, dass es immer wieder zu schwerwiegenden Havarien kommt. Zuletzt wurde ein Fall aus Hessen bekannt: „Da ist alles tot im Bleidenbach“.
Biogasanlagen mit deutlicherem ökologischen Footprint als Erdgasförderung und Fracking
Doch warum in die Ferne schweifen, liegt das Unschöne doch so nah? Im „Biogasland“ Rotenburg gab es vor einigen Jahren einen ähnlichen Fall, bei dem ebenfalls die Fauna eines gesamten Fließgewässers ins ökologische Jenseits befördert wurde (Panne in Biogasanlage: Fischsterben im Landkreis Rotenburg). Dass die jahrzehntelang betriebene Erdgasförderung im Landkreis Rotenburg einen auch nur ansatzweise in seinen fatalen Auswirkungen vergleichbaren Vorfall hervorgerufen hat, konnte selbst von den schärfsten Kritikern des fossilen Gases nicht belegt werden.
Seltsamerweise gibt es bis heute weder von Seiten der Erdgasgewinnungskritiker noch aus Volksvertreterkreisen derart unverhältnismäßige Verbotsforderungen hinsichtlich der Biogasproduktion wie sie bezüglich der Erdgasproduktion bei weitaus geringerem ökologischen Footprint leider der Normalfall sind.
Ebensowenig wird auf politischer Ebene derart polemisch über die Windenergieerzeugung mit ihren einhergehenden und unleugbaren negativen ökologischen Konsequenzen diskutiert. Dabei ist hier der Widerstand in der Bevölkerung weitaus größer, allein schon weil mehr Mitbürger betroffen sind.
Abschließend noch Anmerkungen zum Kreiszeitung-Artikel Landtagskandidaten tauschen sich Gasbohr-Gipfel aus – „Es kann so nicht weitergehen mit dem Fracking“
Dem Autor Henning Leeske sei angeraten, sich umfassender mit der Materie zu beschäftigen. Fehler wie die Erdgasproduktion mit „Gasbohren“ zu betiteln wären dann vermeidbar gewesen. Es wäre zudem vermeidbar gewesen, die noch aktive Erdgasförderbohrung Söhlingen Z1 als „Verpressstelle“ für LaWa zu bezeichnen. Eine entsprechende Umrüstung ist erst für die nächsten Jahre nach Beendigung der Erdgasförderung aus dieser Bohrung vorgesehen. Weiterhin gibt es keine Bohrung mit der Bezeichnung „Bellen H1“. Tatsächlich ist diese mit „Söhlingen H1“ bezeichnet und befindet sich auf dem Betriebsplatz der Station Söhlingen.
Und damit soll die berechtigte Kritik an den Äußerungen der erwähnten Politiker sowie des zuletzt benannten Artikel der Kreiszeitung abgeschlossen werden.